Eines der Kriterien von Borderline sind die instabilen On-/Off-Beziehungen / und auch ein verzweifeltes Festhalten an schon längst abgeschriebenen Partnerschaften.
Und da Borderline immer präsenter wird in unserer Gesellschaft, kommt auch das Thema der Ex-Beziehungen leider immer häufiger auf.
Ménage-à-trois / Dreiecksbeziehung / Polyamorie / offene Beziehung… Das sind Begriffe, die treffen wir heute immer stärker in unserer Gesellschaft an. Ich denke hier nur an das Lied von Roland Kaiser „Du, deine Freundin und ich“ was 2022 veröffentlicht wurde.
Aber auch wenn es ein neuer Zeitgeist ist, den wir beobachten können / müssen. Ist dies wirklich ein essentieller Wunsch von uns? Wünschen wir uns wirklich alle solch eine Beziehung?
Meine Beobachtung geht ganz eindeutig in folgende Richtung:
Die meisten von uns wünschen sich eine dauerhafte, eine feste Partnerschaft. 👉 Sprichwörtlich bis einer dem anderen die Augen für immer zuküsst. Aber leider entspricht dies schon lange nicht mehr der heutigen gesellschaftlichen Realität.
Einer Umfrage nach gaben die befragten Männer an, in ihrem Leben durchschnittlich knapp 10 Partnerinnen gehabt zu haben. Bei den Frauen waren es etwas weniger …. So ca. 6 Männer.
Viele Beziehungen scheitern heute schon recht früh. Dennoch überstehen einige wenige selbst die heftigen Stürme des Lebens. Woran liegt das?
Was auch immer der Grund erst mal ist … Fakt ist, dass das was man in den zurückliegenden Beziehung erlebt hat, man unweigerlich auch als Lebenserfahrung in die zukünftige Beziehung mitnimmt.
Was aber, wenn man mehr als nur die reine Erfahrung mitnimmt? Was, wenn der / die Ex immer noch – wie ein Geist im Hintergrund – einen Einfluss auf die neue Beziehung ausübt? Darum soll es in diesem Beitrag nun einmal gehen.
In der Regel trennen sich Paare erst einmal komplett, verarbeiten ihre Trennungserfahrung und sind dann früher oder später wieder bereit und in der Lage, eine neue Beziehung mit neuen Hoffnungen / Wünschen / Zielen einzugehen.
Was aber, wenn du einfach nicht das Gefühl loswirst, dass du in deiner jetzigen Beziehung nicht mehr als nur eine Art Trostpflaster bist, eine Not-Lösung, um die emotionalen Bedürfnisse deines Partners zu befriedigen?
Dann können Minderwertigkeitsgefühle aufkommen und der Gedanke – ich werde immer nur mit dem / der Ex verglichen drängt sich förmlich auf.
Diese Spannungen sind für viele eine hohe / eine zu hohe psychische Belastung und man fragt sich zwangsläufig: „Warum soll ich mir überhaupt Zeit und Mühe geben und in solch eine Beziehung Energie investieren, die doch ganz offensichtlich bereits von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist?“
Und mit den Minderwertigkeitsgefühlen hört es ja nicht auf. Sie lassen auch den eigenen Selbstwert sehr schnell sinken“, das wissen nicht nur erfahrene Paartherapeuten.
Und was oft noch irritierender ist: für den anderen Partner erscheinen diese Gefühle oft als viel zu weit hergeholt. Er / sie kann anscheinend recht gut, gleichzeitig sowohl mit der Ex-Beziehung als auch mit der aktuellen neuen Beziehung reden / tanzen und lachen. Für dein einen etwas „Normales“ aber im Endeffekt ein Supergau für viele Partnerschaften …
Was ist mein Rat hierzu?
In meinen Jahren als Paartherapeut habe ich folgende Formel gefunden, die langjährige Beziehungen oft kennzeichnen:
👉 Stabile Beziehungen bestehen in der Regel
Was das bedeutet, möchte ich dir nun gerne erklären.
Was ist der Unterschied zwischen den Begriffen Temperament, Charakter und Persönlichkeit? Wir alle kommen auf die Welt und unterscheiden uns ab Geburt von allen anderen Menschen in unserem Temperament. Durch die Forschungen des amerikanischen Genetikers Robert Cloninger wissen wir, dass das Temperament durch unsere Gene bestimmt wird – wir haben sie von Geburt / von unserer Zeugung an.
Beim Temperament kennen wir vier große Bereiche:
Oft wird er mit dem Unternehmer gleichgesetzt, der höher, schneller, weiter seinen Gewinn steigern möchte.
Auf unsere Partnerschaften übertragen bedeutet dies nun, dass es großen Sinn macht, einen Choleriker / Sanguiniker mit ihrem lebhaften Temperament mit einem Melancholiker / Phlegmatiker zusammenzubringen, da sich deren Ruhe oder Stabilität ausgleichend auf den Partner auswirkt – und umgekehrt werden sie durch die Energie des anderen angesteckt. Interessanterweise trifft dies auch auf viele der heutigen Partnerschaften zu. Hier ist jetzt weniger Handlungsbedarf. Ganz anders beobachte ich dies aber bei den Transzendenzen… Lass uns hier mal einen tieferen Blick drauf werfen.
Dieses Wort – Transzendenz – wird heutzutage nicht mehr so oft gebraucht. Sie sind das Gegenteil von Immanenzen. Immanenzen sind alles, was ich im Hier und Jetzt erkennen und auch erklären kann. Transzendenzen übersteigen jedoch das, was ich sehe.
Solche Transzendenzen können zum Beispiel Werte sein wie Ehrlichkeit, Treue oder Loyalität. Und wenn ich vorhin sagte, dass Paare in der Transzendenz synchron sein sollten, dann denke ich zum Beispiel an Themen wie:
Dies ist sogar eine sehr wichtige Transzendenz, über die Paare klar kommunizieren müssen!
Und hier möchte ich mal eine gewisse Struktur aufzeigen, welche sich zeit meines Berufslebens als Paartherapeut immer wieder bewährt hat: Du siehst hier im Bild eine Person, auf deren Augenhöhe der / Partner(in) steht. Ich denke, wir sind uns darin einig, dass dies auch in deinem Sinne ist.
Beachte aber, dass in diesem Bild noch weitere Faktoren auftreten: Da sind zum Beispiel die Kinder, Eltern, Freunde und auch die Arbeit. Unterhalb des Partners ist eine gestrichelte Linie. Diese soll verdeutlichen, dass es eine große Kluft zwischen dem Partner und dem restlichen Leben besteht.
Warum betone ich dies so stark? Meiner Beobachtung nach gibt es keine engere Beziehung als die zwischen einem Mann und einer Frau. Ihre Intimität ist intensiver und näher als zu irgendeinem anderen Menschen. Auch wenn die Bedürftigkeit eines neugeborenen Säuglings höher ist als die des Partners, so ist die Intimität bei weitem nicht auf dem gleichen Niveau – ein Fakt, der oft übersehen wird.
Die Geburt eines Babys nennen wir folgerichtig „Entbindung“. Ab diesem Zeitpunkt, entbindet sich das Baby mit jedem Atemzug immer weiter in seiner eigene Autonomie, weg von den Eltern hinein in sein eigenes Leben. Eltern sein bedeutet, loslassen zu trainieren – ein Thema für die Generation „Helikopter-Eltern“.
Zoomen wir unser Bild aber mal weiter hinaus… Oberhalb des Partners ist ein wichtiges großes Feld angebracht mit dem Begriff der Transzendenzen. Was sind eure GEMEINSAMEN Werte / Ziele / Leitlinien?
Viele Themen, aber eines möchte ich hier mal – auch wegen unseres Themas besonders herausgreifen….
Es gibt da ein wunderbares Liebeslied von Rolf Zuckowski („Lachende Augen“) In diesem Lieb besingt er auf sehr schöne Art und Weise die Liebe zu seiner Frau. Ein Teil von diesem Lied berührt mich besonders. Er singt dort:
Dies sind sehr weise gewählte Worte! Auch ihr lebt nicht mehr in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart, mit dem Ziel, euch eine gemeinsame Zukunft aufzubauen.
Was aber bedeutet dies für die Themen und Beziehungen der Vergangenheit? Wer immer noch Kontakt zu den Intim-Beziehungen der Vergangenheit erlaubt, lebt mit einer Doppelmoral: Er kann mit der Ex-Beziehung einfach nicht abschließen und hält sich hierbei alle Hintertüren offen. Würde es sich nicht um eine intime Beziehung drehen / eine reine Freundschaft also, so wäre es völlig in Ordnung.
Eine intime Beziehung ist aber mehr als eine Freundschaft / oder eine Freundschaft-Plus! Mit ihr ist auch immer der Wunsch nach Treue, Ausschließlichkeit und auch Eifersucht verbunden. Ja, Eifersucht! Eifersucht hat ihren festen und natürlichen Platz in einer intimen Partnerschaft.
Alles andere wäre nämlich keine Verbindlichkeit, wie man sich diese in einer dyadischen Beziehung wünscht.
Ist aber eine Verbindlichkeit wirklich so wichtig? Ich muss dich ausdrücklich bejahen, denn alles andere wäre genauso grausam, als wenn ein neuer Eltern-Partner in einer Patchwork-Familie das Kind zwingen würde, zu ihm Papa oder Mama zu sagen.
Für ein Kind gibt es immer nur einen Vater und nur eine Mutter. Kinder reagieren verständlicherweise irritiert, verwirrt und oft auch frustriert und wütend, wenn dies von den Eltern so eingefordert wird. Zahllose Beispiele in Patchwork- und Trennungs-Familien sprechen eine viel zu deutliche Sprache. Nicht umsonst gibt es im BGB den §1684 der Trennungseltern ausdrücklich dazu auffordert, die Wege der Kinder zu dem jeweils anderen Elternteil offen zu halten und auch aktiv zu fördern.
Diese ausschließliche Eltern-Kind-Treue ist vergleichbar mit der Treue, die wir von unserem Partner in Bezug auf unsere Beziehung erwarten. Klar gibt es einige wenige Partnerschaften, in denen beide eine offene Beziehung tolerieren. Dies findet sich aber nicht mal 1 unter 1000– und da spreche ich aus fast drei Jahrzehnten Berufserfahrung. In der Regel wünscht sich nur einer der beiden etwas mehr Freiheit – eine offene Beziehung – und der andere Partner macht gezwungenermaßen mit.
Nochmals: Ich spreche hier wirklich aus Erfahrung, dass besonders die Partnerinnen unter dem Freiheitsdrang der Männer leiden, die in ihrer Beziehung viel mehr Freiheit einfordern.
Was ist mein Rat an diese Beziehungen? So hart es sich anhört, aber es gibt meiner Beobachtung nach keine gemeinsame Grundlage für eine intime Beziehung, wenn in diesem Thema keine Einigkeit besteht. Klar kann hierüber gesprochen werden. Was aber, wenn das innere Leid weiter besteht? Dann muss man dem Ernst der Lage in die Augen sehen und sich entscheiden – im wahrsten Sinne des Wortes!
Auch wenn der Partner mit mir auf Augenhöhe ist – siehe das Bild der Ordnung / Struktur … – trotzdem sind die Transzendenzien höher! Darin gibt es keine Diskussion! Und wenn der Partner mit meinen Transzendenzen nicht konform ist, dann werde ich immer unglücklich sein! Eine Trennung ist das Einzige, was dann noch ein Leid beenden kann. Dann lieber Single als lediglich die zweite Geige spielen.
Bedenke aber, dass eine Trennung auch so etwas wie eine letzte Möglichkeit sein kann, um dem Partner den eigenen Wert und den der gemeinsamen Beziehung aufzuzeigen. Nicht selten sind Paare nach einer Trennung wieder zusammengekommen, weil man erkannt hat, dass gemeinsame Werte doch möglich sind.
Was kann man tun, wenn der Expartner deine Beziehung zu sehr beeinflusst? Hab keine falsche Scheu davor, professionelle Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen. Ich denke hier ganz klar an ein Gespräch mit einem Paartherapeuten der neutral von außen auf eure Beziehung schaut. Für eure Situation können nämlich – neben einer gesunden Eifersucht – auch noch folgende Dinge maßgebend sein:
Das Thema Eifersucht ist wirklich eines meiner Lieblingsthemen, denn diese Emotion hat auch viel Gutes: Einerseits ist sie ein wichtiger Schutzfaktor, der uns hilft, unsere Gefühle und auch unsere Gene zu schützen, andererseits zeigt sie auch eine tiefe Bereitschaft, sich dem Partner ganz und gar zu schenken.
Leider ist Eifersucht in unserer heutigen Zeit oft mit viel Angst verbunden. Jede fünfte Familie ist heute nämlich eine „Ein-Eltern-Familie“. Es kommt also nicht von ungefähr dass eine Frau Sorge davor hat, ein Kind ohne den Mann allein versorgen zu müssen.
Auf der anderen Seite stehen die Männer, die auch eine berechtigte Sorge haben. Sie befürchten, am Ende all ihre Mittel und Energie vielleicht in ein Kuckuckskind zu investieren. Und diese Gefahr ist genauso wenig unreell. Vaterschaftslabore geben seit Jahren die Zahl von 10% aller geborenen Kinder als sogenannte „untergeschobene Kinder“ an. Die wahre Zahl wird aber irgendwo zwischen ein und zwei Prozent liegen. Das sind aber immer noch über 10.000 Kinder jährlich allein in Deutschland. Der Grund für eine überzogen starke Eifersucht liegt also wie so oft in den schlechten Beziehungserfahrungen, die jemand in seiner Vergangenheit erleben musste – und genau da kann eine Paartherapie unterstützend helfen. Endete die eigene letzte Beziehung mit viel Drama und Schmerzen, kann es ganz schon verwirren, wenn der neue Partner zu seiner Ex-Beziehung immer noch positive Gefühle unterhält.
Logisch führt dies dann zu Misstrauen und Missverständnissen, weil man dies selber gar nicht spürt. Immer wieder kommt dann der Gedanke hoch: „Bestimmt liebt er / sie ihn / sie immer noch!“
👉 Was aber, wenn Kinder aus der Ex-Beziehung noch mit im Spiel sind? Das ist natürlich ein Fakt, der nicht unter den Tisch gekehrt werden darf! Durch die Trennung hört man ja nicht mehr auf, Eltern zu sein. Jedoch gab es bereits in der alten Beziehung – aus der die Kinder entstanden sind – immer eine Paarebene und eine Elternebene. Gesunde Familien haben diese beiden Ebenen immer voneinander unterschieden. Darum ist mein Rat, dass die Eltern-Ebene, mit dem neuen Partner aktiv angesprochen und unterstützend als Team ausgelebt wird. Auch hierbei kann ein Paartherapeut mit eigener Lebenserfahrung unterstützend helfen.
Zum Schluss meine Frage an Dich lieber Leser: Geistert bei euch noch ein/e Ex-Partner/in in eurer Beziehung rum? Ist euer Konfliktpotential wegen einer vergangenen Partnerschaft dauerhaft hoch?
Kontaktiert mich gerne, damit wir gemeinsam einmal einen Blick von außen auf eure Beziehung werfen können! Das Ziel eines Paartherapeuten ist zwar nicht, eine Beziehung unter allen Umständen zu retten … aber er sucht immer nach Wegen, um das Miteinander so angenehm und friedlich wie möglich zu gestalten, damit sich beide nicht nur wohl fühlen, sondern auch in der Beziehung wachsen können.
Ich freue mich auf Dich / auf euch!
Jürg Willi war m.E. für lange Zeit der bekannteste und auch fähigste Paartherapeut im deutschsprachigen Raum. Seine Bücher sind ein Dokument lebenslangen Nachdenkens über das, was Paare zusammenhält oder auch trennt.
Als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie hat er sich ganz dem Thema von Beziehungskonflikten in der Partnerschaft, aber auch innerhalb des sozialen Umfeldes befasst. Und genau dieser Punkt macht seine Werke so praxisnah. Eine Zweierbeziehung ist nämlich nie isoliert zu betrachten. Es ist ein kleines Konstrukt innerhalb einer großen Gesellschaft. Eltern, Schwiegereltern, Kinder, Kollegen, Freunde, Nachbarn … sie alle haben irgendwie Einfluss auf unsere Partnerschaft. Wie man nun hiermit umgehen kann, das zeigt dieses fantastische Buch.
Es sind viele Bereiche, die wir ansprechen können: Angefangen vom Umgang mit Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch über Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer häufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind.
Ich möchte aber nicht nur über Fragen sprechen, sondern auch praxisgerechte Lösungen anbieten:
Buchen Sie sich einfach auf meinem Online-Kalender ein Zeitfenster oder nutzen Sie mein klassisches Kontaktformular um mit mir in Verbindung zu treten. Ich freue mich auf Sie. Ihr Marcus