Schriftzug Marcsu Jähn

Emotionen können kontrolliert werden!

Teil 1

Emotionen können kontrolliert werdenKönnen Emotionen kontrolliert werden? Die kurze Antwort lautet – JA!

Warum aber dürfen wir sagen, dass Emotionen kontrolliert werden können?

      1. Weil das verwendete Wort „können“ aus dem Urwort „kunnan“ (kennen, wissen) stammt und ursprünglich „Kunstfertigkeit, eine Fähigkeit, Geschicklichkeit“ bedeutet – etwas, was man wie eine Tugend erlernen kann.
      2. Und zweitens, weil unser Gehirn so aufgebaut ist, dass es permanent und reflexhaft Handlungsangebote aussendet, welche später vom Neokortex geprüft werden.
      3. Als dritten Grund möchte ich einige Forscher zu Wort kommen lassen, welche uns dies wissenschaftlich

Emotionen sind vorbewusstliche und vorprogrammierte „Handlungsangebote“

Oder anders ausgedrückt: Was die Geschichte eines alten Zen-Meisters mit den wissenschaftlichen Fakten eines modernen Hirnscanners gemeinsam haben… 

Eine kurze Geschichte zur Einleitung

Ein junger Samurai (Schwertkämpfer) ging einmal zu einem alten Zen-Meister (Kanzaki) mit der Frage „Was ist die Wahrheit über den Himmel und die Hölle? Ein junger Samurai (Schwertkämpfer) ging einmal zu einem alten Zen-Meister (Kanzaki) mit der Frage „Was ist die Wahrheit über den Himmel und die Hölle? Der alte Meister Kanzaki schaute ihn an und fragte: „Wie konnte so ein dummer, hässlicher Mann überhaupt Samurai werden?“ Voller Wut zieht der Schwertkämpfer seine Waffe und schwingt diese nun bedrohlich über seinem Kopf. Seelenruhig schaut der alte Mann ihn an und sagt: „Genau das ist die Hölle…!“ Sichtlich betroffen erstarrt der Schwertkämpfer in seiner Bewegung, seine Muskeln erschlaffen, er steckt das Schwert wieder in seine Scheide und verbeugt sich tief vor dem alten Mann. „Und dies“ so der alte Mann „ist der Himmel.“

Die Lehre, welche wir aus dieser Geschichte ziehen können, ist folgende: Wir alle haben innere Antriebe (Emotionen / Handlungsangebote) die uns zu bestimmten Handlungen motivieren … Jedoch gibt es immer einen kleinen, kurzen Moment, in dem wir diese beeinflussen können! Und genau darum geht es jetzt in diesem Beitrag!

Wir alle haben prämotorischen Impulse! Ich werde sie im weiteren Verlauf dieses Beitrages als Emotion bezeichne.
Wie ich darauf komme? Lass uns das einmal gemeinsam besprechen.

Antonio Damasio – ein portugiesischer Neurowissenschaftler Zu einer kleinen Abgrenzung:
Emotionen und Gefühle sind sich sehr ähnlich. Wie Antonio Damasio – ein portugiesischer Neurowissenschaftler – grenze ich die Gefühle als innere Antriebe und Emotionen als ihre äußerlich sichtbaren Reaktionen ab.

Teil 2. Das willkürliche und das unwillkürlich / emotionale Gedächtnis.

Das willkürliche und das unwillkürlich / emotionale GedächtnisLass uns in diesem einleitenden Teil des Beitrages unsere Gehirnleistung in zwei Bereiche unterteilen: Das emotionale / unwillkürliche Gedächtnis und das kognitive / willkürliche Gedächtnis

Den Unterschied möchte ich mit den gut bekannten Neujahrsvorsätzen erklären. Alle Jahre wieder setzen wir uns neue und gute Vorsätze für das kommende Jahr… Die häufigsten sind hierbei:

      • Sich gesünder ernähren.
      • mehr Sport treiben.
      • etwas Geld sparen.
      • Zeit mit den wichtigen Menschen verbringen.
      • abnehmen/eine Diät beginnen.
      • unnötige Ausgaben reduzieren.
      • mehr für die Umwelt tun.
      • mit dem Rauchen oder dem Alkohol aufhören

Und wie lange halten solche Vorsätze deiner Meinung nach? Nun die Antwort, mag etwas ernüchternd wirken: 24 % der Befragten halten sich maximal einen Monat an ihre neue selbstgewählte Lebensweise. 27 % schaffen immerhin etwas mehr als zwei Monate und 20 % können sie noch länger halten …

Diese Vorsätze haben aber einen tieferen Grund: Wie alle haben den Wunsch, uns und unsere Umgebung zu verändern. Sei es nun der Partner, die Kollegen, die Familie… wir möchten unsere Umgebung dahin beeinflussen, dass sie auf unsere Lebenshaltung eingehen – so leben wie wir es für richtig halten. Man könnte dies zwar auch manipulieren nennen, das alles ist jedoch ein ganz natürlicher Vorgang. Mit den Lebensjahren wird uns jedoch immer klarer bewusst, dass alle Veränderungen erst einmal bei uns selber beginnen müssen um dann bei anderen als Vorbild zu funktionieren.

Karl Valentin (1882 – 1948, Komiker und Filmproduzent) sagte damals: Kinder machen nicht das nach was du ihnen sagst, sondern sie ahmen nur dein Verhalten nachKarl Valentin (1882 – 1948, Komiker und Filmproduzent) sagte damals: Kinder machen nicht das nach was du ihnen sagst, sondern sie ahmen nur dein Verhalten nach.

Und wie funktioniert das nun, dieses sich (das Verhalten und die Emotionen) zu verändern?

Kommen dir folgende Worte bekannt vor? Morgen fängst du an, dich mehr zu bewegen. Iss nicht so viel Süßigkeiten. Hör auf, so viel zu trinken. Reiß dich endlich mal am Riemen. Du kannst alles, wenn du nur wirklich willst… Solche Sätze sind wirklich tolle Beweise für Willensstärke.

Disziplin und Emotionskontrolle gehören zusammenUnd trotz alledem – oder vielleicht genau deswegen – fallen die Ergebnisse oft nur recht bescheiden aus, halten nur kurz an und zurück bleibt immer wieder ein erdrückendes Gefühl von Schuld, Scham und Selbstvorwürfen.  Wenn aber die ganze Disziplin und Kontrolle und Entschlossenheit versagt, sobald wir in Stress geraten … spätestens dann sollten wir anerkennen, dass unser kognitives, bewusstes, willkürliches Gedächtnis für eine dauerhafte Veränderung einfach nicht ausreicht.

Durch reine Disziplin schaffen wir es nicht, genügend Motivation aufzubringen, um langfristige Pläne dauerhaft umzusetzen. Was wir brauchen, ist ein Zugang zu einem deutlich tieferen Gedächtnissystem, das in der Lage ist, unseren emotionalen, unwillkürlichen Kompass zu nutzen und unsere Handlungen dann so steuert das es durch äußerliche Reize nicht mehr abgelenkt wird.

Kurz gesagt: Für langfristige Ziele – wie zum Beispiel Gewicht Abnehmen, mehr Sport treiben oder eine dauerhafte stabile Beziehung aufzubauen müssen wie ein anderes Gedächtnis als das willkürliche, kognitive Erfahrungsgedächtnis aktivieren. Und dieses andere Gedächtnis nennen wir das emotionale Erfahrungsgedächtnis.

Dieses ist vom logisch, kognitiven Denken getrennt, arbeitet permanent und motiviert uns nicht durch Gedanken, sondern durch emotionale Reize wie zum Beispiel einem lebhaften Traum oder einem anziehend reizvollen Anblick.

Implizite ErinnerungenNehmen wir an, du möchtest abnehmen und dich gesünder ernähren.  Was passiert, wenn du über einen Wochenmarkt gehst und dort die Stände mit vielen frischem Obst, Gemüse und Brot siehst? Nahrung löst Emotionen ausDann kaufst du diese Produkte nicht aufgrund deines bewussten Ziels abzunehmen, sondern weil diese Reize aus dem instinktiven, unwillkürlichen Bereich unseres Gehirns (z.B. Nahrungssuche) nicht mehr überlagert werden. Dann entstehen innere Gefühle (wir können sie Valenzen nennen – Anziehung und Vermeidung), die dann unsere Wahl steuern. Im Gegensatz zum bewussten Gedächtnis, speichert das emotionale Gedächtnis permanent alle Sinnesreize und bewertet sie nach ihrem emotionalen Wert!

Der Begriff „Emotionalität“ ist hierbei sehr wichtig. Nicht umsonst wird einem Elefanten nachgesagt, dass er nie etwas vergisst. Warum ist dem so? Wahrscheinlich, weil seine Erinnerungen grundsätzlich emotionaler Natur sind.

Motivationsbild - wer möchte ich wirklich seinDazu ein weiterer Vergleich zum Thema Abnehmen:  Du möchtest z.B. wegen deiner Gesundheit abnehmen. Dies ist ein bewusster, guter und auch recht sinnvoller Gedanke. Jetzt druckst du dir ein Bild von einer Person aus, die deiner Meinung nach einen deutlich attraktiveren Körper hat als du und hängst es dann an deinen Kleiderschrank.

Was wird dich auf Dauer wahrscheinlich mehr verändern?

      • Ist es der Wunsch, dein Gewicht aus gesundheitlichen Gründen zu verlieren?
      • Oder möchtest du auf der nächsten Party mit dem verführerisch engen Kleid / Anzug attraktiver wirken? Die Antwort hierfür liegt auf der Hand.

Seien wir uns einer Tatsache immer bewusst: Dieser emotionale Reiz hat genau deshalb so viel Einfluss, weil er nicht bewusst steuerbar ist. Emotionen / Gefühle werden nicht durch einen bewussten Willen ausgelöst – denn so arbeitet unser Gehirn nicht.

Daniel Goleman, ein US-amerikanischer Forscher, Psychologe und Journalist schreibt in seinem Buch, dass unsere Erfolge zu 80 % in unserem Leben auf genau diesen Fähigkeiten der emotionalen Kompetenz beruhen.Daniel Goleman, ein US-amerikanischer Forscher, Psychologe und Journalist schreibt in seinem Buch, dass unsere Erfolge zu 80 % in unserem Leben auf genau diesen Fähigkeiten der emotionalen Kompetenz beruhen.

Leider sind Emotionen kein genauer Richtungsgeber. Sie sind eigentlich nur das, wofür ihr Name steht: Ein Motivator etwas zu tun und in Bewegung („Motion“) zu kommen. Und da ihnen die Richtungskompetenz fehlt, können sie uns auch vollkommen in eine Sackgasse führen. Warum dem so ist, dazu kommen wir im weiteren Verlauf noch… 

Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang zuerst einmal stellt, ist die:
sind wir wirklich selbstbestimmt?Können wir uns wirklich ändern? Und wenn ja: Was hilft uns hierbei? Ist es Willkür, Kognition oder Einsicht?

Wenn wir den Begriff „Einsicht“ näher betrachten, dann müssen wir akzeptieren, dass zwischen dem logischen Verstehen einer Sache und einer persönlichen Veränderung oft gar kein direkter Zusammenhang besteht.

Woody Allen und die PsychotherapieEin Beispiel ist der Praxis der Psychotherapie: Circa 25 % aller psychotherapeutischen Behandlungen sind Langzeittherapien und 1 % der Behandlungen dauern sogar über 100 Stunden… Das bedeutet, dass Psychotherapie oft über mehrere Jahre verläuft!  Woody Allen sagte mal – mit dem für ihn typischen Augenzwinkern – dass seine Psychoanalyse ja erst 15 Jahren dauert und man deshalb noch keine Veränderung bei ihm erkennen könne … Veränderung besteht nicht darin, dass eine Sache kognitiv mit dem Kopf verstanden wird … denn, mit dem Kopf verstehen wir viele Dinge sofort! Veränderung wird durch eine Veränderung unserer inneren Gefühlszustände motiviert.

Warum ist dem so? Weil viele unserer Probleme dadurch entstehen, dass wir uns in einer Gewohnheit festgefahren haben. Diese beherrschen dann unser Denken, unsere Logik und damit auch unser Verhalten.

Genau dieses Wissen darüber, wie wir tief verankerte Gefühle verändern können, ist so elementar wichtig für eine erfolgreiche Therapie, damit traumatisierte Menschen sich von den vielen, zwanghaft sich wiederholenden Verhaltensweisen und chronischen Gefühlen wie Angst, Wut, Hilflosigkeit, Ohnmacht und Entsetzen losreißen können.

Welche Therapie ist hier jetzt die Richtige?

Welche Therapie ist hier jetzt die Richtige?Nun, hier ist sich die Psychotherapie selbst gar nicht so einig… Hatte man in den Anfangsjahren zuerst die Emotionen im Visier, kam mit Sigmund Freud eher Erkenntnis-Therapie zum Einsatz. An ihm kann man die Uneinigkeit in der Vorgehensweise recht gut veranschaulichen: Anfänglich war er noch ein Schüler des berühmten französischen Neurologen Jean-Martin Charcot. In dieser Zeit war er sich sehr sicher, dass seine Patienten ihre Neurose nur dann kurieren könnten, wenn sie die traumatischen Erlebnisse immer und immer wieder erleben und damit sich innerlich reinigen könnten. Von dieser Haltung distanzierte er sich später jedoch, da er in einer Zeit anfing, zu arbeiten, als sexueller Missbrauch in der direkten Umgebung gang und gäbe war. Die meisten seiner Patienten waren Frauen, die in ihrer Kindheit durch den Vater sexuell missbraucht wurden – ein gesellschaftliches Tabu was sich hierbei wie die Büchse der Pandora zu öffnen schien. Darum lenkte Freud recht schnell ein und führte die sexuellen Übergriffe des Vaters auf frühkindliche ödipale, Wünsche und Fantasien zurück. Damit machte er also das Kind zum Täter und den Täter zum Opfer. Mit Sicherheit haben dies dann auch viele seiner Patientinnen als Verrat empfunden. Zum Glück betrachteten dies viele von Freuds Zeitgenossen (Pierre Janet) und auch einer seiner wichtigsten Schüler (Wilhelm Reich), ganz anders…

Heute wird neben der „Freud’schen-Redekur“ – der tiefenpsychologischen Psychoanalyse auch die Körper-Therapie mit einbezogen. Meiner Meinung nach ist dies deutlich sinnvoller da eine ausgewogene Betrachtung von Emotion, Gefühl und Erkenntnis der Weg ist, der Menschen wirklich verändern kann. 

Unser Thema lautet ja: „Emotionen können beherrscht werden!“ 

Was genau ist dann eigentlich eine Emotion?

„Was kommt zuerst? – Der bewusste Wille oder die körperliche Bewegung?“Emotionen sind – ich möchte dies später gerne im Detail erläutern – im Grunde genommen nichts anderes als Prä- (vor) motorische Impulse / es sind Handlungsangebote aus unserem Vor-Bewusstsein … Wenn Emotionen Handlungsangebote, Handlungsimpulse sind … wann und wo genau entstehen sie? Oder anders gefragt:

„Was kommt zuerst? – Der bewusste Wille oder die körperliche Bewegung?“

Damit sind wir im ersten großen Zwischenthema angekommen. Wenn wir Emotionen beherrschen wollen, müssen wir wissen wann, in welcher Reihenfolge und unter welchen Umständen sie entstehen.

 Lass uns hier einmal vier Forscher / Wissenschaftler zu Wort kommen, die alle etwas mit der Beantwortung dser Frage „Was kommt zuerst – der Wille oder die Bewegung?“ – zu tun haben:

William James (US-amerikanischer Psychologe und Philosoph – 1842/1910) 
Benjamin Libet (US-amerikanischer Physiologe – 1916-2007) 
Daniel Wegner (US-amerikanischer Psychologe – 1948 -2013) 
Oliver Sacks (britischer Neurologe und Schriftsteller 1933 -2015). Autor von Awakenings das als Film mit Robin Williams und Robert De Niro 1990 verfilmt wurde.

2.1. William James

2.1. William JamesEr lebte von 1842 bis 1910 und war ein US – amerikanischer Philosoph und Psychologe. Er war Professor für Physiologie an der Harvard Universität und dachte sich einen Test aus, um die Entstehung von Emotionen nachzubilden. 1884 veröffentlichte er seine provokative Arbeit mit dem Titel: „Was ist eine Emotion?“ Hierbei stellte er sich vor, dass ihn ein Bär verfolgen würde. Durch Beobachtung des eigenen Körpers versuchte er dann, die Ereignisskette logisch zu verstehen, die eine Emotion wie zum Beispiel Angst tief in uns hervorruft. Dabei schaute er aber nicht nur auf den Körper, sondern beachtete auch seine Gedanken und die inneren Bilder, die in ihm hochkamen. Das Ergebnis war selbst für ihn mehr als überraschend …

Unser logischer Menschenverstand sagt uns, dass wenn wir einen Bären sehen, als Reaktion Angst bekommen und uns diese Angst dann antreibt zu fliehen. William James kam jedoch zu dem Ergebnis seiner Beobachtung, dass wir nicht rennen, weil wir Angst haben, sondern dass wir Angst haben, weil wir vor dem Bären wegrennen. Er beschreibt es mit folgenden Worten: „Meine Theorie ist es, dass Emotionen nichts anderes sind als das Empfinden einer körperlichen Veränderung. Sie folgen direkt der Wahrnehmung. „Ich bin traurig, weil ich weine“

Kommt dir dies auch komisch vor? Unser logischer Verstand würde doch eher sagen, dass wir Angst bekommen und weglaufen, weil (!) wir einem Bären begegnen. Oder jemand beleidigt uns, wir werden wütend und deswegen verteidigen wir uns.

Was ist richtig hierbei und was ist falsch? William James hat gezeigt, dass diese bislang vermutete Reihenfolge der Ereignisse falsch ist. Ein mentaler Zustand löst nicht sofort den nächsten aus, sondern die körperlichen Reaktionen werden zwischengeschaltet.

Also trauern wir, weil wir weinen … Wir sind ärgerlich, weil wir zuschlagen … Wir haben Angst, weil wir zittern.

William James hat gezeigt, dass diese bislang vermutete Reihenfolge der Ereignisse falsch ist. Ein mentaler Zustand löst nicht sofort den nächsten aus, sondern die körperlichen Reaktionen werden zwischengeschaltet.Diese etwas schwer verständliche Sicht nennen wir die „Bottom – Up“ Methodik und sie stellt das von Rene Descartes (franz. Philosoph / Mathematiker 1596 – 1650) aufgestellte logische Denkmuster „Top – Down“ (der Verstand erkennt die Gefahr und befiehlt dem Körper die Flucht – komplett in Frage. William James neuer Denkansatz (Bottom – Up) – dass wir die Angst verspüren, weil wir vor einer Gefahr weglaufen, zeigt einen wichtigen Punkt in Bezug auf die Natur unserer Wahrnehmung auf: Wir alle glauben ja, dass nachdem wir eine heiße Herdplatte anfassen, wir unsere Hand wegziehen, weil (!) wir dann einen Schmerz spüren. Dies entspricht aber nicht der Wirklichkeit, denn wir würden uns eine dauerhafte Verletzungen zu ziehen, wenn wir unsere Hand erst dann wegnehmen würden, wenn der Schmerz im Gehirn ankommt. Jeder Medizinstudent lernt bereits am Anfang seines Studiums, dass zuerst der Reflex des Zurückziehens aktiv wird, dem dann der eigentliche Schmerz folgt.

Natürlich hat der Schmerz im Nachhinein auch seine Daseinsberechtigung… Er erinnert uns daran, möglichst keine weitere heiße Herdplatte mehr anzufassen. Falsch ist aber die Annahme, dass der Schmerz zuerst wahrgenommen und deswegen danach der Impuls kommt, die Hand wegzuziehen. Auch William James erkannte, dass die Angst nicht eine logische Folge einer kognitiven Situationseinschätzung ist. Nein!  Ganz und gar nicht! Denn ganz am Anfang steht nichts anderes als eine vorbewusste Handlung / eine muskuläre Reaktion, die im Körper stattfindet und dann einer Emotion den Weg bereitet.

In dem Moment, wo das Gehirn im Stammhirn berechnet, dass eine Gefahr besteht, trifft es seine Einschätzung so schnell, dass andere, kognitive Bereiche gar nicht die Zeit haben, sich dieser Situation bewusst zu werden. Stattdessen sondiert das Gehirn – vor allem im Thalamus, dem Tor unserer Empfindungen, wie der Körper jetzt in diesem Augenblick reagieren muss.

Merke: Das bewusste Fühlen, findet also im Körper statt! Und damit hatte William James bereits als einer der ersten Forscher überhaupt diese sehr interessante Vorahnung für die wunderbaren Abläufe, die in unserem Körper stattfinden. Richtig bewiesen werden konnten seine Vermutungen jedoch erst circa 100 Jahre später nach seiner Entdeckung.

2.2. Benjamin Libet (1916-2007 Kalifornien US-amerikanischer Physiologe.)

2.2. Benjamin Libet (1916-2007 Kalifornien US-amerikanischer Physiologe.)Libet wurde über weite Kreise in der Medizin hinaus durch sein sogenanntes Libet-Experiment Anfang der 1980er Jahre bekannt. Durch dieses konnte experimentell bewiesen werden, dass nicht ein bewusster Wille, sondern vorbewusste Prozesse für unser Handeln verantwortlich sind. Der Wille scheint eher eine vom Gehirn im Nachhinein erzeugte Empfindung oder Erklärung für das Handeln zu sein und nicht eine unabhängige eigenständige Instanz. 

Dieses Experiment können wir auch selbst an uns durchführen. Hierzu halten wir einen Arm ausgestreckt vor uns hin und drehen das Handgelenk zu einem Zeitpunkt, wann wir es aus freien Stücken möchten. Dies wird dann mehrfach wiederholt und wir beobachten dabei, was mit dem Denken passiert. Mit Sicherheit hast du hierbei auch den Eindruck, dass die Bewegung zuerst bewusst entschieden und dann erst vollzogen wird. Für dich fühlt es sich bestimmt wie eine bewusste Entscheidung an, welche durch die eigene Bewegung initiiert wird.

Benjamin Libet bat seine Testperson genau dies durchzuführen, während er drei Aspekte ganz penibel zeitlich notierte:

      1. Der Zeitpunkt der bewussten Entscheidung: Er wurde mit einer speziellen Uhr gemessen wurde.

Hierfür ließ Libet seine Probanden auf eine schnelllaufende Uhr blicken, die auf einem Oszilloskop einen kreisenden Lichtpunkt erzeugte. Jeder Umlauf benötigte circa 2,5 Sekunden, so dass eine Ablesegenauigkeit von etwa 40 bis 50 Millisekunden erreicht wurde. Die Testteilnehmer merkten sich einfach nur die Stellung Lichtpunktes auf der Uhr zu dem Zeitpunkt, an welchem sie den bewussten Drang verspürten, die Hand zu bewegen.

      1. Der Beginn des Bereitschaftspotentials im motorischen Kortex wurde durch EEG–Elektroden am Kopf gemessen.
      2. Mithilfe von weiteren Elektroden an den Handgelenken wurde dann das Einsetzen der eigentlichen Bewegung gemessen.

Was denkst du, kam als Erstes? War es die Entscheidung / der Wille sich zu bewegen? War es die Aktivierung des motorischen Kortex Oder war es die tatsächliche Bewegung? Die Lösung mag für dich jeder Logik widersprechen, aber das Gehirn wurde erst ca. eine halbe Sekunde (500 Millisekunden) vor (!) der willentlichen Entscheidung, sich zu bewegen, aktiv. Die gemessene willentliche, bewusste kognitive Entscheidung, fand viel zu spät statt, um als Ursache für die Bewegung in Betracht kommen zu können.

Was folgt darauf? Es erscheint, als sei unser Wille / unser Bewusstsein nichts weiter als ein nachträglicher Gedanke. Ein Gedanke, der uns unsere vorbewusste unwillkürliche Bewegung, irgendwie „zu erklären“ versucht.

Auch wenn es anderen logischen Prinzipien zu widersprechen scheint, diese Ergebnisse stimmen auch mit den Erkenntnissen überein, die durch Experimente bei Operationen am offenen Gehirn herausgefunden wurden. Hierbei konnte Libet beweisen, dass der sensorische Cortex, der die haptischen Reize aufnimmt, etwa eine ½ Sekunde durchgehend gereizt werden musste, bevor ein sensorischer Reiz bewusst wahrgenommen werden konnte. Mit seinen Forschungen bewies er, dass einer willentlichen Entscheidung (zum Beispiel die Handfläche zu drehen) die eigentliche Bewegung voran geht. Diese bewusste Entscheidung, findet erst statt, nachdem eine prämotorische Hirnregion aktiv wurde. Mit anderen Worten: die Entscheidung zum Handeln erfolgt immer erst nach dem Handeln.

In seinem Buch „Mind Time – Wie das Gehirn Bewusstsein produziert“ äußert er den Gedanken: „Wir haben zwar keinen freien Willen, aber wir haben einen sogenannten „Free won‘t“ also eine eigene Möglichkeit, alles was ich im Impuls tun könnte, zu stoppen. Wir haben den Willen zu einem freien Veto – dem von ihm sogenannten „Indeterminismus“

2.3. Daniel Wegner 

Daniel Wegner (1948 bis 2013) war ein US-amerikanischer Psychologe und Professor für Psychologie an der Harvard Universität. Auch er forschte an dem Themenkomplex „freier Wille“. Einer seiner bekanntesten Sätze war zum Beispiel: „Denken Sie mal bitte nicht an einen weißen Bären.“ Das Paradoxe Ergebnis ist, dass die Menge an Gedanken zu diesem Thema sofort explosionsartig steigt. Wenn jemand sagt: „Ab jetzt bitte ich Dich, keine Angst zu haben“ kommt genau  das gleiche Ergebnis zutage.Daniel Wegner (1948 bis 2013) war ein US-amerikanischer Psychologe und Professor für Psychologie an der Harvard Universität. Auch er forschte an dem Themenkomplex „freier Wille“. Einer seiner bekanntesten Sätze war zum Beispiel: „Denken Sie mal bitte nicht an einen weißen Bären.“ Das Paradoxe Ergebnis ist, dass die Menge an Gedanken zu diesem Thema sofort explosionsartig steigt. Wenn jemand sagt: „Ab jetzt bitte ich Dich, keine Angst zu haben“ kommt genau  das gleiche Ergebnis zutage.

Eine seiner interessantesten Versuche war jedoch, dass er mit einer Reihe von Spiegeln illusionäre Bilder erzeugte: Die Versuchsteilnehmer glaubten, in den Spiegeln ihre eigenen Arme zu sehen. Was sie in den Spiegeln wirklich sahen, waren lediglich die Armbewegungen eines weiteren Versuchsteilnehmers. Bewegen sich dessen Arme auf Anweisung eines weiteren Beobachters, meinten die ersten Versuchsteilnehmer, sie selber hätten die Bewegung aus eigenem freiem Willen heraus gemacht. In Wirklichkeit haben sie ihre Arme jedoch gar nicht bewegt!

Was bedeutet das jetzt für uns? Ist dies das Ende des freien Willens? Seit 3000 Jahren ist die Idee des freien Willens / der Determinismus (lat. determinare: Grenzen setzen) eine feste Säule in der Psychologie. Angefangen von Heraklit im 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, über Demokrit, Aristoteles, Platon, die Stoiker wurde diese Überzeugung bis in die Neuzeit von so bekannten Personen wie John Stuart Mill, David Hume, Lohn Locke getragen.

In Deutschland war es Wilhelm Wundt (1832 bis 1920) ein deutscher Physiologe, Psychologe und Philosoph und Gründer des ersten Instituts für experimentelle Psychologie, der den Gedanken des freien Willens ganz oben ansetzte. Von ihm stammte z.B. der Satz: „Nichts scheint so eng mit unserer Persönlichkeit verbunden und so vollständig in unserem Besitz zu sein wie unser eigener freier Wille.“

Wer aber hat nun eigentlich recht? William James, Benjamin Libet, Daniel Wegner oder die Verfechter des freien Willens? Wer oder was sind wir überhaupt ohne die Macht des freien Willens?

Vielleicht hat Albert Einstein in seiner unnachahmlich bescheidenen Art recht, wenn er sagt: „Der Mensch kann tun, was er will… aber er kann nicht wollen, was er will.“

Was bedeutet das für unser Thema? Können wir mit unserem freien Willen unsere Emotionen nun in irgendeiner Weise regeln? Oder ist der freie Wille und damit die Möglichkeit einer Emotionskontrolle eine reine Illusion? Mit dem, was James, Libet und Wegner erkannten, würde ich es mal mit folgenden eigenen Worten beschreiben:

      • Zuallererst bereite ich mich auf eine Handlung vor.
      • Danach handle ich.
      • Ich spüre, ich fühle, ich registriere und nehme wahr
      • Ich reflektiere und ich denke.
      • Und wegen dieser aufeinanderfolgenden Schritte,
        • deshalb bin ich
          Frei nach dem Buchtitel von Antonio Damasio: „Ich fühle, also bin ich“

Was ich jetzt ein wenig kompliziert aufgezählt habe, könnte man etwas vereinfacht folgendermaßen zusammenfassen: Der willkürlichen, bewussten Bewegung geht ein unwillkürlicher, unbewusster / prämotorischer Impuls voraus.

Kann man diesen sogenannten prämotorischen Impuls irgendwie beweisen? Ja, und zwar mit Hilfe einer Erkrankung im Gehirn, welche im ICD 10 unter H 47.6 als „Affektion der Sehrinde“ bezeichnet wird. Früher wurde dies Rindenblindheit“ genannt. Damit bezeichnet man einen teilweisen oder auch vollständigen Ausfall der primären Sehrinde – des kortikalen Areals V1.  Wenn wir hier von Arealen sprechen, dann meine ich die primäre Sehrinde V1. Die sekundäre und tertiäre Sehrinde tragen die Bezeichnungen V2 bis V5.

Korbinian Brodmann. Sie, die Sehrinde / auch visueller Cortex genannt, ist ein Teil der Großhirnrinde (Rinde = Cortex), die für unsere visuelle Wahrnehmung verantwortlich ist. Hier finden wir die Brodmann–Areale 17 bis 19 (benannt nach dem Neuroanatom und Psychiater Korbinian Brodmann 1868 – 1918). Er unterteilte verschiedene Felder der Großhirnrinde nach ihren typischen Funktionen. Im hinteren Bereich des Gehirns (dem Okzipitallappen) finden wir die Areale 17,18 und 19. Dort findet die Verarbeitung und Integration Visuelle Informationen statt.Sie, die Sehrinde / auch visueller Cortex genannt, ist ein Teil der Großhirnrinde (Rinde = Cortex), die für unsere visuelle Wahrnehmung verantwortlich ist. Hier finden wir die Brodmann–Areale 17 bis 19 (benannt nach dem Neuroanatom und Psychiater Korbinian Brodmann 1868 – 1918). Er unterteilte verschiedene Felder der Großhirnrinde nach ihren typischen Funktionen. Im hinteren Bereich des Gehirns (dem Okzipitallappen) finden wir die Areale 17,18 und 19. Dort findet die Verarbeitung und Integration Visuelle Informationen statt.

Was hat dies mit unseren Emotionen und dem prämotorischen Impuls zu tun? Es geht, um die Abgrenzung zwischen bewusstem Denken und den unbewussten Reizen. Hier hilft uns die erwähnte „Rindenblindheit H47.6“ als Beispiel um zu zeigen, dass unbewusste Emotionen vor (!) einem bewussten Denken entstehen. Heute wissen wir, dass es viele visuelle Systeme gibt, welche die Nervenimpulse in den unbewussten Hirnregionen (Brodmann-Areal 17-19 im Okzipitallappen) verarbeiten. Die Fehlfunktion der Rindenblindheit entsteht durch Schäden an der Sehrinde im Kortex. Zeigt man Betroffenen in diesem Sehbereich Gegenstände, können Sie praktisch nichts sehen. Der für uns jetzt interessante Aspekt ist jedoch, dass sie – obwohl sie jedes Sehen leugnen – grobe Eindrücke wie ein Blitzlicht als auch Auf- / Ab-bewegungen unterscheiden können. Wenn es kein bewusstes Sehen gibt, dann muss es doch ein unbewusstes / ein vorbewusstes Sehen geben. Und wenn dem so ist, dann wäre dies auch der Beweis für all die anderen vorbewussten Sinneseindrücke die uns zu Emotionen / Handlungsangeboten einladen.

Und damit wären wir bei dem vierten der angesprochenen Forscher – Oliver Sacks. 

Oliver Sacks (1933-2015)2.4. Oliver Sacks (1933-2015)

war ein britischer Neurologe und Schriftsteller. Er war bekannt dafür, dass er sehr komplexe Krankheitsformen in einem zwanglos anekdotischen Stil – fast schon unterhaltsam – beschreiben konnte. Eine seiner Fallgeschichten wurde sogar unter dem Titel „Zeit des Erwachens“ 1990 mit Robin Williams und Robert De Niro in den Hauptrollen verfilmt. Oliver Sacks erzählt in seinen Fallgeschichten unter anderem von einem Patienten, dessen Visueller Kortex lahmgelegt und er damit vollständig blind war. Seine Frau konnte jedoch immer wieder Reaktionen von ihm beobachten, die auf das genaue Gegenteil einer Blindheit hinwiesen. Trotz seiner Behinderung griff er nämlich immer wieder nach Gegenständen oder wich Hindernissen so geschickt aus, als könnte er sie irgendwie doch normal sehen.

Und damit wären wir bei dem Rätsel der indirekten Informationsverarbeitung in der Praxis angelangt.

Unser Hauptthema lautet ja: Wir können unsere Emotionen regulieren.“ Was aber hat dies mit den vorbewussten Impulsen und  mit einem vorbewussten Denken zu tun?

Durch die Rindenblindheit konnten wir sehen, dass es eine vorbewusste sensorische Informationsvermittlung gibt. Grundlegende Daten werden also auf irgendeine Art und Weise im Gehirn unbewusst / vorbewusst verarbeitet und erzeugen dann die Bereitschaft zu einer Bewegung – sie bereiten einen Bewegungsimpulse vor, noch lange bevor der Wille davon Kenntnis hat.

Wir erinnern uns noch an den jungen Samurai und den Zen-Meister. Oder denken wir doch mal an einen Spaziergang in Wald, wo ein flüchtiger Schatten, eine spontane Geste einer anderen Person oder ein entferntes Geräusch uns spontan zu einer reflexartigen Überlebensreaktion veranlassen – lange bevor uns überhaupt bewusst ist was in unserer Umgebung dies nun ausgelöst hat. Ganz offensichtlich sind traumatisierte Personen für diese flüchtigen Reize besonders empfänglich und reagieren intensiv hierauf.

Diese prämotorischen Impulse sind uns – wenn überhaupt – nur selten bewusst.  
In Folge davon glauben wir, dass unsere Handlungen eigentlich immer logisch und auch bewusst von uns gesteuert werden. Dem ist aber nicht so! Dies führt oft zu Verwirrungen, da uns zum einen nicht bewusst ist, woher nun dieser Impuls / diese Emotion kommt.

Es gibt aber noch eine zweite Problematik hierbei: Oft ist dieser prämotorische Impuls so intensiv, dass wir uns nicht nur durch das plötzliche, sondern auch durch seine Intensität komplett überrumpelt fühlen.

Das schafft für traumatisierte Personen eine zweifache Verwirrung:

      1. Sie haben den prämotorischen Auslöser gar nicht kommen sehen können.
      2. Und dann war dieser Auslöser dermaßen stark, dass sie anschließend fassungslos über die eigene Reaktion dastehen und die Welt nicht mehr verstehen.

Stellen wir uns im Geiste einmal eine traumatisierte Person vor, die nicht anders kann als eine reflexhafte Überlebensreaktion so komplett und intensiv wie damals immer und immer wieder zu wiederholen.

Nehmen wir hierfür das Beispiel eines Soldaten, der – aus dem Krieg heimgekehrt – im eigenen Schlafzimmer neben seiner Frau aus einem Albtraum aufwacht. Fassungslos muss er erkennen, dass er gerade seine eigene geliebte Frau würgt. Das allein ist schon überwältigend. Was aber, wenn er dies alles nicht als einen retraumatisierenden Reflex eines Kriegs-Geräusches aus der Ferne erkennen kann? Im Krieg hätte ihm dieser Reflex wahrscheinlich das Leben gerettet. Nun aber ist diese unkontrollierte explosionsartige Überlebensreaktion eine zwischenmenschliche Katastrophe.Durch solche Beispiele sollte es uns bewusst sein, dass es sowohl prämotorische Impulse und damit auch vorbewusste Emotionen gibt…

Für mich sind Emotionen und Gefühle nichts anderes als genau diese prämotorischen Impulse, welche uns 0,5 Sekunden später erst durch unseren Neokortex – dem Wächter in unserem Gehirn – bewusst werden… 

Unser Thema dieses Beitrages lautet: Emotionen können beherrscht werden. Welche Lösung gäbe es, um diese prämotorischen Impulse irgendwie zu regulieren? Eigentlich ist die Lösung recht einfach. Die Tatsache allein, dass sie ca. 500 Millisekunden vor dem Bewusstwerden auftreten, kann nicht nur ein Nachteil, sondern auch eine Chance darstellen. Der Königsweg in meinen Augen, um diese zwanghaften Impulse zu unterbrechen besteht darin, sich dieser vorbewussten Impulse dauerhaft bewusst zu sein. Denn: habe ich nämlich erst einmal ein dauerhaftes Bewusstsein hierfür geschaffen, kann ich den noch kleinen Funken sehr leicht löschen, bevor er den Zünder, das Haus oder das Stroh in Flammen setzt.

Unser Kater Charles möchte gerne von der Dachterrasse springenMir fällt hierbei unser Kater Charles ein… Auf unserer Dachterrasse hat er des Öfteren den spontanen Impuls, über das Geländer springen zu wollen. Es nützt nichts, ihm eine Minute vorher zu warnen: „Charles, spring nicht…“ Erst in dem Moment, wo seine Muskeln sich anspannen, und er hochschnellen möchte, lohnt es sich ein scharfes: „Stopp!“ zu rufen. In diesem Moment des Bewegungsimpulses, unterbricht er sofort seine Bewegung und geht einer anderen Beschäftigung nach…

Und damit schließt sich der Kreis und wir sind mal wieder am Anfang meines Vortrages: der junge Samurai und der alte Zen Meister. Auf dem Höhepunkt seiner Wut, lernte der junge Krieger seine tödlichen Impulse zurückzuhalten, anstatt sie irgendwie kopflos auszuagieren. Indem er durch die Hilfe des Meisters, den üblichen emotionalen Ausdruck stoppen konnte, transformierte er seine höllische Wut in himmlischen Frieden… Und das ist die Lösung!

Diese Beispiele von dem Samurai und unserem Kater Charles zeigen, dass beide genau in diesem kritischen Augenblick, bevor der Angriff erfolgte (!) eine besondere Gelegenheit zur Wahl hatten. Durch das friedliche aber entschiedene Eingreifen des Zen-Meisters konnte der Samurai seinen Angriff zurückhalten und spüren, wie in seinem Inneren seine Emotionen einen Angriff mit dem Schwert vorbereiteten. Genau in diesem äußerst dramatischen Zustand konnte er innehalten, seine gewalttätige Handlung zurückhalten und diese intensive Energie in Dankbarkeit umwandeln. Die Fähigkeit, seine inneren Emotionen bewusst zu kontrollieren, zu zügeln und zu halten, ermöglicht es einem Menschen, diese in positive Energie kreativ umzuwandeln. Dieses Innehalten für nur einen kurzen Augenblick schenkt uns genügend Zeit, uns in eine bewusste Selbstwahrnehmung zu versetzen. Wir können dadurch unsere inneren Bilder von unseren körperlichen Empfindungen trennen. Diese Zurückhaltung für den Bruchteil einer Sekunde, die macht den Unterschied zwischen Himmel und Hölle aus. Lass uns dies im Teil Drei weiter vertiefen.

Teil 3 – Die Lösung: Körperbewusstsein erlernen!

Die Macht und die Beharrlichkeit unserer emotionalen Zwänge (Wut, Angst, Scham auszuagieren) sollten wir niemals unterschätzen! Diesem Problem sind wir aber nicht hilflos ausgeliefert… Dagegen gibt es eine praktische Abhilfe. Sie hört sich für Dich im ersten Moment vielleicht zu simpel, zu einfach an um zu funktionieren. Gerade aber aus diesem Umstand heraus ist sie mindestens genauso mächtig wie die vorbewussten emotionalen Zwänge. Wir können unsere inneren Fixierungen durch ein stark trainiertes Körperbewusstsein „lösen“.

Wenn dir das zu unlogisch ist, dann lass uns mit ein wenig Logik an dieses Thema herangehen. Denn, was geschieht in unserem Gehirn oder in unserem Denken, wenn wir uns von der Sklaverei der Emotionen wie zum Beispiel Angst und Wut befreien möchten? Unser Gehirn ist tatsächlich ein wunderbares Organ und unterscheidet uns mit großem Abstand zu allen uns bekannten Lebewesen auf der Erde. Mit seinen ca. 100 Milliarden Nervenzellen haben seine Nervenbahnen eine Länge von 5,8 Millionen Kilometer. Dieses 1,5 Kilogramm schwere Organ ist in sich so lang, dass seine Nervenbahnen 145-mal um die Erde laufen könnten! Das sich so etwas von allein hätte entwickeln sollen, dazu fehlt mir persönlich einfach nur der Glaube! 

Wir können unsere inneren Fixierungen durch ein stark trainiertes Körperbewusstsein „lösen“.Der wohl größte Unterschied zu anderen Lebensformen auf der Erde ist das dünne Gehirngewebe des präfrontalen Cortex im vorderen Teil unserer Frontallappen. Hier finden wir 

      • den Dorsolateralen präfrontalen Cortex und
      • den medialen präfrontalen Cortex. 
        Der Dorsolaterale präfrontale Kortex („dorsal“ und „lateral“ bedeutet „zum Rücken und seitlich gelegen“) macht uns unsere Außenwelt bewusst.

        Der Medialpräfrontale Cortex ist der einzige Bereich des Cerebralen Cortex (Cerebral ist das Großhirn) der direkte Signale aus unseren Muskeln, den Gelenken und den inneren Organen empfängt und diese dann in unserem Bewusstsein meldet. Erst durch dieses Registrieren unserer körperlichen Reize erlangen wir den eigentlichen Zugang zu unseren emotionalen Reaktionen, können diese verändern und bekommen ein Selbstgefühl.

Immer wieder fällt mir in diesem Zusammenhang der Buchtitel des genialen Forschers Antonio Damasio ein: „Ich fühle, also bin ich“ Das ist der erste und wichtigste Schritt, um aus emotionalen Zwängen herauszukommen: Lass dich nicht in deine negativen Gedanken verstricken. Sie sind nichts anderes als innere Handlungsangebote aus der erfahrenen Vergangenheit! Trotz dieser intensiven Kraft unserer Emotionen sind wir nicht verpflichtet, uns von ihnen mitreißen zu lassen. Wir haben jederzeit die Wahlmöglichkeit, mit Hilfe unseres „Emotions-Wachtturms“ – dem Medialen Präfrontalen Cortex – zu unseren „höher liegenden kognitiven körperlichen Empfindungen gewissermaßen zurückkehren.

Solch eine permanente Überwachung und Abgleichung unserer Emotionen könnte uns nun etwas Angst verursachen, da wir mit diesen inneren Empfindungen in unserer modernen Welt nicht wirklich gelernt haben umzugehen. Wir haben uns so an Emotionen und negatives Denken gewöhnt, dass uns die Möglichkeit, unseren Körper genauer zu betrachten, in diesem Moment gar nicht in den Sinn kommt. Stattdessen suchen wir die Quelle für unsere negativen Gefühle außerhalb von uns. Einmal wirklich wieder zu verspüren, wie es ist, ohne sich mit kritischen Bewertungen zu überfrachten, kann eine vollkommen neue Erfahrung sein.

Eugene Gendlin (1926 - 2017), der Begründer der Focusing Methode verdeutlichte diesen Prozess des „Sich bewusst Werdens“ mit den einfachen Worten: „Nichts, was sich schlecht anfühlt, ist jemals der letzte Schritt.“ Unsere Großeltern hatten dafür noch die Formulierung „Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.“Eugene Gendlin (1926 – 2017), der Begründer der Focusing Methode verdeutlichte diesen Prozess des „Sich bewusst Werdens“ mit den einfachen Worten: „Nichts, was sich schlecht anfühlt, ist jemals der letzte Schritt.“ Unsere Großeltern hatten dafür noch die Formulierung „Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.“

Der Nutzen solch eines Wissens liegt auf der Hand:Wenn wir es schaffen, unsere Gefühle in der Schwebe zu halten und nicht zuzulassen, dass sie ihren früheren gewohnten Weg gehen, dann ist das keine Unterdrückung der Gefühle! Ganz im Gegenteil! Denn es ermöglicht, dass etwas Größeres entstehen kann. Wir gewinnen mehr „Spielraum“ um die Emotionen und Gefühle in ihren Schattierungen differenziert wahrzunehmen. Normalerweise tun wir alles, um uns von unseren Spannungen zu befreien und tiefere Gefühle zu vermeiden. Anna Freud und ihre systematische Aufarbeitung der Abwehrstrategien lässt grüßen. Dieses „Halten der Gefühle“ ist aber etwas vollkommen anderes!

Ein Schnellkochtopf kann viel Druck aushalten und Dampf bei zu viel Druck ablassen. Was er aber nicht kann ist, seine Form unter Druck zu verändern. Auf der anderen Seite stellen wir uns einen Ballon, aus festem, aber elastischem Gummi vor. Durch Dampf gefüllt, wird er sich immer weiter ausbreiten.Ein Vergleich kann uns dies besser verstehen helfen: Ein Schnellkochtopf kann viel Druck aushalten und Dampf bei zu viel Druck ablassen. Was er aber nicht kann ist, seine Form unter Druck zu verändern. Auf der anderen Seite stellen wir uns einen Ballon, aus festem, aber elastischem Gummi vor. Durch Dampf gefüllt, wird er sich immer weiter ausbreiten.

Der Dampf steht für Emotionen. Wenn wir diese Emotion nicht wie beim Schnellkochtopf in die Umgebung ablassen, sondern nun – bildlich gesprochen in uns aufnehmen und halten – bekommt der Ballon hierdurch eine andere Kontur, neue Möglichkeiten und Sichtweisen. Und das ist das grundlegende Wesen einer emotionalen Selbstregulierung, einer Selbstakzeptanz, einer inneren Stimmigkeit. Durch ein Halten verändern wir die Form und das Aussehen von Emotionen.

Nimm wie zum Beispiel die Emotion Ärger, die zu den sieben Basisemotionen gezählt wird. Ärger beruht auf der inneren Haltung, sich aus einer Situation befreien zu müssen, notfalls auch durch zuschlagen. Ärger läuft auf eine körperliche Aktivität hinaus. Viele Therapien, welche mit Emotionen arbeiten, ermutigen oft auch geradezu dazu, diese herauszulassen. Was aber passiert in Wirklichkeit? Wir lassen - wie beim Schnellkochtopf - Dampf ab und spalten wir uns bildlich gesprochen von unseren Gefühlen ab! Dadurch haben uns unsere Emotionen und nicht wir sie im Griff.Gehen wir in unserem Beispiel nun einen Schritt weiter: Nimm wie zum Beispiel die Emotion Ärger, die zu den sieben Basisemotionen gezählt wird. Ärger beruht auf der inneren Haltung, sich aus einer Situation befreien zu müssen, notfalls auch durch zuschlagen. Ärger läuft auf eine körperliche Aktivität hinaus. Viele Therapien, welche mit Emotionen arbeiten, ermutigen oft auch geradezu dazu, diese herauszulassen. Was aber passiert in Wirklichkeit? Wir lassen – wie beim Schnellkochtopf – Dampf ab und spalten wir uns bildlich gesprochen von unseren Gefühlen ab! Dadurch haben uns unsere Emotionen und nicht wir sie im Griff.

Besser wäre es, wenn wir sie verwandeln können, indem wir uns bewusst zurückhalten. Der junge Samurai überwand durch ein kurzes Innehalten im richtigen Augenblick – auch wenn es von außen erst einmal gefördert wurde – seine falsche Handlung, erkannte dann selbst den Fehler und fand die richtige Lösung!

Das Halten von Emotionen und die Bereitschaft, sich von ihnen formen zu lassen – das ist die Lösung! Das Halten von Emotionen gibt uns nämlich die Möglichkeit, unseren „Emotions-Wachtturm“ den Medial-Präfrontalen-Kortex zwischenzuschalten um durch diesen „Zeitgewinn“ aus den sich bietenden unterschiedlichen Handlungsangeboten – den Emotionen – auswählen zu können. Wo vorher lediglich Angst, Wut, Abwehr oder Ohnmacht existierten, gibt es nun viel mehr Möglichkeiten zu reagieren. Anstatt zuzuschlagen, nehme ich mit dem Gegenüber zuerst einmal Kontakt auf, zum Beispiel durch eine ruhige Ansprache oder einem warmen, herzlichen Lächeln. Denn auch er hat Spiegelneuronen, die auf unser Verhalten reagieren können. Wichtig hierbei ist: Wir müssen diese Einschätzung treffen, bevor (!) wir ins Handeln vergehen, bevor wir wütend werden und zum Angriff übergehen. Nur dadurch lernen wir langsam, aber sicher in Bezug auf Reaktionen Prioritäten zu setzen uns entscheiden, was in welcher Situation angemessen ist.

Das dies geht, zeigt die Ausbildung von Piloten. Eine tragende Säule hiervon ist das regelmäßige Training in einem Flugsimulator. Obwohl dies nicht die Wirklich ist, werden dadurch die Sinne und die Reflexe wirksam für die Realität trainiert.   

Der Vorteil und die Funktion von Gefühlen im Vergleich zu Emotionen

Biologisch gesehen setzen Emotionen zuallererst einmal starke Signale für einen Selbst und besonders für die Umgebung. Unsere Angst zum Beispiel, kann die Umgebung in unserem Gesicht und an unserer Körperhaltung ablesen. Spürst du deine eigene Angst und bleibst stehen, dann reagiert deine Umgebung indem sie dein Verhalten registrieren, selber stehenbleibt und beginnt sich umsehen.

Dies können wir auch bei einem Rudel Rehe beobachten. Grasen sie eben noch friedlich über die Waldlichtung, kommt spontan Bewegung in die gesamte Gruppe, wenn ein gefährliches Geräusch vernommen wird. Es muss nur eines der Tiere den Kopf heben … sofort unterbrechen alle anderen Mitglieder der Herde ihr Verhalten. Diese Angst kann auch Panik verursachen. Viele Unfälle entstehen z.B. im Autoverkehr, wenn man – wie ein Reh – im Scheinwerferlicht des entgegenkommenden Verkehrs einfriert. Solche hochemotionalen Reaktionen selten angemessen. 

Und wenn Emotionen in der nächsten Stufe nicht mehr ein Signal, sondern ein Dauerzustand werden, spätestens dann verlieren Sie ihre Grundaufgabe. Es ist zum Beispiel nicht produktiv, wenn Übelkeit und Ekel zu einem Dauerzustand werden. Das kann für unsere Nahrungsaufnahme große Probleme hervorrufen wie Bulimie und Anorexie. Übelkeit und Ekel kann aber auch eine überzogene zwischenmenschliche Reaktion sein. Wenn es mich ekelt, dass andere Menschen mich umarmen – auch wenn diese es liebevoll oder warmherzig meinen – dann kann dies sowohl das Leben als auch sämtliche Beziehungen ruinieren.

Emotionen sind reaktive Handlungsangebote, die aus unserem frühesten Lernen zu Überleben entstanden sind.
Da unsere Psyche jedoch nach dem 2. Thermodynamischen Prinzip arbeitet, ist sie neuem Lernen gegenüber recht kritisch eingestellt.
Diese körperlichen Gefühle, Emotionen oder Handlungsangebote gleichen einem Kompass, der uns anbietet, Orientierung in unser Leben zu bringen.Emotionen haben als Signalfunktion und Handlungsangebot große Vorteile. Dieser reduziert sich jedoch gegen Null, wenn sie unvermindert und unangemessen intensiv auftreten. Um diesen offensichtlichen Widerspruch auflösen zu können, müssen wir vor allem eines verstehen:

      • Emotionen sind reaktive Handlungsangebote, die aus unserem frühesten Lernen zu Überleben entstanden sind.
      • Da unsere Psyche jedoch nach dem 2. Thermodynamischen Prinzip arbeitet, ist sie neuem Lernen gegenüber recht kritisch eingestellt.
        Diese körperlichen Gefühle, Emotionen oder Handlungsangebote gleichen einem Kompass, der uns anbietet, Orientierung in unser Leben zu bringen.

Gefühle helfen uns einzuschätzen, was für uns von Wert ist, was wir in unser Leben integrieren und woran wir uns orientieren möchten. Ihre Grundfunktion ist die Valenz: Die Anziehung zu förderlichen guten Dingen und die Abneigung gegen Dinge / Situationen welche uns schaden. Valenzen sind – einfach ausgedrückt – positive oder negative Abstufungen. Welchen Wert spreche einer Sache zu. Unsere Gefühle sind die Basis aller unserer Empfindungen. Diese Empfindungen steuern dann unsere Anpassungsreaktion, je nachdem wie wir eine Situation einschätzen.

In der nächsten Stufe treten dann Emotionen auf. Emotionen treten erst dann auf die Bühne, wenn unsere Ersteinschätzung einer Situation durch unsere Gefühle falsch waren – ich mich also durch ein bestimmtes Verhalten in der jeweiligen Situation anpassen muss. Dies geschieht dann durch Angst, Wut, Trauer, Entsetzen, Ekel, Freude oder auch Triumph. 

Können wir unsere Gefühle überhaupt verändern?

Um diese Frage zu beantworten, sollten wir uns mal mit einer wenig bekannten, dafür aber umso interessanteren Person näher beschäftigen: Nina Bull ….

Können wir unsere Gefühle überhaupt verändern?Sie war eine gleichermaßen geniale und trotzdem völlig unterschätzte Figur in der Geschichte der Körper-Psychotherapie. Sie war eine Pionierin in der Erforschung der Geist – Körper – Beziehung und hat die Rolle der Muskulatur im subjektiven Erleben intensiv erforscht. Nina Bull (sie lebte 1880 – 1968) war die geistige Lehrerin von Stanley Keleman (1931 – 2018) der die „Formative Psychologie“ ins Leben rief. Leider ist ihr persönliches Leben heute größtenteils unbekannt. Erst im Alter von 58 Jahren begann sie ihre wissenschaftliche Arbeit zu veröffentlichen. Bekannt wurde sie für Ihr Werk: „The Attitude Theory of Emotion (die Einstellungstheorie der Emotionen) bekannt. 

In ihren Experimenten ließ sie bei den Probanden verschiedene Emotionen wie Ekel, Angst, Ärger, Depression, Freude und Triumph aufkommen. Im zweiten Schritt notierte sie dann, was diese Personen über das erzählten, was durch die Emotionen in ihrem Inneren zu spüren ist. Sie entwickelte ein Standart-Verfahren, dass ein Verhalten nach Maßeinheiten und Kategorien erfasst, welches auch von anderen Forschern verwendet werden kann. Dieses Messinstrument war zu diesem Zeitpunkt etwas vollkommen Neues! Zum ersten Mal konnten Handlungsmuster von Emotionen nachvollziehbar protokolliert werden. Schauen wir uns mal exemplarisch ein paar Emotionen in ihrer Kategorisierung und Abgrenzung von anderen an:

Nehmen wir als erstes Beispiel die Emotion Abscheu

Das Wort „Abscheu“ wurde vor ca. 500 Jahren, im 16. Jahrhundert, sprachlich aus dem Wort „Scheu“ abgeleitet. Daraus erfolgt die Verbindung zu „zurückscheuen (wie ein Pferd), sich entsetzen, etwas verabscheuen“. Abscheu als Emotion hat verschiedene physische Phänomene (Phänomene sind Dinge / Handlungen, die sich von außen beobachten lassen):

      • Beginnen wir mit Übelkeit. Es ist ein innerer Impuls, sich zu übergeben.
      • Im Außen sehen wir zusätzlich, wenn sich jemand von einer Sache abwendet – zum Beispiel kleine Kinder vom Spinat.

Solch ein Verhalten hat viele Nuancen. Es beginnt mit leichter Abneigung, geht über zum leichten bis sehr starken Drang, sich abzuwenden, bis hin zum Erbrechen. All dies gehört zum Thema „Abscheu“ und „Ekel“. Mit dieser Reaktion versucht man zum Beispiel, schlechte Nahrungsmittel oder giftige Stoffe abzustoßen, um einen längeren Kontakt zu unterbrechen. So etwas beobachten wir auch bei Kindern und erwachsenen Personen, die man missbraucht, misshandelt oder gezwungen hat, Dinge gegen ihren Willen zu tun, die sie geistig oder körperlich nicht haben „verdauen“ können.


Die andere emotionale Reaktion ist die Angst

Auch diese Emotion wurde von Nina Bull kategorisiert. Sie beobachtete bei Angst einen ähnlichen Zwang zu Flucht / Vermeidung aber auch eine Verspannung / Erstarrung des gesamten Körpers. Die Versuchsteilnehmer erzählten von einer sich gegenseitig verhindernden Reaktion: Einerseits war da der Wunsch wegzulaufen. Andererseits waren sie aber auch unfähig sich wegzubewegen. Diese sich abwenden ist etwas anders völlig anderes als ein „Einigeln“. In der Angstreaktion ist ein Suchen nach möglichen Ressourcen / Sicherheit erkennbar.


Gehen wir über zur nächsten Emotion Ärger…“

Auch Ärger tritt mit einer innerlichen Zerrissenheit auf. Einerseits ist hier ein Drang zum Angriff in der Muskelanspannung zu sehen, andererseits berichteten die Versuchsteilnehmer aber auch davon, diesen irgendwie doch nicht zulassen zu wollen.


Die nächste Emotion ist Traurigkeit und Depression.

Depression ist – etwas vereinfach ausgedrückt – ein chronisch unterbrochener Antrieb / Motivation. Wer unter Depressionen leidet möchte gerne etwas tun, fühlt sich jedoch einfach nicht in der Lage, irgendetwas von den eigenen Wünschen umzusetzen. Im Körper ist nichts als eine Leere, eine Kraft die einen geradezu lähmend an der Stelle verharren lässt. Viele berichten auch von körperlichen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Benommenheit und der Unfähigkeit klar zu denken. Von außen betrachtet könnte man annehmen, dass der Gegenüber jeden Augenblick zu weinen anfangen müsste, es aber irgendwie nicht rauslassen kann“. Diese widersprüchlichen Impulse (weinen und dieses Zurückhalten) sind äußerlich dann als Niedergeschlagenheit, Teilnahmslosigkeit, Unwillen zur Veränderung oder Lethargie (altgriechisch „lethargia“) sichtbar.


Abscheu, Angst, Ärger und Traurigkeit sind alles negative Emotionen… Die positiven Emotionen sind Freude, Überraschung und auch der Triumpf. Zwischen der Gruppe der negativen und der positiven Emotionen besteht ein grundlegend trennender Unterschied.

Die positiven Affekte haben – im Gegensatz zu den negativen – keine hemmenden Eigenschaften, sondern werden als reine Aktivität erlebt. Wenn wir zum Beispiel Freude empfinden, dann fühlen wir, wie sich unser Brustkorb öffnet. Das Atmen wird freier und wir erleben ein heiter dynamisch motiviertes Gefühl. Die gesamte Körperhaltung verändert sich, indem der Kopf geradegestellt und die Wirbelsäule gedehnt wird. Positive Emotionen sind grundsätzlich immer mit einer Energie und Gewissheit verbunden, dass die eigenen Ziele nicht nur Sinn machen, sondern auch erreicht werden können.

Wenn Nina Bull recht hat, dann steht unsere Körperhaltung mit der unsichtbaren inneren Haltung in direkter Verbindung! Dem ist auch so, wenn wir – mit einem kleinen Augenzwinkern – Charlie Brown von den Peanuts Glauben schenken. Seiner Philosophie nach können wir keine depressiven Gedanken länger aufrecht halten, wenn wir unsere Körperhaltung verändern.

In einem Comic zwischen Charlie Brown und Lucy (van Pelt) gehen sie nebeneinander den Weg entlang. Charlie Brown beklagt sich über seine Depressionen. Darauf schlägt Lucy ihm vor, sich aufzurichten und ab jetzt einfach nur gerade zu gehen. Die Antwort von Charlie Brown Darauf: „Aber dann hätte ich doch keine Depressionen mehr über die ich mich noch beklagen könnte.“ Und damit hat er einen sehr wichtigen Aspekt zum Thema: „Können Emotionen beeinflusst werden?“ angesprochen: Die Veränderung unserer inneren Haltung ist zwar deutlich komplexer subtiler Prozess, als dass er lediglich mit einer veränderten Körperhaltung in Verbindung steht, jedoch ist sie ein sehr wesentlicher Teil unseres gefühlten, emotionalen Zustandes.

Der Psychologe und Forscher Prof. Paul Ekman (Jahrgang 1934, University of California), der als Spezialist der nonverbalen, also rein körperlichen Kommunikation gilt, weist auf eine weitere Facette neben der Körperhaltung hin und zwar den Gesichtsausdruck. In einem Versuch bat er seine Probanden im Gesicht nur ganz spezielle Muskeln anzuspannen, die immer nur zu einer bestimmten Emotion gezählt werden. Den Teilnehmern denen das gelangte – interessant ist, dass man ihnen nicht erzählte, welche Emotionen sie hiermit spielten – diese erlebten dann in ihrem Inneren genau diese entsprechenden Gefühle.Der Psychologe und Forscher Prof. Paul Ekman (Jahrgang 1934, University of California), der als Spezialist der nonverbalen, also rein körperlichen Kommunikation gilt, weist auf eine weitere Facette neben der Körperhaltung hin und zwar den Gesichtsausdruck. In einem Versuch bat er seine Probanden im Gesicht nur ganz spezielle Muskeln anzuspannen, die immer nur zu einer bestimmten Emotion gezählt werden. Den Teilnehmern denen das gelangte – interessant ist, dass man ihnen nicht erzählte, welche Emotionen sie hiermit spielten – diese erlebten dann in ihrem Inneren genau diese entsprechenden Gefühle.

Fritz Strack, ein deutscher Sozialpsychologe hat diesen Test 1988 mit einem Augenzwinkern ein wenig abgeändert, indem er zwei Personengruppen bat, Comics nach ihrem Grad der Witzigkeit einzuordnen. Fritz Strack, ein deutscher Sozialpsychologe hat diesen Test 1988 mit einem Augenzwinkern ein wenig abgeändert, indem er zwei Personengruppen bat, Comics nach ihrem Grad der Witzigkeit einzuordnen. 

Die erste Gruppe musste dabei einen Bleistift zwischen den Zähnen halten, ohne dass dieser ihre Lippen berührte. Dadurch wurden sie zu praktisch einem Lächeln muskulär gezwungen. Die andere Gruppe musste den Stift nur mit den Lippen halten, ohne hierbei Zähne zu benutzen. Das sah dann von außen ganz anders aus – ungefähr so, als würden sie ihre Stirn runzeln. Das Ergebnis dieses Tests ist wirklich interessant: Alle Versuchsteilnehmer erlebten in ihrem Inneren tatsächlich die Emotionen, die sie mit ihrem Körper nach Außen ausdrückten. Diejenigen, welche zu einem Lächeln gezwungen wurden, waren innerlich glücklicher und fanden die Comics auch entsprechend witziger als die andere Gruppe, die den Stift nur mit ihren Lippen halten mussten.

Das Ergebnis von Ekmann und Strack zeigt, dass sowohl unsere Körperhaltung aber auch unser Gesichtsausdruck unsere innere Emotion formen können … Für unser Thema: „Emotionen können beeinflusst werden“ bedeutet dies das es durch unser „Vor-Bewusstsein“ eine Möglichkeit gibt, unsere Emotion gewissermaßen anzupassen und zu modellieren… Zum Thema Körperhaltung möchte ich dich noch mit einer weiteren Technik vertraut machen:

Die Alexander Technik.

Die Alexander-Technik. Entwickelt und publiziert wurde sie ab dem Jahr 1931 von Frederick Matthias Alexander (*1869 - 1955) einem australischen Schauspiellehrer.1973 erhielt Nikolaas Tinbergen (1907 – 1988, niederländischer Ethologe / Verhaltensforscher) zusammen mit Konrad Lorenz (1903 – 1989, österreichischer Zoologe) den Nobelpreis für Physiologie/Medizin… In seiner Dankesrede erwähnte er eine Therapie, mit deren Hilfe bemerkenswerte Resultate in Bezug auf chronische Schmerzen, Haltungsproblemen, Atmen und Stottern erzielt werden könnten. 

Entwickelt und publiziert wurde sie ab dem Jahr 1931 von Frederick Matthias Alexander (*1869 – 1955) einem australischen Schauspiellehrer. Er nahm an, dass der Mensch ein einheitlicher Organismus ist und dass damit auch alle Prozesse irgendwie miteinander verbunden sein müssen. Er fand – lange vor Ekman, Strack und anderen Forschern heraus, dass durch eine bestimmte Körperhaltung auch unterschiedliche Emotionen aktiviert und gefördert werden konnten. Der Grund für seine Forschung war – er war ja eigentlich kein studierter Wissenschaftler – dass er als junger Shakespeare–Darsteller eines Tages seine eigene Stimme verlor. Nachdem ihm die viele Ärzte nicht helfen konnten die er konsultierte, half ihm eines Tages Doktor Zufall … Er stand vor dem Spiegel und bemerkte, dass er bei einer bestimmten Körperhaltung wieder auf seine Stimme zurückgreifen konnte. In den folgenden Jahren studierte und verbesserte er seine Beobachtung, sodass viele große Persönlichkeiten hiervon einen Nutzen zogen und viele Schauspieler, Kollegen und Sänger anfingen mit ihm  zu arbeiten. Darunter befinden sich u.a. Paul McCartney, Sting, Aldous Huxley, John Clease und auch Paul Newman.


Emotionen und unsere innere Haltung können wirklich modelliert werden!

Erinnern wir uns noch mal an Charlie Brown und Lucy: Wir sehen, wie wichtig eine konsequente Körper-Achtsamkeit für eine Veränderung der Emotionen ist. Der meines Erachtens erfolgversprechendste Weg, die eigenen Emotionen wirksam zu verändern, ist, die eigene Körperhaltung zu ändern und das körperliche Feedback im Gehirn zu trainieren.

Dies erreichen wir durch

      • eine Veränderung der Propriozeption (/die Wahrnehmung der eigenen Bewegung, Stellung, Haltung)
      • und der Kinästhetik (die Bewegungsempfindung) kinästhetische Feedback ans Gehirn zu verändern.

Der hierfür verantwortliche Bereich ist der „Mediale Präfrontale Kortex“ der mit dem limbischen System und damit mit unserer Emotionalität in Verbindung steht.

Deswegen ist das Bewusstsein für die körperliche Empfindungen der ausschlaggebende Punk t, um unsere Emotionen wirksam zu verändern.

Erinnere dich an die Hölle und den Himmel des jungen Samurai-Kriegers. Durch das Eingreifen des Zen–Meisters zum exakt richtigen Zeitpunkt konnte er

      • seine innere Dynamik stoppen,
      • sie bewusst wahrnehmen und
      • erkennen was er gerade eigentlich tut.

Erst als der wütende und aufbrausende Samurai lernte, sich nur für einen kurzen Moment (0,5 Sekunden) zurückzunehmen, seine Wut zu halten und in sich hinein zu spüren, erst dann konnte er seinen Himmel/seine Glückseligkeit spüren…Das ist der „Stein der Weisen“ für die Umformung unserer Emotionen.

Ein kleiner Ausblick kommende Beiträge in dieser Reihe zum Thema Emotionen:

      • Wie können wir unsere innere Gefühlslage dauerhaft verändern?
      • Wie entstehen Emotionen (eine Kurzfassung)

Antonio DamasioWir werden uns noch viel eingehender mit dem fantastischen Forscher und Neurologen Antonio Damasio befassen und wir die fünf von Darwin beschriebenen emotionalen Instinkte (Angst, Wut, Traurigkeit, Ekel und Freude) besser für uns nutzbar machen können.

Es lohnt sich, gespannt zu bleiben…

Lassen Sie uns miteinander ins Gespräch kommen. 

Marcus Jähn Werde wieder stark durch CoachingEs sind viele Bereiche, die wir ansprechen können: Angefangen vom Umgang Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch über Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer häufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind. 

  • Was ist das eigentlich, eine Persönlichkeitsstörung, ein Perfektionismus, ein Spaltung oder eine Gegenübertragung?
  • Kann ich trotz Borderline oder Narzissmus eine stabile Partnerschaft aufbauen und damit über Jahre hinweg leben? 
  • Ist eine Kommunikation mit einem Borderliner möglich? Wie hilft hier die U.M.W.E.G.-Methode©? 
  • Kann ich meine Bindungsangst oder Verlustangst irgendwann einmal kontrollieren?
  • Was kann ich tun, wenn ich mich gerade in einer Trennung befinde, oder kurz davor bin?


Ich möchte aber nicht nur über Fragen sprechen, sondern auch praxisgerechte Lösungen anbieten:

  • Eine humorvoll und spielerisch – ja fast tänzerisch – eingesetzte Gewaltfreie Kommunikation in Kombination mit der von mir entwickelten 
  • U.M.W.E.G.-Methode© und nicht zuletzt die Transaktionsanalyse als Sprachkonzept können helfen, auch in schwierigen Situationen noch kühlen Kopf zu bewahren. 

Buchen Sie sich einfach auf meinem Online-Kalender ein Zeitfenster oder nutzen Sie mein klassisches Kontaktformular um mit mir in Verbindung zu treten. Ich freue mich auf Sie. Ihr Marcus

Marcus Jähn Meine Buchempfehlung zu diesem Thema

Was passiert beim Denken?

Selten habe ich ein „trocken sachliches Buch“ mit so viel Lust gelesen. Antonio Damasio – ein sympathischer Neurowissenschaftler aus Portugal – scheint eher mit dem fMRT als mit seiner nicht weniger sympathischen Ehefrau Hanna verheiratet zu sein. Gemeinsam sind die beiden zeit ihres Lebens der Frage nachgegangen, wie das Fühlen und Denken im Körper entsteht. In seinen Werken zeigt er auf, das die Trennung des Körpers vom Geist nach dem französischen Philosophen Rene Descartes ein jahrhundertealter Irrtum ist. 

Tauche in die Forschungen rund um Phineas Gage und Elliot ein, lerne, wie ein somatischer Marker entsteht und wie sich unser Denken und unsere Gefühle vom Proto-Selbst über das Kernbewusstsein in ein Real- oder erweitertes Bewusstsein entwickelt. 

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