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Borderline

Borderline (1) Selbstverletzendes Verhalten – die Schnittstelle  

Selbstverletzendes Verhalten - Borderline und die Schnittstelle zwischen Körper und GeistSelbstverletzendes Verhalten und Borderline ist an sich kein neues PhĂ€nomen in der Medizin. Bereits seit vielen Jahrzehnten setzt sich die Medizin, die Psychiatrie und damit auch die Therapie mit diesem Störungsbild auseinander. Bereits im Jahre 1967 wurde auf einem „Ärztekongress fĂŒr selbstverletzendes Verhalten“ beschrieben, dass diese sich selbstverletzenden Patienten beim dem behandelnden Personal in den Kliniken regelmĂ€ĂŸig extrem starke GegenĂŒbertragungsreaktionen auslösten.

Eine Patientin war hierbei fĂŒr das Personal sogar so massiv und dauerhaft provozierend dass bei ihr eine prĂ€frontale Lobotomie durchgefĂŒhrt wurde  – eigentlich eine „Verzweiflungs-OP“ in welcher ein chirurgischer Schnitt durch die Nervenbahnen zwischen Thalamus und Frontallappen durchgefĂŒhrt wird.  Das Ergebnis bei ihr war, dass sie sich danach nicht mehr selbst verletzte – das war aber das Einzig Positive
. Sie war ab dann nĂ€mlich so stark eingeschrĂ€nkt, dass sie nur noch Papierflieger basteln und am eigentlichen Leben nicht mehr teilhaben konnte.

Vielleicht erinnerst du dich jetzt an den Film (1975) „Einer flog ĂŒber das Kuckucksnest“ in dem Jack Nicholson die Rolle des Randle McMurphy spielte und am Ende des Films auch durch diese Lobotomie förmlich „ausgenockt“ wurde. Man wusste sich einfach nicht besser zu behelfen
.

Noch im Jahr 1988 begann das erste Kapitel einer wissenschaftlichen Studie ĂŒber Borderline mit den Worten: „Selbstverletzendes Verhalten gehört zu genau den Handlungen, die an der Grenze menschlicher Erfahrung zu liegen scheinen.“

Genau wie Suizid, Mord und sexueller Missbrauch von Kindern trÀgt selbstverletzendes Verhalten in sich die gleiche Bedeutung wie:

      • „das ist das schlimmste mögliche menschliche Verhalten“
      • oder „bei diesen Menschen, ist etwas so gewaltig schiefgelaufen wie es nur möglich sein kann.“

Heute – drei Jahrzehnte spĂ€ter – wĂŒrde niemand mehr so ĂŒber diese Borderline- Symptomatik schreiben. Aber: wenn wir uns jetzt mit diesem Thema auseinandersetzen, dann mĂŒssen wir auch stets die Geschichte dieser Störung mit im Hinterkopf behalten: Wie hat man am Anfang diese Störung mit ihren Impulshandlungen betrachtet und wie hat man sie dann behandelt? Denn, nur wenn wir das tun, können wir erkennen, dass sich hierbei in den letzten Jahrzehnten auch etwas Fundementales verĂ€ndert hat. 

Selbstverletzendes Verhalten hat einfach eine gigantische zwischenmenschliche Wirkung
 Der Satz: „Ich muss mich wieder schneiden“ oder die Handlung der Selbstverletzung rufen bei praktisch jedem Beobachter sofort intensive und auch abwehrende Reaktionen hervor:

      • entweder zunĂ€chst eine tiefe innere Hilfsbereitschaft, die dann irgendwann spontan aufhört,
      • oder direkt eine abgrenzende, abstoßende oder vielleicht auch schon zynische ZurĂŒckweisung. 

Borderline: (1) BegriffserklÀrung

Selbstverletzendes Verhalten ist das 5. Kriterium der Borderline- Persönlichkeitsstörung (F60.31): „wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmord-Androhungen, Selbstmord-Andeutungen oder Selbstverletzendes Verhalten.“ Dieses gleichzeitige AuffĂŒhren von suizidalen Handlungen und Selbstverletzungsverhalten in nur einem Kriterium ist eigentlich ein riesiges Problem. Denn die Abgrenzung ist ĂŒberhaupt nicht klar und deutlich, sondern eher irrefĂŒhrend.

In der RealitĂ€t mĂŒssen wir beides nĂ€mlich immer klar voneinander unterscheiden.

Selbstverletzendes Verhalten können wir als eine wiederholte selbst zugefĂŒgte, direkte, körperliche Verletzung beschreiben, die nicht (!) gezielt lebensbedrohlich ist. Wir mĂŒssen dies nĂ€mlich grundsĂ€tzlich und auch immer von einem Suizidversuch trennen! Das ist wichtig, denn wir finden selbstverletzendes Verhalten bei 73 – 85 % aller Personen mit einer Borderline – Persönlichkeitsstörung vor. Da dies so hĂ€ufig vorkommt, dĂŒrfen wir uns auch keinen Fehler in diesem Punkt erlauben

In unserer deutschsprachigen Literatur finden wir noch weitere Begriffe wie z.B. Auto-Aggression, Auto-Destruktion, Selbst-BeschĂ€digung oder einfach nur Selbstverletzung. Ich finde den Begriff „selbstverletzendes Verhalten“ fĂŒr sich betrachtet recht gut,

      • da er am allerbesten beschreibt,
      • am wenigsten die Handlung bewertet
      • und am KonnotationsĂ€rmsten wirkt.
        Mit Konnotation ist eine Doppeldeutigkeit gemeint. Konnotationsarm hat also die Bedeutung von klar und KONKRET.

Wie kann ein Arzt selbstverletzendes Verhalten durch Fragen diagnostizieren? Wir haben hier die zwei Fragebögen zur Hilfe

      • Deliberate Self Harm Inventory DSHI (‱ VorsĂ€tzliches Selbstverletzungsinventar)
      • Self-Harm Behavior Questionnaire“ (‱ Fragebogen zum Selbstverletzungsverhalten “) 
Die neun Kriterien fĂŒr die Borderline Persönlichkeitsstörung nach dem ICD10

Borderline: (2) Formen der Selbstverletzung

Die hÀufigste Form von Selbstverletzung ist

      • das Schneiden mit scharfen GegenstĂ€nden wie Rasierklingen, Scherben, Messern oder Scheren in die Haut von Armen und Beinen.
      • Dicht gefolgt von Verbrennungen mit Zigaretten oder Feuerzeugen.
      • Nicht so hĂ€ufig sehen wir Verletzungen durch VerĂ€tzen, VersprĂŒhen (KĂ€ltesprĂŒhdoesen), Stechen oder Kopfschlagen.

Selbstverletzendes Verhalten konzentriert sich, wie gesagt, sehr hÀufig auf die Arme und Beine. Die Bereiche von Kopf, Brust, Rumpf oder Genitalien sind deutlich seltener. Eine aktuelle Studie bestÀtigte diese Verteilung: 81 % Schnittverletzungen, 37 % Prellungen, 25 % Verbrennungen, 24 % Kratzverletzungen und 16 % Manipulationen von Wunden und Narben.

Die IntensitÀt der Hautverletzungen variiert

      • vom oberflĂ€chlichen „leichten Schnitten in der HautoberflĂ€che“
      • bis hin zu allertiefsten Verletzungen durch die Muskulatur bis auf die Knochen,
      • Injektionen von schmutzigem Wasser in die Blutbahn oder ins Kniegelenk
      • Ablassen von Blut bis zu einem HĂ€moglobin–Wert von unter 4 mmol/L (Also die Anzahl der Teilchen pro Volumen welche die anaerobe Schwelle des Menschen darstellt)
      • oder auch dem Öffnen der Bauchdecke. 

Borderline (3) Verbreitung und Geschichte

Über die Verbreitung in der Bevölkerung liegen uns heute Studien aus der ganzen Welt vor. Aus Kanada, Großbritannien, DĂ€nemark, Australien und in den Vereinigten Staaten. Diese bestehen auch aus sehr gut gemischten Gruppen – sodass die Aussagekraft dieser Studien gut fundiert ist. Den verschiedenen amerikanischen Studien liegen z.B. Informationen aus Gruppen von bis zu 100.000 Menschen vor. Wir können hier klar von einer starken Datenlage sprechen.

Was ist z.B. eine (von vielen) Erkenntnis aus diesen Studien?

„Man konnte unter anderem feststellen, dass die HĂ€ufung der Lebenszeit-PrĂ€valenz (wie hoch ist die Chance / Gefahr dies zu bekommen) sehr unterschiedlich ist. Die Studien berichten von einer HĂ€ufung zwischen 4 % und 20 %.“ Sehr deutlich kommt jedoch die Geschlechter–Verteilung durch diese Studien zu Tage. Die normale Bevölkerung ist fast gleich aufgeteilt in MĂ€nner / Frauen.

Laut Wikipedia ist sie bei der Geburt 1,05 MĂ€nner 1,0 Frauen

Bei Borderline – Patienten liegt sie bei dem erschreckenden Wert von bis zu 9:1 zu Ungunsten der Frauen.

Die Geschichte der Borderline-Störung

In Deutschland galt das selbstverletzende Verhalten bis in die 1980er Jahre noch als Beweis fĂŒr eine schizophrene Psychose galt – die wir im ICD 10 unter F20 – F29 finden.

Zwischen 1980 und 1990 setzte sich dann immer mehr durch, dass selbstverletzendes Verhalten an sich eigentlich ein Beweis fĂŒr eine Borderline – Persönlichkeitsstörung ist.

Nach 1990 galt dieses Symptom dann zeitweise als typisches Kennzeichen fĂŒr Patientinnen mit einer Anamnese sexuellen Missbrauchs. Dieser fast schon zwanghafte Fokus (endlich hatte man ja einen Marker-Wert gefunden) war aber auch nicht korrekt.

GlĂŒcklicherweise sind die Studien heute sehr viel weiter und die Symptome werden auch durch die Medien – nicht zuletzt auch auf YouTube – immer bekannter.

Aktuell wird das selbstverletzende Verhalten als lediglich eines (!) der vielen Symptome, die im Jugend-Alter praktisch „erprobt“ werden und in dieser Altersstufe sehr weit verbreitet sind, angesehen.

In einer deutschen Studie an SchĂŒlern einer 9. Klasse zeigte es sich, dass 4 % fast schon regelmĂ€ĂŸig selbstverletzendes Verhalten einsetzten, 11 % davon selten. Studien aus anderen LĂ€ndern zeigten eine noch höhere PrĂ€valenz-Rate auf.

Gesellschaftlich hat selbstverletzendes Verhalten damit fast schon eine Bilderbuch-Karriere hinter sich.

„The coming of Age of Self-Mutilation“ (Das Kommen des Zeitalters der SelbstverstĂŒmmelung) betitelte Armando Favazza bereits 1988 einen seiner berĂŒhmten Artikel. 

Armando Favazza

Borderline (4) Abgrenzung zu anderen Verhaltensweisen

Selbstverletzendes Verhalten ist aber keineswegs nur auf Personen mit schweren Persönlichkeitsstörungen beschrĂ€nkt. Nach der von dem österreichischen Psychiater Dr. Christian Scharfetter (1984) vorgeschlagenen Einteilung gehören die hierfĂŒr behandelten Menschen

      • weder zur Gruppe der Simulanten („Malingering“)
      • Noch zur Gruppe der selbstverursachten Krankheiten („factitious disorders FD)
      • Sondern zu einer separaten dritten Gruppe: „Automutilatives Verhalten im psychopathologischen Kontext“.

Automutilation ist das Fachwort fĂŒr eine mutwillige BeschĂ€digung des eigenen Körpers.

Beim Borderliner sehen wir immer wieder, dass er seine Selbstverletzungen verheimlichen möchte. Dieses Kriterium des Verheimlichens gilt als ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Artefakten (versehentliche Einwirkung) und den Para-Artefekten (ticartige SelbstbeschÀdigung nach Verlust der Impulskontrolle):

      • Acne excoriee (ein krankhaftes AusdrĂŒcken von Pickeln ect. Scin Picking)
      • Neurotische Exkoriationen (Kratzen)
      • Trichotillomanie (Ausreißen der Haare)
      • Dermatozoenwahn (Wahn, dass sich Tiere in der Haut befinden und eingenistet haben)

Sehr interessant sind folgende zwei BĂŒcher zu dem Thema Haut / ihre Psychodynamik

Didier Anzieu beschreibt in „Das Haut–Ich“ in Anlehnung an Sigmund Freud die Haut als die körperliche, seelische und soziale Grenze und FĂŒlle mit all seinen verschiedenen Funktionen.

Anne Maguire sieht „Hauterkrankungen als Botschaften der Seele“ an und leitet in einer geistigen Hommage an C. G. Jung die Gesundheit, die Pathologie und die seelische Bedeutung der Haut aus der Mythologie, der Religion und den MĂ€rchen ab.

4.1. Selbstverletzungen unter Psychose-Einwirkung

Besonders stark verstĂŒmmelnd ist das selbstverletzende Verhalten oft bei psychotisch kranken Patienten zu beobachten. So drastische Selbstverletzungen wie Selbstkastration oder Enukleation (Entfernung) eines Auges – die finden sich praktisch nur bei dieser Gruppierung.

Auch hier sind die Arbeiten von Armando Favazza sehr hilfreich und geben einen tiefen Einblick in diese Handlungssymptomatik.

4.2 Entwicklungsverzögerung

Selbstverletzendes Verhalten ist ein wichtiges Symptom bei Menschen mit geistiger Entwicklungsverzögerung, Minderbegabung und Autismus.

4.3 Kinder / Jugendliche

Völlig anders muss dieses selbstverletzende Verhalten jedoch bei Kindern und Jugendlichen betrachtet und auch diagnostiziert werden!

Die Grenzen zwischen einer sogenannten NormalitĂ€t und einer kranken Handlung / einer Pathologie sind hier besonders fließend und sehr viel schwerer zu erkennen.

4.4 Forensik

Selbstverletzendes Verhalten hat auch im Justizvollzug und bei der VortĂ€uschung von Straftaten seine ganz eigene Geschichte. Es kommt immer wieder vor, dass Verletzungen selbst beigebracht werden um zum Beispiel eine Straftat zu ĂŒberdecken oder vorzutĂ€uschen. Oder sie wird eingesetzt um zu einer Haft-Erleichterung oder zu einem Versicherungsbetrug beizutragen.

Selbst beigebrachte Verletzungen haben jedoch ganz typische eigene Merkmale und sind von einer Verletzung durch Dritte oft recht einfach abgrenzbar. 

Gerade solche Verletzungen finden aber in den Medien ein viel zu großes Interesse, das der eigentlichen Bedeutung der Symptomatik selbstverletzenden Verhaltens – ĂŒber das wir in diesem Beitrag nachdenken – gar nicht gerecht wird. 

Borderline (5) Selbstverletzungen und die Kultur

5.1 Feste und Musik – die Kultur der Selbstverletzung

Ganz wichtige BĂŒcher ĂŒber die transkulturellen Aspekten von Selbstverletzung und kulturell geforderter Verletzung des meistens noch kindlichen oder jugendlichen Körper eines Angehörigen des eigenen Volkes sind zum Beispiel BĂŒcher

      • Bodies under Siege: Self-mutilation, Nonsuicidal Self-injury, and Body Modification in Culture and Psychiatry von Armando Favazza und
      • Louise Kaplan „Weibliche Perversionen“

Die BeschÀdigung des eigenen Körpers ist in verschiedenen Kulturen aber auch

      • ein Ausdruck der Trauer,
      • eine Mutprobe,
      • ein Initiationsritus um zu zeigen das der Jugendliche nun zum Erwachsenen geworden ist
      • Ausdruck von religiöser Ekstase,
      • Selbstopfer oder eine Selbstweihe

All diese Handlungen mögen uns als recht bizarr erscheinen, sie dĂŒrfen aber auf keinem Fall grundsĂ€tzlich als krank bezeichnet werden. Ich denke hier mal an das „Vegetarische Festival“ auf Phuket wo die SelbstverstĂŒmmelung total offen zelebriert wird.

Aber auch Metall-Song-Bands wie

      • Mayhem
      • Gorgoroth
      • GG Allin
      • Oder auch die U.-S. Band „The Dillinger Escape Plan“

zeigten sich von einer Seite, die nur schwer als „nicht pathologisch“ einzustufen ist.

5.2 Skarifikation

Die Skarifikation (das ZufĂŒgen von „Zier“-Narben) war frĂŒher in afrikanischen StĂ€mmen sehr verbreitet. Sie wird heute zwar nicht mehr so intensiv, dennoch sichtbar praktiziert Wir unterscheiden hier zwischen dem „Cutting“ durch ein Skalpell und dem „Branding“ durch einen erhitzten Gegenstand. Skarifikation erfolgt aus ganz verschiedenen GrĂŒnden:

      • Aus Ă€sthetischen,
      • gesundheitlichen
      • aber auch aus gesellschaftlich / sozialen GrĂŒnden.

Bei einigen StĂ€mmen soll sie an bestimmten Körperstellen vor spezifischen Krankheiten schĂŒtzen. Bei anderen z.B. in Äthiopien dient sie als soziales Kennzeichen fĂŒr die Genealogie / die Herkunft und Abstammung einer Frau, definiert ihre Rechte und macht sie zu etwas Heiligem, weil die Fruchtbarkeit der restlichen Gruppe besonders von ihr abhĂ€ngt.

5.3 Initiationsriten

Verletzungen der Haut sind hĂ€ufig sehr eng mit dem Zeitpunkt der PubertĂ€t verbunden. Initiationsriten beinhalten bei vielen Naturvölkern kulturell aufgezwungene Verletzungen um den Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter nach außen zu dokumentieren.

MĂ€nnliche Beschneidung z.B. war und ist unter den Aborigines Australiens, im alten Ägypten, unter semitischen und arabischen StĂ€mmen stark verbreitet. Die WHO schĂ€tzt, dass weltweit 30 % der MĂ€nner beschnitten sind.

Der Kontrolle der weiblichen SexualitÀt andererseits dient der Deformierung der weiblichen Geschlechtsorgane.

In vielen LĂ€ndern Nord – und Zentral Afrikas, in Teilen des Nahen Ostens, vereinzelt auch in Asien werden die MĂ€dchen auch heute noch beschnitten. Das hört sich weit weg an. Leider ist aber auch in Deutschland immer hĂ€ufiger dieses Thema akut – auch unter dem Aspekt der Zuwanderung
.

GemĂ€ĂŸ der Organisation „Terre des Femmes“ wurden in Deutschland im Jahr 2017 ca. 13.000 MĂ€dchen an ihren Genitalien verstĂŒmmelt.

5.4 Hintergrund der Beschneidung

Besondere Bedeutung hat fĂŒr viele Kulturen das Blut der Menstruation. Einige StĂ€mme der Ureinwohner von Papua–Neuguinea (nach Indonesien und Madagaskar der flĂ€chenmĂ€ĂŸig drittgrĂ¶ĂŸte Inselstaat der Welt / im Pazifik gelegen) sind ĂŒberzeugt, dass das GebĂ€rmutter-Blut pathologisch / also krank ist. Reste davon bleiben bei der Geburt im Kreislaufsystem des Kindes vorhanden.

WĂ€hrend sich die Frauen durch die Menstruation regelmĂ€ĂŸig selbst reinigen, mĂŒssen sich die MĂ€nner

      • durch Schnitte in den Penis,
      • durch aufschĂŒrfen der Zunge
      • und vor allem durch selbstverursachtes Nasenbluten diese Reinigung an sich selbst vollziehen, um sich vor angenommenen Krankheiten zu schĂŒtzen.

In der PubertĂ€t werden die Jungen dann von den erwachsenen MĂ€nnern im Rahmen dieser Initiationsriten in die jeweilige Form der Selbstreinigung eingefĂŒhrt. 

Borderline (6) Selbstverletzungen von Kindern und Jugendlichen in westlichen Kulturen

6.1 Die „natĂŒrliche Entwicklung“

Auch wenn es sich recht heftig anhört:

Sich selbstverletzendes Verhalten gehört zu einem gewissen Grad zu einer normalen Entwicklung in der Kindheit:

      • Heftiges Daumensaugen und Lutschen,
      • rhythmisches Kopfschlagen,
      • Schlagen des Kopfes mit der Faust
      • und auch starkes Körperschaukeln.

Solch ein Verhalten tritt vor allem in den ersten drei Lebensjahren auf. Besonders stark sogar im ersten Lebensjahr – so rund um den siebten und achten Monat. Dieses verschwindet dann bis zum fĂŒnften Lebensjahr fast immer vollstĂ€ndig. 
Bei den meisten Kindern taucht dieses Verhalten auch nur beilÀufig auf und das auch nur so schwach, dass es von den Eltern nur selten bemerkt wird.

Doch keine Regel ohne Ausnahmen: Bei manchen Kindern treten diese Verhaltensweisen dermaßen stark und auch anhaltend auf, dass sie bleibende Folgen nach sich ziehen können. Dies gilt besonders fĂŒr deprivierte (also vernachlĂ€ssigte) Kinder.

Aber all das zeigt, das autoaggressive Handlungen eigentlich zur normalen menschlichen Entwicklung gehören, die in den ersten Lebensjahren hĂ€ufiger auftreten und sich im weiteren zeitlichen Lebensverlauf wieder zurĂŒckbildet.

6.2 Die Selbstverletzung in der PubertÀt

Die Bedeutung von Blut und selbstverletzendes Verhalten bei der weiblichen PubertĂ€t – auch in unserem Kulturkreis – hat bereits Annegret Eckhard in Ihrem Buch: „Im Krieg mit dem Körper“ (1994) dargestellt. Dieses Buch ist ein erschĂŒtterndes Werk darĂŒber, was sich junge Menschen selber antun. Aber auch, was ihnen durch ihr allernĂ€chstes Umfeld angetan wird um z.B. in den sogenannten „Genuss“ von Sozialleistungen zu gelangen. Leider wird es meines Wissens nach nicht mehr neu aufgelegt.

Wird „selbstverletzendes Verhalten von Jugendlichen“ andererseits mal aus der Sicht der Traditionen und den vielen Initiationsriten aus betrachtet, dann ist die krankhafte Selbstverletzung nach Armando Favazza eine Handlung, die auch mal im Zusammenhang mit den „Entwicklungsaufgaben der PubertĂ€t“ gesehen werden muss. Ja, die PubertĂ€t hat wirklich Entwicklungsaufgaben 😊

6.3 Piercing / Tattoos / Punk-Kultur

Selbstverletzendes Verhalten in Form von Piercing beziehungsweise mehr oder weniger entstellenden „Mode–Ritualen“ sind sowohl in der Jugend, als auch bei Erwachsenen anzutreffen. Hierzu gehört auch das TĂ€towieren. Denn Tattoos können eine Gruppenzugehörigkeit dauerhaft in die Haut einspeichern und signalisieren dem TrĂ€ger und seiner Umgebung dann eine gewisse IdentitĂ€t.

Zur der Punk–Kultur (die uns seit den 1970er Jahren begleitet) gehört ebenfalls sich selbst verletzendes Verhalten wie z.B. das Tragen von Rasierklingen.

Wenn man all das so hört und liest dann kommen unweigerlich weitere Fragen auf:

  • Wie groß ist ĂŒberhaupt der Unterschied zwischen Naturvölkern und sogenannten Kulturvölkern im Bereich von PubertĂ€ts– und Sexualriten?
  • Gibt es eine Notwendigkeit fĂŒr Rituale an der Grenze zwischen der Kindheit und dem Erwachsenenalter, wird mit Kommunion, Konfirmation und Jugendweihe diese Notwendigkeit nicht ausreichend erfĂŒllt?

    ‘MĂŒssen Jugendliche aus diesem Grund heraus eigene Formen der Selbst-initiation entwickeln?

Ausblick auf Teil 2 bis 4

Damit wird sich dann der 2. Teil dieser Reihe beschÀftigen: 

      • Die subjektiven Vorteile selbstverletzender Handlungen
      • SelbstverstĂŒmmelung als Kompromiss gegen die Selbsttötung / Suizidphrophylaxe

Im 3. Teil werden wir uns dann mit Themen beschÀftigen, die wesentlich tiefer in die Psychodynamik eingehen:

Selbstverletzung als

      • Druckventil gegen Spannungen
      • Antidepressivum
      • Selbstbestrafung
      • Mittel gegen Kontrollverlust
      • Antidissoziativum (zur Beendigung von einer Derealisation)
      • Narzisstisches Ventil

Aber auch als

      • Appell an die Umgebung
      • Als Möglichkeit das innere Dilemma nach außen zu inszenieren
      • Als Flucht vor der eigenen Überforderung

Und im 4. und letzten Teil geht es dann um die vielen Therapievarianten wie z.B.

      • Psychodynamische Psychotherapie
      • Verhaltenstherapien
      • Traumazentrierte Therapie
      • Familientherapie
      • Gruppen- und stationĂ€re Therapie
      • Selbsthilfegruppen
      • Pharmakotherapie

Borderline: Lassen Sie uns miteinander ins GesprÀch kommen. 

Marcus JĂ€hn Werde wieder stark durch CoachingEs sind viele Bereiche, die wir ansprechen können: Angefangen vom Umgang Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch ĂŒber Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer hĂ€ufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind. 

  • Was ist das eigentlich, eine Persönlichkeitsstörung, ein Perfektionismus, ein Spaltung oder eine GegenĂŒbertragung?
  • Kann ich trotz Borderline oder Narzissmus eine stabile Partnerschaft aufbauen und damit ĂŒber Jahre hinweg leben? 
  • Ist eine Kommunikation mit einem Borderliner möglich? Wie hilft hier die U.M.W.E.G.-Methode©? 
  • Kann ich meine Bindungsangst oder Verlustangst irgendwann einmal kontrollieren?
  • Was kann ich tun, wenn ich mich gerade in einer Trennung befinde, oder kurz davor bin?


Ich möchte aber nicht nur ĂŒber Fragen sprechen, sondern auch praxisgerechte Lösungen anbieten:

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Kommunikation mit einem Borderliner

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Aufgrund der vielen PraxisfĂ€lle kann man die Affekte und Symptome  besser verstehen. Die vielen Tipps fĂŒr den Umgang mit den Betroffenen sind eine echte Hilfe und nehmen einem die Wut und Aggressionen, die oft im Kontakt mit dieser Krankheit entstehen und erzeugen vielmehr VerstĂ€ndnis und MitgefĂŒhl. 

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