(4) Hat der Mensch einen freien Willen? Kann er sich überhaupt ändern?
Wie frei ist der Mensch überhaupt in seinem Wunsch sich zu ändern?
Kann er sich wirklich ändern, wenn er es von sich aus will?
Oder sind seine Handlungen lediglich das Ergebnis von vorausgegangenen Umständen, Konditionierungen, Erlernungen?
Warum diese komische Frage ob der Mensch einen freien Willen hat? Nun, Sigmund Freud, der Begründer der modernen Psychoanalyse hat etwas ins Leben gerufen was wir heute als Determinismus bezeichnen.
Sigmund Freud war der Ansicht, dass das Gesetz von Ursache und Wirkung komplett alles im Universum beherrscht und damit auch den Willen des Menschen.
Anders ausgedrückt: alles was du und was ich tust, erfolgt aus dem was in der Vergangenheit bereits geschehen ist.
Steht ein Mörder vor Gericht dann sagt der Psychiater in seinem Gutachter: der Mensch ist nicht verantwortlich für sein Tun sondern er ist das Produkt seiner Vergangenheit.
Der Richter aber sagt, dass der Mensch für sein Handeln eigenverantwortlich ist.!
Du siehst, hier sind zwei Positionen die sich fast unversöhnlich gegenüber stehen. Kann nur die eine oder nur die andere Position richtig sein? Oder gibt es noch eine dritte Antwort auf die Frage: „hat der Mensch einen freien Willen?“
Der Historiker Will Durant und auch der französische Philosoph Henri Bergson (1859 – 1941) haben die Schwachstellen des Determinismus konsequent aufgeklärt:
In eigenen Worten wiederholt sagten sie dass WENN der gegenwärtige Augenblick keinen freien Willen zulässt und immer zu 100 % das Ergebnis von vorangegangenen Augenblicken ist dann war auch der Augenblick davor zu 100 % abhängig von dem ihm vorangegangenen Augenblick und so weiter. …
Wo kommen wir dann hin? Die logische Schlussfolgerung wäre, dass im so genannten Urknall bereits alles was wir heute in Wikipedia lesen, Google Amazon Facebook Shakespeare Goethe bereits vorhanden gewesen sein muss.
Dass dies nicht sein kann, können wir mit dem logischen Verstand schnell nachvollziehen.
Was aber ist denn nun die Antwort auf die Frage ob der Mensch einen freien Willen hat wenn nicht das Gesetz von Ursache und Wirkung unser Verhalten zu 100 % beeinflussen?
Wenn die Ursache unseres Handels nicht in der Vergangenheit liegt, wo liegt sie dann?
Nun, der Mensch kann denken und damit auch gewissermaßen in die Zukunft sehen. Seine Fähigkeit, gewisse Wahrscheinlichkeiten zu berechnen und damit seine Entscheidungen zu beeinflussen nennen wir heute das „kreative Kausalprinzip“.
In anderen Worten ausgedrückt:
Die Ursachen für dein und mein Verhalten liegen
(1) sowohl an den gelernten Dingen in der Vergangenheit
(2) als auch in der Fähigkeit in die Zukunft zu schauen und unser Handeln mit sogenannten Wahrscheinlichkeiten zu berechnen.
Es ist eine Tatsache, dass der Mensch das einzige Geschöpf auf der Erde ist –
was seinen Willen in der Gegenwart beeinflussen lässt
– von einer noch nicht eingetretenen aber trotzdem sehr wirksamen Zukunftsansicht. „Was noch nicht ist, beeinflusst das, was ist“
Ich möchte das mal mit einem ganz simplen Vergleich erklären:
Auch wenn wir gewisse Grundintelligenzyen bei den Tieren erkennen, so ist kein einziges Tier in der Lage, eine Urlaubsreise zu planen, seine Koffer zu packen und zu einer bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Terminal am Flughafen pünktlich zu erscheinen.
Durch dieses Planen aufgrund der Zukunft wird die Gegenwart beeinflusst und hergestellt.
Der spanische Philosoph Jose Ortega x Gasset hat dies einmal sehr schön formuliert: Der Mensch ist ein Wesen, dass nicht allein aus dem besteht was es ist, sondern aus dem was es sein wird!“
Neurowissenschaftler und Gehirn-Forscher entdecken in den letzten Jahren über die Neuroplastizität immer wieder Neues. Allein durch das Denken verändert sich unser Gehirn auf molekularer Basis.
Die frühere Annahme — dass unser Gehirn statisch wäre — ist in den letzten 20 Jahren vollkommen überholt worden. D.h., durch das Denken selber entsteht etwas authentisch Neues.
Durch das Denken wird auf drei Ebenen eine Veränderung herbeigeführt:
(1) Denken verändert unser Bewusstsein
(2) Denken ist eine reelle kreative Ursache
(3) Denken ist eine Selbst – Verursachung von späterem Handeln.
All das zeigt, dass wir wirklich einen freien Willen haben. Es zeigt aber nicht, dass dieser freie Wille immer Grundlage unseres Handelns ist. Wir müssen den freien Willen auch gebrauchen um davon zu profitieren
Der freie Wille wird im „Erwachsenen-ich“ gebildet indem dort Realitäten mit den Erfahrungen aus dem „Kindheit-ich“ und den Regeln des „Eltern-ich“ miteinander verglichen werden.
Du kannst dich also wirklich ändern! Dieses Ändern ist möglich wenn du dein „Erwachsenen – ich“ immer wieder auf´s Neue trainierst. Die Transaktionsanalyse ist genau die Methode um das „Erwachsenen – ich“ für diese Aufgabe stark zu machen.
Ich lade dich ein, im Teil 5 – welcher wieder etwas umfangreicher wird – mit mir zusammen die einzelnen „ich-Zustände“ in der Realität zu erkennen, zu identifizieren und anschließend die Transaktionen zwischen diesen Zuständen und anderen Personen zu analysieren.
Ich verspreche dir, du wirst nie wieder in ein Gespräch rein gehen wie du es bisher in der Vergangenheit getan hast. Eine völlig neue Tür der Wirklichkeit wird durch die Transaktionsanalyse geöffnet.