Schriftzug Marcsu Jähn

Spiel der Kommunikation – Die Transaktionsanalyse

2.6 Ich habe mir doch Mühe gegeben

Viele unserer Spiele in der Kommunikation haben das Ziel, unser Verhalten in der Öffentlichkeit zu erklären. Sie dienen uns gewissermaßen als Reputation.

Reputation kommt aus dem lateinischen (Reputatio) und bedeutet nichts anderes als „die Berechnung“ oder „die Bewertung“. Es geht also mal wieder um die Rechtfertigung unseres Ansehens in der Öffentlichkeit.

„Aber ich habe mir doch die größte Mühe gegeben“ ist ein ganz typisches Spiel was häufig unter Paaren gespielt wird, welche sich dann an einen Dritten, häufig einen Therapeuten wenden. 

Mit einem Augenzwinkern beobachte ich dieses recht häufig, wenn Paare sich an mich wenden damit ich bei ihren Streitigkeiten als Mediator schlichtend fungiere. Meistens hat einer die Führung inne und der Partner hält sich mehr im Hintergrund auf.

Jetzt mag man annehmen, dass derjenige, welcher sich zuerst an den Therapeuten wendet wohl der sein müsste, der die Ehe/Partnerschaft am liebsten retten würde. Kurioserweise ist meine Beobachtung jedoch synchron mit dem, was auch die Literatur immer wieder sagt:

Meistens führt derjenige der sich proaktiv an einen Therapeuten wendet ein doppeltes Spiel …

Häufig geht die Initiative tatsächlich vom Ehemann auf eine Scheidung hinaus aus, obwohl er sich nach außen als derjenige darstellt der die Ehe/Partnerschaft weiterführen möchte.  Der Ruhige, der andere Teil (meistens ist es die Frau) ist nach etwas eingehender Betrachtung zwar der ruhigere Part aber genau derjenige der wirklich an der Weiterführung der Partnerschaft interessiert ist.

Der aktive Teil (wir nennen ihn jetzt mal den Mann wegen der mehrheitlich so vorkommenden Konstellation) versucht nun lautstark seinen Willen zu demonstrieren und zwar dass er ja (!) sehr an einer Fortführung der Partnerschaft interessiert ist.

Als aufmerksamer Beobachter meines Kanals wirst du wahrscheinlich feststellen, dass hier ein Spiel gespielt wird welches wir im Teil 2.2 „der Gerichtssaal“ bereits kennengelernt haben. Später wirst du unter 4.5 noch das Spiel „Psychiatrie“ vorfinden was als 29. Video in dieser 36-teiligen Reihe der Spiele der Erwachsenen von mir noch erarbeitet wird.

Jetzt kommen die Beiden also zur einer Paartherapie und der aktive Teil verhält sich jetzt interessanterweise sehr schnell anders als er es am Anfang begonnen hat. 

Manchmal – oft schon am Ende der ersten Stunde – spätestens jedoch nach der vierten oder fünften Stunde

      • zeigt er nicht mehr so den Willen an der Aufrechterhaltung der Partnerschaft
      • sondern wirkt immer streitlustiger
      • oder er täuscht immer wieder eine Zusammenarbeit mit dem Therapeuten nur vor.

Meistens schickt der am Anfang aktive Teil den ruhigeren Partner dann zu den Therapiestunden und macht selber irgendetwas anderes und geht seinem eigenen Hobby nach. In der Praxis ist es dann so, das sich nun der ruhigere Teil (meistens wie gesagt die Frau) gezwungen sieht, sich zu trennen und die Scheidung eventuell einzureichen.

Jetzt endlich hat der Mann genau das erreicht, was er wollte: Er ist nun der schuldlose Part denn im Endeffekt hat ja die Frau die Scheidung initiiert. Jetzt kann er Gott und der Welt immer wieder sagen: „Siehst du, ich habe mir wirklich die größte Mühe gegeben! 

Transaktionsanalyse. Spiele in der Kommunikation. 2.6 Ich habe mir doch Mühe gegeben
These und Antithese im Spiel Ich habe mir doch Mühe gegeben Transaktionsanalyse Spiele in der Kommunikation
Die Spielebenen Transaktionsanalyse Ich habe mir doch Mühe gegeben

Wie komme ich aus dem Spiel heraus? / Die Antithese

Lass uns hierbei miteinander mal drei Varianten betrachten.

Erste Variante: die therapeutische Spiel–Variante

Die Antithese ist mit einem Schachzug zu vergleichen. Wir unterstellen nochmal das der Mann derjenige ist, der dieses Spiel spielt und nach außen hin immer wieder betont dass er ja für die Fortführung der Ehe ist und der andere, der ruhige Partner eben nicht.

Wenn der Therapeut dieses Spiel verstanden hat dann beginnt er den Spieler“ gewissermaßen nach Hause zu schicken und führt die Behandlung mit dem ruhigen Partner weiter fort.

Dieses „Beenden der Paartherapie“ und sich hinwenden zu dem Ruhigeren kann er dann damit begründen dass der aktive Partner ja eigentlich gar keine Therapie benötigt.

Durch diesen klugen Schachzug

      • bringt er den aktiven Partner in eine Situation wo sein Spiel offensichtlich abgebrochen wird
      • und er wird in einen Zustand der Verzweiflung verfallen
      • und muss sich endlich mal mit seinen eigenen Motiven auseinandersetzen.

Entweder wird er dann selber die Scheidung einleiten (kann sich dann aber nicht mehr auf die Schuld des anderen herausreden) oder er wird aus dem neuen Blickwinkel heraus einen anderen Therapeuten aufsuchen um sich dann wirklich mal helfen zu lassen.

Dies war die therapeutische Variante. Es gibt aber auch eine Alltagsvariante.

Zweite Variante: der Alltag/die Familie mit Kindern

Wir können hier häufig Kinder beobachten welche mit ihren Eltern das Spiel spielen: „ich bin hilflos“ oder „ich habe keine Schuld“.  Das Kind bekommt einen Auftrag etwas zu tun, versucht es zunächst, aber es gelingt ihm nicht. Spielt das Kind das Spiel: „ich bin hilflos“ dann fühlt sich das Elternteil aufgefordert die Aufgabe für das Kind selber zu erledigen. Spielt das Kind die Spielvariante: „ich habe keine Schuld“ dann können die Eltern es auch nicht aus irgendeinem Grunde bestrafen.

Wie kommen Eltern aus dieser Zwickmühle heraus? Nun, Kinder lernen dieses Spiel aus ihrer Umgebung. Darum müssen Sie – die Eltern – einfach mal herausfinden:

      1. Wer (!) von Ihnen hat dem Kind dieses Spiel/diese Spielvariante eigentlich beigebracht?
      2. Wodurch begünstigen Sie (!) eventuell den weiteren Verlauf des Spieles?
Kommen wir zu der dritten und sehr harten Variante dieses Spiels.

Diese nennen wir mal: „siehst du, ich habe wirklich mein Äußerstes/mein Allerletztes getan/gegebenDu spürst, dass es sich um ein ganz hartes Spiel des  zweiten oder dritten Grades handelt. Die Unterteilung der Spielgrade in der Transaktionsanalyse sind nochmal folgende:

    1. Grad: diese Form des Spieles scheint gesellschaftlich noch akzeptabel zu sein. Die gesellschaftliche Akzeptanz ist das Kriterium um das es geht.
    2. Grad: dieses Spiel richtet zwar keinen Bleibenden, nicht mehr wieder gut zu machenden Schaden an, aber die Spieler versuchen dies vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen weil es nicht mehr so ganz als gesellschaftlich akzeptabel betrachtet wird.
    3. Grad: diese Form des Spieles hat einen endgültigen Charakter (!) denn hier geht es bis hin zum Gerichtssaal oder bis zur Leichenhalle, also manchmal sogar ein Spiel auf Leben und Tod.

Also: die Spielvariante: „du siehst ich habe mich wirklich bis zum Äußersten angestrengt“ ist ein Spiel des dritten Grades. Man könnte es am besten mit einem Menschen vergleichen der sehr hart arbeitet obwohl er an einer tödlichen Krankheit leidet, nennen wir es mal ein Krebsgeschwür.

So ein Zustand lässt sich sehr gut zu verdeckten Zwecken benutzen.

        • Der leichte Spielgrad:

Der Mann erzählt in seiner Umgebung, dass er ein Krebsgeschwür hat. Gleichzeitig zeigt er, dass sich in seinem Leben nichts ändern wird und er loyal und treu weiter seiner Arbeit nachgeht. Nun hat er die Bewunderung seiner Umgebung für sich auf seiner Seite.

Und es ist auch ganz natürlich, dass einem Menschen, der an einer Krankheit leidet und Schmerzen hat schon in einem gewissen Maße Sympathie zugesprochen wird und er seine Krankheit auch ein ganz klein wenig in Szene setzen darf.

Natürlich befreit ihm das nicht von seinen Schmerzen aber es dürfte ein kleiner Ausgleich für diese Unannehmlichkeiten sein.

Bitte verwechselt das jetzt nicht mit dem Spiel „Holzbein“ wo jemand ein Leiden praktisch vortäuscht um eine an ihn gestellte Aufgabe nicht zu erfüllen.

      • Der mittelschwere Spielgrad:

Der Mann erfährt die Diagnose Krebsgeschwür. Diese hält er vor seiner Familie und vor seiner Umgebung nun geheim. Er führt sein Leben und seine Arbeit mit gleichem Eifer fort und irgendwann bricht er an seinem Arbeitsplatz zusammen. 
Jetzt versetze dich bitte mental mal in eine Metaebene und überlegem, was passiert, wenn die Frau diese Nachricht erhält. In der Sekunde realisiert sie die Botschaft ihres Mannes: „siehst du meine liebe Frau, ich habe wirklich mein allerletztes gegeben!“

Jetzt erwartet die gesamte Umgebung von ihr, dass sie ihrem Mann die maximale Aufmerksamkeit und Wertschätzung schenkt und falls sie ihm früher nicht so positiv zugeneigt war, dass sie sich nun zu ändern hat.

Stell dir jetzt mal eine Partnerschaft vor, welche bereits auf der Kippe stand und sich Beide innerlich kurz vor der Trennung sahen. Vielleicht hat er zuvor alle Versuche durchgeführt sie für sich zu gewinnen hat es aber nicht erreicht. Jetzt wird von ihrer Umgebung erwartet, dass sie nun ihrem Mann echte Liebe zeigen muss – denn schließlich geht es ihm ja nicht gut. Wenn sie durch diese „erpresse Liebe“ nun bei ihm bleibt dann ist es weniger aus der Liebe heraus motiviert, sondern aus einem tiefen Schuldgefühl.

Kommt dies aus dem Schuldgefühl, dann ist es sogar sehr wahrscheinlich,

      • dass sie sich von ihm unfair behandelt fühlt
      • und spürt, dass er sogar durch seine Krankheit Druck auf sie ausübt.

Denn schließlich hat er ihr die ja Krankheit verheimlicht und hat sich dadurch einen in ihren Augen unfairen Vorteil verschafft. Wenn Sie ihn jetzt (!) verlassen würde dann würde sie sich moralisch ins Abseits bringen. Wahrscheinlich fühlt sich nun wie in einer Falle.

Die Aufdeckung des Spiels

Dieses Spiel kann therapeutisch hervorragend über einen ganz bestimmten Zeitpunkt aufgedeckt werden. Hat der Patient zum ersten Mal von seiner sich wahrscheinlich verschlechternden Krankheit erfahren und sich dann entschieden dieses Spiel weiter durchzuführen, dann war ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt der gesamte Plan deutlich vor Augen.

Mit insgeheimer Freude hat sich sein Kindheits–Ich darüber gefreut, dass er nun ein sehr wirksames Werkzeug oder eine „scharfe Waffe“ in der Hand hat durch seine diagnostizierte Krankheit. Zwar wird sie immer noch von seinem Erwachsenen–Ich in Bezug auf die praktischen Probleme die ja da sind analysiert, aber wenn er sich dazu entschließt dieses Spiel zu spielen, dann kann dies zu einem späteren Zeitpunkt immer noch therapeutisch aufgedeckt werden.

Der therapeutisch interessante und hilfreiche Moment ist der, in welchem psychoanalytisch die Hintergründe der Handlung genau des Momentes aufgedeckt werden, als der Patient zum ersten Mal seine Diagnose erhalten hat. Damit werden seine Handlungsmotive offengelegt und bei allem was er dann macht kann er nicht mehr sagen, „ich habe mein Äußerstes gegeben“.

Zusammenfassung:

Die These des Spiels: „ich möchte mich nicht von anderen kommandieren lassen.“

Das Ziel dieses Spiels: die eigene Rechtfertigung

Die Rollen in diesem Spiel:

      • eine „standhafte und leidende Person“
      • Ein Quälgeist der die erste Person leiden lässt.
      • Eine Autoritätsperson der gegenüber man immer wieder beteuert: „Sie sehen, ich habe mir die größte Mühe gegeben.“

Das soziale–Paradigma:

      • Von Erwachsenen–Ich zu Eerwachsen–Ich
      • „Es ist höchste Zeit, dass du zu einem Arzt gehst.“ „Okay, ich werde es tun.“

Das psychologische–Paradigma:

      • Vom Eltern-Ich zum Kindheits–Ich
      • „Ich sorge dafür, dass du zum Arzt gehst.“ „Siehst du nicht, dass es nicht funktioniert?“

Wie sehen die einzelnen Aktionen aus?

      1. auf den Vorschlag kommt der Widerspruch
      2. Auf den Druck folgt die Unterwürfigkeit
      3. Auf die Billigung kommt dann der Misserfolg.

Welchen Nutzen hat dieses Spiel?

      • Der innere psychologische Nutzen ist die Befreiung von der Schuld.
      • Der äußerlich psychologische Nutzen dient dem ausweichen von Verpflichtungen.
      • Der Spieler kann immer wieder sagen: „ihr seht doch, dass ich mir die größte Mühe gebe.“
      • Man kann sich auch aggressiv gewisse Dinge an den Kopf werfen ohne dafür von außen belangt zu werden.

Der existenzielle Nutzen ist der, dass ich mich als vollkommen schuldlos hinstellen kann.

Lassen Sie uns miteinander ins Gespräch kommen. 

Marcus Jähn Werde wieder stark durch CoachingEs sind viele Bereiche, die wir ansprechen können: Angefangen vom Umgang Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch über Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer häufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind. 

  • Was ist das eigentlich, eine Persönlichkeitsstörung, ein Perfektionismus, ein Spaltung oder eine Gegenübertragung?
  • Kann ich trotz Borderline oder Narzissmus eine stabile Partnerschaft aufbauen und damit über Jahre hinweg leben? 
  • Ist eine Kommunikation mit einem Borderliner möglich? Wie hilft hier die U.M.W.E.G.-Methode©? 
  • Kann ich meine Bindungsangst oder Verlustangst irgendwann einmal kontrollieren?
  • Was kann ich tun, wenn ich mich gerade in einer Trennung befinde, oder kurz davor bin?


Ich möchte aber nicht nur über Fragen sprechen, sondern auch praxisgerechte Lösungen anbieten:

  • Eine humorvoll und spielerisch – ja fast tänzerisch – eingesetzte Gewaltfreie Kommunikation in Kombination mit der von mir entwickelten 
  • U.M.W.E.G.-Methode© und nicht zuletzt die Transaktionsanalyse als Sprachkonzept können helfen, auch in schwierigen Situationen noch kühlen Kopf zu bewahren. 

Buchen Sie sich einfach auf meinem Online-Kalender ein Zeitfenster oder nutzen Sie mein klassisches Kontaktformular um mit mir in Verbindung zu treten. Ich freue mich auf Sie. Ihr Marcus

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