Schriftzug Marcsu Jähn

Wieviel Aufklärung braucht ein Borderliner? Und wieviel seine Angehörigen

Wieviel Aufklärung braucht ein Borderliner und wieviel seine Familie / AngehörigenSoll ich jemandem klar und deutlich sagen, dass er die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung hat oder sollte man sich nicht viel lieber mit solch einer Diagnose zurückhalten? Was spräche z.B. gegen (!) eine offene Kommunikation?

Gegen eine klar ausgesprochene Diagnose spricht zum Beispiel

      • die häufig recht negativen Auswirkungen hiervon
      • und die Sorge, dass Patienten oder Familien mit dieser Diagnose
        • entweder desillusioniert und entmutigt
        • oder aber von ihrer Umgebung in eine Schublade gesteckt und damit stigmatisiert werden.
      • Außerdem sollte man auch die fast schon zwingenden Auswirkungen auf die Übertragung und Gegenübertragung in den engeren Beziehungen der Betroffenen mit ihren Angehörigen erwarten.
      • Und, wir dürfen auch nicht vergessen, dass solch eine Diagnose auch einen starken Einfluss darauf hat, wie der Betroffene danach sich selbst erlebt.
        Denn, viele möchten verständlicherweise nicht, dass ihre Persönlichkeit und deren „Störung“ auf einmal im Mittelpunkt der Therapie steht – das ist dann doch wiederum ein sehr intimes Thema für viele.

Was spräche für (!) eine klare und offene Kommunikation der Diagnose?

Interessanterweise kommt jetzt erst einmal ein Argument, das ich eben noch als Gegenargument benutzt habe:

      • Der oft sogar positive Einfluss auf die Ich–Syntonie / d.h. wie ich mich selbst erlebe. „Endlich weiß ich, was ich habe und wer ich eigentlich und warum bin…!“

Dann kommen aber auch noch folgende Argumente:

      • Unser immer größer werdender Wunsch nach Informationen, sowohl bei Betroffenen als auch den Angehörigen.
      • Das klare Recht eines Patienten auf Aufklärung und Information und damit auch auf eine greifbare Hoffnung – auf eine hoffentlich wirksame Behandlungsmöglichkeit.
      • Durch das klare Aussprechen einer Diagnose ist die Voraussetzung dafür gegeben, dass ein Betroffener an seiner Therapie nämlich auch ganz aktiv mitgestalten
        Das könnte er logischerweise nicht, wenn er hierbei nur ein passiver Konsument wäre 

Teil 1 Fachwissen für Patienten / für direkt Betroffene

Wie könnte eine fachliche aber trotzdem praxisgerechte Schulung für den Laien zum Thema Persönlichkeitsstörung denn nun aussehen? Zuerst einmal basiert alles auf dem einfachen Wort „Einfachheit“. Dieses Wort „Einfachheit“ muss aber auch wörtlich verstanden werden. Sobald es nämlich um Fachwissen für den Laien geht, distanziert man sich logischerweise von möglichst allen medizinischen Fachausdrücken.

Über was wird gesprochen? Man konzentriert sich hierbei auf

      • die Ressourcen
      • die praktischen Problemlösungen
      • vernünftige und nachvollziehbare Erklärungen
      • Und die nicht konfrontierenden, sondern ermunternde Hilfen zur Selbsthilfe.

In der „regulären / normalen Medizin“ spricht man grundsätzlich erst einmal eine klare Sprache und hält mit Problemen nicht hinter dem Berg. „Das ist das Problem, mit diesen möglichen Folgen. Und das oder das muss nun getan werden“ so könnte man sich einen Dialog vorstellen. Im Gespräch mit dem Patienten / dem medizinischen Laien macht man es nun thematisch betrachtet etwas anders. Indem man sich erst einmal von einer negativen Sprache in Bezug auf die Probleme der Persönlichkeitsstörung distanziert, hat man überhaupt die Chance, mit Respekt und Wertschätzung über die möglichen Vorteile hierbei zu sprechen. Denn ja, diese Persönlichkeitsstörung mit ihrer extremen Ausrichtung hat auch Vorteile! Dazu kommen wir später aber noch. 

(1.1) Wie sieht diese Sprache nun in der Praxis aus?

      1. Erstmal wird der Begriff des „instabilen und des sprunghaften Verhaltens“ aus dem gemeinsamen Dialog gestrichen. Anstatt von Verhaltenssprüngen wird nun eher von einem „Kontinuum“ – also einem fließenden Übergang – gesprochen.
      2. Der Vorteil dieser etwas anderen „Persönlichkeits Stile“ ist – wenn sie nicht so ganz extrem ausgelebt werden – das sie einen interessanten und auch aufgelockerten zwischenmenschlichen Stil ermöglichen.

Und wenn wir es mal genauer betrachten, dann sind diese Persönlichkeitsstile ja – wenn auch in unterschiedlichen Anteilen – bei jedem von uns allen vorhanden. Aber – wie gesagt – die Intensität / die Menge ist sehr unterschiedlich.

      1. Auch in unserer sogenannten „normalen Gesellschaft“ unterscheiden wir uns untereinander durch unseren jeweiligen Persönlichkeitsstil. Das ist völlig normal.
        Haben wir es dann mit einer Persönlichkeitsstörung zu tun, dann sollten wir diese Variante besser als ein Extrem (also ein Zuviel des Guten)
        Wichtig ist hierbei in Erinnerung zu behalten: es gibt einen fließenden Übergang zwischen der Normalität und dem Extrem und keine Sprünge.

        Dies alles hat viel mit Wertschätzung zu tun! Sage ich, er ist (!) extrem, dann grenze ich ihn aus und ich fördere eine Spaltung. Mit Sicherheit möchte dies niemand von uns so tun!

      2. Jeder – wirklich jeder Persönlichkeitsstil hat seine eigenen Stärken und besteht nicht nur aus Schwächen.
        Darum sollte man das Verhalten nicht in richtig oder falsch bewerten. Viel eher sollte man sich Gedanken darüber machen, wie dieser besondere Stil nun Probleme oder Chancen hervorruft.
      3. Das Ziel einer Therapie ist niemals die Persönlichkeit zu ändern. So etwas ist außerhalb jeglichen therapeutischen Auftrages!

        Viel eher sollten sich Therapeuten auf das Extrem eines Verhaltens konzentrieren. Sie sollten sich bemühen, dieses entweder abzuschwächen oder die Haltung etwas zu flexibilisieren. Wenn man das schafft, hat man schon viel Gutes gewonnen.

        Ein toller Leitsatz hierbei kommt aus der Transaktionsanalyse: „Ich bin OK und Du bist OK.“

1.2 Welche Kompetenzen werden bei welchem Persönlichkeitsstil am besten trainiert?

Einteilung der PersönlichkeitsstörungenFolgender Leitsatz könnte hier helfen: Wenn die Persönlichkeit in die eine Richtung stark ausgebildet ist, dann kann ein klein wenig mehr Kompetenz auf der gegenüberliegenden Seite schon einen guten Ausgleich bieten.

Ich habe mal sechs Persönlichkeitsstörungen herausgeschrieben und ihnen das meines Erachtens beste Gegen-Kompetenztraining gegenübergestellt:

F60.3 die sprunghafte/Borderline – Persönlichkeitsstörung Gegenkompetenz: Achtsamkeit, Umgang mit starken Gefühlen und das Lernen der Selbstregulationsfähigkeit.

F60.4 dramatischer Stil / die Histrionische Persönlichkeitsstörung Gegenkompetenz: Selbstakzeptanz, Konfliktfähigkeit und Selbstwahrnehmung

F60.5 die zwanghafte Persönlichkeitsstörung / der gewissenhafte Stil Psychologische Kompetenz: Gelassenheit, Entspannungs- und Genussfähigkeit

F60.6 Die ängstliche vermeidende Persönlichkeitsstörung/der sensible Stil Psychologische Kompetenz: selbstsicheres Verhalten, Durchsetzungsvermögen und eine flexible innere Steuerung

F60.7 abhängige (asthenische) Persönlichkeitsstörung / die dependente Persönlichkeit Psychologische Kompetenz: eigenverantwortliches Handeln, bewusstes wahrnehmen und ausdrücken von eigenen Bedürfnissen und Gefühlen

F60.8 die narzisstische Persönlichkeitsstörung / der selbstbewusste Stil Psychologische Gegenkompetenz: lernen Kritik zu empfangen, Kooperationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen

Was ist das eigentliche Ziel dieser „Aufklärungs-Programme“?

      1. Was ist eine Persönlichkeitsstörung?Zum einen möchte man erklären, um was es sich bei dieser Störung überhaupt handelt. Denn, Wissen verschafft allen Beteiligten Ruhe und Handlungssicherheit.
      2. Zum anderen möchte man damit ein tieferes Verständnis / also ein Verstehen für den jeweiligen Persönlichkeitsstil (ist es jetzt Borderline, Narzissmus, Histrionie etc.) vermitteln.
        Aus der „grauen Suppe“ Persönlichkeitsstörung wird allmählich ein klareres Bild innerhalb des großen Gebietes der Persönlichkeitsstörungen.
      1. Durch diese Programme werden sowohl die Nachteile aber auch die Stärken dieser Störung beschrieben. Mit Hilfe ganz konkreter Beispiele und Rollenspiele werden die Eigenheiten der jeweiligen Persönlichkeitsstörung, herausgearbeitet.
      1. Es wird gezeigt was eigentlich diesen unflexiblen Persönlichkeitsstil entwickelt hat – was ist der Ursprung.
      1. Dann werden die Zusammenhänge zwischen der Störung und den Problemen im Alltag aufgedeckt. Den Meisten ist nämlich gar nicht klar, dass ihre Probleme im Alltag darauf zurückzuführen sind, dass sie eine Persönlichkeitsstörung haben.
      1. Am Schluss werden dann Tipps und Anregungen zur Weiterentwicklung gegeben. Folgende Frage steht also immer im Vordergrund: „Wie kann ich durch mehr Wissen und Kompetenz in meinem Alltag aus einer Persönlichkeitsstörung vielleicht noch einen Vorteil ziehen?

Teil (2) Psychoedukation für Patienten und auch (!) für die Angehörigen

Dieser Punkt wird meines Erachtens viel zu häufig übersehen. Beide Gruppen, Patienten und Angehörige sollten über die Persönlichkeitsstörung aufgeklärt werden. Warum vertrete ich diese Meinung? Nun, bei einer Persönlichkeitsstörung können wir grundsätzlich immer von folgender Tatsache ausgehen: Die gestörten Verhaltensmuster in der Familie sind nicht nur ein wichtiger Entstehungsfaktor, nein! Diese spielen auch eine wichtige Rolle, diese Störung weiter aufrecht zu erhalten.

Wenn dieses Fachwissen den Angehörigen vermittelt wird, dann kann es entscheidend dabei helfen, sowohl das Thema Persönlichkeitsstörung, aber auch das „spezielle Verhalten“ des betroffenen Verwandten

      • (1) überhaupt erst einmal zu verstehen um dann
      • (2) bessere Strategien in der Bewältigung und im Lösen der alltäglichen Probleme zu entwickeln.
      • (3) Ein sehr wichtiger Schritt ist z.B. das Ändern der Sprache innerhalb der Familie.
        Sprache ist ein wichtiges Medium. Durch sie werden Streitigkeiten begonnen aber auch beendet. Durch sie wird auch ermuntert, sich Fähigkeiten anzueignen um das Familienklima deutlich zu verbessern.

Rund um Borderline gibt es bereits eine ganze Reihe von Projekten die sehr gut sowohl Patienten aber auch die Angehörigen zu einer Therapie mit einbeziehen. Da wären zum Beispiel

      1. Therapie Steppsdas Programm STEPPS. Systems Training for Emotional Predictability and Problem Solving nach Blum und Bartels
      2. Oder das Konzept der Mehrfamiliengruppe nach Ruiz-Sancho, Smith und Gunderson
      3. Und auch das Drei-Phasen-Modell der Familien-Psychoedukation nach McFarlane, Lukens et. Al.

Es gibt zwar noch eine ganze Reihe anderer Trainings-Modelle … ich möchte mich aber mal nur auf eines konzentrieren um an diesem das geniale Konzept dieser Zusatz-Aufklärung zu beschreiben:  Ich würde hierfür gerne das STEPPS etwas näher betrachten. 

STEPPS nach Blum Bartels

Die deutsche Übersetzung hierfür wäre: „Die Vorhersehbarkeit von Situationen, welche Affekte auslösen und das systematische Trainieren von Problemlösungen.“ Es wurde vor circa 20 Jahren in den USA (in Iowa) entwickelt und besteht aus einem 20 Wochen Trainingsplan. Eigentlich ist es alles andere als ein neuer therapeutische Ansatz. Vielmehr ist es als eine Ergänzung zu einer Therapie zu verstehen. Es ist ein Bindeglied zwischen Bewältigung, Selbsthilfe und Koordination im täglichen Leben.

Zielgruppe sind Menschen mit einer emotionalen Instabilität – und hier ganz besonders Menschen mit Borderline – und bezieht – das ist das Neue – die Umgebung der Betroffenen (also die Angehörigen, Freunde und professionelle Helfer) direkt mit ein. 

Die Vorgehensweise bei dem STEPPS Trainings-Programm

 

      • Thema:

Ganz oben thront gewissermaßen ein Gedankengang: die Borderline – Persönlichkeitsstörung ist eine Störung der Emotionsregulierung. Dadurch wird die Aufmerksamkeit viel eher auf das gelenkt was sie ist: eine Störung. Das ist auch wichtig, denn Borderline wird aktuell immer noch viel zu sehr mit einem Stigma / Negativ-Merkmal / einem sogenannten „Brandmal versehen. Allein diese kleine aber konsequente Veränderung in der Sprache bewirkt oft schon eine deutliche Entspannung bei den Betroffenen.

      • Die Beteiligten

Hierin liegt die größte Veränderung zu einer klinischen Therapie: Wichtige Bezugspersonen – wie zum Beispiel Angehörige, Therapeuten – werden gewissermaßen

      • zu einem Team gebildet und in dieses Programm mit einbezogen.
      • Sie werden darin geschult, den Betroffenen darin zu unterstützen, ab jetzt neue Fertigkeiten, neue Eigenschaften zu entwickeln.

Wir können das Training grob in drei Phasen unterteilen:

Phase (1):

Welche Kriterien machen die Borderline – Persönlichkeitsstörung überhaupt aus? Anhand eines Fragebogens z.B. dem von Ernest Young, dem Gründer der Schematherapie, wird den Beteiligten einfach aber klar erklärt wie eine Borderline – Persönlichkeitsstörung überhaupt diagnostiziert wird. Das Ziel ist es diese dysfunktionalen Handlungen für Außenstehende besser (be)greifbar zu machen.

Phase (2): Die akute Praxisphase.

Jetzt wird der direkte Umgang mit dem Borderliner und seinen Emotionen, die er selbst und auch seine Umgebung spürt, trainiert. Wir könnten fünf Tipps davon einmal herausstellen

(1) Zuerst einmal Abstand gewinnen. Man lernt hier erst einmal einen Schritt zurück zu gehen um die bei allen Beteiligten hochkommenden Gefühle, Gedanken und Handlungen zumindest einmal zu bremsen.

(2) Die Kommunikation Es wird trainiert – und das ist gar nicht so einfach – seine Gefühle in Worten abzubilden.

(3) Das Spiegeln / das Hinterfragen: Dieses bewusste Hinterfragen funktioniert durch das Ersetzen von negativen Gedanken durch bessere – also positive, rationale und auch vernünftigere – Gedankengänge. Wir nennen dies auch „sublimieren“. 

Psychologisch ausgedrückt: Der Bauch will eine Emotion ausdrücken die aber so quer ist, dass sie nur negative Folgen haben kann. Das Herz erkennt dies und schaut, welche vernünftigeren, „nachgedachteren“ Handlungsalternativen der Kopf bereithält. Am Ende entschließt sich dann das Herz für eine Handlung. Die Formel könnte lauten: Weniger Bauch, mehr Kopf und das Herz entscheidet in welchem Verhältnis dies geschieht.

(4) Ablenken. Das Ablenken ist kein Wegsehen von den Problemen! Ganz und gar nicht! Vielmehr ist es eine Entlastung. Stell Dir eine Nachtfahrt im Auto bei Regen vor. Es kommt dir einer mit Fernlicht entgegen der einfach nicht abblenden möchte. Das Wegsehen hin zum rechten Fahrbahnrand ist eine ganz rationelle und auch notwendige Entscheidung: Weg vom Problem, fokussiert auf die Lösung.

Wir kann dies in Verbindung mit dem Borderliner geschehen? Zum Beispiel werden in ruhigen Phasen – nicht im Sturm der Gefühle – gemeinsam Listen erstellt mit schönen und angenehmen Aktivitäten um später – bei einer kritischen Situation – diese sofort zur Hand zu haben. Gerade das ist in der Praxis sehr hilfreich.

(5) die Problemlösung. Du merkst, erst ganz am Schluss wird sich in der Praxis darum gekümmert das Problem zu lösen – also langfristige Alternativen und Konsequenzen zu erarbeiten. Emotionsregulation hat wenig bis fast gar nichts mit langfristigen Lösungen zu tun. Hier geht es viel eher darum, erst einmal Ruhe in das Fahrwasser zu bekommen.

Phase 3: – das Verhaltensmanagement

Diese dritte Phase befasst sich – im Unterschied zu Phase 2 – mit dem Lebensstil. Es wird hier der Blick von der akuten Situation weg hin zu der Meta – Ebene gerichtet. Anhand von Beispielen werden einige Bereiche des Lebens genommen um im Vorfeld für eine Entlastung. Denn, wenn das Holz weg ist, geht das Feuer automatisch aus… Schauen wir uns mal diese ein paar Bereiche hierbei an:

(1): das Setzen von Zielen

Es wird erst einmal eine Hierarchie der häufigsten Probleme aufgestellt – und zwar von wichtig bis weniger wichtig. Das Ziel hierbei ist zu sehen, was sind überhaupt die aktuellen „Haupt–Trigger meines Alltags“?

(2) unsere Nahrung Unser Essverhalten sagt ungemein viel über uns aus… Z.B. über unsere innere Achtsamkeit für das Leben. Ein ruhiges, angemessenes und vernünftiges Essverhalten hilft auch viel im Rest des Lebens. Nicht umsonst sagt man ja: „Du bist was du isst.“ „Sage mir WIE Du isst und ich sage Dir wie Du denkst…“

(3) der Schlaf Schlaf hat die wichtige Aufgabe uns zu beruhigen und unseren Tages-Stress-Level in der Nacht zu senken.
Darum wird bei STEPPS aber auch bei den anderen Trainings beim Thema Schlaf–Hygiene viel Zeit verbracht.

Es sind dann die typischen Themen die besprochen werden wie zum Beispiel

      • regelmäßige Zeiten zum Schlafen – und zwar von Montag bis Sonntag!
      • Rituale vor dem Zubettgehen,
      • Schlafmittel
      • aber auch das Thema Bewegung vor dem Schlaf.

(4) die Bewegung im Leben Das richtige Maß an vernünftiger Bewegung an der frischen Luft und das jeden Tag senkt unser Stresspegel enorm. Ich habe hierzu ein separates Video (Sport – ein  Antidepressivum) erstellt. Du findest es unter diesem Link: https://bit.ly/3H5My6P

      • Welche Bewegung ist für mich nun aber die Beste?
      • Welche wirkt sich auf lange Sicht am besten gegen Stress und damit auch gegen die Emotions-Regulierungsstörung des Borderliners aus?

(5) Meine Freizeitgestaltung Die Freizeit-Möglichkeiten sind heute überfordernd groß. Interessant ist, dass beim Borderliner genau diese aber nur sehr wenig zum Stressabbau genutzt werden. Viel zu häufig werden dann nur die Kurzfristigen und oft sehr intensiven / spannenden „Kick“-Aktivitäten gewählt. Durch das Training wird der Blick auf den Sport nun verändert und es werden längere, ruhigere und vor allem (be)ruhigende Freizeitaktivitäten ausgewählt.

(6) die allgemeine körperliche Gesundheit Was für den Einen völlig normal ist, muss von dem Anderen erst einmal erlernt und verinnerlicht werden… das ist der Blick auf die eigene Gesundheit. Auch der regelmäßige Gang zu einem Arzt gehört hier klar in das Lernprogramm.

(7) Die zwischenmenschlichen Beziehungen Im Alltag wird jetzt genau das gelernt, was dem Borderliner eigentlich doch so schwerfällt:

das ruhige Miteinander. Folgende Fragen rücken dabei in den Fokus: „Welche Ziele habe ich eigentlich bei meinen Freundschaften und Partnerschaften?“ „Welche Grenzen sollte ich in Zukunft ziehen?“ Wie kann ich meine Freundschaften verbessern? 
Das sind wirklich wichtige Hilfen für das tägliche Leben.

(8) Beenden von dysfunktionalen Bewältigungsstrategien

Borderliner haben die Tendenz – wenn es ihnen z.B. bei Stress nicht gut geht – zu selbstverletzendem Verhalten zu greifen. In dem Alltagstraining wird ihm nun geholfen, sich in aller Ruhe schon vor dem Sturm – nach Alternativen um zu sehen. Das hilft, um die sonst typische Panik / die Hilflosigkeit gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Panik wird durch OHNMACHT verursacht, wenn ich keine Handlungsalternativen mehr habe.

In dem Moment, wenn ich mir aber meiner Handlungs-VOLLMACHT also meiner Handlungsalternativen mehr und mehr bewusst bin (dieses Bewusstsein muss auch trainiert werden!) komme ich raus aus der Ohnmacht und hinein in einer Handlungsvollmacht. Dieser achte Punkt ist wirklich ein „Volltreffer“.

Was bringt uns das alles?

Speziell dieses Programm STEPPS wurde recht intensiv und kritisch untersucht ob es überhaupt Verbesserungen im Leben der Betroffenen ermöglicht.

Das Ergebnis: STEPPS führt zu klar erkennbaren Verbesserungen

      • in der Impulsivität,
      • der negativen Affekte,
      • der allgemeinen Stimmung und
      • im generellen Leistungsniveau.

Interessant ist, dass sich aber keine Unterschiede im Bereich Suizidalität, den selbstverletzenden Handlungen und der Krankenhausaufenthalte gezeigt hat. 
Aber: wenn etwas verbessert wurde – siehe Punkte 1 bis 4 – dann hält die Verbesserung auch an.

Teil 3 Hilfen speziell für die Angehörigen

 

Manchmal kann man diese Trainings nicht gemeinsam (also Borderliner in Kombination mit den Angehörigen) durchführen. Ein Grund hierfür könnte sein, dass sich viele Borderliner gar nicht einer Therapienotwendigkeit bewusst sind. Verzweifelte Angehörige wenden sich dann an die Spezialisten und bitten um Hilfe. Natürlich ist diese Hilfe dann sehr eingegrenzt, sie nützt aber trotzdem!

Diese Trainingsprogramme speziell für die Angehörigen gehen erstmal von folgendem Gedanken aus:

  • Das Zusammenleben mit einem Borderliner unter einem Dach ist extrem belastend und führt zu ganz vielen Problemen.
    Damit meine ich nicht nur die emotionalen Probleme. Durch das oft sehr extreme Verhalten kann es auch zu finanziellen und auch juristischen Problemen kommen.
  • Auch die Angehörigen brauchen aus diesen Gründen selber kompetente Unterstützung
  • Wenn ein Training durchgeführt wird, dann führt es innerhalb der Familie
      1. zu einem besseren Umgang und
      2. hilft dem Borderliner dann wiederum selber mit seiner Persönlichkeitsstörung besser umzugehen. 

Leitlinien für Angehörige

Was tun als Familienangehöriger von einem Borderliner?Ich möchte mal fünf Leitlinien für Angehörige aufstellen die dir eine kleine Orientierung geben können, wie man sich verhalten sollte um eine kritische Situation besser zu „überstehen“. 

 (1): Alles, nur bitte keine Hektik

1.1 Für jeden von uns – aber ganz besonders für Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung – sind Veränderungen in alle Richtungen schwierig und machen ihnen damit Angst. Selbst Fortschritte sind Veränderungen und fördern deshalb eine Angst vor dem Verlassenwerden. Dies darf die Umgebung auf keinem Fall vergessen.

  1. 2 Hab keine großen Erwartungen! Auch ein Marathon beginnt aus vielen kleinen Schritten. So werden auch große Probleme in kleinen Schritten gelöst. Eine Persönlichkeitsstörung ist wie ein Kleidungsstück welches mit tausenden kleiner Nadelstiche zusammengehalten wird.

 (2): Alltagsroutinen in der Familie

2.1 bleibe ruhig und gelassen 
2.2 Lass nicht zu, dass Alltagsroutinen durch irgendwelche Probleme aufgegeben werden. Besonders Routinen geben einem Borderliner die für ihn so notwendige Sicherheit. 
2.3 Reden reden reden. Nimm dir Zeit zum Reden. Denke hierbei an den Nobelpreis des Jahres 2000. Unser Gehirn wird durch jedes (!) Wort geformt – also sowohl von all den guten aber auch von all den negativen Wörtern. Du hast es also in der Hand: Nutze die Macht des guten Wortes und rede… Das beruhigt.

 (3) Sei aufmerksam behalte aber die Ruhe in der Krise

3.1 Zuallererst: höre bitte auf, dich bei Kritik oder irgendwelchen Anschuldigungen zu verteidigen oder zu entschuldigen.
Erlaube dir bitte selber, auch einmal verletzt zu sein und gib diesem Gefühl einen entsprechenden Raum in dir selbst … 
Ich könnte über diesen Punkt wirklich stundenlang referieren. Dieses andauernde sich selbst verteidigen, wenn der andere einen mal kritisiert oder beschuldigt ist die Grundlage beinahe jeder Eskalation oder jedes Streits. In diesem einen Punkt steckt so viel Macht darin, dem Borderliner und auch sich selbst zu helfen.

3.2 Ignoriere nicht, wenn der Betroffene sich selbstverletzt oder damit droht sich zu verletzen. Panik ist hierbei aber kein guter Ratgeber.
Sprich offen über dieses Thema und halte es nicht im Dunkeln.
Du wirst merken: sofort, wenn der Deckmantel des Schweigens weggezogen wird, verliert diese Drohung an Macht.

3.3 Hör zu, auch wenn es mal länger dauert: iss dir meinetwegen ein „Snickers“ aber höre weiter zu….
Diese panikartige Angst die den Borderliner zu solch verzweifelten Taten motiviert werden am allerbesten durch ein Ruhiges zuhören gebremst.
Der Borderliner braucht oft einfach nur jemanden der ihnen bewusst zuhört, wenn sie über ihre immer wieder hochkommenden Ängste und Sorgen sprechen. Und bitte glaube mir: Seine Gefühle mit Worten auszudrücken ist immer noch besser, als sie durch solche Handlungen auszuleben!

 (4): arbeitet bei Problemen als Team zusammen und achtet auf Gemeinsamkeiten

4.1 Wenn du dem Betroffenen hilfst, eines seiner Probleme zu lösen, dann beachte folgendes:

      • beziehe ihn in deine Pläne immer mit ein
      • frage ihn ob er einige der Schritte eventuell nicht doch selber tun kann – Hilfe zur Selbsthilfe und Selbständigkeit.
      • Frage aber auch, ob er Deine Hilfe / deine Unterstützung wirklich möchte. Auch das hat viel mit Respekt dem Anderen gegenüber zu tun …

4.2 Die Familie ist das Team und als Team muss man zusammenarbeiten, sich immer wieder über die nächsten Schritte austauschen. Borderliner haben eine irre Fähigkeit, wegen ihren inneren Ängsten, Spaltungen in ihrer Umgebung zu verursachen – auch in der eigenen Familie. Lass darum nicht zu dass deine Familie gespalten wird und beachte diesen Tipp: beratschlagt euch immer wieder und gebt euch untereinander immer wieder ein Update über eure nächsten Schritte. 

4.3 Machst du dir als Familienmitglied eventuell Sorgen und Gedanken über verschriebene Medikamente oder stellst du eventuell die gesamte Therapie in Frage? Das ist dein gutes Recht! Rede darum ganz offen hierüber und stelle dabei nur sicher, dass sowohl der Angehörige aber auch der Therapeut/der Arzt von deinen Sorgen weiß. Du merkst hier wieder einmal den Gedankengang von einem Team.

 (5): Setze Grenzen konsequent, direkt aber immer mit Weitblick

Grenzen setzen wo nötig, Freiheit wo möglich5.1 Merke Dir folgenden Grundsatz: Grenzen wo nötig, Freiheit wo möglich.

Setze klare Grenze indem du deutlich zeigst: Meine Toleranz hat auch ein Ende und das Ende ist dort… Jeder sollte wissen, was von ihm erwartet wird und welche Konsequenzen anschließend auch drohen..

5.2 Schütze den Borderliner in Deiner Familie nicht vor den normalen Konsequenzen ihrer Handlungen. „Manchmal muss man sich einfach mal die Hand verbrennen…“

5.3 Dulde niemals respektloses missachtendes Verhalten in der Familie wie z.B. Wutanfälle, Drohungen, Schläge, Spucken ins Gesicht ect.. Gewalt hat in einer Familie niemals einen Platz – egal ob jemand krank ist oder nicht. Gerade durch das Konsequente Setzen von Grenzen kann einem Borderliner viel Sicherheit und Stabilität vermittelt werden: Er weiß GENAU was von ihm erwartet wird – egal ob er die Grenzen nun einhalten kann oder nicht.

5.4 Drohungen und Ultimaten sind wirklich nur das allerletzte Mittel. Und weil dem so ist, sollte jeder von den Angehörigen mehr als vorsichtig sein, wenn es um Drohungen geht. Sie werden meines Erachtens viel zu früh und viel zu häufig verwendet. Und wie bei den vielen unnötigen Gaben von Antibiotika in der Medizin verpufft die Wirkung von den Drohungen viel zu schnell wenn diese zu früh oder sogar inflationär verwendet werden.

Teil 4 Mein persönliches Fazit

Betrachtet man sich die bisherigen Formen an Aufklärung für Borderliner, so kann man erkennen, dass alles in erster Linie nur für die Therapie zwischen Therapeut und Patient entwickelt wurde. Erst mit der Dialektich–Behavioralen Therapie welche Marsha Linehan in den 1980er Jahren entwickelt hatte, begann man allmählich völlig neue Strategien und einzuführen und die direkten Bezugsmenschen des Patienten mit einzubeziehen.

Freunden und Verwandten wurden folgende Hauptthemen vermittelt:

      • Zuerst einmal alle Informationen über das, was mit der Persönlichkeitsstörung und ihrer Behandlung im Zusammenhang steht.
      • Danach steht das Trainieren im Vordergrund.
        Das Trainieren einer „psychosozialen Kompetenz“ um sich sowohl kognitiv als auch emotional viel eigenständiger, viel kompetenter selbst regulieren zu können. Um auch sicherer mit anderen Menschen interagieren zu können.
        Um das alles noch „runder“ zu machen“ wird zum Schluss noch der Fokus auf die für den Betroffenen so wichtige soziale Unterstützung durch Umgebung / die direkten Bezugspersonen gerichtet.

Hierdurch hatte man sich zum ersten Mal von den reinen „Zweier-Gesprächen“ zwischen Patient und Therapeut distanziert.
Praktisch alle weiteren Programme rund um das Training des Borderliners – der ja ein Problem mit dem Zwischenmenschlichen hat – wurden in dem Kielwasser des Erfolges von diesem neuen Format nun für Gruppen / Teams entwickelt und heben immer wieder die Wichtigkeit des Miteinanders, der sozialen Unterstützung hervor.

Die Ergebnisse hiervon sind mehr als ermutigend, denn sie zeigen die Vorteile dieser Vorgehensweise deutlich auf.

Sowohl für den Borderliner als auch seine Angehörige ergeben sich folgende positive Auswirkungen:

      • Genutzt als therapievorbereitende Maßnahme und auch als ergänzende Maßnahme beeinflussen diese Programme die anschließende Borderline-Therapie deutlich.
      • Auch die Angehörigen sprechen über
        • eine deutlich verbesserte Kommunikation innerhalb der Familie,
        • eine geringere Neigung zu Ängsten und Sorgen
        • und eine Verbesserung im Grenzen setzen.
      • Alles Studien über diese Maßnahmen belegen die Wirksamkeit von zusätzlichen Informationen. Oft reichen Informationen allein schon aus, um mit einer Situation besser fertig zu werden. „Wissen schafft Ruhe …“

Die Diskussion darüber ob eine Aufklärung über die Diagnose einer Borderline Persönlichkeitsstörung stattfinden sollte oder nicht wird von mir persönlich mit einem klaren „JA“ beantwortet.

Durch diese professionellen Zusatzprogramme wird all den negativen, distanzierten Haltungen Borderline gegenüber sehr wirkungsvoll entgegengetreten. Diese Zusatzprogramme heben nämlich deutlich hervor, dass Borderline zu Recht mit großem Respekt und Wertschätzung für den Betroffenen entgegen gegangen werden sollte.

Persönlichkeitsstörungen sind Verschiebungen von PersönlichkeitsmerkmalenIch möchte das einmal mit einem Prisma und weißen Licht vergleichen.

Weißes Licht – was ja die Summe aller Farben ist – wird, nachdem es durch ein Prisma hindurchstrahlt in seine einzelnen Spektral Farben aufgeteilt

Was bedeutet das? Auch wenn wir es am Anfang noch nicht sehen, aber jedes (!) Licht beinhaltet auch rot gelb grün blauen Anteil. Der eine hat jetzt mehr Rot und der andere hat mehr den gelben Anteil. Dies sieht man aber erst, wenn man durch ein Prisma durchschaut.

Borderline ist wie ein verstärkter Farbanteil / eine Verschiebung / eine Konzentration auf eine Farbe z.B. Rot hin. Ein Borderliner ist kein Alien! Ein Borderliner ist ein Mensch bei dem ein Persönlichkeitsanteil besonders stark ausgeprägt ist wobei bei einem durchschnittlichen Menschen alle Farben gleichmäßig vorhanden sind.

Der Borderliner ist von der Stelle der Norm (Normalität) „verrückt“. Das Wort Verrückt kann hier wirklich wörtlich genommen werden. Borderline und andere Persönlichkeitsstörungen sind ein Blickfang in einem Blumenstrauß. Lass uns Menschen mit dieser Persönlichkeitsstörung mit der notwendigen Wertschätzung einmal als völlig normale mit Menschen betrachten bei denen ein Farbanteil besonders stark vorhanden ist. Wo wäre unsere Gesellschaft, wenn es „nur normale“ Menschen / Menschen innerhalb einer Norm gäbe?

Sind es nicht eher diese von der Norm „Verrückten“, welche unsere Welt entscheidend verändert haben? Ich denke hier an Menschen wie

      • Marie Curie (die Röntgenstrahlung)
      • Galileo Galilei (das Teleskop)
      • Gregor Mendel
      • Dian Fossey (die Gorilla-Expertin)
      • Christoph Kolumbus
      • (in der Politik) Nelson Mandela / Mahatma Gandhi / Churchill / Helmut Schmidt
      • (Gelehrte in der Frühzeit) Socrates, Platon, Epikur, Konfuzius

Sie alle waren „anders“ und haben die Welt mit ihrer Sichtweise verändert. Borderline ist auch anders / verändernd… 

Frage: wie viel Fachwissen ist eigentlich nötig?

 

      • Meines Erachtens ist es schon ausreichend, wenn eine schwierige Entwicklungen klar und direkt angesprochen wird und dabei eine herablassende / verurteilende / stigmatisierende Sprache (du bist ein Borderliner) möglichst ausgelassen wird.

Ich empfehle grundsätzlich immer eine Sprache voller Wertschätzung. Für die Kommunikation mit einem Borderliner ist es aber besonders wichtig. Zum Beispiel ist er der Herr / die Frau xyz und nicht der Borderliner vom Zimmer 13… 

Ja, in meinen Beiträgen pendle auch ich immer wieder zwischen den Begriffen Störung, Persönlichkeitsstörung und Borderline hin und her. Aber (!) wenn es um die Anrede / die Bezeichnung einer ganz speziellen Person geht, versuche auch ich nach diesem Motto zu handeln und Menschen eher als „Affekt-Dysreguliert“ zu bezeichnen und nicht als Borderliner.

      • Eine weitere Empfehlung in Bezug auf Ressourcen und Problem Lösungsansätze ist folgendes:

Die ganze Aufklärung über das Thema Borderline sollte mehr sein als eine reine Fakten-Diagnose zu stellen. Es sollte möglichst der Anstoß für eine Neuorientierung im Denken, Erleben und im Verhalten des Betroffenen sein.

Der Betroffene sollte erkennen können,

      • In welchen Situationen er auf seine Probleme gestoßen ist,
      • wofür diese aber auch gut waren
      • welche Folgen seine Handlungen mit sich brachten
      • und wie er seine Handlungen nun zu verändern kann.

Er sollte durch die Aufklärung immer auch die Zusammenhänge zwischen seinen Bedürfnissen, seiner Einstellung, Gefühle, Verhaltensweisen und seiner eigenen Geschichte erkennen können.

Den allermeisten ist es nämlich gar nicht so klar, dass ihre persönliche Borderline-Entwicklung sehr oft dafür verantwortlich war, dass sie immer und immer wieder in neue Probleme sozusagen hineingeschlittert sind. Diesen Teufelskreislauf gilt es nun zu durchbrechen

Das notwendige Fingerspitzengefühl

Ich möchte ganz am Ende noch auf eine besondere Herausforderung hinweisen: Das Ansprechen von Borderline geht nicht ohne die Rolle der Familie anzusprechen.

Und bei diesem Thema fühlt sich so mancher sehr sehr schnell auf den „Schlips getreten“…

„Wir wollten doch nur das Beste“ 
„wir konnten doch nicht anders“ 
„Wir haben damit nichts zu tun“

Sei dir darüber im Klaren, das Überbringen dieser Informationen kann innerhalb der Familie starke Gefühle von Schuld, Scham, Wut. Ärger und besonders auch eine Abwehrhaltung auslösen. Dies wird bei den in diesem Beitrag angesprochenen Konzepten auch berücksichtigt, indem Borderline nicht als hauptsächlich und nur durch die Familie verursacht dargestellt wird.

Ursache und Lösungen bei BorderlineVielmehr werden die uns heute bekannten fünf Quellen „gleichwertig“ hervorgehoben:

      • (1) die biopsychosozialen Gründe die mehr als einen Ursprungsfaktor haben – D.h. also sowohl die Gene aber auch die Umwelteinflüsse (z.B. Traumata)

(2): Es wird sich darauf geeinigt, erst einmal die „Schuldfrage“ unbeantwortet im Raum stehen zu lassen um den Fokus auf das Durchbrechen des Teufels-Kreislaufs von „Du hast schuld und ich nicht“ durchbrochen werden muss. Ohne diesen Durchbruch gibt es nämlich auch keinen Fortschritt!

(3): Statt die Schuldfrage zu behandeln wird sich nun auf die Konzepte konzentriert durch die gelernt wird, akute Probleme zu lösen und Fertigkeiten zu trainieren um den Alltag besser zu bewältigen.

(4) durch Erfahrungsaustausch untereinander können die Sorgen und Bedürfnisse der einzelnen Betroffenen viel effektiver befriedigt werden.

Ähnlich wie Selbsthilfegruppen rund um die Themen Sucht, Behinderungen, Krankheiten, besondere Lebenssituationen (Rente, Suizid, Alleinerziehend, Schuldner …) wird hier viel viel mehr auf den Menschen und seine Bedürfnisse eingegangen als einfach nur rationell eine „Problem/Lösung – Therapie“ durchzuziehen.

(5): Ganz zuletzt möchte ich betonen, dass das eigentliche Ziel ja ist, eine Balance / einen Ausgleich zu finden, um die familiären Probleme rund um Beziehung und Kommunikation konstruktiv im „hier – und – jetzt“ zu lösen, ohne sich immer wieder in gegenseitigen Vorwürfen und Beschuldigungen zu verzetteln.

Da leider immer noch viele Betroffene wegen fehlender Behandlungsmöglichkeiten, extrem lange Wartezeiten, langwierigen und kostenintensiven Behandlungskonzepten oft auf eine Behandlung warten, stellen die hier angesprochenen aufklärenden und Teambildenden Programme eine echte innovative, vernünftige und auch kostengünstige Zusatzmaßnahme dar.

Und das Tolle daran ist, sie ist nach dem heutigen Wissensstand auch noch extrem wirksam.

Ich glaube und hoffe, dass es in der Zukunft noch viel mehr aus diesem Bereich zu erwarten gibt. Die Möglichkeiten dieser Programme sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft und wir dürfen auf die weiteren Entwicklungen in diesem Themenbereich noch sehr gespannt sein.

Mit meinem Beitrag möchte ich einen kleinen Teil hierzu beitragen. 

Marcus Jähn Meine Buchempfehlung zu diesem Thema

Welche Therapie hilft bei Borderline? 

Borderline ist die Königsdisziplin in den zu behandelnden Störungsbildern. Dieses Buch befasst sich nicht mit einer Therapie zu Hause, in der Praxis, sondern in einem klinischen Umfeld. Die Übertragungsfokussierte Psychotherapie (Transference-Focused Psychotherapy, TFP) ist ein psychodynamisches Verfahren, dass die Beziehungs- und Identitätsstörung von Borderliner ganz in den Mittelpunkt der Therapie stellt. Ihren Ursprung hat sie in der Objektbeziehungstheorie, die davon ausgeht, dass die Schwierigkeiten bei Persönlichkeitsstörungen auf nicht integrierte Persönlichkeitsanteile zurückzuführen sind. Darum müssen diese durch eine Therapie aktiviert und in das Handeln integriert werden. 

Dieses Buch befasst sich ausführlich mit Diagnostik, Therapievereinbarungen, Behandlungsphasen, Therapiefokus und Arbeiten im interdisziplinären Team. Ein tolles Werk für jeden Facharzt. 

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