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Die Borderline Kriterien nach dem DSM 5

Borderline Therapie

Teil 5 – Die Katathym imaginative Psychotherapie

Die mÀchtige aber auch gefÀhrliche Fremdsprache in der Psychotherapie. Das gesprochene Wort ist die mÀchtigste Waffe eines Therapeuten. Was aber macht ein Therapeut, wenn sein Patient so traumatisiert ist, dass er keine Worte findet? 

Hierbei kann die katathyme Imagination in der Psychotherapie helfen! Diese funktioniert praktisch wie eine zweite Fremdsprache. Katathym bedeutet: Vorstellung von GefĂŒhlen. (Griechisch kata = herab, thymos = GefĂŒhl)
Imaginativ bedeutet: Die Vorstellung von Bildern Katathyme-Imaginative Psychotherapie ist nichts anderes als der Ausdruck von inneren GefĂŒhlen mit Hilfe von Bildern. 

Um nun ein wenig Ordnung in dieses System des Tagtraumes und seinen möglichen ErklÀrungen zu bringen gibt es seit einigen Jahrzehnten die Katathyme Imaginative Psychotherapie. 

I. Geschichtliche Wurzeln

Borderline Therapie Katathym Imaginative Psychotherapie KiP(Kurz gefasst ist die KiP ein methodisches Vorgehen in der Tagtraumtechnik) Die Katathym-imaginative Psychotherapie (K.i.P.) ist eine Form tiefenpsychologisch-fundierter Psychotherapie. Sie wurde entwickelt von Hans-Carl Leuner (1919 – 1996). Hierbei werden vor allem Imaginationen (bildhafte Vorstellungen) genutzt, um

    • unbewusste Motivationen, Phantasien, Konflikte und Abwehrmechanismen und
    • die Übertragungsbeziehung und WiderstĂ€nde zu anderen Menschen zu veranschaulichen
    • und deren Bearbeitung sowohl auf symbolischer Ebene als auch im GesprĂ€ch zu fördern.

Das Verfahren entspringt der Psychoanalyse die davon ausgeht dass unsere sichtbaren Konflikte von unsichtbaren inneren Dynamiken ausgehen.  Imaginationen sind spontane oder durch Motivvorgabe angeregte bildhafte Symbolisierungen. Sie sind Ergebnisse einer zwar verbal vermittelbaren, aber primÀr nicht mit Worten diskursiven (ein argumentativer Dialog) Ich-Leistung. In den erarbeiteten Bildern und deren Symbolen erarbeiten sich dann die zentralen unbewussten Beziehungskonflikte, deren BewÀltigungs- und Abwehrformen welche sich der Patient im Laufe seines Lebens zugelegt hat.

In folgenden Therapien kann man sie gut einsetzen:

  • in der Konfliktverarbeitung,
  • zur Ich-StĂ€rkung und Strukturförderung,
  • und nicht zuletzt fĂŒr die Diagnose unterschwelliger Konflikte.

Die Hauptvorteile der therapeutisch angeregten VerÀnderung sind die

  • bessere Konflikteinsicht und das Selbstverstehen 
  • die korrigierende Erfahrung durch eine stĂŒtzende therapeutischen Beziehung.

Imaginationen sind doppelt wertvoll:

Alle so genannten Standardmotive der Grundstufe enthalten auch Aspekte der Diagnose in der Psychodynamik. Die hauptsÀchlich in der Grundstufe verwendeten Motive sind u.a. Folgende: 

    • Wiese: Dieses Bild beschriebt die aktuelle Lebenssituation.
    • Bachlauf: Die Art und Weise wie das Wasser fließt, zeigt an wie wir auf VerĂ€nderungen ansprechen
    • Berg: Dies ist das Leistungsthema. Was fĂŒhle ich, wenn ich auf einen Berg steigen soll? Gelingt solch ein Aufstieg recht einfach so bin ich auf meiner Arbeit eher unbelastet. 
    • Haus. Dieses Bild steht fĂŒr die eigene Person. Kann ich mir ein Haus gut vorstellen, z.B. mit vielen Details, habe ich eher einen Bezug zu mir
    • Lichtung: die noch offenen Lebensfragen. Was kommt aus dem Dunkel im Wald? Wovor habe ich angst in meinem Leben?
    • Boot: meine Umwelt. Wenn ich mich in ein Boot setze, ist es groß und ruhig, ein schnelles Rennboot, eine wackelige Nussschale? Dies zeigt, ob ich mich meiner Umgebung hilflos ausgeliefert fĂŒhle, diese akzeptiere oder mein Schicksal selber gerne in die Hand nehme. 
        • In der Mittelstufe: das angsbesetzte Tier z.B. Löwe, Wolf auf der Lichtung…. Auto, Reise in den eigenen Körper,
        • In der Oberstufe: Höhle, Vulkan,
        • in der Traumatherapie: inneres Kind, sicherer Ort, imaginĂ€re Helferwesen.

Die Beschreibungen hier sind nur beispielhaft und rudimentĂ€r zu verstehen und deuten lediglich an, in welche Richtung der Therapeut mit Hilfe dieser Bilder den Weg mit dem Patienten geht. Es kann sich ein Leistungsproblem beim Aufstieg auf einen Berg zeigen, eine Selbst- und Selbstwertproblematik im Blumentest oder EntwicklungsbrĂŒche beim Gang an einem Bachlauf zur Quelle oder zur MĂŒndung. Die K.i.P. nutzt ihre Motive darum immer zweifach: sowohl diagnostisch als auch therapeutisch.

 Wichtig in diesem Zusammenhang sind aber noch die 2 folgenden Aspekte:

(1) Der Therapeut ist nicht derjenige, welcher aus den Bildern nun eine Deutung herausarbeitet. Selbst wenn der Patient den Therapeuten aktiv fragt: “Was bedeutet nun mein beschriebenes Bild von der Wiese?” wird dieser die Deutung der Zeit und dem Patienten immer wieder zurĂŒck ĂŒbertragen. Sein Ziel ist es, den Patienten darin zu fördern, seine Empfindungen zu den Bildern langsam und sicher kognitiv beschreiben zu können. 

(2) Nicht die Bilder sind das, was in der K.i.P. wichtig ist, sondern die Emotionen, GefĂŒhle und Affekte welche sich aus diesen beim Patienten ergeben. Der Therapeut wird also nicht sagen: “Stellen Sie sich mal eine grĂŒne schöne Wiese vor”. Nachdem der Patient von sich aus die Wiese aus eigener Perspektive beschrieben hat, interessiert den Therapeuten noch viel mehr, was er nun hierbei empfindet. 

Die Allgemeine Therapiestrategie in der KiP.

Von Kleinkind an werden Erfahrungen als einflussreiche Bilder gespeichert. Die Sprache und damit das kognitive Erfahren kommt erst viel spÀter.
Hirnforscher belegen, dass die frĂŒhkindliche Erinnerung erst ab dem Ende des dritten Lebensjahres einsetzt. Ein GedĂ€chtnis, das bis in das SĂ€uglingsalter reicht, ist nach heutigem Wissen physisch unmöglich.

Diese Bildschemata formen nun das Denken, FĂŒhlen und Verhalten des jungen Menschen, auch wenn sie nicht bewusst und sprachlich greifbar sind.

Die Wirkungsweise der Katathymen-Imaginativen Psychotherapie mit Hilfe von Bildern sieht nun folgendermaßen aus: 

Wie alles aus dem Bewusstsein VerdrĂ€ngte können diese Schemata und Bilder ĂŒber die Sinne beim Patienten wieder in einen sprachlichem Ausdruck gebracht werden. Diese Traumbilder (Imaginationen) eignen sich dazu doppelt gut:
– sie sind sowohl TrĂ€ger als auch „Bearbeiter“ der unbewussten Inhalte und Muster.

Sprache ist in der therapeutischen Beziehung zwar ein wichtiges Kommunikationsmedium, traumatisierte Patienten stehen aber hĂ€ufig sprachlos ihren eigenen Erfahrungen gegenĂŒber. Sie können sich oft besser mit Hilfe von Symbolisierungen, TagtrĂ€umen oder Imaginationen als mit Worten verstĂ€ndlich machen.

SpĂ€ter (!) helfen diese Imaginationen in der K.i.P. jedoch bei dem Diskurs / der Entwicklung eines sprachlichen Dialogs. Durch diese völlig andere Herangehensweise an die Therapie mittels Imaginationen eignet sich die K.i.P. besonders bei „therapieerfahrenen“ Patienten. “Therapieerfahren” meint hier, all diejenigen Patienten, welche bereits in den klassischen Therapien (welche stark auf das gesprochene Wort hinzielen) erfolglos behandelt wurden.  Der Therapeut bietet das begleitete Imaginieren als zusĂ€tzliches Mittel der Kommunikation und Grundlage fĂŒr ein – um Erleben, SpĂŒren und FĂŒhlen erweitertes – Verstehen des Selbst und des Anderen an. Praktisch wie eine zweite Sprache!

Der “Mehrwert” liegt im dialogischen Angebot eines nicht hauptsĂ€chlich auf Sprache vertrauenden Mediums, welches dem Patienten helfen kann, im Umgang mit sich und seiner Welt erweiterte kognitive Lernwege und HandlungsspielrĂ€ume zu entdecken.

Patienten mit schweren Traumaerfahrungen, haben oft Probleme, zu phantasieren, symbolisieren oder zu imaginieren:

      • Aufgrund ihrer Erlebnisse sind sie so stark misstrauisch, dass sie oft ihren eigenen Wahrnehmungen nicht trauen wollen.
      • Sie haben Probleme, zwischen innen und außen zu trennen. Oft werden eigene feindselige Impulse als von außen kommend erlebt und auf den GegenĂŒber ĂŒbertragen.
      • Erinnerungen und Affekte – weil generell zu schmerzlich – werden abgespalten. Können diese Abspaltungen nicht mehr aufrechterhalten werden, drohen Affekthandlungen wie z. B. Suizidversuche.

Gerade Traumapatienten sagen hĂ€ufig, dass ihnen das Sprechen ĂŒber ihre Erfahrungen unmöglich sei. Mit Hilfe der gefĂŒhrten Imaginationen, speziell ausgewĂ€hlter K.i.P.-Motive, kann ihre „Sprachlosigkeit“ ĂŒberwunden werden. 

Eine zentrale Bedeutung hat das Motiv des „schutzgebenden Raumes“: Dieser „Schutzraum“ in der Imagination ist der Grundpfeiler des therapeutischen Prozesses. Er muss fest in den Imaginationen verankert werden, um dem Patienten in schwierigen Situationen immer wieder die Möglichkeit des RĂŒckzugs in einen schĂŒtzenden Rahmen zu geben.

2 Beispiele eines möglichen Schutzraumes sind die Folgenden:

    • Eine hermetisch abgeschlossene Felshöhle mit WĂ€nden aus Stahl und ausschließlich nur fĂŒr den Patienten erreichbar;
    • Eine GefĂ€ngniszelle: einerseits karg, andererseits aber auch schĂŒtzend vor den eigenen aggressiven Affekten.
      Wenn dieser “Schutzraum” das erste mal bei dem Patienten angesprochen wird, entsteht recht hĂ€ufig ein Erstaunen ĂŒber deren Wirksamkeit.
  1. Schutz: Sie dienen erst einmal nur dem Schutz vor einer ReizĂŒberflutung, vor ImpulsdurchbrĂŒchen.
  2. Fester Standpunkt: In der Imagination bilden diese SchutzrĂ€ume anschließend den Ausgangspunkt fĂŒr weiteres Handeln des Patienten. Einerseits wird eine ReizĂŒberflutung verhindert, andererseits fördert und stĂ€rkt man die Selbstfindung, SelbstĂ€ndigkeit und EmotionalisierungsfĂ€higkeit des Patienten.
  3. Sichtbarwerden: Durch den Schutzraum wird die VulnerabilitĂ€t, die besondere Verletzbarkeit und BedĂŒrftigkeit sichtbar. Aber auch die vernichtende Wut, die Scham- SchuldgefĂŒhle, und alle KrĂ€nkungen. Dies alles geschieht durch den Perspektivwechsel. wie in einem sicheren KĂ€fig aus welchem man einen Hai in Ruhe beobachten kann, ohne sich aus Existenzangst in einen Fluchtmodus zu begeben.
  4. Externalisieren: Die Gefahr, den Therapeuten – die Beziehung zum Objekt – zu gefĂ€hrden indem sie ihre negativen GefĂŒhle auf diesen ĂŒbertragen, wird hierdurch verringert. Die Patienten erhalten durch die Bilder (Imaginationen) die Möglichkeit, ihr inneres Erleben nach außen zu verlagern. Dies nennt man externalisieren. 

Der Schutzraum verhindert Regressionen und / oder das Auslösen unserer “Fight / Flee / Freeze” Reaktionen aus dem limbischen System. So wird in Ruhe eine kognitive Aufbau- und Reparaturarbeit möglich.

Geeignet bei stark rationalisierenden Patienten

Die Darstellung innerer Konflikte mit der Hilfe von Bildern ermöglicht es dem Patienten, sich gewissermaßen “maskiert” zu bewegen und sich vorsichtig seinen Konflikten zu nĂ€hern. Das bringt große Vorteile fĂŒr die Arbeit an WiderstĂ€nden. „Der Zugang zu unbewussten Konflikten ist sanft und aufkommende WiderstĂ€nde können dadurch schneller bearbeitet werden“. Dieser Effekt kann die Therapiedauer massiv verkĂŒrzen, weshalb sich die KiP besonders fĂŒr Kurztherapien von 15 bis 30 Sitzungen eignet. Eine weitere Besonderheit der KiP ist, dass das wortreiche Verbalisieren des Erlebten nicht das eigentliche Therapieziel ist. Wie oben bereits beschrieben ist das Erleben – auf der Bildebene / das Probehandeln / die Suche nach neuen Lösungsmöglichkeiten im bildhaften Kontext 
deutlich wichtiger.

Die KiP eignet sich deshalb vor allem fĂŒr Patienten,die weniger gut verbalisieren und reflektieren können. Nur in wenigen FĂ€llen ist die Methode nicht indiziert.

Auf die KiP sollte verzichtet werden,

  • wenn Patienten Bilder nicht mögen und sich aktiv gegen solch ein Verfahren verschließen 
  • wĂ€hrend akuter Psychosen oder akuter schwerer,depressiver ZustĂ€nde.
  • teilweise auch bei Borderlinern mit starker Neigung zu extrem regressiven ZustĂ€nden

Zu den hauptsÀchlichen Behandlungsfeldern zÀhlen

(1) psychosomatische Störungen. Die KiP hat sich fĂŒr diese Störungsgruppe bewĂ€hrt, da die bildhafte Symbolisierung zwischen Körperempfinden und Emotionen wie ein Botschafter / Mediator vermittelt.

(2) Daneben wird KiP hĂ€ufig bei Patienten mit festgefĂŒgten  Abwehrstrukturen und bei stark rationalisierenden, emotional blockierten oder unentwickelten Patienten eingesetzt. Die Patienten werden durch die Bilder auf einer FĂŒhl- und SpĂŒrebene angesprochen – eine Sprache die ihnen wahrscheinlich am Anfang noch sehr fremd sein mag.

(3) bei neurotischen und funktionellen Beschwerden.

(4) Zur Krisenintervention und Traumabehandlung .

(5) Zu den neueren Behandlungsfeldern zĂ€hlen Suchterkrankungen und Persönlichkeitsstörungen. In den letzten Jahren wurden beispielsweise spezifische Vorgehensweisen der KiP fĂŒr Borderline-Patienten entwickelt. KiP kann dazu beitragen, die eingeschrĂ€nkte SymbolisierungsfĂ€higkeit von Borderline-Patienten zu erweitern.

(6) Inzwischen gibt es auch fĂŒr viele andere Beschwerdebilder wie

  • Kolitis,
  • Morbus Crohn,
  • Asthma,
  • Anorexie,
  • Bulimie,
  • Herzneurosen,
  • Ängste,
  • Depressionen und Zwangsstörungen

spezifische Behandlungskonzepte.
Da die Katathym-imaginative Psychotherapie grundsÀtzlich bei allen Indikationen eingesetzt werden kann, bei denen Psychotherapie angezeigt ist, werden sich in Zukunft mit Sicherheit noch
viele neue Behandlungsfelder auftun.  Die KiP gilt aktuell als die am besten strukturierte Tagtraummethode. 

Ein kurzer RĂŒckblick

Fremdsprachen erweitern unseren Horizont und zeigen völlig neue Perspektiven im zwischenmenschlichen Leben auf. Genau dieser Effekt tritt auch bei der Bildsprache auf, welcher durch die Katathyme-Iganiative Psychotherapie entsteht. Bilder sind eine eigene Sprache fĂŒr sich. Dadurch dass sie viel besser als Worte Emotionen transportieren können sind sie sehr mĂ€chtig in einer Therapie. Aber: es gibt keine Wirkung ohne eine Nebenwirkung! Wenn diese Wirkung des Emotionstransports stĂ€rker ist als durch Worte, dann ist auch die Gefahr einer Regression, einer affektiven Kurzschlusshandlung deutlich erhöht. 

Die K.i.P. sollte darum nur von besonders ausgebildeten Therapeuten durchgefĂŒhrten werden, welche aus der Tiefenpsychologisch Fundierten Psychotherapie kommen und möglichst eine gesonderte Ausbildung im Bereich Traumatherapie hatten.

Wenn Sie weitere Informationen zu diesem spannenden Thema suchen, dann lade ich Sie ein, sich mit den anderen Teilen der Borderliner-Therapie befassen. Sie finden diese weiter unten. Gerne können Sie mich aber jederzeit persönlich kontaktieren. Meine Kontaktadresse finden Sie im Fußbereich dieser Webseite. Alles Gute! Ihr Marcus JĂ€hn 

– Teil 1 –
Die DBT (Dialektisch Behaviorale Therapie)

⇓⇓⇓⇓⇓⇓⇓⇓
– Teil 2 –
Die Paar- und Familientherapie

⇓⇓⇓⇓⇓⇓⇓⇓
– Teil 3 –
Die stationÀre Psychotherapie

⇓⇓⇓⇓⇓⇓⇓⇓
– Teil 4 – 
Die GesprÀchstherapie

⇓⇓⇓⇓⇓⇓⇓⇓
– Teil 5 – 
Katathym-imaginative Psychotherapie
⇓⇓⇓⇓⇓⇓⇓⇓
– Teil 6 – 
StationÀre traumazentrierte Psychotherapie
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