Schriftzug Marcsu Jähn

Spiele der Kommunikation – Die Transaktionsanalyse

6.7 „Holzbein“ – Ich kann nichts dafür!

Transaktionsanalyse - Spiele der Kommunikation - 6.7 Holzbein - Ich kann nichts dafür„Ich habe keine Schuld“ – „Ich kann mir alles erlauben“ – „Ich kann ja nichts dafür….“ Dieses Spiel „Holzbein“ zielt darauf ab, dass man selber nicht verantwortlich ist für seine Handlungen.

Es ist ein Dauer-Plädoyer für eine eigene geistige Unzurechnungsfähigkeit Es ist eine Umkehrung der „Opfer-Täter-Rolle“ Es ist das sich persönlich Freisprechen von Sünde und Schuld.

Eine typische Frage von einem Spieler dieses Kommunikationsspieles ist z.B.:„Was erwarten Sie eigentlich von jemandem, der so schwer unter seinen seelischen Störungen zu leiden hat.?

In der Literatur über die Transaktions – Analyse wird dieser Satz sogar noch weiter und stärker ausgeführt: „Was erwarten Sie von einem Menschen, der von so schweren seelischen Störungen befallen ist wie ich? Etwa, dass ich mich auch noch davor zurückhalte, Menschen zu schaden?“

Von den Angesprochenen erwartet er offensichtlich die Antwort: „Natürlich nicht, wir können Dir jetzt kaum eine solche Einschränkung auferlegen – wo Du doch bereits so leidest!“. Du spürst bestimmt, worauf das jetzt weiter hinausläuft: Es ist die Forderung nach einem besonderen Status. Es ist die Forderung nach einer Sonderbehandlung

Auf fast schon juristische Art und Weise wird hier auf geistige Unzurechnungsfähigkeit plädiert: „Ich darf mehr als andere – denn das ist ja nur rechtens und ein Ausgleich für meine schlimme persönliche Einschränkung.“ 

Transaktionsanalyse - Spiele der Kommunikation - 6.7 Holzbein - Ich kann nichts dafür
Transaktionsanalyse - Spiele der Kommunikation - 6.7 Holzbein - Ich kann nichts dafür

Bei der Vorbereitung auf diese Abhandlung kamen mir die recht aggressiven Demonstrationen in den Sinn, welche zurzeit im Rahmen von den Corona Einschränkungen weltweit zu beobachten sind.

Ich möchte hier und jetzt auf gar keinem Fall eine politische Position hier besetzen! Mir geht es lediglich um die Sichtweise aus dem Blickwinkel der Transaktionsanalyse… Wir beobachten (1) eine Einschränkung und aufgrund dieser Einschränkung nimmt sich jemand (2) nun das Recht heraus, eine Handlung durchzuführen die er vorher aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ausgeführt hätte.

Auf der ganzen Welt gibt es offensichtlich den Grundsatz, dass – wenn ein einzelner Mensch tatsächlich unter sehr schweren psychischen oder sonstigen Einschränkungen und Störungen leidet – kein vernünftiger Mensch ihm dann auch noch die Verantwortung für das was er tut, aufbürden würde.

In diesem Zusammenhang habe ich mich daran erinnert, wie kurios mir manchmal meine Beobachtungen erscheinen, indem verschiedene Verhaltensweisen rund um unseren Globus unterschiedlich toleriert oder nicht toleriert werden.

      • Japan: gemäß Studien hat Japan die höchste Akzeptanz gegenüber Alkoholkonsum. Mit deutlichem Abstand zu allen anderen Nationen sind 2/3 der Japaner der Meinung, dass übermäßiger Alkoholkonsum moralisch akzeptabel ist. Deutschland liegt in dieser Studie mit 41 % weltweit Platz 3 in der Akzeptanz.
        Hier wird Fahren unter Alkoholeinfluss oft entschuldigt….
      • Indien ein Land voller Kasten. Die Kasten (für mich sind dies „geistige Schubladen“) in der Gesellschaft der indischen Bevölkerung bestimmen immer noch stark über das Leben jedes einzelnen.
        Durch den Satz: „Ich kann ja nicht aus meiner Situation“ wird hier auf einen gesellschaftlichen Umstand verwiesen dass man entschuldigt ist wenn man nichts gegen seine miserable Situation unternimmt. 

Die Erwartungshaltung – Der Spielnutzen!

Warum aber dieser ganze Aufwand? Wieso spielen manche Menschen dieses Spiel so intensiv? Nun die Frage ist ja immer noch: „Was erwarten Sie eigentlich von jemand mit einem Holzbein / einer Behinderung?“.

Eine normale Reaktion wäre, dass niemand etwas Besonderes von einem Menschen mit einer Behinderung erwarten würde – außer vielleicht, dass er sich halbwegs ordentlich mit dieser Behinderung (vielleicht in einem Rollstuhl) ohne großartige fremde Hilfe fortbewegen kann. Aber gab und gibt es nicht auch Menschen mit einer starken Behinderung, die trotz ihrer besonderen Situation immer noch eine ganz andere Wegstrecke in ihrem Leben gegangen sind?

Vielleicht war diese ganz andere Wegstrecke sogar ein besonderes Geschenk für Sie und auch für die Gesellschaft. Mir sind ganz spontan folgende Menschen eingefallen die gerade wegen ihrer Behinderung eine völlig neue Richtung in ihrem Leben eingeschlagen haben und von der auch andere profitieren konnten:

      • Stephen Hawkins
      • Andrea Bocelli
      • Michael J fox (Der bereits mit 29 Jahren an der Parkinson – Krankheit erkrankte.
      • Samuel Koch Der am 4. Dezember 2010 in der Sendung von Wetten dass sich sehr schwer Verletzte. 

Wir beobachten also eine ganz unterschiedliche Reaktion der Menschen auf ihre persönliche Situation. Es gibt viele Menschen welche trotz / oder gerade wegen einer echten, einer übertriebenen oder einer eingebildeten Behinderung (Invalidität) völlig zufrieden sind und da fühlt sich niemand außen rum veranlasst bei Ihnen einzugreifen.

Ab dem Moment wo derjenige aber über seine persönliche Situation schimpft und sich zum Beispiel in eine psychiatrische Therapie begibt, stellt sich die Frage ob er seinem Leben auch wirklich die besten und positiven Seiten abgewinnt und ob er nicht vielleicht durch ein anderes Verhalten in der Lage wäre, seine Einschränkungen zu überwinden?

Und jetzt kommt etwas sehr kurioses: viele der Spieler des Spieles „Holzbein“ spielen dieses Spiel um ihren besonderen Status trotz einer Therapie/vielleicht sogar gerade wegen einer Therapie (!) behalten zu dürfen.

Wenn Du genau hinschaust wirst Du erkennen, das es immer auch um die Schuldfrage geht: „Ich darf mir mehr erlauben weil…! Weil mir die Medizin nicht geholfen hat und es mir so schlecht geht, deswegen darf ich mir auch mehr erlauben!

Was aber, wenn jetzt jemand – der dieses Spiel spielt (also nicht gesund werden will sondern seine Spiel Situation behalten möchte) – tatsächlich gesund wird? Es ist wirklich keine Seltenheit, dass dieser Therapie–Erfolg dann überhaupt nicht mehr gewollt wird!

Selbst die nahen Verwandten eines Patienten, die am Anfang vielleicht noch am lautesten geschrien und gesagt haben er möge doch wieder gesund werden, neigen irgendwann dazu, sich gegen den Therapeuten zu wenden wenn sich der Zustand des Patienten definitiv verbessert.

Jetzt bist du als Beobachter dieser Spiel–Analyse natürlich schon in der Lage dieses zu erkennen. Du siehst sehr schnell, dass alle Leute die das Spiel „ich versuche nur, dir zu helfen“ (Spiel 6.2) gespielt haben nun von einer Unterbrechung ihres Spieles bedroht werden und sie ergreifen nun die unglaublichsten Maßnahmen um die Behandlung zu unterbrechen. Sie versuchen alles, damit sich die hilfsbedürftige Situation des Patienten nicht ändert. 

Kannst du dich noch an die Spieltheorie 6.3 erinnern? Betitelt war sie: „armer Teufel“. 

Da wurde von einer jungen Dame in einer Wohlfahrtsorganisation gesprochen, die einem Klienten helfen wollte, aus seiner misslichen Lage wieder in Lohn und Brot zu kommen. Er selbst stotterte, wollte aber unbedingt den Beruf eines Verkäufers bekommen. Seine Ausrede dafür, dass er keinen Job findet: „Ich als Stotterer werde niemals den Beruf eines Verkäufers erhalten.“

Jemanden der mit der Spiel–Theorie vertraut ist, wird das Motiv sofort ersichtlich. Als die junge Dame aber dieses Spiel versuchte zu unterbinden reagierte sogar ihre Vorgesetzte sehr scharf und Verbot ihr, dem Klienten mit dem etwas mehr an Druck in seiner Lage wirklich zu helfen. 

„Entschuldigung, ich bin nun mal so“

Wir leben in einer Kultur der sich permanent entschuldigenden Menschen. Wenn sich aber jeder andauernd für alles entschuldigt (Fast schon dafür, dass es regnet) ist das Wort „Entschuldigung“ dermaßen inflationär, dass seine Wirkung praktisch gegen null geht.

      • „Ich hätte es ja geschafft, aber…“
      • „Weil die anderen…, konnte ich einfach nicht…“
      • „Wenn nicht… geschehen wäre, dann hätte ich bereits…“
      • „Wenn es mir nicht so schlecht ginge, dann…“

Ja, Schuld haben immer die anderen. Wer sich in dieser Position fühlt sieht sich immer als Opfer. Aber als Opfer muss man nicht untätig sein, sondern kann (wie in diesem Spiel) die Rolle negativ umdrehen.

Man kann sowohl positiv aus einer Opferrolle heraus gehen als auch negativ indem man z.B. die Situation des Opfers für sich ausnutzt.

„Was erwarten Sie von jemanden, der:

      • aus einer zerrütteten Familie kommt?
      • ein Neurotiker ist?
      • der in psychotherapeutischer Behandlung ist?
      • der unter einer Suchtabhängigkeit leidet?“

In unserer Literatur wird noch ein herrlicher Satz gezeigt der zwar auch eine Ausrede ist, aber nicht sofort als Ausrede erkennbar ist: „Wenn ich aufhöre das zu tun, dann kann ich auch nicht mehr mein Verhalten weiter analysieren. Und kann ich mein Verhalten nicht weiter analysieren dann kann sich mein Zustand auch nicht verbessern.“

Dieses sich permanent selbst analysieren und immer wieder auf seinem Zustand beharren: „ich habe ja ein Trauma“ „Ich kann nichts machen, ich muss mich zuerst aus dem Trauma heraus holen. Proaktiv an dieses herangehen mit der Hilfe von geschultem Fachpersonal ist die einzige wirksame Methode um aus diesem Sumpf der eigenen Opferrolle herauszukommen. 

Die Antithese / Wie komme ich aus diesem Spiel wieder heraus?

Jetzt kommen wir endlich mal wieder zu einer schönen Formulierung der Transaktionsanalyse! Wenn ein Mensch bereit ist, sich therapieren zu lassen, dann ist es wichtig, dass

(1) der Therapeut zwischen seinem eigenen Eltern–Ich und seinem Erwachsenen–Ich klar und deutlich unterscheiden kann.

(2) Als zweites sollte immer (!) zwischen Therapeut und Patient ein klares und ausdrückliches Ziel vereinbart sein! → Was ist die Aufgabe der gesamten Therapie und die Aufgabe der jeweiligen Einzelsitzung?

Regelmäßig stelle ich meinem Gegenüber immer wieder die gleiche Frage: „Was ist heute Ihr Auftrag an mich?“ Dadurch haben beide ein Ziel vor Augen, worauf sie gemeinsam hinarbeiten können und auch sollen.

Schauen wir uns einmal den Punkt (1) näher an: Das wird klar unterschieden zwischen dem Eltern–Ich und Erwachsenen–Ich.

Der Therapeut kann mit einem gutmütigen und mit einem strengen Eltern–Ich gegenüber dem Patienten reagieren.

In der Form des gutmütigen Elternteiles kann er die Ausreden des Patienten erst einmal so stehen lassen und teilweise auch akzeptieren. Vielleicht auch mit dem Wissen, dass der Patient im Moment am Anfang der Therapie wirklich noch nicht voll verantwortlich für sein Verhalten sein kann. Das wird erst im weiteren Verlauf der Therapie der Fall sein können.

In der Form des strengen Elternteils könnte er das  Entschuldigungsdrama des Patienten dann verwerfen und sich ganz und gar mit ihm auf den Willen zur Veränderung konzentrieren. Sei dir aber (lieber Zuhörer/Zuschauer) im Klaren, dass der Spieler des Spieles „Holzbein“ sein ganzes Leben lang bereits mit diesen Reaktionen zu tun hatte. Er ist hierin geübt!

Deswegen werden die Reaktionen eines Eltern–Ich-Therapeuten nicht (!) zum Erfolg führen!

Erst wenn das Erwachsenen–Ich des Therapeuten klar und deutlich eingeschaltet wird, kommt es zu einer Veränderung!

Auf der Ebene des Erwachsenen–Ich lehnt der Therapeut nämlich die beiden ersten Möglichkeiten des Eltern–Ich ab. Fängt sein Gegenüber dann wieder mit seinen Entschuldigung–Tiraden an, („was erwarten Sie eigentlich von jemanden der dieses oder jenes Leiden hat?“) dann ist die Antwort des Therapeuten, getragen vom Erwachsenen – ich:

      • Ich (!) erwarte überhaupt nichts von Ihnen. Die Frage sollte besser heißen: „Was erwarten Sie (!) eigentlich von sich selbst?“

Diese therapeutische Forderung dient einzig und allein der Stärkung der Eigenverantwortung. Der Therapeut verlangt ernsthaft und nachdrücklich von seinem Gegenüber eine eigene Antwort auf diese Frage. Der Patient muss sich selber die Frage beantworten: „Was erwarte ich (!) von mir selbst?“

Es gibt nur ein einziges Zugeständnis was der Therapeut dem Klienten gegenüber machen sollte: ausreichend Zeit zum beantworten dieser Frage einräumen. 

Lassen Sie uns miteinander ins Gespräch kommen. 

Marcus Jähn Werde wieder stark durch CoachingEs sind viele Bereiche, die wir ansprechen können: Angefangen vom Umgang Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch über Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer häufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind. 

  • Was ist das eigentlich, eine Persönlichkeitsstörung, ein Perfektionismus, ein Spaltung oder eine Gegenübertragung?
  • Kann ich trotz Borderline oder Narzissmus eine stabile Partnerschaft aufbauen und damit über Jahre hinweg leben? 
  • Ist eine Kommunikation mit einem Borderliner möglich? Wie hilft hier die U.M.W.E.G.-Methode©? 
  • Kann ich meine Bindungsangst oder Verlustangst irgendwann einmal kontrollieren?
  • Was kann ich tun, wenn ich mich gerade in einer Trennung befinde, oder kurz davor bin?


Ich möchte aber nicht nur über Fragen sprechen, sondern auch praxisgerechte Lösungen anbieten:

  • Eine humorvoll und spielerisch – ja fast tänzerisch – eingesetzte Gewaltfreie Kommunikation in Kombination mit der von mir entwickelten 
  • U.M.W.E.G.-Methode© und nicht zuletzt die Transaktionsanalyse als Sprachkonzept können helfen, auch in schwierigen Situationen noch kühlen Kopf zu bewahren. 

Buchen Sie sich einfach auf meinem Online-Kalender ein Zeitfenster oder nutzen Sie mein klassisches Kontaktformular um mit mir in Verbindung zu treten. Ich freue mich auf Sie. Ihr Marcus

Marcus Jähn Meine Buchempfehlung zu diesem Thema

Die Kunst der Kommunikation

Thomas Harris (Facharzt und Professor für Psychiatrie) hatte mit Eric Berne die Transaktionsanalyse begründet und auch in der Praxis immer wieder erprobt. Wo Eric Berne sehr in der Theorie aufgeht, erklärt uns Thomas Harris in einer sehr lebendigen Art und Weise, dass die Transaktionsanalyse in unserem Alltag einen wichtigen Beitrag leisten kann. Hier sind Themen wie Kindererziehung, Ehe, Depression und andere psychische Probleme, Gewaltfreie Kommunikation, Spannungen durch Religion und Kultur die Grundlage seiner Studien. 

Ein tolles Buch zur Selbstreflexion. Ich vergleiche es sehr gerne mit einem Schlüssel um das Schloss der eigenen Handlungsrituale zu öffnen. Mit diesem Buch werden die „Drehbücher des eigenen Verhaltens“ sichtbar.

👉 Hier geht es zum Buchtitel

werdewiederstark.de – Copyright © 2021 – Marcus Jähn – 47608 Geldern -+49 163 8141416