Schriftzug Marcsu Jähn

Borderline im Alter

Die vergessene Generation … 

Borderline im Alter. Die vergessene GenerationAuf der Suche nach einer deutschsprachigen Publikation mit dem Thema „Borderline im Alter“ steht man oft fassungslos vor einem gähnend leeren Bücherregal – als wenn es dieses Thema gar nicht geben könnte….

Woher kommt jedoch diese „Verleugnung“ wenn es um das Problem „Borderline–Störungen im Alter“ geht?

Wenn man dies aus der Distanz mal eine Zeitlang beobachtet, dann kommt in einem das Gefühl auf, das es sich hier wohl

      • um kulturelle Befangenheiten
      • oder auch um Vorurteile handeln muss

Diese haben verhindert, dass grundlegende größere Forschungen auf diesem wichtigen Gebiet stattgefunden haben. Wie aber komme ich auf solch eine Behauptung?

Die Gefahr der „Verleugnung“ des Themas

Auf der einen Seite ist die Diagnose für ältere, psychisch auffällige Menschen mit

      • chronischen – nicht abgebauten – Psychosen
      • dissozialen Persönlichkeiten
      • Agitierten Depressionen (also die Depressionen mit innerer Un-Ruhe, Angstzuständen, Schlaflosigkeit und einem sehr  starkem Bewegungsdrang) … sehr häufig anzutreffen.

Und besonders hier liegt jetzt die Vermutung (!) sehr nahe, dass wenn eine umfassende Diagnose einmal gestellt werden würde…

… viele von ihnen eher als Borderline-Patienten einzustufen sind als die eben erwähnte. Dies hätte gravierende und auch positive Auswirkungen.

Denn die Therapie von Psychosen und / oder agitierten Depressionen unterscheiden sich fundamental von der sehr speziellen Borderline – Therapie.

Also noch mal: Wo sind sie, die Borderline-Patienten im höheren Alter? Verhalten Sie sich vielleicht etwas anders als die jüngeren Borderliner-Patienten? Und wenn ja, fallen sie deswegen nicht mehr so auf?

Zuerst sollte man einfach mal nüchtern registrieren, dass in unserer Literatur das Thema „Altersneurosen“ nicht den Platz haben, der Ihnen eigentlich zustehen müsse.

Denn, besonders ältere Menschen erleiden überdurchschnittlich oft starke psychosoziale Ereignisse wie zum Beispiel den Verlust eines geliebten Menschen oder auch den Verlust von Besitz und genau dort sehen wir, das „alte Neurosen“, die in jüngeren Jahren noch kompensiert werden konnten, nun wieder aufbrechen.

Die Beobachtung zeigt, dass bei vielen lebenslang paranoiden/ängstlichen Personen und Soziopathen sich die Symptome im Alter stark verschlechtern aber bei den paranoiden Schizophrenen (Sie sind mit 65 % die häufigste Schizophrenie Form/Verfolgungswahn und Halluzinationen) sich die Symptome andererseits verbessern.

Das zeigt, dass das Leben ein Krankheitsbild / eine Störung komplett verändern kann! Ein Umstand der noch viel zu wenig Beachtung in unserer Literatur findet.

Dieses Desinteresse an der Psychotherapie älterer Menschen könnte durch folgende zwei folgende Punkte entstanden sein: Und hier rede ich ganz bewusst von der menschlichen Seite des Therapeuten und nicht derjenigen des Patienten—

    • Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass durch die Behandlung älterer Menschen auch die Betrachtungsweise auf die eigenen Schwierigkeiten (!) – also die des Therapeuten – anders betrachtet werden könnten.

Hat ein Patient zum Beispiel ein Bein gebrochen, denkt nicht jeder Arzt sofort daran, dass ihm das auch passieren könnte. Das Altern ist aber ein unausweichlicher Prozess dem keiner entgehen kann. Darum ist die Betrachtungsweise eines psychologische auffälligen Menschen im Alter eine andere.

(1) Therapeuten werden hierbei also mit Verlusten, Behinderungen und Kränkungen konfrontiert, denen sie sich mit hoher Sicherheit auch im eigenen Alter einmal selber auseinandersetzen müssten.

(2) Hinzu kommt, dass die oft nur sehr begrenzten therapeutischen Erfolge dieser psychisch auffälligen Menschen im hören Alter, für den Therapeuten selber eine „narzisstische Kränkung“ in Bezug auf seine Fähigkeiten sein können.

Schließlich ist er ja auch nur ein Mensch und lebt von inneren Erfolgen.

(2)     Veränderte Diagnosekriterien

Ein sehr wichtiger Grund, weswegen wir Menschen im höheren Alter nicht so schnell als Borderliner identifizieren ist seine veränderte Verhaltensstruktur. Ein Mensch mit 60 Jahren verhält sich einfach anders als ein Mensch mit 16 Jahren – das ist die Natur!

Da dem so ist, müssen logischerweise auch die Diagnose – Kriterien auf dieses veränderte Verhaltensmuster angepasst werden.

Der wohl größte Hauptunterschied ist das niedrigere EnergiepotenzialHierdurch müssen wir immer wieder im Hinterkopf behalten, dass Borderline–Patienten im Alter häufig nicht als solche erkannt werden. Deswegen sind die Statistiken die heute über die Häufigkeit dieser Persönlichkeitsstörung in unserer Gesellschaft heute existieren einfach zu ungenau! Die aktuell angegebene Zahl ist als viel zu niedrig anzusehen.

Ältere Borderline-Patienten haben eine ganz andere Symptomatik als jüngere Borderline-Patienten 

Die folgende Aufzählung von diesen deskriptiven Symptomen ist ein persönlicher Denkanstoß von mir und ist nicht einer Fachliteratur entnommen. Da es diese Fachliteratur in dem notwendigen Umfang noch nicht gibt bin ich hier auf das Betrachten von Einzelfällen und persönlichen Schlussfolgerungen angewiesen:

  • (2.1) Ein niedrigeres Energiepotential

      • Das Thema Sex und selbstzerstörerisches Verhalten hierbei ist bei älteren Borderline–Patienten, wenn überhaupt, nur extrem selten zu finden. 
      • Fremdaggressive Impulsdurchbrüche
      • Selbstverletzendes Verhalten
      • Essstörungen
      • Drogen-Missbrauch

All diese erwähnten Punkte treten im Alter wegen des naturgegeben niedrigeren Energiepotenzials deutlich seltener auf. 

Diese können aber von anderen, nicht weniger selbstschädigenden Verhaltensweisen komplett überlagert werden:

      • eine eigengefährdende Selbstmedikation
      • Die „Sabotage“ der medikamentösen Behandlung

(2.2.) Die Gefahr der Labilisierung

Ein weiteres Kriterium für Borderline im Alter ist die sogenannte Labilisierung. Sie ist das genaue Gegenteil einer Stabilisierung.

Menschen werden labil / instabil / dekompensieren aufgrund aufkommender körperlicher Behinderungen. Dabei meine ich noch nicht mal schwere Bettlägerigkeit. Sondern hierzu zählt bereits die körperliche Behinderung und  all die anderen Probleme welche mit dem natürlichen Alterungsprozess und dem allmählichen körperlichen Verfall zusammenhängen.

Oft werden Menschen beobachtet, die damit ein sehr starkes Problem haben, dass ihr Körper nicht mehr so leistungsfähig ist wie mit 20/30 Lebensjahren. Diese Menschen betrachten ihr körperliches Alter als „persönliche Kränkung“.

Ein gebrochenes Bein wird ja von außen erkannt und demjenigen wird von seiner Umgebung sofort eine geringere Mobilität zugebiligt. Die geringere Beweglichkeit oder Energie sieht man einem älteren Menschen aber nicht immer sofort an! Dadurch erscheint eine Alterungsdegeneration manchmal für die Patienten schlimmer als eine körperliche Krankheit.

Gerade Patienten mit einem idealisierten Selbst Objekt Bezug sind hiervon betroffen. Ein ständiges hinterherrennen von äußerer Schönheit kann im Alter nicht gut ausgehen. 

(2.3.) Ein „narzisstischer Ausgleich“ fehlt im Alter

Wir haben noch einen dritten Bereich der sich im Alter bei Borderline verändert. Viele Menschen haben in ihren jüngeren Jahren eine so genannte (Pseudo –) Stabilisierung erreicht und bedienten sich einem narzisstischen Ausgleich.

Im jüngeren Alter hatte man zum Beispiel einen tollen Beruf oder andere „Rollen“ (wie zum Beispiel den Sex) die alle dabei geholfen haben, die Persönlichkeit narzisstisch gewissermaßen „abzulenken“ / aufzuwerten.

Sind diese „Rollen“ nicht mehr da, dann schlägt bei diesen nun älteren Personen ihre Borderline–Störung vermutlich viel stärker durch.

(4.)   Die Folgen einer ineffektiven/nicht vorhandenen Borderline–Therapie im Alter

Eine Borderline–Störung ist nach aktuellem Verständnis nur durch eine Psychotherapie behandelbar. Da diese nie kurzzeitig sondern immer sehr langwierig ist, sind viele Krankenkassen hierzu nicht bereit die Kosten dieser chronischen Therapie langfristig zu übernehmen.

Aber Studien über Borderline im Alter zeigen, dass diese immer dringender notwendig wird! Und solange dieses Fachgebiet weiterhin verleugnet wird bleiben diesen älteren Patienten oft die Heim-Unterbringungen nicht erspart. Und das alles passiert trotzdem es andere Möglichkeiten gibt. Diese sind jedoch sehr aufwändig und damit sind wir wieder mal beim lieben Geld.

Was bleibt wenn Borderline im Alter nicht korrekt diagnostiziert wird?

(4.1)  Es sind die vielen älteren Patienten die dann als schizophren eingestuft werden und trotzdem eine hohe Tendenz zum Spalten aufweisen. Diese fallen durch ihre aggressiven Gegenübertragungsgefühle und einer starken Borderline-Struktur auf.

Das heutige Fehlen einer rechtzeitigen und angemessene Therapie führt zwangsläufig zu einer Verstärkung der psychotischen Symptomatik (Borderline-Störung auf psychotischen Niveau). Dies könnte klar durch eine früh einsetzende und passende Therapie deutlich reduziert werden!

(4.2.) Viele der bereits im jungen bis mittleren Alter delinquenten und straffälligen Borderliner werden ihre KNAST–Karriere noch bis ins hohe Alter fortsetzen. (Borderline –Störung auf narzisstischem Niveau).

(4.3.) Wenn eine Borderline–Störung in Verbindung mit Alkohol und Drogen nicht vernünftig behandelt wird, dann kann man kaum davon ausgehen dass in fortgeschrittenem Alter dieser Drogenmissbrauch nachlässt. Unter den chronischen Alkoholikern muss ein erheblicher Anteil an Borderline – Patienten zu finden sein.

Ich denke jetzt ganz spontan an die vielen Obdachlosen und die Menschen mit einer „schwierigen sozialen Entwicklung“ deren Borderline-Störung in höherem Alter nicht diagnostiziert wurde. (Borderline– Störung auf narzisstischen Niveau)

(4.4) Ältere Menschen, die permanent mit immer neuen psychosomatischen Krankheiten die Arztpraxen belagern sind ein weiteres auffallendes Phänomen. (Borderline –Störung auf psychosomatischen Niveau).

(4.5.) Bei der sehr hohen Selbstmordrate/Suizidrate bei Borderliner ist anzunehmen dass wohl mindestens jeder zehnte Borderliner ein höheres Alter gar nicht erreicht sondern sich im Laufe der Jahre selber umbringt.

(5)        Was hilft sich selbst zu stabilisieren?

Partnerschaften sind ein starker Anker

Es gibt eine Hilfe außerhalb einer Therapie die sowohl bei jungen Menschen und auch bei Menschen im höheren Alter hilft, sich ein wenig zu stabilisieren. Es wird immer wieder beobachtet das durch einzelne äußere Einflüsse – wie zum Beispiel eine Partnerschaft – ein Rückgang der oft dramatischen Borderline-Symptomatik erreicht wird.

Diese äußeren Einflüsse (nennen wir sie: „positive Einflüsse“) auf die menschliche Selbstwert – Regulation kann sehr stabilisierend wirken.

Wenn es einem Menschen mit einer Borderline-Störung gelingt, in langen Teilen seines Lebens (auch im Alter) diese „extreme siche Stabilisierung“ zu erhalten so können auch diese Menschen ohne starke Auffälligkeiten (psychiatrisch-deskriptive Auffälligkeiten) leben.

D.h. nicht, dass der Mensch dann total stabilisiert ohne jegliche „Borderliner – Symptome“ durch sein Leben geht!!! Denn wir kennen ja das zweite Kriterium aus dem DSM-5 über Borderline-Patienten:

Aber wir dürfen diese äußeren Einflüsse in ihrer Wichtigkeit auch nicht herunter reden. Durch eine äußere narzisstische Zufuhr (eine Beachtung von außen) kann der einzelne Borderliner tatsächlich eine stabilisierende Befriedigung erhalten.

Jetzt stell dir doch mal das Bild eines älteren Menschen mit einem streitsüchtigen Verhalten vor, der permanent die Gerichte in Atem hält:

      • „Wenn ihr Hund noch einmal in meinem Garten ist verklage ich sie sofort.“
      • „Hier dürfen sie nicht parken! Gleich rufe ich die Polizei.“

Dieses Ringen, dieses narzisstische streitsüchtige aggressive Ringen nach einem Gesehen werden von außen / einer Präsenz beim Gegenüber, kann das Symptom einer Borderline–Störung sein.

Schöner wäre es, wenn dieses Verlangen nach einem äußeren narzisstischen Zuspruch durch eine stabile Partnerschaft geschieht und nicht durch das heranzitieren von Polizei oder Gerichten.

Zu guter Schluss zu guter Letzt möchte ich noch einmal wiederholen was ich am Anfang gesagt habe: Es gibt aktuell keine großen Studien die das Thema Borderline im Alter kausal belegen!

Ich bin mit meinem Beitrag hier nur ein kleiner Teil von vielen Denkanstößen ohne jeden wissenschaftlichen Beleg.

Es ist und bleibt ein Denkanstoß, dass entsprechende Untersuchungen in Zukunft durchgeführt werden um diese erstaunlich selten gestellte Frage irgendwann einmal beantworten zu können:

„Wo sind sie, die Borderliner im Alter? Und wie leben Sie mit dieser Borderline-Störung im Alter?

Lassen Sie uns miteinander ins Gespräch kommen. 

Marcus Jähn Werde wieder stark durch CoachingEs sind viele Bereiche, die wir ansprechen können: Angefangen vom Umgang Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch über Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer häufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind. 

  • Was ist das eigentlich, eine Persönlichkeitsstörung, ein Perfektionismus, ein Spaltung oder eine Gegenübertragung?
  • Kann ich trotz Borderline oder Narzissmus eine stabile Partnerschaft aufbauen und damit über Jahre hinweg leben? 
  • Ist eine Kommunikation mit einem Borderliner möglich? Wie hilft hier die U.M.W.E.G.-Methode©? 
  • Kann ich meine Bindungsangst oder Verlustangst irgendwann einmal kontrollieren?
  • Was kann ich tun, wenn ich mich gerade in einer Trennung befinde, oder kurz davor bin?


Ich möchte aber nicht nur über Fragen sprechen, sondern auch praxisgerechte Lösungen anbieten:

  • Eine humorvoll und spielerisch – ja fast tänzerisch – eingesetzte Gewaltfreie Kommunikation in Kombination mit der von mir entwickelten 
  • U.M.W.E.G.-Methode© und nicht zuletzt die Transaktionsanalyse als Sprachkonzept können helfen, auch in schwierigen Situationen noch kühlen Kopf zu bewahren. 

Buchen Sie sich einfach auf meinem Online-Kalender ein Zeitfenster oder nutzen Sie mein klassisches Kontaktformular um mit mir in Verbindung zu treten. Ich freue mich auf Sie. Ihr Marcus

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