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Persönlichkeitsstörung

Der neue ICD 11 – Kann man mehr als eine Persönlichkeitsstörung haben?

Kann man mehrere Persönlichkeitsstörungen haben - der neue Ansatz des ICD11Auf meinem YouTube-Kanal wurde mir vor einigen Tagen die Frage gestellt: „Kann man eigentlich beides sein?“ Diese Frage bezog sich auf ein Video über das Thema „Borderline und Nazismus – die ungleichen Zwillinge“

Dies hat mich dazu inspiriert, mich diesem Thema etwas näher zu widmen und die Frage noch etwas zu erweitern:

  • Kann man mehr als eine Persönlichkeitsstörung (nach ICD10) haben? → Warum ist diese Fragestellung berechtigt und sehr zeitgemäß? Es fällt auf, dass jede Epoche ihre eigenen großen Störungen hat. Zur Zeit von Sigmund Freud war es die Histrionische Persönlichkeitsstörung. Aktuell werden wir seit einigen Jahren immer stärker mit dem Thema Narzissmus konfrontiert – und in neuerer Zeit steht das Thema Borderline ganz oben in den Diagnose – Hitlisten…

Narzissmus
Borderline
Und den PerfektionismusIch persönlich beobachte drei große Persönlichkeitsstörungen in unserer Gesellschaft welche uns aktuell intensiv beschäftigen:

      • Narzissmus
      • Borderline
      • Und den Perfektionismus

Haben diese drei Persönlichkeitsstörung jetzt denn überhaupt etwas gemeinsam? Ja, sogar sehr viel – praktisch den gesamten Ursprung…!
Wie du das auf dem Bild siehst, fängt die kurze Beschreibung jeder der einzelnen Persönlichkeitsstörungen mit dem Satz an: „Wegen meinem schwachen „Ich“ ……“

Bei dem Thema Narzissmus, ist es ein Problem mit mir selbst … jedoch liegt die Suche der Lösung im Außen. Der Narzisst überträgt seine Suche nach sich selbst – sein Kreisen um sein verletztes Inneres – immer in das Außen indem er ständig eine übermäßige Bewunderung sucht, ein Anspruchsdenken oder ein grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit hat … und und und.

Wenn wir uns dem Thema Borderline zuwenden, dann ist dies auch ein Problem mit dem verletzten / schwachen Selbst. Die Suche nach der Lösung richtet sich hier jedoch gegen den eigenen Körper, gegen die eigene Situation und die Allernächste Umgebung. Ich denke an dieses verzweifelte Bemühen, eine Partnerschaft trotz Trennung aufrechtzuerhalten.

Diese regelmäßigen Suizidandrohungen, dieses chronische Gefühl der eigenen inneren Leere, die nicht angepasste starke Wut und die Unfähigkeit diese anschließend irgendwie zu regulieren … das alles macht Borderline aus. Dann die selbst schädigenden Verhaltensweisen wie zum Beispiel das Verletzen der eigenen schützenden Haut… was die wohl Bekannteste aber nicht die häufigste Verhaltensweise ist, welche man in der Öffentlichkeit mit Borderline in Verbindung bringt.

Und eine recht neue Geisel der Persönlichkeitsstörung – die jedoch noch in keinem ICD-Katalog bislang separat aufgeführt wird – ist das Thema „Perfektionismus“ Der Perfektionist ist jemand der ängstlich um sein verletztes Inneres, seine eigenen Probleme kreist und die Lösung dieser Probleme in der Beurteilung seiner Umgebung sucht…

      • Mache ich alles richtig?
      • Warum schauen alle auf mich?
      • Kann ich mich nicht noch mehr verbessern damit ich dazu gehöre?
      • Was muss ich tun, damit ich irgendwie doch noch geliebt werde????

Du spürst das Leid förmlich aus diesen Worten heraus in welchem sich all diese Menschen befinden

Psychotherapie hat nun als das oberste Priorität das Ziel, dieses Leid zu lindern!

(Teil 1) Wie ist man bisher nach der Vorgehensweise des „alten“ ICD 10 an diese Thematik der Persönlichkeitsstörung heran gegangen?

Nach der Einteilung des ICD 10 haben wir neun große Kategorien in welche wir die Persönlichkeitsstörungen einteilen können. Du siehst diese hier auf dem Schaubild… Diese Einteilung in Kategorien hilft ungemein bei der Diagnose…Nach der Einteilung des ICD 10 haben wir neun große Kategorien in welche wir die Persönlichkeitsstörungen einteilen können. Du siehst diese hier auf dem Schaubild… Diese Einteilung in Kategorien hilft ungemein bei der Diagnose… Sie ist seit dem 01.01. 1998 in Deutschland die Grundlage für die Diagnostik. Der ICD 10 wird von der WHO herausgegeben. Seine Geschichte geht weit zurück bis in das Jahr 1900 (eigentlich noch weiter, aber als Katalog erst in diesem besagten Jahre 1900) als er zum ersten Mal von der französischen Regierung herausgegeben wurde. Im Jahr 1929 gab es bereits die Version 4 die mit ihrem Nachfolger vom Völkerbund verabschiedet wurde. Ab der sechsten Version ist die WHO der Herausgeber. Die Einteilung von Krankheiten war zuerst einmal ein wichtiges Mittel um überhaupt Diagnosen für sich selbst und andere Behandler nachvollziehbar erstellen zu können. Bis zum ICD 5 wurden nur direkt zum Tode führende Krankheiten und Verletzungen aufgeführt. Ab der Version 6 gab es dann auch Krankheiten und Verletzungen die nicht zwangsläufig zum Tode führten.

Wir befinden uns heute im Übergang zwischen dem ICD 10 und dem ICD 11. Im ICD 10 fällt auf, dass Persönlichkeitsstörungen in der Kategorie F6 recht klar von- und untereinander getrennt werden. Das ist auch der Grund weswegen wir heute umgangssprachlich viel zwischen Narzissmus, Borderline, den paranoiden, schizoiden oder den dissozialen Persönlichkeitsstörungen unterscheiden… Trotzdem – und vielleicht auch gerade deswegen – ist die Frage auf meinem YouTube – Kanal des Zuschauers berechtigt… Kann man mehrere Persönlichkeitsstörungen gleichzeitig haben?

Bereits Otto Kernberg (Jahrgang 1928) der amerikanische Psychiater und Psychoanalytiker hat die Einteilung in sogenannte Kategorien immer wieder abgelehnt… Für ihn ist das umfassende Thema der Persönlichkeitsstörung eine große und in sich zusammenhängende Einheit! Er hat als Oberbegriff das Thema Borderline gewählt und darunter verschiedene Schwerpunkte gesetzt … In einfachen Worten ausgedrückt: er gebraucht zuerst einmal den Begriff Borderline synchron zu dem ThemaDiese Frage ist erst einmal nicht neu… Bereits Otto Kernberg (Jahrgang 1928) der amerikanische Psychiater und Psychoanalytiker hat die Einteilung in sogenannte Kategorien immer wieder abgelehnt… Für ihn ist das umfassende Thema der Persönlichkeitsstörung eine große und in sich zusammenhängende Einheit! Er hat als Oberbegriff das Thema Borderline gewählt und darunter verschiedene Schwerpunkte gesetzt … In einfachen Worten ausgedrückt: er gebraucht zuerst einmal den Begriff Borderline synchron zu dem Thema Persönlichkeitsstörungen.

 Ich habe dies dann mal etwas weiter durchdacht und das Wort Borderline einfach mal gegen „emotionale Instabilität“ ausgetauscht (siehe Schaubild) - in dem ICD 10 wird unter diese in der Kategorie F60.3 aufgeführt. Dies ist eine Bezeichnung, die meines Erachtens sehr gut sämtliche Persönlichkeitsstörungen in sich vereint. Wenn wir jetzt nun diese emotionale Instabilität nehmen und verschiedene Schwerpunkte beschreiben, dann kann man recht einfach und trotzdem noch sehr präzise eine Einteilung nach gewissen Dimensionen vornehmen… Und genau dies macht nun der neue ICD 11…Dies ist ein recht interessanter Ansatz und hat auch mich zum Nachdenken gebracht. Ich habe dies dann mal etwas weiter durchdacht und das Wort Borderline einfach mal gegen „emotionale Instabilität“ ausgetauscht (siehe Schaubild) – in dem ICD 10 wird unter diese in der Kategorie F60.3 aufgeführt. Dies ist eine Bezeichnung, die meines Erachtens sehr gut sämtliche Persönlichkeitsstörungen in sich vereint. Wenn wir jetzt nun diese emotionale Instabilität nehmen und verschiedene Schwerpunkte beschreiben, dann kann man recht einfach und trotzdem noch sehr präzise eine Einteilung nach gewissen Dimensionen vornehmen… Und genau dies macht nun der neue ICD 11…

Der Aufbau des ICD 11 

Du siehst jetzt in dem Schaubild eine Tabelle in der die neuen Bezeichnungen von der Klassifikation 06 zu dem Thema Psyche / psychische Verhaltens – und Neuro-Entwicklungsstörungen aufgeführt sind. Praktisch alle Störungsbilder aus dem ICD 10 werden auch im ICD 11 in der einen oder anderen Form abgebildet.Du siehst jetzt in dem Schaubild eine Tabelle in der die neuen Bezeichnungen von der Klassifikation 06 zu dem Thema Psyche / psychische Verhaltens – und Neuro-Entwicklungsstörungen aufgeführt sind. Praktisch alle Störungsbilder aus dem ICD 10 werden auch im ICD 11 in der einen oder anderen Form abgebildet.

In verschiedenen Videobeiträgen auf YouTube wurde erwähnt dass es den Begriff Narzissmus im neuen Katalog gar nicht mehr gibt oder man dies nicht mehr diagnostizieren könnte… Lass Dich aber mal überraschen und Dir zeigen, dass selbst diese Krankheitsbilder – zwar nun in einem neuen Dimensionsbild – aber trotzdem noch abgebildet werden.

Was ist neu an dem ICD 11 im Vergleich zu seinem Vorgänger den ICD 10? Nun, im ICD 10 wurden Persönlichkeitsstörungen ganz klassisch in Kategorien/Schubladen aufgeführt. Das half zwar bei der Diagnose, jedoch musste man immer mehr einsehen, dass dies an der Lebensrealität vorbeiging… Persönlichkeitsstörungen wurden bislang nämlich immer als unflexible, langanhaltende und dysfunktionale Verhaltensmuster beschrieben, die stark von den Erwartungen der Umgebung abweichen. Sowohl im ICD 10 aber auch im DSM 5 (hier die Sektion zwei) werden neben den allgemeinen Kriterien einer Persönlichkeitsstörung spezielle Typen von Störungen anhand von Merkmal-Listen beschrieben. Es ist dann jeweils eine Schwelle definiert ab wie vielen erfüllten Punkten die Diagnose zu einer speziellen Persönlichkeitsstörung gegeben werden kann. Wozu führte diese Diagnosetechnik des ICD 10 und des DSM 5 und welche Kritik kam hierbei logischerweise auf?

      1. Auf der einen Seite wurde die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung immer sicherer – wie bereits gesagt… aber auch die Kritik wurde immer deutlicher. Warum? Weil die gesetzte Schwelle zwischen Normalität und einer Persönlichkeitsstörung von Anfang an immer willkürlich war (denn fünf von neun Punkten haben keine wissenschaftliche Basis…). Warum nicht schon ab vier und warum nicht erst ab sechs Punkten?
      2. Als zweiter Kritikpunkt sollte hier auch die stark anprangernde und stigmatisierende Wirkung von Persönlichkeitsstörungen und ihren Diagnosen genannt werden. Wenn man sagt: er ist ein Borderliner, dann wird der Mensch in seiner Einzigartigkeit / in seiner individuellen einer Persönlichkeit überhaupt nicht mehr gesehen. Der Betroffene wird dann einfach in eine Diagnose zerlegt und in eine Schublade gesteckt. Mit der Folge, dass das was um diese Problematik herum zusätzlich noch existiert – z.B. dieses unsagbare Leiden – gar nicht mehr in den Fokus kommt…
      3. Auch die in den Kliniken häufig verwendete Diagnose „Persönlichkeitsstörung nicht näher bezeichnet“ war ein Riesenproblem da sie eigentlich
      • nichts Konkretes beschreibt – also keine speziellen Eigenschaften / Schwerpunkte / Affekte / Phänomene
      • keine Rückschlüsse auf die Schwere erlaubt
      • noch die Planung einer Therapie ermöglicht.
      1. Was ist mit all denen, die während einer Therapie zeitweilig eine Erleichterung der Kriterien an sich verspüren? 
        Der Unterschied zwischen einem Knochenbruch und einer Persönlichkeitsstörung ist nämlich gravierender als man es sich zuerst denken mag … Eine Persönlichkeitsstörung ist eine Dimension grundsätzlich erst einmal ein Leben lang bleibt… Wenn jemand zwischendurch weniger Kriterien erfüllt und weniger Leiden an sich verspürt … dann sollte dies niemals dazu führen, dass man mit der Therapie aufhören sollte… Meiner Meinung nach war der ICD 10 mit seinem Diagnostizieren in Kategorien zwar für den Anfang gut gewesen, hat sich aber in der Praxis als sehr mangelhaft herausgestellt.

Teil 2 – die neue Einteilung des ICD 11 im Bereich Persönlichkeitsstörung

Wie geht der ICD 11 nun auf dieses bewusst gewordene Problem ein? Welche Änderung gibt es im Bereich der Persönlichkeitsstörung den ICD elf? 

1.) Das was zuerst auffällt ist, dass eine Mindestdauer von zwei Jahren in der die Symptome als Belastung spürbar sein müssen zum ersten Mal klar und deutlich definiert wird. Wo liegt der Unterschied zum ICD 10?
Persönlichkeitsstörungen wurden in den alten Katalogen immer so definiert, dass sie in der Adoleszenz / in der Zeit des Überganges zwischen Kind und Erwachsensein Auftritt. Dies entspricht aber nicht der Realität / der beobachteten Praxis… Persönlichkeitsstörung können auch bei einem 40-jährigen oder 50-jährigen auftreten! Das Diagnosekriterium der Mindestdauer von zwei Jahren im Laufe der Lebenszeit ist viel reeller – dem Leben entsprechent.

2.) Der Paradigmenwechsel in der Diagnose:
Weg von einer Einteilung in Kategorien und hin zu einer Diagnose in Form von Dimensionen. Diese Dimensions-Diagnose ist wirklich ein Meilenstein in der Herangehensweise an Persönlichkeitsstörungen… birgt aber auch einige Herausforderungen an den Therapeuten und den behandelnden Arzt.

Die Dimensionen der Persönlichkeitsstörungen richtet sich nach zwei Gesichtspunkten aus:

2.1 der Schwere der Funktions- Beeinträchtigung. Wir haben hier drei Gruppen: leicht, mittel, schwer). Sie finden wir in der Kategorie 6D10

2.2 Neben der Einteilung in leicht mittel und schwer Beeinträchtigung, gibt es dann die sogenannten übergeordneten prominenten Persönlichkeits Merkmale. Diese Schwerpunkte / Konzentrationen finden wir in der Kategorie 6D11

6D11.0 negative Affektivität 
6D11.1 Loslösung / Distanziertheit 
6D11.2 Dissozialität 
6D11.3 Enthemmung 
6D11.4 Anankastia / Anankasmus 
6D11.5 Grenzlinien Muster wie Borderline6D11.0 negative Affektivität 
6D11.1 Loslösung / Distanziertheit 
6D11.2 Dissozialität 
6D11.3 Enthemmung 
6D11.4 Anankastia / Anankasmus 
6D11.5 Grenzlinien Muster wie Borderline

Die Vorteile für solche eine Diagnose in Dimensionen liegt klar auf der Hand:
Viele aktuelle Studien zeigen, dass besonders dann, wenn die Schwere einer Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wird, im Anschluss daran die Therapie deutlich effektiver geplant werden kann! Wird z.B. eine schwere Persönlichkeitsstörung (6D10.2) diagnostiziert dann kann man auch von Anfang an

      • von einem deutlich schlechteren Therapieergebnis,
      • von einem höheren Risiko, dass die Therapie abgebrochen wird
      • und auch von einer höheren Gefahr der Suizidalität ausgehen.
        Man ist dann einfach besser vorbereitet und auf Schwierigkeiten eingestellt…

Kurz und knapp zusammengefasst könnte man sagen: Der ICD 11 ist schwerer für die Diagnose – aber deutlich praxisnaher für die nachherige Therapie! 
Jedoch … keine Regel ohne Ausnahme 😂 Dir ist bestimmt – allein durch die gelbe Farbe– aufgefallen, dass von all den alten Kategorien lediglich nur eine Einzige beibehalten wurde… und die war vorher selber nur eine Unterkategorie der emotionalen Instabilität … (F60.31) ich denke hier an Borderline.

Wie kommt es zustande das die Persönlichkeitsstörung Borderline hier nun separat aufgeführt wird? Der Grund hierfür ist simpel und nachvollziehbar: Sie ist aktuell wohl das Störungsbild, welches bereits extrem gut untersucht wurde und seit Jahren über gut nachvollziehbare und überprüfbare Therapieansätze verfügt. Würde dieses sehr breit untersuchte und in der Praxis flächendeckend umgesetzte Diagnose-Konzept für Borderline nun in der zukunft wegfallen, dann würde dies einen immensen Nachteil für die Betroffenen nach sich ziehen. 

Teil 3 – die zwei Ebenen der Dimensionen:

6D10 Persönlichkeitsstörung  6D10.0 leichte Persönlichkeitsstörung  6D10.1 mittlere Persönlichkeitsstörung  6D10.2 schwere Persönlichkeitsstörung  6D10. Z Persönlichkeitsstörung, Schweregrad jedoch nicht näher bezeichnet  QE 50.7 Persönlichkeits Schwierigkeit6D10 Persönlichkeitsstörung 
6D10.0 leichte Persönlichkeitsstörung 
6D10.1 mittlere Persönlichkeitsstörung 
6D10.2 schwere Persönlichkeitsstörung 
6D10. Z Persönlichkeitsstörung, Schweregrad jedoch nicht näher bezeichnet 
QE 50.7 Persönlichkeits Schwierigkeit

Was genau ist denn nun eine Persönlichkeitsstörung? Lass uns dies erst einmal klären: Es ist zuallererst einmal eine schwerwiegende Störung der Selbstfunktion. 

    1. Was bedeutet dies im Klartext? Zum Beispiel kann das Selbstgefühl so instabil sein, dass ein Betroffener sagt er habe gar kein Selbstbewusstsein mehr, Oder das selbst Gefühl ist so starr und unflexibel, dass diese Personen sich weigern an ihrer Umgebung irgendeinen noch so kleinen Anteil zu haben. Diese vollkommen unrealistische Selbsteinschätzung kann sowohl durch Selbstverachtung, aber auch durch Grandiosität oder Exzentrik total durcheinandergebracht werden.
    2. Probleme im zwischenmenschlichen Bereich  Diese beeinträchtigen und belasten praktisch alle Beziehungen / sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld. Aber auch die Fähigkeit, die Erwartungen die einem in der Arbeit oder im sozialen Kontext gestellt werden können einfach nicht mehr erfüllt werden… Häufig sind diese Störungen so schwerwiegend dass sie praktisch alle Bereiche der Lebens betreffen.
    3. Selbstschädigung oder die Schädigung von anderen Besonders wenn wir und mit einer schweren Persönlichkeitsstörung auseinandersetzen müssen, dann ist die Beeinträchtigung in praktisch allen Bereichen des Lebens zu spüren. Das sind dann sowohl die persönlichen, die familiären, sozialen, die schulischen, die beruflichen und anderen wichtigen Bereiche.

Eine Persönlichkeitsstörung zeichnet sich also durch

      • Probleme in der Funktion mit dem eigenen Ich / mit dem eigenen Selbst aus. Damit ist die eigene Identität, der Selbstwert, die Fähigkeit sich selbst zu sehen oder sich selbst zu steuern gemeint. 
      • Es ist eine zwischenmenschliche Fehlfunktion.
        Enge und angenehme Beziehungen können sich nicht mehr entwickeln oder aufrecht erhalten bleiben. 
      • Über einen längeren Zeitraum (zum Beispiel zwei Jahre oder länger) können Beziehungen, die Perspektiven anderer verstehen oder Konflikte bewältigen nicht mehr erreicht werden.

Eine Persönlichkeitsstörung zeigt sich auch im Denkmuster, in den emotionalen Erfahrungen und im unflexiblen, schlecht regulierten Verhalten aus. Das Verhalten solcher Personen ist so unangemessen, dass sie weder durch soziale oder sonstige kulturelle Umgebungsfaktoren gelöst werden können. Und klar, diese Störung ist praktisch immer mit sehr starkem Leiden und Beeinträchtigungen im persönlichen, familiären sozialen beruflichen und anderen Funktionsbereichen verbunden…

Lass uns das alles einmal grob nach der leichten, der mittleren und der schweren Persönlichkeitsstörung differenzieren… Was sind hier die Unterschiedsmerkmale? 

6D10.0 Die leichte Persönlichkeitsstörung

Eine leichte Persönlichkeitsstörung ist das, was der Name mit sich bringt, etwas Leichtes…. in der Regel sind hier keine schweren Schäden für sich selbst oder andere zu beobachten. Dennoch kann ein starkes Leiden im Bereich Familie, Soziales, Schule, Beruf ect. auftreten. Das Thema Leiden ist bei der Diagnose sehr wichtig! Was im Außen beobachtet werden kann ist, das zwischenmenschliche Beziehungen oder die Erfüllung von Aufgaben trotz Problemen einigermaßen – mit viel Sand im Getriebe – erfüllt werden. Es läuft halt alles eher mit „angezogener Handbremse“

6D10.1 die mittlere Persönlichkeitsstörung

Eine mittelschwere Persönlichkeitsstörung zeigt sich im Außen manchmal durch eine Selbst- oder eine Fremdschädigung. Hier sehen wir eine deutliche Beeinträchtigung in den Bereichen wie Familie, Soziales, Schule Beruf oder anderes zur Folge. Jedoch sind wir noch nicht beim Totalausfall. Die Funktionsfähigkeit im Leben, kann in einigen begrenzten Bereichen weiter aufrecht erhalten werden. In den Beziehungen zu anderen treten klare und deutliche Probleme auf. Die Erwartungen der Umgebung werden aber sichtbar und auch für die Umgebung – nicht nur für den Betroffenen selbst – zu einem sehr starken Grad behindert. Die gelebten Beziehungen sind aller Wahrscheinlichkeit nach durch Konflikt, Vermeidung, Rückzug oder auch durch eine extreme Abhängigkeit gekennzeichnet.

Menschen mit einer mittel schweren Persönlichkeitsstörung haben

      • nur wenig gepflegte Freundschaften,
      • stehend sehr häufig in Konflikten am Arbeitsplatz
      • haben damit auch Probleme im Beruf
      • Sie durchleben oft On/Off-Beziehungen in denen die Zeiten starker Romantik abgewechselt wird durch wirklich ernsthafte Störungen/Konflikte oder fallen
      • Durch unangemessene Unterwürfigkeit des Leidenden auf.

Die nach Außen sichtbaren Symptome einer mittelschweren Persönlichkeitsstörung sind schon recht deutlich sichtbar. Die kann man nicht so einfach übersehen. Hier leidet dann auch die Umgebung.

6D10.2 die schwere Persönlichkeitsstörung

Bei der schweren Persönlichkeitsstörung beobachten wir oft eine Schädigung von sich selbst und die aktive Schädigung Anderer in der Umgebung verbunden. Kennzeichen von ihr sind schwere Beeinträchtigungen in praktisch allen Lebensbereichen die wir kennen (persönliche, familiäre, soziale, schulische, berufliche oder einfach alle andere Lebensbereiche). Die Probleme im zwischenmenschlichen Bereich betreffen praktisch alle Beziehungen und auch die Fähigkeit im sozialen oder beruflichen Umfeld Aufgaben oder Rollen zu erfüllen. Die Symptome werden im außen als schwerwiegend und als deutlich sichtbar gekennzeichnet. 

Teil 2.2 Die 5 „neuen“ Schwerpunkte in der Diagnostik

6D11.0 negative Affektivität 
6D11.1 Loslösung / Distanziertheit 
6D11.2 Dissozialität 
6D11.3 Enthemmung 
6D11.4 Anankastia / Anankasmus 
6D11.5 Grenzlinien Muster wie BorderlineIch habe bereits mehrfach erwähnt, dass der ICD10 eine deutlich stärkere Unterstützung in der Diagnostik mit sich brachte. Diese „Schubladen-Einteilung“ hatte aber auch einen weiteren Nachteil: Das Stigmatisieren wurde dadurch gefördert… Viele „Freizeit-Hobby-Psychologen“ maßten sich nun an, selber eine Diagnose zu stellen und jemanden als Narzisst, Borderliner ect. in eine Ecke stellen zu können. Das dies dann zu neuen Konflikten geführt hat, lag und liegt klar auf der Hand… Der neue Ansatz des ICD 11 – in der zweiten Ebene eine weitaus größere Bandbreite der Einteilung vorzunehmen – wirkt diesem Trend effektiv entgegen… Hier werden wir uns mit 5 + 1 Schwerpunkt auseinandersetzen, welche Du hier im Bild erkennen kannst. Lass uns diese einmal der Reihe nach besprechen. Und ja … das gelbe Kästchen verdient auch eine besondere Aufmerksamkeit 😊

6D11.0 Negative Affektivität

Das wichtigste Kernmerkmal dieses Schwerpunktes ist die Neigung, eine große Bandbreite an negativen Emotionen zu erleben. Affekte sind sichtbare Emotionen – in Handlung ausgedrückte Emotionen. Das, was ich im Außen durch Mimik, Gestik, Sprache und weitere Handlungen erkennen kann und was durch Emotionen ausgelöst wurde, das sind die Affekte. Diese negativen Emotionen und Handlungen stehen in Ihrer Anzahl und in ihrer Stärke in keinem vernünftigen Verhältnis zur eigentlichen Situation. Wir sprechen hier dann von

      • einer übertrieben negativen Einstellung
      • emotionaler Labilität
      • geringes Selbstwertgefühl
      • ständigem Misstrauen
      • schlechte Emotionsregelung

Dieser erste Schwerpunkt ist meines Erachtens auch ein kritisch zu betrachtender Bereich. Praktisch alle Persönlichkeitsstörungen sind gekennzeichnet durch negative Affekte. Wenn aber alle Störungen sind von diesem Kennzeichen betroffen sind, dann ist dies kein einzelnes Schwerpunkt-Kennzeichen mehr … Dies hat mich bislang etwas nachdenklich gemacht und ich bin sehr gespannt darauf, was wir in der Zukunft hierbei noch für Abgrenzungen erfahren werden. Der wichtige Merksatz auch hier lautet: Diese Kategorie sollte NUR in einer Kombination mit einer leicht / mittleren / schweren Persönlichkeitsstörung verwendet werden!

 6D11.1 Loslösung bei Persönlichkeitsstörung

Das wichtigste im Außen sichtbare Merkmal in diesem Schwerpunkt ist die Neigung, dauerhaft eine soziale und eine emotionale Distanz aufrecht zu halten. Das betrifft dann sowohl den zwischenmenschlichen Bereich aber auch die eigenen Gefühlen. Wie kann ich mir dies nun in der Praxis vorstellen?

Eine soziale Distanzierung ist

      • die Vermeidung von sozialen Kontakten,
      • ich habe nur ganz ganz wenige – wenn überhaupt – Freundschaften
      • und nicht zuletzt das Vermeiden jeglicher Intimität).

Die emotionale Distanzierung ist

      • das Verbleiben in einer Reservehaltung,
      • eine ständige Zurückhaltung
      • und ein sehr eingeschränkter emotionale Ausdruck und Erfahrungen.

Wichtig auch hier: dieser Schwerpunkt sollte nur (!) in der Kombination mit einer Persönlichkeitsstörungskategorie (leicht, mittel oder schwer) verwendet werden!

6D11.2 Dissozialität

Das Hauptmerkmal der Dissozialität ist die Missachtung der Rechte und der Gefühle der Umgebung / also von anderen Menschen. Es ist ein Mangel an Empathie und zeugt von einer stark ausgeprägten Egozentrik.

– Egozentrik Die eigenen Bedürfnisse, Wünsche/Ziele und der eigene Komfort stehen im Vordergrund und nicht die Rechte und Ziele der Anderen.

– Mangel an Empathie Es ist eine Gleichgültigkeit darüber ob das was ich mache andere verletzen kann oder nicht. Das kann auch einschließen, dass man seine Umgebung permanent täuscht, sie manipuliert oder ausgebeutet – ihnen gegenüber gemein und oft auch körperlich aggressiv ist. Ein Mangel an Empathie zeigt sich auch, indem man gefühllos auf das Leiden anderer reagiert und rücksichtslos die eigenen Ziele erreichen möchte. Ich, ich ich …. An was erinnert uns das? Natürlich an den Narzissmus! Und siehe da, Narzissmus ist doch nicht aus dem ICD 11 verbannt. Er ist nur eingegliedert in einer größeren Bandbreite der Dissozialität. Ein meines Erachtens sehr wichtiger Schritt. Narzissmus ist in seiner pathologischen / krankhaften Form immer Dissozial. Narzissmus ist mehr als das was wir im ICD 10 als Kriterien aufgezeigt bekommen haben. Der Begriff der Dissozialität ist darum ein für die Zukunft sehr guter „Arbeitsbegriff“. Auch hier gilt wie in den beiden vorherigen Bereichen: diese Kategorie sollte nur in Kombination mit einer Persönlichkeitsstörung (leicht mittel oder schwer) verwendet werden.

6D11.3 Enthemmung

Enthemmung kann ich erkennen an der Neigung / der klaren Tendenz aufgrund von direkten äußeren oder inneren Reizen (d.h. also Empfindungen, Emotionen, Gedanken) viel zu schnell zu handeln ohne mir über mögliche negative Konsequenzen Gedanken zu machen – spontanes, grenzenloses Reagieren ohne Nachzudenken. Die Merkmale der Enthemmung sind zum Beispiel:

      • Impulsivität (z.B. Histrionie)
      • Ablenkbarkeit (z.B. ADS)
      • Verantwortungslosigkeit
      • Leichtsinn und
      • fehlende Planung.

Diese Diagnose – Dimension finden wir z.B. in der alten Einordnung des ICD 10 unter der Nummer F60.4 Histrionische Persönlichkeitsstörung oder F98.80 der Aufmerksamkeitsstörung

6D11.4 Anankasmus

Dieses etwas ungewöhnliche Wort „Anankasmus“ kommt – wie so viele Begriffe in der Psychologie – vom griechischen Wort „anagkasmos“ und hat die Bedeutung von „Zwang“, „Notwendigkeit“, „ein starkes Bedürfnis“ und bezeichnet in der Psychiatrie einen Zwang etwas unbedingt tun zu müssen. Die Kernmerkmal von Anankastia sind:

      • eine starre und enge Fokussierung auf das eigene perfekte und makellose Handeln,
      • Es kann eine Sache nur entweder richtig oder falsch sein, eine sogenannte „Grauzone“ existiert praktisch nicht.
      • Die ständige Kontrolle des eigenen Verhaltens und auch das der Anderen
      • Die andauernde Kontrolle von Situationen um einen gewissen Standard hoch zu halten.

In dieser Dimension kommt die dritte große Geisel unserer heutigen Zeit sehr deutlich zum Vorschein: Es ist der Perfektionismus… Perfektionismus zieht sich durch unser gesamtes heutiges Denken in unserer ach so schönen „Hochglanz – Gesellschaft“ in der so vieles in den Social Media Bereichen wie Facebook, Instagram etc. immer wieder auf schön gefärbt dargestellt wird. Und warum? Nur um nach außen hin für andere ein makelloses und immer glänzendes Bild abzugeben. Perfektionismus finden wir in praktisch allen Alltagsbereichen, einer Hyper-Scheduling (ein übervoller und durchorganisierter Zeitplan/Kalender). Es ist ein Zwang, alles planen zu müssen, alles zu organisieren, zu ordnen und ein starker Hang zu einer übermäßigen / neurotischen Sauberkeit. Emotional und verhaltensbedingt Schränken sich diese Menschen dauerhaft ein, indem sie die eigenen Emotionen permanent zu kontrollieren versuchen. Dies kann man logischerweise dann auch im Außen sehen. Sie wirken nämlich alles andere als entspannt… Im Außen sind sie oft stur, unflexibel, vermeiden jegliches Risiko und können sich oft gar nicht richtig entscheiden da ja immer dieses Damokles-Schwert einer falschen Entscheidung über ihnen schwebt …

Bitte beachte auch hier: diese Kategorie sollte – wie alle anderen Kategorien – nur in Kombination mit einer zuerst diagnostizierten Persönlichkeitsstörungskategorie (leicht, mittel oder schwer) verwendet werden. 

6D11.5 Borderline

Kommen wir zu dem wohl auffallendsten Schwerpunkt in der neuen Einteilung, dem Bereich des Borderline. In dieser Diagnose-Kategorie haben wir nun einen meines Erachtens der interessantesten Ansätze und Kompromisse im Vergleich zwischen dem ICD 10 und dem ICD 11!

ein das ganze Leben durchdringendes Muster von Instabilität in den zwischenmenschlichen Beziehungen, Bezug auf das Selbstbild und die Effekte.
Eine ausgeprägte Impulsivität
ein Muster instabiler aber immer sehr intensive zwischenmenschliche Beziehungen
eine Identitätsstörung die sich in einem deutlich und andauernd instabilen Selbstbild / den eigenen Gefühlen zeigt.
eine Tendenz in hochemotionellen negativen Situation viel zu schnell / vorschnell zu handeln was dann zu einem möglichen selbstschädigenden Verhalten führt
immer wieder Handlungen der Selbstverletzung
Das muss sich nicht immer in dem allgemein bekannten Selbstschneiden (Ritzen) ausdrücken. Das kann alles sein was einen selbst schädigt, weil man ja nichts Gutes bekommen DARF aufgrund der inneren Überzeugung…
Promiskuität 
Geld zum Fenster hinauswerfen 
Krankhaftes Hinauszögern (Prokrastination) 
Extrem schnelles Autofahren / Nervenkitzel im Extrem-Sport
 
eine emotionale Instabilität aufgrund einer ausgeprägten Reaktion auf die innere Stimmung
Ein chronisches Gefühl der inneren Leere
Eine unangemessene und sehr intensive Wut und immer wieder Schwierigkeiten diese unangemessene Wut zu kontrollieren
Immer wieder aber nicht dauerhafte dissoziative Anzeichen.Die Diagnose Borderline kann auf Person angewendet werden, deren Störungsbild im Verhalten folgendermaßen aussieht:

      1. ein das ganze Leben durchdringendes Muster von Instabilität in den zwischenmenschlichen Beziehungen, Bezug auf das Selbstbild und die Effekte.
      2. Eine ausgeprägte Impulsivität
      3. ein Muster instabiler aber immer sehr intensive zwischenmenschliche Beziehungen
      4. eine Identitätsstörung die sich in einem deutlich und andauernd instabilen Selbstbild / den eigenen Gefühlen zeigt.
      5. eine Tendenz in hochemotionellen negativen Situation viel zu schnell / vorschnell zu handeln was dann zu einem möglichen selbstschädigenden Verhalten führt
      6. immer wieder Handlungen der Selbstverletzung
        • Das muss sich nicht immer in dem allgemein bekannten Selbstschneiden (Ritzen) ausdrücken. Das kann alles sein was einen selbst schädigt, weil man ja nichts Gutes bekommen DARF aufgrund der inneren Überzeugung…
        • Promiskuität 
        • Geld zum Fenster hinauswerfen 
        • Krankhaftes Hinauszögern (Prokrastination) 
        • Extrem schnelles Autofahren / Nervenkitzel im Extrem-Sport
      •  
      1. eine emotionale Instabilität aufgrund einer ausgeprägten Reaktion auf die innere Stimmung
      2. Ein chronisches Gefühl der inneren Leere
      3. Eine unangemessene und sehr intensive Wut und immer wieder Schwierigkeiten diese unangemessene Wut zu kontrollieren
      4. Immer wieder aber nicht dauerhafte dissoziative Anzeichen.

Das nun Borderline als eigenständige Diagnose in den ICD 11 übernommen wurde (die alte Diagnose-Kennzeichnung war F60.31) der Narzissmus oder die Histrionie jedoch nicht, das mag einige nun etwas verwundern …Hierbei handelt es sich meines Erachtens jedoch um einen wichtigen und auch nachvollziehbaren politischen Kompromiss, um die Akzeptanz des doch recht radikal neuen Systems bestmöglich zu stärken. Es ist eine „goldene Brücke“ zischen dem „alten“ und dem „neuen System“…

      1. Die Diagnose von Borderline komplett zu eliminieren erschien vielen Kritikern als zu radikal, weil einfach zu viele Forschungsgelder und zu viele Forschungsprojekte im Bereich Borderline entstanden sind und weitere wichtige Forschungen mit Fokus auf die Persönlichkeitsstörung dadurch überhaupt erst einmal ins Leben gerufen sind.
      2. Des Weiteren haben die Autoren des ICD 11 die Hoffnung, dass künftig die Borderline Persönlichkeitsstruktur doch noch irgendwie gut auf den neuen Dimensionen darstellbar sein wird und dass die Bedeutung des „alten“ Borderline –Musters – das Denken in Kategorien – für die Diagnose in den Hintergrund treten wird.

Wie du siehst ist man davon immer mehr überzeugt, dass die Diagnose anhand des Dimensions-Modells der Weg der Zukunft ist. Weil dem so ist hat man recht radikal und konsequent die Kategorien einer narzisstischen, einer ängstlich vermeidenden oder auch einer dependenten   Persönlichkeitsstörung im ICD11 weggelassen. Indem man die Borderline – Persönlichkeitsstörung beibehalten hat ist man einen Kompromiss eingegangen – hat eine „goldene Brücke“ gebaut – um einen einheitlichen Übergang zu den dimensionalen Modellen in der Beschreibung von Psychopathologie langsam einleiten zu können. Man hat einfach die Hoffnung ist, dass hierdurch völlig neue Forschungen angeregt werden um die Diagnostik in Form von Dimensionen und nicht mehr in Kategorien bei den Persönlichkeitsstörungen zu 100 % zu übernehmen.

Noch müssen wir einfach mal abwarten, wie der endgültige ICD 11 später mal im ICD12 aussehen wird. Aber eines wird jetzt schon recht deutlich: die wissenschaftliche forschende Psychologie liegt in einem Wettstreit mit der klassisch besetzten psychiatrischen Nosologie / der Lehre von den Krankheiten. Sie hat bis jetzt aber schon recht deutliche Akzente gesetzt. Man darf wirklich gespannt sein was die Zukunft in diesem Bereich bringen wird…

Teil 3 – Pro und Contra – ein Ausblick

3.1. Machen wir mal eine kleine Zusammenfassung und betrachten wir das alles mal aus der Meta-Perspektive: Welche Grenzen hat dieser neue dimensionale Ansatz in der Diagnose von Persönlichkeitsstörungen in ICD 11? Neben all dem Positiven, dem Neuen, dieser Aufbruchstimmung in der Thematik dürfen wir unsere Augen nämlich nicht den kritischen Punkten gegenüber verschließen. Nicht alles Neue ist ein heiliger Gral. Denn, wie heißt es doch so schön: Wissenschaft ist ein ständiges „Sich-nach-oben-irren“… 😊

      1. Es ist für den Moment noch völlig unsicher, ob diese neuen Dimensionen
          • wirklich zu einer breiteren Berücksichtigung der Persönlichkeitsstörungen bei der Behandlungsplanung hin führt
          • und ob sie überhaupt eine Verbesserung im Vergleich zu den heutigen Diagnosen nach Kategorien mit sich bringen.

Bei der Diagnose nach Dimensionen und der prominenten Persönlichkeitsmerkmalen / den Schwerpunkten, stellt sich zum Beispiel die Frage, ob diese Einteilung in diese fünf Schwerpunkte überhaupt für die spätere Therapie und ihre Planung hilfreich ist. Ich denke hier z.B. an die negative Affektivität… in diesen Punkt werden z.B. sehr viele Erlebens – und Verhaltensweisen zusammengefasst welche wir auch auf den Bereich des Neurotizismus anwenden könnten. Denn, fast jeder, der zu einer Psychotherapie kommt hat in diesem Bereich extrem hohe Werte. … Darum kann man sich hier ruhig einmal die Frage stellen, was für einen Nutzen es bringen soll, überhaupt so einen Schwerpunkt der negativen Affektivität einzuführen wenn doch praktisch alle (!) dieses Merkmal aufweisen. Man muss doch kein Wasser in den Rhein oder Eulen nach Athen tragen… Ich habe mich aber bereits hierzu weiter vorne geäußert…

      1. Außerdem fehlen im Moment noch sichere und geprüfte Fragebögen um die Persönlichkeitsmerkmale nach dem neuen Dimensionssystem nachvollziehbar zu erfassen.
      2. Dann gibt es aber auch noch die ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung (F60.6) … Auch für sie liegen – genauso wie bei Borderline – klar überprüfbare und auch nachvollziehbare Behandlungsansätze vor. Für diese Patientengruppe ist es jetzt aber ein ungleich schwerer Rückschlag, dass ihre Kategorie (F60.6 nach ICD10) aufgehoben wurde.
      3. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil der Einteilung nach Kategorien war die einheitliche Sprache die sich in den letzten drei Jahrzehnten weltweit aufgebaut hatte.
        Dies war für die Forschung in diesem Bereich von unschätzbarem Vorteil…

3.2 Ein kritischer Blick in die Zukunft…

Die Diagnose von einer Persönlichkeitsstörung ist wirklich eine große und auch sehr komplexe Herausforderung.
Was wir noch stärker benötigen sind die Hilfsmittel in der Diagnostik. Hier war es ein eher komfortabler Ausgangsbereich den wir durch die Kategorien hatten. Wir benötigen nun für die dimensionale Herangehensweise gute und auch leicht nachvollziehbare Fragebögen – Instrumente also, die wir dann auch systematisch in der Praxis einsetzen können. Es wird meines Erachtens noch eine sehr lange Zeit ins Land gehen bis sich dies alles etabliert hat. Wir benötigen noch sehr viele Fort– Aus- und Weiterbildungen damit sich Therapeuten und Diagnostiker mit diesem doch recht radikal neuen System vertraut machen können und um die Einordnung der neuen Diagnosen anschließend wirklich auch zu überprüfen, zu untersuchen und immer wieder zu belegen…

Persönlichkeitsstörung – Lassen Sie uns miteinander ins Gespräch kommen. 

Marcus Jähn Werde wieder stark durch CoachingEs sind viele Bereiche, die wir ansprechen können: Angefangen vom Umgang Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch über Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer häufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind. 

  • Was ist das eigentlich, eine Persönlichkeitsstörung, ein Perfektionismus, ein Spaltung oder eine Gegenübertragung?
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  • Ist eine Kommunikation mit einem Borderliner möglich? Wie hilft hier die U.M.W.E.G.-Methode©? 
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Ich möchte aber nicht nur über Fragen sprechen, sondern auch praxisgerechte Lösungen anbieten:

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