Wege aus der Ohnmacht
Ein Knochenbruch / auch Fraktur genannt – ist immer ein körperliches Trauma. Ein Trauma ist aber nicht immer ein Knochenbruch …
Der Knochenbruch kann – im Gegensatz zum Trauma – oft völlig geheilt und an der zusammengewachsenen Stelle sogar noch stabiler werden als der Rest vom Knochen. Ein psychisches Trauma ist jedoch – wie sollte es auch anders sein – etwas komplett anderes.
Erlebnisse wie z.B. Krieg, Misshandlung, Vergewaltigung, sexueller Missbrauch o.ä. können wir weder „behandeln“ – geschweige denn, ungeschehen machen. Was wir einmal erlebt haben, kann nicht gelöscht werden. Eric Kandel hat für diese Erkenntnis im Jahr 2000 sogar den medizinischen Nobelpreis erhalten. Ein anderer Wissenschaftler – Antonio Damasio – spricht in diesem Zusammenhang von den sogenannten „Somatischen Markern“. Das, was wir täglich erleben, wird physiologisch in unserem Geist und Körper gespeichert / angemarkert. Erinnerungen können einfach nicht gelöscht werden!
Auch wenn wir das Erleben nicht löschen können … die Effekte / die Konsequenzen / die Wirkung auf Körper, Geist und Seele können wir sie trotzdem mit den heutigen Therapien wirkungsvoll angehen:
Ich spreche hier von der Arbeit an der Angst vor einem Kontrollverlust oder Zurückweisungen z.B. durch die KBT nach Aaron T. Beck. Wir können an dem Selbsthass, den Albträumen und den Flashbacks arbeiten, die uns immer wieder unser Hier und Jetzt blockieren und wir können daran arbeiten, dass wir uns einem anderen Menschen trotz aller negativer Erlebnisse im Leben anzuvertrauen lernen.
Nochmals – ich kann dies nicht oft genug wiederholen:
Erst dann kann man es wieder genießen, zu wissen, was man weiß, zu fühlen, was man fühlt, ohne sich immer wieder von seinen Gefühlen überwältigen zu lassen, über sich selbst wütend zu werden, oder sich für seine Gefühle zu schämen. Das ist m.E. der einzig wirksame Weg raus aus dem Trauma, der Handlungsohnmacht: die Rückgewinnung der körperlichen Handlungsvollmacht.
Um das nun aber in die Tat umzusetzen muss man vier Schritte umsetzen:
In dieser nun folgenden Beitragsreihe mit dem Thema „Wege aus dem Trauma“ möchte ich dich mit verschiedenen Methoden und aktuellen therapeutischen Ansätzen betraut machen, wie wir diese angesprochenen Schritte, langsam aber sicher in die Praxis umsetzen können. Lass uns darum mal unseren Blick auf das lenken, was uns bereits zur Verfügung steht und auch bereits zum Erfolg bei Traumabehandlungen geführt hat.
Ganz am Anfang einer Traumatherapie findet immer ein Gespräch über das statt, was passiert ist. Da werden Fragen gestellt wie z.B.:
Ein Trauma ist aber viel mehr und auch tiefergehender als nur eine Geschichte aus der Vergangenheit. Dass, was jemand erlebt hat – seine Ohnmacht, seine Emotionen und seine körperlichen Empfindungen – sind später leider nicht nur kognitive Erinnerungen an eine Erfahrung aus der Vergangenheit … Denn für den Traumatisierten ist das Erlebte noch nicht vorbei! Der große Unterschied zwischen Trauma und einer „normalen Erinnerung ist nämlich der, dass dieses als ein ohnmächtig belastendes Körpergefühl während des Erinnerns immer und immer wieder neu durchlebt wird. Damit nun aus einer Trauma-Ohnmacht wieder eine Handlungsvollmacht entsteht und man dadurch wieder die Kontrolle über das eigene Leben zurückbekommt muss sich der Traumatisierte mit seinem Erlebnis leider doch noch mal konfrontieren – diesmal aber in einer sicheren, haltenden, therapeutischen Umgebung, um dadurch einer Retraumatisierung keine Chance zu geben.
Warum ist so ein vorsichtiges Herangehen an die Erinnerung so wichtig?
Weil diese traumatischen Erinnerungen nicht im kognitiven, sondern im emotionalen Gehirn entstehen! Sie sind keine rationalen Gedanken! Sie treten durch Körperreaktionen in Erscheinung wie z.B.:
Wenn wir dies alles doch wissen … könnten wir dann in solchen Situationen nicht doch irgendwie von den Körperreaktionen um- und dann „auf vernünftig schalten“?
Das geht leider nicht. weil unser ach so vernünftiges Gehirn – ich spreche hier jetzt wieder von dem Neokortex – ein wahrer Experte darin ist, uns wie ein Trickbetrüger durch eigene Erklärungen zu beruhigen aber damit auch auf eine falsche Fährte zu lenken. Das sind dann innere Erklärungen wie z.B.
Solche Gedanken sind zwar logisch und nachvollziehbar… helfen tun sie einem in der Traumabewältigung jedoch nur wenig bis gar nicht! Denn eins wissen wir seit dem medizinischen Nobelpreis aus dem Jahr 2000 an Eric Kandel und durch die Forschungen von Antonio Damasio nämlich mit Sicherheit: Unser Gehirn kann all die Emotionen, Körperempfindungen oder erniedrigenden Erfahrungen nicht einfach so löschen. Ich denke hier an die vielen Frauen, die immer in dieser Angst vor einer neuen Vergewaltigung leben, obwohl sie vom Verstand her doch wissen, dass dies schon lange Vergangenheit ist und sie sich seitdem in Sicherheit befinden. Oder auch an die Menschen, die sich selber immer wieder als schrecklich bezeichnen, obwohl sie vom Verstand her wissen, dass sie an ihrer Vergewaltigung, an der Misshandlung keine Schuld hatten.
Denken wir immer daran: Auch wenn wir von der Logik her immer wissen, warum wir uns so oder so fühlen, ändert das noch lange nichts daran, dass (!) wir uns so fühlen!
Sind wir alledem nun schutzlos ausgeliefert? Müssen wir uns dieser Tatsache nun ergeben? Nein! Einen kleinen Angriffspunkt, um einen therapeutischen Hebel anzusetzen gibt es in diesem Zusammenhang doch noch… Durch dieses kognitive Verstehen des „Warums“, können wir unsere prämotorischen Handlungsimpulse – unsere Reflexe – zumindest ein wenig verzögern. Und genau dieses kurze Verzögern kann uns entscheidend dabei helfen, falsche Impulse in die Tat umzusetzen.
Dies alles schaffen wir, weil wir unser kognitives, rationelles Gehirn durch unser Erlebtes immer wieder aufs Neue trainieren. Hilft dies aber auch bei einem Trauma? Bedingt…! Denn je intensiver das traumatische Erleben war, umso mehr zieht sich der überforderte kognitive Teil zurück und überlässt den Gefühlen dann alles Weitere.
Was also ist zu tun?
Ziel in einer Traumatherapie ist es, das „denkende“ und auch das „fühlende / emotionale Gehirn“ miteinander wieder in eine Form der Harmonie zu bringen. Diese Harmonie ist durch die vielen Trigger in der Vergangenheit von außen mit verloren gegangen – verheerenden Folgen…
Versuchen wir uns in dieser Situation selber zu beruhigen, fühlen wir uns oft körperlich und geistig wie betäubt und das Denken wird irgendwie träge. Allein die Tasse Kaffee vor sich auf dem Tisch anzuheben, wird zu einer übermenschlichen Folter.
An sich ist diese Selbstberuhigung ein guter Reflex, um irgendwie überfordernde Situationen zu überleben… Aber: solange wir entweder überreagieren oder uns reduzieren bis hin zum völligen Rückzug, können wir aus der Situation nichts für die Zukunft lernen – es ist und bleibt dann nur ein Überstehen…
Was wir wirklich brauchen, ist eine Wiedererlangung der eigenen Handlungsvollmacht, ein neues Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Man könnte es auch einen spielerischen, kreativen Umgang mit den Triggern nennen.
Und wie können wir nun unsere posttraumatischen Reaktionen verändern?
Was aber ist eine normale Gehirnfunktion? Sie zeigt sich durch
Diese Frage konnte vor 40 / 50 Jahren noch niemand so beantworten, wie es heute möglich ist. Aber: Zum einen ist das folgende Wissen immer noch recht neu, und leider bei vielen Medizinern, Ärzten und Psychotherapeuten noch nicht angekommen. Lass uns für die Beantwortung der Frage – „gibt es einen Zugang zu dem emotionalen Gehirn?“ – kurz einmal den Aufbau unseres Gehirns betrachten.
Der analytisch, kognitive Gehirnteil ist der dorsolaterale Präfrontalkortex. Dorsolateral steht hier für die Position im Gehirn – in diesem Falle also seitlich (lateral) und zum Rücken hin gelegen (dorsal kann aber auch posterior genannt werden). Der dorsolaterale Präfrontalkortex (dlPFC) hat KEINE direkte Verbindung zum emotionalen Gehirn. Aber genau in diesem Bereich liegen doch die meisten Traumanachwirkungen. Gibt es vielleicht eine andere Chance für einen Zugang? Ja! Uns hilft hier nämlich ein weiterer Bereich des Präfrontalkortex, und zwar der mediale Präfrontalkortex. Er wird auch als das Zentrum des bewussten Selbstgewahrseins bezeichnet.
Durch die Forschungen des US-amerikanischen Neurowissenschaftlers Joseph LeDoux wissen wir heute, dass der Weg zum emotionalen Gehirn nur über das bewusste Selbstgewahrsein geht, und dieses liegt im medialen Präfrontalkortex. Mit ihm können wir erfassen und spüren, was in uns vor sich geht und können fühlen, was wir innerlich fühlen.
Im lateinischen wird dieses nach innen fühlen „Interozeption“ genannt. Ein Begriff der wörtlich „nach innen schauen“ bedeutet.
Unser bewusstes Gehirn ist jedoch zum größten Teil auf „das Außen“ gerichtet: darauf, wie wir mit Anderen besser zurechtzukommen (Missverständnisse aus dem Weg räumen) wie wir die aktuelle Lage verbessern (ein Glas Wasser trinken) und wie wir unsere eigene Zukunft planen können (z.B. ein Heiratsantrag). Dieses Ausrichten unserer „inneren Antennen“ auf das Außen ist für uns ein natürlicher Vorgang. Viel zu wenig, hören wir dann auf unsere „inneren Stimmen“. Und dieses hören nach innen, geht nur, wenn wir uns – wie es die neurowissenschaftliche Forschung auch zeigt – dieses innere Erleben bewusst und vertraut machen. Dieses sich vertraut machen zeigt einen Lernvorgang auf. Interozeption ist ein lebenslanges bewusstes Lernen, den inneren Signalen des Körpers zu lauschen.
Wenn man sich die Strategien in der Schulmedizin und in der Psychiatrie einmal genauer anschaut, dann konzentrieren sie sich vor allem darauf, durch Psychopharmaka die Grundstimmung zu verändern. Die Über- oder Untererregung (Hyper- oder Hypoarousal) wird immer mehr technisch angegangen, anstatt dem Körper die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken.
Dabei haben wir von Natur aus eine ganze Reihe von Alternativen zur Verfügung, um allein mit den „bordeigenen Mitteln“ des Körpers wieder in eine innere Balance zu gelangen und diese dann auch aufrechtzuerhalten. Schauen wir uns hierfür mal den 10. Unserer Hirnnerven, den Nervus Vagus / Vagusnerv an. Er wurde bereits von Charles Darwin in seiner Bedeutung für das Empfinden innerer Gefühle erkannt und als der Pneumo-gastrische-Nerv bezeichnet. Ca. 80 Prozent seiner Fasern (er verbindet das Gehirn mit vielen inneren Organen) sind afferent – sie verlaufen vom Körper zu unserem Gehirn. Afferent kommt vom lateinischen „affere“ „hintragen, zuführen). Das Gegenteil hiervon wäre efferent „effere“ „hinaustragen, hinausführen“ also vom Gehirn weg.
Dass der Vagusnerv nun afferent ist, und viele Informationen aus dem Körperinneren in Richtung Gehirn trägt, bedeutet für uns nun, dass wir unsere Erregung / das sogenannte Arousalsystem durch unser Atmen, singen und unsere Bewegung konkret beeinflussen können. Wir kennen dies bereits seit Jahrzehnten aus asiatischen Übungen. Trotzdem haben sie sich in den westlichen Ländern noch lange nicht etabliert.
Aber von welchen Übungen sprechen wir hier, die den Vagusnerv und / oder das limbische System vorrangig ansprechen?
Ich habe für diesen sehr weitreichenden Begriff Neurofeedback meine eigene Erklärung. Kurz gesagt ist Neurofeedback die Bestätigung des Richtigen und nicht das ständige Hinweisen auf Fehler. Bei einem Diktat werden z.B. immer nur die Fehler markiert. In einem Aufsatz wird jedoch viel mehr Wert auf die richtigen Inhalte gelegt. Und ähnlich verhält es sich auch mit einem kleinen Kind, das gerade laufen lernt … Wenn es hinfällt, dann wird ihm ja auch nicht gesagt, was es falsch gemacht hat, sondern ihm wird immer wieder mit Sätzen aufgeholfen wie „so macht man das mein Schatz“…
Es geht in diesem Bericht ja um die Bewältigung von Traumen.
Um diese später in den Griff zu bekommen, ist die Emotionsregulierung immens wichtig. Mein Wunsch wäre es, dass Personen wie Lehrer, Pflegeeltern aber auch Psychiater und Psychotherapeuten besser in diesem Thema ausgebildet würden. Momentan wird dies noch den Kindergärtner(innen) überlassen, die zwar sehr geschickt mit dieser Thematik umgehen, in unserer Gesellschaft aber mit den speziellen Problemen der noch nicht völlig ausgereiften Gehirne der kleinen Menschen allein auf weiter Flur gelassen werden.
Die westlichen Heilverfahren die den Fokus auf den psychiatrischen und psychotherapeutischen Bereich gelenkt haben, haben sich für das Thema Selbstmanagement bisher kaum interessiert. Ganz anders betrachten dies die restlichen Kulturen – nicht nur die asiatische – Achtsamkeit, Bewegungstherapie und Rhythmik und Aktivität in den Fokus. Ich denke hier an Yoga in Indien, Tai-Chi und Qigong in China und rhythmisches Trommeln in Afrika und dem alten Amerika. In Japan und Korea wurden Kampfkünste wie Aikido, Judo oder Taekwondo kreiert, bei denen die absichtsvolle Bewegung und das Konzentriert sein auf regelrecht kultiviert wurde – alles Eigenschaften, die Traumatisierten wieder zurückerlangen müssen. Bei diesen Techniken spielen die Bewegung, die Atmung und Meditation immer eine zentrale Rolle. Trotzdem wurden nur wenige von ihnen auf Ihre Wirkung für eine PTBS-Behandlung erforscht. Bekannt sind mir lediglich Studien über Yoga.
Die Achtsamkeit ist eine weitere effektive Möglichkeit mit unserem emotionalen Gehirn / dem limbischen System in Kontakt zu treten. Wir könnten sie mit einer Fähigkeit beschreiben, über den Dingen, den eigenen Gedanken, Emotionen und den eigenen Gefühlen gewissermaßen zu schweben.
Wenn es um Traumaheilung geht, dann steht an erster Stelle immer das Selbstgewahrsein. Aber sowohl vom geistigen, aber auch vom körperlichen her betrachtet (gemäß den Studien von Antonio Damasio) ist das Selbstgewahrsein eine Entwicklung! Es ist uns zwar von Natur aus möglich, uns zu spüren – wir müssen diese Fähigkeit aber erst erlernen. Selbstgewahrsam ist ein stetiges Blicken nach innen – eine „Interozeption“. Durch unsere permanent nach außen hin orientierte Welt, ist uns diese natürliche Eigenschaft leider stark abhandengekommen.
Deshalb fühlen sich die folgenden, häufig wiederholten Sätze des Therapeuten auch so ungewöhnlich an:
Das, was bei einem Traumatisierten da im Inneren passiert, sind Empfindungen, die er am liebsten sofort wieder abschalten möchte, weil sie sich nach wie vor unerträglich anfühlen
Aber so nachvollziehbar es auch ist, dass man so etwas vermeidet … Mit jeder Abwehr vergrößert sich die Gefahr, dass irgendwann „der aufgestaute Damm bricht“ und man von der Wucht dieser körperlichen Empfindungen überrumpelt wird.
Das Mittel dagegen ist die Selbstgewahrsamkeit, die Achtsamkeit dem eigenen Körper gegenüber. Sie ist die Tür zu unserem inneren Kosmos. Wenn wir unseren Blick einmal – ohne zu bewerten, einfach nur erkennend – auf unseren Ärger, unsere Angst, Wut oder unsere Nervosität lenken – nochmals: alles ohne Bewertung! – dann haben wir in der Sekunde eine neue Perspektive. Und dieser neue Fokus, dieser neue Kontakt mit unseren Gefühlen, unseren Wahrnehmungen ist dann auch der Schlüssel dafür, unsere reflexartigen alten Gewohnheiten zu verändern.
Alles im Leben, die Wellen, die Strömung aber auch die Gezeiten unterliegen der Veränderung – das wissen wir alle. Aber wenn wir mal wieder mit unseren eigenen negativen Gefühlen konfrontiert werden, dann ist uns diese Flüchtigkeit nicht mehr so bewusst. Wir glauben dass dieser Zustand nun ewig bleibt … und das macht dem Traumatisierten auch diese starke Angst vor diesen Gefühlen. Ihre neuen Gegner im Leben sind nicht mehr die Täter aus der Vergangenheit; es sind die eigenen inneren Körper-Empfindungen. Die psychische Folter kommt von innen heraus, lässt sie erstarren und verhindert, dass sie sich einer Heilung gegenüber öffnen können.
Ein Trauma kann Jahrzehnte in der Vergangenheit liegen, im Körper entstehen trotzdem immer wieder die gleichen Ohnmachts- und Angstgefühle wie beim ersten Mal. Das emotionale Gehirn fand damals in der Handlungsohnmacht keine Handlungslösung und ist seitdem auf der permanenten Suche nach einer Lösung – ähnlich einer Zeitschleife (und täglich grüßt das Murmeltier).
Um sich irgendwie davon abzulenken und auch als „Überlebensstrategie“
Mit aller Macht tun sie alles, damit sie für Ihre Gefühle irgendwie tabu werden – ähnlich einem Beruhigungsmittel, was die Sinne betäubt. Eine Traumatherapie muss nun genau die andere Richtung einschlagen: der Traumatisierte muss sich mit seinem inneren Erleben wieder auseinandersetzen, um eine Veränderung zu bewirken. So paradox es sich auch anhört: Nur eine Annäherung zu dem Trauma kann eine spätere Distanz ermöglichen!
Diese Achtsamkeitsübungen beruhigen unser sympathisches, beruhigendes Nervensystem, wodurch die Gefahr, getriggert zu werden und in eine erneute Kampf-/Fluchtreaktion zu geraten, deutlich verringert wird. Um uns mit der eigenen Vergangenheit auseinandersetzen zu können, setzt voraus, dass wir unsere eigenen Körperreaktionen registrieren, diese benennen und dann auch ertragen können. Wer dies nicht kann, jedoch immer wieder mit den traumatischen Erinnerungen in Berührung kommt, fällt von einer Retraumatisierung in die nächste.
Was also sollten wir stattdessen besser tun?
Was geschieht? Das erste – die Anspannung – tritt zurück und eine andere Empfindung kommt nach vorne, vielleicht wieder eine Anspannung, diesmal jedoch in der Herzgegend. Jetzt beobachten wir – immer noch genauso bewusst – was passiert, wenn wir weiter tief atmen. Wir können uns dabei auf das Heben und das Senken des Brustkorbes konzentrieren. Wir werden hierdurch zwangsläufig ruhiger und neugieriger. Was ist z.B. mit der Anspannung im Herzen geworden? Ist sie noch da? Kommt vielleicht urplötzlich eine Erinnerung an eine Situation hoch, bei der ich vor lauter Angst Herzrasen hatte?
Im Jahre 1979 entwickelte Professor Jon Kabat-Zinn von der University of Massachusetts, sein bekanntes Achtsamkeitsprogramm, dass er Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) nannte. Seit mehreren Jahrzehnten wird dieses nun sehr gründlich untersucht. MBSR ist ein mehrwöchiger Kurs in dem Teile von Hatha Yoga, Zen und Vipassana (eine Buddhistische Ansicht über das Dasein) integriert wurden. Immer geht es dabei um die Achtsamkeit. Sie könnte man mit einer Sammellinse vergleichen, die unsere vagen, unsere unpräzisen und impulsgesteuerten Aktivitäten und Reaktionen zu einem einzigen Energiestrahl bündelt – ähnlich einem Laser – der uns dann mit einer höheren Energiedichte hilft, Lösungen im Kampf gegen unsere Probleme umzusetzen.
Was bringt mir die Achtsamkeit?
Achtsamkeit dreht diesen Prozess praktisch um, indem es diese Bereiche langsam aber sicher wieder mit einbezieht. für die Emotionsregulation wichtigen Gehirnregionen aktiviert und dass sie auch die für das Körpergewahrsein und für Angst wichtigen Regionen verändert. In seinem Buch „Meditation für Skeptiker“ zitiert der Gießener Psychologe und Meditationslehrer Ulrich Ott eine Forschung der beiden Doktorinnen Britta Hölzel und Sara Lazar von der Harvard University. Hierin zeigen sie, dass Achtsamkeit sogar die Aktivität des gehirneigenen „Feuermelders“ der Amygdala deutlich senkt. Trigger nehmen ab und die Entspannung nimmt zu.
Es sind viele Bereiche, die wir ansprechen können: Angefangen vom Umgang Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch über Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer häufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind.
Ich möchte aber nicht nur über Fragen sprechen, sondern auch praxisgerechte Lösungen anbieten:
Buchen Sie sich einfach auf meinem Online-Kalender ein Zeitfenster oder nutzen Sie mein klassisches Kontaktformular um mit mir in Verbindung zu treten. Ich freue mich auf Sie. Ihr Marcus
Wenn ich jemanden nur ein Buch zum Thema Trauma, Einfluss auf unser Gehirn und Therapievarianten empfehlen dürfte, dann wäre es mit Sicherheit dieses herausragende Werk des Trauma-Forschers Bessel van der Kolk. In diesem überragenden Werk werden die Entstehung von Traumatas und die verschiedensten Therapien wie EMDR, Yoga, Self-Leadership, Neurofeedback, Tiefenpsychologie und viele mehr angesprochen.
Verändert ein Trauma unser Gehirn und kann man diese Spuren sichtbar machen? Was ist mit dem Irokesenschnitt im fMRT gemeint? Gibt es Unterschiede zwischen einer PTBS und einer kPTBS also einer Trauma-Entwicklungsstörung? Was können Psychopharmaka und was nicht?
Ein geballtes Wissen aus >40 Jahren komprimiert auf 400 Seiten. Dieses Buch macht Mut in die Zukunft der Trauma-Forschung. Mehr als Wert zu studieren!