Was haben emotional unreife Eltern mit einer fehlenden Männlichkeit und mit Borderline gemeinsam? Und … darf man solch eine These überhaupt in den Raum stellen? Lass uns zuerst einmal miteinander klären, was eine These eigentlich ist:
Zuallererst ist sie nicht mehr / aber auch nicht weniger als eine einfache „Start“-Behauptung, die selber erst einmal bewiesen werden muss. Zusätzlich ist sie aber auch ein außerordentlich wirksames Mittel, um in einem unbekannten Themenfeld, überhaupt erst einmal anfangen können zu arbeiten. So eine These strukturiert, analysiert, interpretiert und stellt erste Verbindungen zu unterschiedlichen Tatsachen her.
Ich liebe „vernünftige Thesen“ denn sie bringen ein System in eine Thematik, sie sind oft der Startpunkt einer Diskussion an und bieten dadurch auch eine erste Orientierung, um die eigentliche Arbeit zu beginnen.
Natürlich entsteht eine These in der Regel nicht aus dem Nichts. So sehe ich auch meine Behauptung (👉 Emotional unreife Eltern verhindern bei Söhnen Männlichkeit und fördern bei Mädchen Borderline) als das Ergebnis meiner fast drei Jahrzehnte langen Betrachtung des Themas Borderline an.
Mir fällt auf, dass unsere Gesellschaft immer Borderliner wird, da die Kriterien für eine Borderline-Diagnose die Grundlage bilden. Welche das sind und was dies mit den folgenden Themen zu tun haben wie …
Das möchte ich in diesem Beitrag einmal in aller Ruhe aufarbeiten.
Diese Frage stelle ich ganz provokant weit vorne, an den Beginn dieses Beitrages. Warum? Weil ca. 75% der stationär behandelten Borderline-Patienten Frauen sind. Aber kann man dies einfach so stehen lassen? Nun, das Problem liegt meines Erachtens deutlich tiefer. Wir leben in einer Welt, wo Persönlichkeitsstörungen immer häufiger diagnostiziert werden. Mehr und mehr Menschen haben in Ihrer vulnerablen Kindheit Störungen in der Bindungsreife-Entwicklung erfahren und sind dadurch in ihren Handlungen als gestört zu betrachten.
Der große Psychoanalytiker Otto Kernberg bewies recht eindrücklich, dass alle Persönlichkeitsstörungen den gleichen Ursprung miteinander haben, sich jedoch in ihren Ausprägungen voneinander unterscheiden. Mehr zu diesem Thema findest du in diesem Beitrag: https://werdewiederstark.de/borderline-ist-eine-stoerung-in-der-bindungsreife-entwicklung/
Nach vielen Jahren andersartigen Diagnostizierens im ICD10, hat man im ICD11 diesen Ansatz von Kernberg endlich doch noch übernommen: In einer 2-Stufen-Diagnostik wird zuerst einmal (6D10…) zwischen einer leichten / einer mittelschweren und einer schweren Persönlichkeitsstörung unterschieden und erst danach wird der Schwerpunkt der Störung diagnostiziert:
6D11.0 negative Affektivität
6D11.1 Loslösung / Distanziertheit
6D11.2 Dissozialität
6D11.3 Enthemmung
6D11.4 Anankastia / Anankasmus
6D11.5 Grenzlinien Muster wie Borderline
Mehr dazu in diesem Beitrag: https://werdewiederstark.de/per/
❓ Warum erst einmal dieser themenmäßige Umweg?
Nun, Borderline wird aktuell immer noch mehr bei Frauen diagnostiziert. Aber Männer unterliegen auch Persönlichkeitsstörungen! Bei denen liegt die Diagnose jedoch eher auf der Enthemmung, dem Narzissmus, der Antisozialen-Persönlichkeit…. Trotzdem haben auch sie alle mit Borderline einen gemeinsamen Ursprung: die emotionale Unsicherheit! Die Männer tragen ihre Ängste tendenziell stark im Außen aus, wohingegen Frauen sich mit ihren Ängsten in der Tendenz (!) eher nach innen, gegen sich selbst richten.
👉 Und was ist Borderline eigentlich?
In den Persönlichkeitsstörungen ist es eine emotionale Unsicherheit, eine flottierende, panische Lebensangst, die sich in einer Aggression und Wut gegen sich selber ausrichtet. Dies zeigt sich in den neun Diagnose-Kriterien: All diese Kriterien haben etwas gemeinsam: Es sind Aggressionen gegen sich selber…
Schauen wir uns dazu mal im Vergleich die Diagnose-Kriterien der „Antisozialen-Persönlichkeitsstörung“ an, dann fällt auf, dass sich das Verhalten eher gegen das Außen / gegen andere Menschen in der Umgebung richtet.
Beides sind Persönlichkeitsstörungen, aber in ihrer Ausprägung ganz unterschiedlich…
Lass mich nun, nach diesen einleitenden zwei Punkten:
zu meiner eigentlichen Behauptung dieses Beitrages kommen:
Ich hoffe sehr, dass du von dieser Behauptung erst einmal schockiert bist. Diesen Schock kalkuliere ich bewusst ein, um dich für dieses brisante Thema ein wenig wachzurütteln…
👉 Fehlt es unserer Gesellschaft denn wirklich an Männlichkeit?
👉 Ist das eventuelle Fehlen einer Männlichkeit mit ein Grund für die Aggressionen eines weiblichen Borderliners in der Partnerschaft?
Ich möchte ganz bewusst mit einem klaren „JA“ provozieren. Diese – meine ausdrücklich persönliche Meinung – habe ich nicht erst seit gestern! Sie hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten langsam und allmählich bei mir aufgebaut:
Auf der anderen Seite leiden aber auch die Frauen unter dieser neuen Rollenunklarheit: Sollen sie sich eher für eine Karriere oder die Familie entscheiden? Beides zusammen scheint miteinander unvereinbar, denn es lässt viele Frauen in einer Überlastung zurück. Das gesellschaftliche Ergebnis? Weniger Geburten bei immer mehr Frauen mit gehobenem Bildungsstand…
Aber warum leiden viele Frauen noch unter dieser neuen Rollenverteilung?
Zuerst einmal wieder eine grundsätzliche Behauptung: Acht von zehn Frauen sind von ihrer Muskelmasse her betrachtet acht von zehn Männern unterlegen. Es ist ein Fakt, dass unsere Welt – aus der Sicht der körperlichen Kraft heraus – von den Männern dominiert wird. Aus diesem Grund sucht sich eine Frau auch völlig nachvollziehbar einen Mann, der sie von Herzen liebt und – ganz wichtig – mit seiner männlichen Kraft auch beschützt.
Wer dies anders sieht, sollte sich bewusst sein, dass seine Ansicht eher seiner persönlichen Hoffnung / eigenen Meinung entspricht und nicht den Realitäten unserer heutigen Gesellschaft.
👉 Was bedeutet dies aber nun für das Thema „Fehlende Männlichkeit begünstigt weibliches Borderline in unserer Gesellschaft?
Nun, meiner Meinung nach braucht jede Frau – egal wie stark sie ist, einen Mann, an den sie sich anlehnen kann – einen Mann also, der mindestens 1% mehr männliche Kraft und Aggression ausstrahlt als sie. Bitte merke dir diesen elementar wichtigen Satz! Eine Frau – egal wie stark sie ist – kann nur dann in ihrer Weiblichkeit stark werden – wenn ihr Mann sie in seiner Männlichkeit stützt und schützt.
Oder anders auf den Punkt gebracht: Ein netter Mann ist genau das und nicht mehr: einfach nur nett … Solche netten Mr. Nice Guys sind weder auf- noch anregend … Nett ist Durchschnitt …. Nett ist langweilig. Und nette Männer sind für Frauen sogar todlangweilig. Verlässlichkeit und Treue steht nämlich auch für Kontrollierbarkeit und Ungefährlichkeit. Was aber suchen Frauen wirklich in einem Mann? Sie suchen auch die – positiv – aggressive Seite in ihren Partnern.
Das Wort Aggression“ wird uns in diesem Beitrag noch des Öfteren begegnen, darum möchte ich es von Anfang an korrekt darstellen: Aggression darf niemals mit Gewalt verwechselt werden! Sue hat aber auch gar nichts mit Gewalt oder Unterdrückung zu tun! Das lateinische Grundwort „Aggredi“ hat die Bedeutung: an eine Sache heranzugehen, die Initiative zu ergreifen, etwas angreifen, verteidigen oder hartnäckig verfolgen, auch indem Widersacher bekämpft werden. Im Ruhrgebiet gibt es dafür auch das Wort „Revierpisse“. Vielleicht hört sich das vulgär für dich an. Aber es beschreibt den Grundcharakter von Aggression sehr gut:
Wenn man Aggression mal so wertneutral betrachtet, dann kann man dies als eine Kraft / ein Potential sehenb, was mich wie eine innere Energie zu einer Handlung motiviert. Aggression ist eine tiefe, dem Mann innewohnende Eigenschaft. Er kreiert, er erschafft und er beschützt seine Ziele, seine Familie und die, welche ihn in seinen Zielen unterstützen.
Aber was beobachten wir heute immer mehr? Mit am besten hat mal es die große Feministin und Nobelpreisträgerin Doris Lessing (1919 bis 2013) wie folgt beschrieben:
In ihren Beiträgen fordert sie die Männer auf, sich gegen deren “sinnlose Erniedrigung” zu wehren. Hier das Zitat aus dem Guardian; „Ich bin zunehmend schockiert über die gedankenlose Abwertung von Männern, die so sehr Teil unserer Kultur geworden ist, dass sie kaum noch wahrgenommen wird”.
Nochmals: das sind die Worte einer Feministin und nicht die eines Maskulisten!
Weiter sagt Lessing: „Es ist an der Zeit, dass wir uns fragen, wer eigentlich diese Frauen sind, die ständig die Männer abwerten?! Die dümmsten, ungebildetsten und scheußlichsten Frauen können die herzlichsten, freundlichsten und intelligentesten Männer kritisieren und niemand sagt etwas dagegen. Die Männer scheinen so eingeschüchtert zu sein, dass sie sich nicht wehren. Aber sie sollten es tun.”
Harte Worte einer Feministin … Aber warum lege ich den Finger in diese Wunde / auf dieses Thema? Weil meine Beobachtung nämlich genau diese sind:
Immer mehr „Mister Nice Guys“ versuchen mit einem Drahtseilakt aus Diplomatie, Zurückhaltung und weichgespültem „Ich möchte, dass, was du möchtest mein Schatz“ die Herzen der Frauen erobern. Aber damit erreichen Sie genau das Gegenteil, denn Erotik lebt von einer gesunden Polarisierung! Und ein einfach nur „netter Mann“ macht eine Frau durch sein andauerndes gutmütiges Lächeln und seine demokratische, zurückhaltende Art früher oder später aggressiv.
Warum? Weil eine Frau in dem Mann zu Recht ein emotionales Gegenüber, eine Reibungsfläche mit wirklichen Ecken und Kanten erwartet. Eine richtige Frau möchte echte Hitze und Kälte hören UND auch spüren anstatt dieses ewige weichgespülte „mal schauen“. Ein klares Nein hören und spüren – das ist es, was sie braucht. Denn wie soll sie ihm sonst sein klares Ja glauben???
Nochmals: Sie möchte nicht nur hören, sondern es auch deutlich spüren, dass er in ihrer Beziehung ein unabhängiger Mann und kein kleiner Junge an Mamas Rockzipfel ist, den sie als „großes Kind“ neben den eigenen auch noch miterziehen muss.
👉 Was machen darum die meisten Frauen in einer Partnerschaft? Sie testen ihre Partner, ob diese auch wirklich ein Mann sind. Dieses andauernde Provozieren und Reizen ist nämlich nichts anderes als der Versuch herauszufinden, ob er ein wirklicher Mann ist.
Aber was beobachten wir heute in den Beziehungen? Die Männer werden immer mehr zu Opfern des aggressiven Verhaltens ihrer Partnerinnen. Eine meiner Beobachtungen möchte ich hier mal symptomatisch darstellen. Wohlgemerkt, das ist nur eine von vielen Beobachtungen, die aber die Grundhaltung vieler Partnerschaften beispielhaft ausdrücken:
Und wie hat sich der junge Vater dabei verhalten? Anstatt seine Partnerin männlich in die Schranken zu verweisen, hat er all das mit hängenden Schultern und Blicken ertragen und sich am Ende auch noch entschuldigt „tut mir leid, dass ich es immer vergesse“ waren seine Worte.
Das, was ich mit dieser kurzen Episode sagen möchte, ist eine traurige Entwicklung in unserer Gesellschaft: Männer erdulden immer mehr schweigend und demütig Gewalt, Erniedrigung und Demütigung durch ihre Partnerin. Und wenn ich das Wort „Gewalt“ benutze, dann meine ich das auch so! Ich möchte nur mal auf die Masterarbeit von Andreas Huber (Mannsbilder Lienz gewaltinfo.at März 2020) verweisen. Mehr Infos unter diesem Link: Andreas Huber Gewaltinfo.at
Kaum zu glauben, aber die Zahl der männlichen Gewalt-Opfer in Partnerschaften ist – je nach Gewaltform – wirklich auf gleicher Augenhöhe mit der von Frauen.
Und wer das noch nicht glauben möchte, dem empfehle ich das Buch „Rambo-Frauen“ von Peter Beck. Ein toller Ratgeber für Frauen, die bei den immer größeren Belastungen des Alltagswahnsinns draußen ihren Mann und zu Hause ihre Frau stehen müssen. Peter Beck zeigt mit Hilfe verschiedener Studien, dass die Frauenwelt durch die hohe Belastung immer aggressiver wird und dies entweder an der Beziehung, oder an sich selber – Thema Borderline lässt grüßen – auslassen.
E voila … wir sind wieder bei unserem Thema: „Begünstigt die fehlende Männlichkeit den Borderline in unserer Gesellschaft?
Einfach nur nette Männer haben selten einen gesunden Bezug zu ihrer eigenen Aggression. Viele lehnen diese männliche Eigenschaft sogar rundweg ab.
Und so sympathisch nette Männer auch sind, das Fehlen einer männlichen Aggression lässt sie bei Frauen immer wieder unattraktiv werden. Und bitte verstehe diesen Beitrag nicht als Ratgeber für den Aufbau einer Partnerschaft … es geht immer noch darum, dass eine nachlassende gesunde Männlichkeit, ein Vakuum auf der Frauenseite auslöst – ein Vakuum, dass sich u.a. in Borderline auslebt.
Nochmals mein Satz von vorhin: Es ist eigentlich egal, wie stark eine Frau ist. Aber sie wünscht sich einen Mann, der stärker ist als sie, an den sie sich anlehnen kann, an dessen Seite sie ihre Weiblichkeit ausleben kann… Jedoch betreten immer mehr Mister Nice Guys heute die gesellschaftliche Bühne. Leider sind sie damit aber eher für eine Kuschelparty und nicht für eine aufregende Partnerschaft zu gebrauchen.
Frauen wollen und brauchen nicht den ersten Schritt machen! Sie wünschen sich zu Recht, immer noch von einem Mann umworben und erobert werden, um sich dadurch als Frau bestätigt zu fühlen. Wenn sich der Verehrer aber nur nach ihren Wünschen ausrichtet, dann ist dies für die Frauen „abtörnend / langweilig“ und viele werden dadurch auch aggressiv (Borderline?).
Und warum das alles? Weil Frauen zu Recht erwarten dürfen, dass ein Partner sie sowohl begeistern und auch führen kann. Und genau hierin liegt eine wunderbare Eigenschaft der Frauen, die – wenn sie befriedigt wird – das Entstehen von Borderline wirksam unterbindet: Ein Mädchen lässt sich sehr gerne von seinem Vater / eine Frau von ihrem Mann in seiner Faszination anstecken und aus einer Unentschiedenheit oder Zögerlichkeit herausreißen.
Frauen suchen in einem Mann die Leidenschaft und den Abenteuergeist für das Leben, dem sie sich anschließen können. Mut, Willenskraft und Entscheidungsfreude – eingebettet in eigenen Lebenszielen und Visionen – dass (!) sind Kennzeichen von Männern, die keine Muttersöhnchen sind. Frauen suchen nämlich Männer und keine Muttersöhnchen. Ein typischer Mister Nice Guy weigert sich aber – wie Peter Pan – erwachsen zu werden. Der steht immer noch unter dem Einfluss seiner Mutter und rebelliert weiter gegen seinen Vater.
Du merkst, Männlichkeit hat viel mit dem eigenen Elternhaus zu tun … Lass uns darum noch ein wenig diesen Aspekt der emotional unreifen Eltern betrachten, denn … nicht nur die „Nicht-Männlichkeit“ kommt aus dem Elternhaus, auch Borderline ist in seinem Ursprung in den ersten Lebensjahren zu finden. Tiefere Informationen findest du unter folgendem Link: Borderline entsteht nicht aus dem Nichts
Borderline und eine falsche Männlichkeit sind beides Störungen in der Bindungsreife-Entwicklung. Warum das so ist, möchte ich gerne einmal erklären: Die Begründer der Bindungstheorie (Theory of attachment) und Erforscher des frühkindlichen Bindungsverhaltens waren John Bowlby und die tolle Mary Ainsworth.
Sie befassten sich mit der Frage, welcher Muttertyp eher mit einem sicheren oder einem unsicheren Bindungsverhalten bei den Babys in Verbindung gebracht werden kann – nochmals: Borderline ist eine Störung in der Bindungsreife-Entwicklung. Darum ist die Bindungstheorie hier absolut passend.
Bowlby und Ainsworth kamen dabei auf 4 mütterliche sogenannte positiv / negative Bindungs-Achsen, die man sich wie ein zusammenhängendes Kontinuum vorstellen kann:
Das Ergebnis ihrer Studien war, dass Feinfühligkeit der Mütter, bei den Kindern ganz besonders eine stabile Entwicklung förderte. Diese Feinfühligkeit ist deshalb so wichtig, weil solche Mütter gleichzeitig auch immer hohe Werte bei Akzeptanz, Kooperation und Verfügbarkeit hatten. Die unsensiblen Mütter hatten logischerweise einen niedrigeren Wert.
Wieder einmal meine Frage: Was hat dies mit dem Thema „fehlende Männlichkeit begünstigt – nicht verursacht – weiblichen Borderline“ zu tun? Borderline ist eine Störung in der Bindungsreife-Entwicklung. Mehr dazu unter folgendem Video: Borderline 👉 eine Störung der Bindungsreife-Entwicklung. Man kann einem Kind nur das beibringen, was man selber weiß. Wenn ich in einer Sprache z.B. nur 500 Wörter kenne, dann kann ich meinen Kindern nicht 600 Wörter beibringen. So ähnlich verhält es sich auch mit der Bindungsreife.
Mary Ainsworth zeigte mit ihren Studien auf, dass die Kinder von Müttern mit einem hohen Einfühlungsvermögen selber auch ein sichereres Bindungsverhalten erlernten. Mit einem hohen Einfühlungsvermögen und Verständnis ausgestattet, kann eine feinfühlige Mutter ihre Reaktion viel besser auf ihr Kind abstimmen und mit ihm kindgerecht umgehen – also es weder parentifizieren noch infantilisieren – es einfach altersgerecht aufwachsen zu lassen. Auf der anderen Seite stehen dann die unsensiblen Mütter, die das Verhalten ihres Kindes nicht richtig einordnen, dieses nur verzerrt wahrnehmen und sich damit auch nicht richtig einfühlen können. Hier ist die Gefahr einer Parentifizierung oder Infantilisierung sehr hoch – was die Ausgangsbasis für eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung / Borderline darstellt!
Dies war aber nicht nur das Ergebnis von Mary Ainsworth. Praktisch die gesamte psychologische Forschung unterstreicht sehr nachdrücklich, dass mütterliche Feinfühligkeit die zentrale Rolle bei der Bindungsreife-Entwicklung des Kindes spielen. Jeder der vier Bindungstypen ist zwar verschieden von den anderen, sie alle haben aber immer folgendes miteinander gemeinsam:
Logisch sind die Typen unterschiedlich stark ausgeprägt. In schweren Fällen muss man auch von einer psychischen Störung und einem eigenen Trauma der Eltern ausgehen. Ausgangslage ist aber immer die emotionale Unreife der Eltern, die zu einem unsicheren Bindungsstil führt.
❓Ist dies alles nun ein „Mutter-Bashing“? Ich hoffe sehr, dass du dies nicht so verstehst. Warum aber erwähne ich immer wieder die Mütter?
Nun, auch wenn sich vieles in unserer Gesellschaft verändert hat, die Kindererziehung beanspruchen immer noch überwiegend die Mütter. Warum ich dies so sage? Schauen wir doch mal auf die vielen Trennungspaare. Wie sieht es in der Regel (nicht die Ausnahmen) sondern in der Regel aus? Mütter beanspruchen die meiste Zeit der Kinder für sich und bekommen vor Gerichten fast immer hierbei den Zuspruch in den Themen Umgangs- und Sorgerechts. Darum spreche ich hier lediglich über Realitäten und möchte mich von einem Mutter-Bashing ausdrücklich distanzieren.
Lass uns diese vier ungesunden Bindungstypen noch kurz näher beschreiben, da sie meiner Beobachtung nach „emotional unreife Eltern“ am besten beschreiben:
Diese sind eher gefühlsorientiert und pendeln häufig zwischen der Einmischung in das Leben anderer / des Kindes und einem urplötzlichen Rückzug hin und her.
Aber gerade wegen der Instabilität und der Nicht-Planbarkeit des Lebens, leben sie oft in tiefer Angst. Solche Eltern orientieren sich mehr am Außen / an anderen Menschen in ihrer Suche nach Stabilität, anstatt in sich zu gehen und sich selber um eine Lösung zu bemühen. Sie geraten oft schon durch kleinste Probleme völlig aus der Fassung, und stellen sich dann als Opfer, die Umgebung / den Partner aber schnell als Retter oder Täter dar.
Zwanghaft auf die eigenen Ziele hin orientiert tun diese Eltern immer sehr busy / geschäftig. An allem versuchen sie „herumzubasteln“ um immer nur andere (!) aber niemals sich selbst zu verbessern. Man könnte es auch als eine Art Kontrollzwang beschreiben. Dieser Typus Eltern möchte seine Kinder wie kleine Soldaten kontrollieren und ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen prägen.
Alles aber bloß keine Intimität, keine Nähe. Immer schön die Leine extrem locker lassen um bloß keine Aufregung / keinen Konflikt anzufachen. Was am Anfang noch ganz angenehm erscheint, ist bei näherem Hinsehen genauso negativ wie die anderen Typen. Denn häufig suchen sich solche Bindungs-Vertreter einen besonders dominanten Partner, dem dann alles durchgelassen und erlaubt wird, inklusive Vernachlässigung bis hin zu Gewalt. Er schaut dabei dann weg, weil seine eigentliche Problem-Bewältigungsstrategie ist es ja, so etwas zu ignorieren.
Bei ihm fragt man sich zwangsläufig, warum er überhaupt in einer Familie lebt. Wegen fehlender Toleranz kann er mit Kindern und emotionaler Nähe praktisch nichts anfangen – fühlt sich davon immer nur gestört. Sein Erziehungsstil ist – einfach gesagt – auf ein „Befehlen“ reduziert. Echte Nähe oder Engagement sucht man bei ihnen vergebens. Sie sind eher im Arbeitszimmer, in der Küche, im Garten, bei der Wäsche oder in der Garage anzutreffen, anstatt dass sie Zeit mit der Familie zu verbringen würden.
So unterschiedlich all diese Charaktere auch sind, sie haben eine Gemeinsamkeit: Keiner von ihnen ist in der Lage, einem Kind dauerhafte Sicherheit zu vermitteln. 👉 Ihr Verhalten zeugt vor allem von einer persönlichen Unreife. Und diese Unreife erzeugt Bindungs-Unsicherheit. Bindungs-Unsicherheit? Das ist doch Borderline, oder? Und ja, da sind wir wieder bei unserem Thema.
Ein Gegenmittel wäre aber ein männlicher Vater, der seinen Kindern nicht nur die Nabelschnur nach der Geburt durchschneidet, sondern ihnen über Jahre hinweg bei dem so wichtigen „Abnabelungs-Prozess“ und dem Weg ins selbständige Leben zur Seite steht. Wie aber kann man als Mann eine Grund-Männlichkeit aufbauen? Ich hätte da folgende Tipps auf Lager:
6.1. Grenzen setzen mit Hilfe gesunder Aggression
Das Wort Aggression wird heute leider immer noch mit Gewalt gleichgesetzt. Dem ist aber nicht so. Gewalt ist abzulehnen! Aggression jedoch, stammt vom lateinischen Aggredi ab = (an etwas Herangehen, Grenzen setzen, etwas wagen) ab. Im Gegensatz zu Gewalt hat Aggression viel mit Disziplin und Wachsamkeit zu tun, die ich wie einen Muskel durch Sport, Wettkämpfe, Spiele oder vernünftige Konflikte trainieren kann.
Anstatt Konflikten auszuweichen, sollte ein Mann diesen konsequent, aber fair im Beruf, bei Freunden und besonders gegenüber dem anderen Geschlecht, nicht aus dem Weg gehen. Eine gesunde Aggressivität ist das genaue Gegenteil von „Jein“! OK … durch ein klares Ja oder Nein besteht das Risiko, dass ich mich falsch entscheide – aber selbst dann habe ich immer noch den Nutzen davon lernen zu können. Aggression hilft mir, meine Siege zu feiern und mich nach den zwangsläufigen Niederlagen auch wieder vom Boden aufzuraffen. Wie nannte es bereits der geniale polnische Psychologe Kazimierz Dabrowski? 👉 Eine „positive Desintegration“. Frei übersetzt besagt diese Theorie, dass ich erst durch das Fallen ein Aufstehen und mehr Stabilität erlerne.
Wenn ich also täglich etwas Kleines riskiere (die 1 % Regel von Jakob Nielsen), trainiere ich diese wunderbare Eigenschaft und meine Angst weicht einer inneren Stärke und einem männlichen Selbstbewusstsein.
6.2. Wo keine Vision ist, wird ein Volk zügellos (Sprüche 29:18)
Dieser alte Bibelspruch wurde zwar schon vor über 3.000 Jahren niedergeschrieben, ist aber Aktualität nicht zu toppen … Auch Friedrich Nietzsche (1844 – 1900) hat diesen gut formuliert: „Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie“ Das bedeutet, dass, wer keine Vision / kein Ziel im Leben hat, der weiß auch nicht, warum und wofür er eigentlich Verantwortung übernehmen soll. So eine Lebensvision ist wie ein Polarstern / ein Fixstern im Leben und hilft uns, Entscheidungen zu treffen und dann auch die Konsequenzen dafür zu tragen.
Mit einer Lebensvision legt man die ewige unmännliche Opferhaltung ab, dass andere an unserer Situation schuld sind. Durch die Vision werden wir zum Schöpfer und zum Lenker sowohl unseres Lebens als auch des Lebens von Anderen. Anstatt passiv darauf zu warten, dass sich irgendwas oder Irgendwer verändert (der Lottogewinn), entwickeln und gehen wir selber unsere beruflichen und privaten Wege.
Eine Visionen kommt nicht von selbst – wie eine plötzliche Eingebung im Traum. Ich muss mir Zeit dafür nehmen – täglich – um mir bewusst zu machen, was ich in meinem Leben eigentlich möchte / welchen „Fußabdruck“ ich hinterlassen möchte. Indem ich jeden Tag etwas von dem umsetze, was mein Lebensziel ist, umso männlicher, integer wird man für sich und seine Umwelt.
6.3. Frieden schließen mit dem eigenen Vater
Wer nicht weiß, woher er kommt, der weiß auch nicht, wohin er gehen soll. Darum hat auch jedes Auto einen Rückspiegel. Und wie wichtig unsere Vergangenheit ist, zeigt sich mit einem Blick auf die Indianerstämme, die in sogenannte Reservate umgesiedelt wurden. Als sie ihrer Vergangenheit beraubt wurden, war die Zukunft für sie genauso dunkel …
Für viele fühlt sich der Gedanke an den eigenen Vater wie eine tiefe Wunde / ein rotes Tuch an. Aber: wer bis jetzt noch keinen Frieden mit seinem Vater geschlossen hat, der kann meiner Beobachtung nach auch wirklich Männlich sein. Es ist auch nicht von Belang, ob der eigene Vater noch lebt oder bereits verstorben ist. Um den alten Groll und die innere Enttäuschung zu beenden, müssen wir dem Vater gegenüber Wertschätzung und Dank zum Ausdruck bringen. Dann können wir, so wie es der Psychoanalytiker Carl Gustav Jung mit dem Archetypen des Königs beschrieb, auch mit Liebe und Respekt für den Vater und allen anderen Menschen gegenüber durchs Leben gehen.
Das Beste wäre natürlich, diesen Frieden von Angesicht zu Angesicht zu schließen. Es geht aber auch am Grab. Dies ist auch der männlichste Weg aus einer Opferhaltung auszubrechen. Und diese Opfermentalität zieht sich von der fehlenden Männlichkeit in unserer Gesellschaft durch bis zum Borderline.
6.4. Weniger weibliche, dafür mehr männliche Freundschaften
Wir alle brauchen Freunde! Sämtliche Studien zeigen eindeutig, dass Freundschaften für eine stabile Psyche einen festen Bestandteil darstellen. Und so, wie es Frauen-Freundschaften gibt, so wichtig sind für einen Mann die Männerfreundschaften.
Sie unterscheiden sich aber grundsätzlich voneinander. Frauen kommunizieren und treffen sich überwiegend wegen zwischenmenschlichen Dingen. Männer treffen sich, um etwas gemeinsam zu tun. Das ist eine ganz andere Verbindlichkeit, eine völlig eigene Form von gegenseitiger emotionaler Unterstützung und Fürsorge.
6.5. Das Leben selber in die Hand nehmen – ohne eine Frau oder die eigene Mutter
Wenn ich dich mal persönlich fragen darf: „Könntest du für ein Jahr problemlos ohne eine Frau leben, oder würde dir hier so viel fehlen, dass du so einer Frage am liebsten ausweichen würdest? Wenn ja, dann besteht die Gefahr, dass du vom anderen Geschlecht emotional abhängig bist.
👉Wie aber kann man solch eine Abhängigkeit auflösen? Der Schritt hierzu ist vielleicht nicht so einfach zu verstehen: Es geht, indem wir offen und klar auf unsere Abhängigkeiten blicken und diese angehen.
„Aber ich bin mir dieser Tatsachen doch bewusst“ magst du einwenden. Das mag schon sein … jedoch ist dies eine rein kognitive, verstandesmäßige Antwort.
Was ich meine geht jedoch viel tiefer. Ich denke an ein Hinschauen und sich bewusst mit diesem Zustand erst einmal befrieden. Frieden kommt aus dem althochdeutschen „fridu“ und bedeutet unter anderem auch Freundschaft.
Es ist also eine Art von Freundschaft schließen mit all den verdrängten Gefühlen von Schuld, Scham und Demütigungen seitens emotional unreifer Eltern. Und dieser Frieden, der braucht – genau wie eine Freundschaft – Zeit um sich gesehen zu fühlen. Solche – von einer Frau verursachten Gefühle – können nicht durch eine andere Frau geheilt werden. Darum müssen wir uns als Mann eine (männliche!) Unterstützung suchen, um diese Verletzungen zu heilen.
6.6. Die Führung in der Partnerschaft übernehmen
Ich habe bereits den Satz gesagt und wiederhole ihn hier wegen seiner Wichtigkeit noch einmal:
👉Egal wie stark eine Frau ist … sie braucht einen Mann, der stärker ist als sie. Einen Mann, an den sie sich anlehnen kann und durch den sie Kraft für das Leben außerhalb der Partnerschaft bekommt und nicht entzogen bekommt weil sie sich um ihn kümmern muss.
Wir alle sind immer auch zu 100 Prozent verantwortlich für unsere Beziehung – dasselbe gilt auch für unsere Partnerin. Darum mein Rat an alle Männer:
Wichtig hierbei ist aber auch, dass es genauso ehrenvoll und männlich ist, den konsequenten Schlussstrich zu ziehen, wenn es nötig ist.
Egal ob Single oder Ehemann … eine Frau / deine Frau darf einen „jagenden Mann“ erwarten 😊
6.7. Die eigentliche Kraftquelle bist du selber – niemand anderes
Wissenschaftler setzen die Kraft des Alleinseins vor allem auch bei Stresspatienten ein. Diese Therapieform – geprägt Ende der 1970er Jahre durch die beiden Psychologen Peter Suedfeld und Roderick Borrie – wird in dem Wörterbuch der APA als REST (Technik der eingeschränkten Umweltstimulation – Restricted Environmental Stimulation Therapy – bezeichnet.
Man kann dies leicht in den Alltag integrieren, indem ich mich regelmäßig zum Alleinsein zurückziehe, z.B. täglich alleine joggen, Spazierengehen oder Rad fahren. Aber auch regelmäßige Mediation führt zu einem männlicheren Ich. Wusstest du, dass du deinen Vagus-Nerv dadurch effektiv stimulieren kannst? Und wofür der Vagus-Nerv alles verantwortlich ist, dass kannst du in dem Buch „Die Darm-Hirn-Connection“ von Professor Gregor Hasler einmal nachlesen.
6.8. Mach die Kindererziehung auch mal zu deiner „Chef-Sache“
Der Stellenwert den wir als Väter für unsere Kinder haben ist mit nichts zu unterschätzen. Warum schneidet der Vater bei der Geburt traditionell die Nabelschnur durch? Weil dies der Anfang einer lebenslangen Begleitung des Kindes auf der anderen Seite des Stabilitäts-Kontinuums von Vater und Mutter ist. Mütter sind der wunderbare Hafen, in den ein Kind immer dann zurückkehrt, wenn das Leben einem Angst bereitet. Väter aber sind wiederum diejenigen, die ihren Kindern immer wieder den Mut machen, in die Welt hinauszugehen.
Der Einfluss von Vätern auf die künftigen Beziehungen des Kindes ist extrem groß. Und weil dem so ist, sollten wir als Väter konsequent an der Erziehung unserer Kinder teilhaben. Dazu zählt neben der investierten Zeit auch der Wunsch, neben gemeinsamen Spiel, den Kindern immer etwas für das Leben NACH dem Elternhaus mitzugeben. Dieser Rat gilt nicht nur Familienvätern, sondern vor allem auch Trennungsvätern. Ein Vater ist – genauso wie eine Mutter – durch nichts zu ersetzen. Darum gibt es ja auch den Loyalitätsparagraphen 1684 im BGB dass ein Kind das Recht auf beide Elternteile hat.
Bist du Trennungsvater? Dann kämpfen immer darum, dass du in einem regelmäßigen Kontakt zu Deinen Kindern stehst und akzeptiere nicht, wenn deine Expartnerin oder ihre neue Lebenssituation deine Kinder gegen dich aufbringt. Aber auch, wenn du keine Kinder hast, dann gibt es bestimmt noch Patenkinder oder gute Freunde mit Kindern. Schenke diesen deine Zeit und dein männliches Vorbild als Onkel, Freund oder großer Nachbar. Sowohl die Kinder als auch du – ihr beide habt einen Nutzen davon.
Borderline ist eine Therapie, dies sich sehr von anderen Therapieformen unterscheidet. Ich würde diese Therapieform auch als Training fürs Leben bezeichnen.
Und wie im “normalen Leben” brauchen wir auch in der Borderline-Therapie Softskills, um mit den täglichen Anforderungen dieser Persönlichkeitsstörung besser umgehen zu können.
Borderline hat viel mit Emotionsregulation zu tun. Darum ist es sehr passend, dass die hier angeführten und sehr praxisbezogenen Skills eine wirksame Hilfe darstellen, die eigenen Emotionen effektiv unter Kontrolle zu halten und besser für sich nutzbar zu machen.
Dieses Buch ist nicht nur für Therapeuten eine Schatzkiste an Ratschlägen. Auch für betroffene Borderline und auch für Angehörige ist dieses Buch ein “Augenöffner” und Helfer für den Alltag. Ein tolles Werk für jeden Betroffenen.
Es sind viele Bereiche, die wir ansprechen können: Angefangen vom Umgang mit Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch über Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer häufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind.
Ich möchte aber nicht nur über Fragen sprechen, sondern auch praxisgerechte Lösungen anbieten:
Buchen Sie sich einfach auf meinem Online-Kalender ein Zeitfenster oder nutzen Sie mein klassisches Kontaktformular um mit mir in Verbindung zu treten. Ich freue mich auf Sie. Ihr Marcus