Die therapeutische Beziehung
Die Beziehung zwischen dem Psychotherapeuten und dem Patienten spielt eine sehr wichtige Rolle – oft ist diese noch wichtiger als die angewandte Behandlungstechnik….
Sie sollte am Beginn von gegenseitigem Vertrauen und einem gewissen Mindestmaß an Sympathie gekennzeichnet sein, damit sich der Patient überhaupt öffnen und über Inhalte sprechen kann, die schmerzlich oder schambesetzt sind, über die er also nur mit sehr wenigen Menschen überhaupt sprechen wird. Im Verlauf der Therapie wird die therapeutische Beziehung aber auch immer wieder einmal zum Spiegel von Konflikten.
Der amerikanische Psychotherapeut Watzlawik hat anhand einer recht „schönen Geschichte“ einmal versucht, zu veranschaulichen, worum es in Beziehungen geht:
Ein Mann braucht einmal einen Hammer, um ein Bild aufzuhängen und beschließt, diesen vom Nachbarn aus dem 5. Stock borgen zu gehen. Während er nun die Treppen hinauf steigt, gehen ihm allerhand Gedanken durch den Kopf. „Vielleicht hält Herr Müller gerade einen Mittagsschlaf und fühlt sich gestört von mir, oder er hat Besuch. Möglicherweise wird er abfällig von mir denken, weil ich nicht einmal einen Hammer zu Hause habe. Er macht so einen handwerklichen Eindruck, so etwas könnte ihm sicher nie passieren, dass er ein Werkzeug borgen muss. Überhaupt scheint er mich nicht sehr zu schätzen, weil er manchmal so etwas komisch kuckt, wenn wir uns grüßen.“
Oben klingelt er und sagt voll Grimm: „Ach Herr Müller, behalten Sie doch Ihren blöden Hammer für sich!“
Unsere Beziehungen zu anderen Menschen
- werden nicht nur dadurch bestimmt, wie die anderen „wirklich“ und „objektiv“ sind, sondern auch durch unsere Vorstellungen, Fantasien und Gedanken über sie.
In der Psychotherapie steht dem Patienten mehr Raum als irgendwo sonst zur Verfügung, um über diese Fantasien zu sprechen und sich über diese – teilweise in Bruchteilen einer Sekunde völlig automatisiert ablaufende Vorstellungs- und Gedankenketten – klarer zu werden.
Am einfachsten geschieht dies innerhalb der therapeutischen Beziehung selbst. Denn von seinen Beziehungen „draußen“ kann der Patient letztlich erzählen, was er will. Bei dem, was zwischen Patient und Therapeut geschieht, ist der Therapeut unmittelbar dabei, kann also aus seiner Sicht viel besser mitreden.
Sollte sich ein Patient Fragen über seinen Therapeuten stellen, sich wundern, warum er etwas tut oder lässt, oder sich gar ärgern, tut er in seinem eigenen Interesse gut daran, den Mut aufzubringen, es anzusprechen.
Gerade bei Ärger über den Therapeuten liegt es nahe, die Therapie abzubrechen.
Gerade bei Ärger ist der Patient erfahrungsgemäß jedoch in seiner Beziehungsgestaltung zum Therapeuten an einer sehr wichtigen Stelle angelangt und sollte eben deswegen die Therapie gerade hier nicht abbrechen, sondern das bestehende Problem freimütig ansprechen.
Der Psychotherapeut wird ihm antworten, aber – was manche Patienten verwirrt – nicht sofort. Zunächst wird er sich nach Vermutungen und Fantasien des Patienten erkundigen, warum er sich so oder so verhalten hat.
Täte er das nicht, sondern würde er seinem natürlichen Impuls folgen und sofort auf die Frage antworten, wie er es privat macht, dann würde er dem Patienten den Raum nehmen, um sich über seine Beziehungsfantasien und Einstellungen bewusst zu werden.
Auch hier handelt es sich also um eine bewusste Veränderung einer normalen Kommunikationssituation.