Borderline und das Helfersyndrom

Borderliner und das Helfersyndrom

Ein Plädoyer für die humanistische Therapie 
Ist das Thema wirklich ernst gemeint?
⇒ Borderliner und Helfersyndrom?

Man mag schon daran zweifeln. Denn wenn man sich die Kriterien für eine Borderliner-Persönlichkeitsstörung anschaut (rechte Spalte / Quelle DSM 5) und sich in Erinnerung ruft, mit welche harten Beschreibungen die Menschen beschrieben werden

      • bitterböse Borderliner
      • toxische Menschen
      • Kotzbrocken

dann kann schon das eine oder andere Fragezeichen entstehen.

Mit diesem Blog möchte ich aber auf eine andere, vielen sehr unbekannte Seite der BPS (Borderline-Persönlichkeitsstörung) hinweisen: die helfende Seite.

Wie wir im weiteren Verlaufe aber sehen werden, ist diese nicht nur positiv für den Patienten und seine Umgebung, sondern birgt auch große Gefahren.

 

Ursprung dieses Blogs sind Antworten von BPS Patienten auf Fragen aus dem DIB, dem Diagnostischen Interview für das Borderlinesyndrom. 

Auszugsweise möchte ich hier einmal 2 Fragen zitieren, welche von Borderline-Patienten überdurchschnittlich bejahend beantwortet werden:

    1. „Neigen Sie dazu, sich um Tiere / Menschen welche sich in Problemen befinden, sorgen zu machen?“
    2. „Versuchen Sie aktiv, sich um andere zu kümmern?“ 

Solche Fragen enthalten auf den ersten Blick nichts Schlimmes. Ja, man könnte zuerst denken, dass diejenigen welche diese Fragen mit Ja beantworten, willkommene Bewerber für Pflegende Berufe wären. 

Helfen ist ein positives und sozial angesehenes Merkmal von Menschen.
Helfen ist aber auch ein diagnostisches Kriterium für die BPS, die Borderline-Persönlichkeitsstörung! 

Auf den ersten Blick mag dies nun widersprüchlich klingen, jedoch möchte ich im weiteren Verlauf etwas Licht in das Dunkel dieser Behauptung bringen. 

Studien und Beobachtungen aus der Praxis haben nämlich deutlich gezeigt, das Borderline-Patienten ausgesprochen gerne und oft ihren Mitpatienten in einer Klinik und im täglichen Leben helfen – sich selbst helfen sie sich jedoch selten!

Diese Gefahr, zuviel für andere und zu wenig für sich selbst zu tun,, beobachtet man auch bei der anderen Gruppe der BPS-Behandlung: den Therapeuten, Pflegern, Ärzten ect. Dies ist ein spannender Gedanke und wird später noch näher betrachtet. 

Ist ein Borderliner eventuell besonders geeignet, anderen beruflich und professionell zu helfen?

Nein! Dieses klare „Nein“ hat 2 Gründe:

    1. Die enorm hohe Belastung durch das professionelle Helfen
    2. Es ist notwendig, stets die technische Neutralität einzuhalten. Und gerade hier liegt ein Kernproblem bei der BPS. 
      Wenn wir uns weiter oben nochmals die 9 Kriterien für die BPS ansehen, dann liegt es auf der Hand dass die Instabilität, die Identitätsstörung und besonders die Impulsivität das Helfersyndrom des BPS-Patienten in seiner Wirksamkeit völlig untergraben. 
Mit welchen Eigenschaften sollte ein Therapeut ausgestattet sein, wenn er sich mit BPS-Patienten auseinandersetzt?

Interessant ist, wie Borderline-Patienten (!) diese Frage beantwortet haben. 

    • (1) Welche Eigenschaften sollte er NICHT haben?
      • Arrogant, ignorant, desintereessiert, egoistisch, eingebildet, unkonzentriert, faul, anbedernd / schleimig, parteiisch, zu nett….
    • (2) Welche Eigenschaften sollte er haben?
      • ehrlich, einfühlsam, konkret, Kompetenz, ausdauernd, humorvoll, streng, unterstützend, konstruktiv, konfliktbereit, trennen können zwischen Beruf und Privat.

Diese Aufzählung – wohlgemerkt direkt von befragten Borderliner-Patienten – ähnelt der von professionellen Therapeuten verschiedener Schulrichtungen. 

Wir kennen die unterschiedlichen therapeutischen Schulrichtungen welche alle sich mit dem Phänomen der BPS intensiv auseinander setzen. Da ist zum Einen die DBT (Dialektisch behaviorale Therapie) und auch die TFP (Die Übertragungsfokussierte Psychotherapie) 
Weitere sind die kognitive Verhaltenstherapie, die Psychoanalyse und die humanistische Tradition. 

All diese Richtungen haben aber auch Forderungen an die Fähigkeiten der Therapeuten und diese decken sich mit den Angaben / den Wünschen der Borderliner-Patienten an ihre Therapeuten:

      1. Emotional präsent sein – bis hin zur kontrollierenden Dominanz 
      2. Sie halten die Kontrolle über die Therapie aufrecht
      3. Sie fördern einen ehrlichen Affektausdruck  beim Patienten
      4. sind hartnäckig wenn es um das Herausarbeiten von Verhaltensmustern geht
      5. lassen sich nicht ablenken wenn der Patient Verwirren und Vernebeln möchte
      6. muten sich und dem Patienten einiges an Konfrontation zu. „Beide sind keine Opfer“
      7. haben ein hohes Maß an Interesse am Patienten
      8. Sind nicht rigide
      9. Können Machtkämpfe stehts aus der Meta-Ebene heraus betrachten und kommentieren
      10. haben einen guten Sinn für Witz und Humor und setzen diesen auch gewinnbringend in der Therapie mit ein.

Die obigen Eigenschaften leiten sich von einem dielaktischen Grundverständnis der therapeutischen Beziehung her. 
Hier werden scheinbare Gegensätze wie die Folgenden in eine ausgeglichene Balance gebracht: 

      • Annehmen des Patienten aber auch Veränderungsorientierung
      • Stützen und trotzdem Fordern
      • Stabilität und andererseits Flexibilität 
Gefahren durch das „Helfersyndrom“

In der Praxis beobachtet man, dass sich viele Borderliner-Patienten während einer eigenen Therapie aufopferungsvoll um andere Mitpatienten kümmern. Häufig geschieht dies sogar recht effektiv – fast schon besser als durch den Therapeuten selber. 

      • Sie trösten, stützen einander und geben anderen Schutz. Diese positiven Folgen des Helfens möchte ich nicht unter den Tisch kehren oder gering schätzen.

So toll sich dies anfänglich auch anfühlt, dies ist aber für die eigene BPS-Therapie ein „KO-Kriterium“ und zeugt von einem pathologischen Verhalten des Borderliner-Patienten:

    1. Selbstaufwertung durch die Position eines Helfers
    2. Selbstentwertung, wenn die eigens gestellte Aufgabe unlösbar war.
    3. Selbstvernachlässigung
    4. Ablenken von den eigenen ungelösten Nöten
    5. Vermeiden wichtiger Schritte in der eigenen Therapie. 
    6. Um ein überstarkes „Über-Ich“ (Freud lässt grüßen) zu besänftigen
    7. Autoaggressivität durch exzessives Helfen. 
Borderline ist heute überall – ein kleiner subjektiver „Ausflug“

Borderline ist – ganz einfach beschrieben – gekennzeichnet u.a. durch Spaltung. Diese Spaltung erfolgt durch Idealisierung und Entwertung.

Wenn man dies im Hinterkopf behält, dann finden wir dieses „Schwarz-Weiß-Denken/Handeln“ überall auf unserer Welt. Auch in der von Kliniken, medizinischen Kongressen und Therapeutischen Schulen. 

Wer noch genauer hinschaut, sieht diese angesprochene Spaltung besonders in den Schulen, welche sich mit der Borderline-Spaltung beschäftigen.

— Verhaltenstherapeuten, deren Therapieerfolge klar belegt sind, sagen dass die Psychoanalyse praktisch keine Effektivität in der BPS belegen könne.

— Die Analytiker bezeichnen die Verhaltenstherapie im Gegenzug dazu als eine Art „Patienten-Dressur“.           

Dieses Verhalten begünstigt genauso eine Spaltung und sollte von allen Beteiligten sehr kritisch betrachtet werden. Wir dürfen nämlich nicht übersehen, dass es den einen Königsweg gar nicht geben kann! Allein die extreme Unterschiedlichkeit bei den Patienten macht eine einheitliche Behandlung aller BPS Patienten unmöglich. 

                                                                                                                                             

Was macht einen stabilen Therapeuten aus?

Zuallererst: Es ist aus heutiger Sicht nicht vernünftig, wenn ein Borderliner einen anderen Borderliner behandelt. 
Zwar kann ein Borderliner den anderen Borderliner gut verstehen und sich in diesen hineinversetzen – er kann dieses Wissen dann aber anschließend nicht in professioneller Art und Weise zum Nutzen des Mitpatienten anwenden. Darum ist er als Therapeut nicht nützlich. 

Gute und stabile Therapeuten sind zwar auch unvollkommen mit all ihren Macken und Schwächen, aber allein durch ihre stabile Persönlichkeit wirken sie schon mal aus sich heraus in der Psychotherapie. 

Gute Therapeuten sind technisch neutral und unterlassen inadäquate Verhaltensweisen wie z.B. die folgenden: 

      • feindselige Haltung dem Patienten gegenüber 
      • Pessimismus
      • Narzissmus und Mangel an Selbstkritik
      • Verführung des Patienten
      • ein zu großer Drang, den Patienten zu einer Änderung zu bewegen.

Folgende 5 Kriterien sind unersetzlich für eine gute BPS-Therapie:

    1. kein Mitagieren. Selbst massive Übertragungen des Patienten können ertragen werden
    2. Nähe-Distanz. Fürsorge durch Nähe und Beachtung der eigenen Fehler durch Distanz
    3. Autonomiewahrung: Respekt gegenüber den „Basic Beliefs“ des Patienten, ohne moralische Beurteilung. 
    4. Fairness: Prinzip der Gleichheit und Gerechtigkeit. 
    5. Loyalität: Die Schweigepflicht, dem Patienten zur Verfügung stehen und Authentizität. 

Epilog

Personen mit einer Borderliner-Struktur mögen sich den Helfer-Berufen innerlich sehr zugehörig fühlen und diese auch engagiert angehen. Schließlich wollen sie ja nicht, dass anderen genau das widerfährt, was auch ihnen passiert.
Dies ist sehr ehrenwert und sollte von Außenstehenden auch immer positiv gewertet werden. 

Trotzdem befinden sie sich auf Grund ihrer Borderliner-Struktur in einem Dilemma / einem Spannungsfeld:

    • Einerseits möchten sie alles besonders gut machen
    • Andererseits müssen sie ja auch eine notwendige Distanz wahren um nicht mit dem Patienten zu „verschmelzen“. Dies kostet sie aber immens viel Kraft da sie in ihrer Borderliner-Struktur ja immer genau diese besondere Verschmelzung suchen. 

Wie lange kann ein engagierter Helfer mit BPS diesen Spagat durchhalten? Gerade jene engagierten Helfer tappen recht schnell in die „Burn out“ Falle. 
„Burn out“ katapultiert förmlich das Leid auf die nächste Stufe! Denn persönliche Stabilität und Wohlbefinden sind bei diesem Krankheitsbild noch weit entfernt. 

    • Wer selber eine Borderliner-Struktur hat, sollte alles für die eigene persönliche, positive Entwicklung und Stabilität unternehmen.
    • Hat er dieses Ziel einmal erreicht, dann (!) kann er durchaus Psychotherapeut werden und kann mit seinem Wissen und seinem Einfühlungsvermögen anderen Menschen mit Sicherheit zu einem Gewinn in der Therapie verhelfen. 

Gerne können wir persönlich diesen Weg miteinander versuchen zu beschreiten. 
Wenn ich Sie hierbei ein wenig begleiten darf dann würde ich mich auf Ihren Kontakt freuen. 

Sie können mich jederzeit kontaktieren unter Kontakt

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Depression – 17 Fragen und Antworten

Volkskrankheit Depression

Wenn das Leben plötzlich dunkel wird….

Auch wenn die Zahlen erschreckend sind: Zwischen 5 und 6 Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer Form der Depression. 

Warum kann diese Zahl aber auch Mut machen?
Nun, sie zählt zu den mit am intensivsten erforschten Krankheiten der Psyche und viele wirkungsvolle Therapien wurden hierfür bereits entwickelt. 

Warum diese Seite?
Da es manchmal ganz konkrete Fragen aus der Praxis / für die Praxis gibt, habe ich hier diejenigen  zusammengefasst, welche mit am häufigsten in diesem  Kontext gestellt werden. 

Wenn Sie ganz persönliche Fragen zu diesem Thema haben, dann freue ich mich, wenn Sie mich direkt kontaktieren.
Zu meinem Kontakt geht es hier:  Kontaktseite

17 Fragen und Antworten

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Woran erkenne ich ob ich lediglich unglücklich bin oder bereits krank bin und mich in einer Depression befinde?

 

Wir alle erleiden immer wieder in unserem Leben Verluste und Schicksalsschläge. Dies gehört zu unserem Menschsein dazu.

Depression zeichnet sich dadurch aus,

      • dass das Tief nicht mehr weggeht und das nach 14 Tagen immer noch keine Aussicht auf Besserung besteht.
      • Dass die Stimmung fast permanent negativ ist.
      • Das Interesse, der Antrieb und die Hoffnung auf eine Veränderung sind verloren gegangen.
      • Der Antrieb verloren gegangen ist
      • Und das viele weitere vegetative und körperliche Symptome noch dazukommen
Es gibt im Internet jede Menge Selbsttests die man machen kann, in welchen man Fragen beantwortet und dann gezeigt bekommt, ob man zu dieser Risikogruppe oder nicht. Sind diese Test empfehlenswert?

Statt sich durch diese Test durchzuwühlen ist es deutlilch einfacher, sich 2 Fragen zu stellen:

      1. Habe ich in den letzten 14 Tagen eine deutliche Verschlechterung der Stimmung erlebt und
      2. sind die Aktivitäten welche ich sonst entwickelt habe und bei welchen ich Spaß und Freude hatte deutlich weniger geworden?

Das sind 2 recht einfache Fragen aber sie zeigen etwas deutlich an:

Wenn die schon mit JA beantwortet werden, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht, das Depressionen aufgetreten sind

Dann lohnt es, sich mit diesen etwas näher zu beschäftigen

Allerdings ist so ein einfacher Test aus dem Netz in der Regel nicht mehr ausreichend. Dann sollte man schon einen Arzt / einen Facharzt konsultieren

Welche körperlichen Symptome kann man bei einer Depression häufig erkennen

 

Wir müssen bei der Depression zwischen der leichten, der mittelschweren und der schweren Depression unterscheiden.

      • Bei einer schweren Depression sind Schlafstörungen mit frühem Aufwachen häufig mit einem Morgentief charakteristisch
      • Bei der leichten bzw. mittleren Depression kann das auch am Abend in Kombination mit Einschlafstörungen auftreten.
      • Die Lust am Essen ist vergangen – es kommt dann häufig zu Gewichtsveränderungen.
      • Die Lust am Sex geht verloren und
      • Der Verlust von Motivation zu Veränderungen
      • Und der Bewegungsdrang nimmt ab. Ich habe keine Lust mehr rauszugehen, Sport zu betreiben ect. Der persönliche Aktionsradius schrumft gewaltig.

 

5,3 Millionen Deutsche (11 % der Frauen und 5 % der Männer) sind aktuell in Deutschland an Depression erkrankt. Dies zeigt deutlich: Depression ist keine Einbildung!

Depression ist eine tatsächlich anerkannte Krankheit welche im internationalen Katalog der Krankheiten (dem ICD 10, herausgegeben von der WHO) seit Jahren einen festen Platz hat unter der Kennziffer F32.

Diese Krankheit hat durch ihre Auswirkungen und ihre Häufigkeit deutlich negative  Folgen für unsere Volkswirtschaft.

    • Arbeitsunfähigkeit ist z.B. eine relativ häufige Konsequenz. Wenn ich mich zu nichts mehr aufraffen kann dann leidet auch die Arbeitsfähigkeit
    • Andererseits ist das persönliche, das individuelle Leiden bei dieser Krankheit sehr groß

Andererseits kann man aber auch sagen, das die Depression eine recht „günstige Krankheit“ ist, da mehr als  90 % der Erkrankten in relativ kurzer oder längerer Zeit wieder gesund werden. Genau hier kann die Therapie ansetzen und dafür sorgen dass die Krankheit nicht so lange bleibt sondern früher wieder geht.

Welche Gesellschaftsschichten sind für Depressionen gefährdeter / anfälliger? Sind es eher die oberen, die unteren Gesellschaftsschichten oder kann man dies nicht so genau sagen?

 

Generell finden wir die Erkrankten in allen Gesellschaftsschichten.

Auffallend ist jedoch, dass Menschen die unter starkem finanziellen oder beruflichen Druck stehen und ein geringeres soziales Netz haben häufiger an Depression erkranken.

Damit wären wir dann tendenziell wieder bei den unteren oder mittleren Schichten. Diese finden wir bei den Depressionskranken etwas häufiger als sozial etablierte Menschen.

Gibt es auch einen genetischen Anteil? Kann ich eine Anfälligkeit für eine Depression vererbt bekommen?

 

Traurigkeit und Pessimismus gehört zu unserem täglichen Leben einfach dazu. Jedoch die Unfähigkeit aus der Traurigkeit wieder herauszukommen, diesen nicht mehr verlassen zu können, dies scheint etwas zu sein, was in unseren Genen bzw. in unser „Gehirnchemie“ verankert ist.

Nach heutigem Wissen sind 2 Faktoren nachgewiesen

      1. es gibt also eine Häufung bei Menschen deren Eltern auch depressiv ertrank sind.
      2. Andererseits gibt es auch eine deutliche Häufung von Depression bei Menschen welche in ihrer Kindheit bestimmte schwierige Lebenssituationen und Verluste erlitten haben

Beide Faktoren sind in etwa gleichwertig zu sehen

Viele berühmte Personen tauchen auf, wenn man mal nach Depressionserkrankungen sucht: Ludwig van Beethoven, Winston Churchill, Thomas Mann, Marilyn Monroe, Robert Enke, Heath Ledger, Prinzessin Diana.Wieso schämen sich trotzdem so viele Leute darüber zu sprechen?

 

    1. Das was als typische Reaktion kommt wenn ich mich zu einer Depression „oute“ ist häufig einfach dieses:
    • „reiß dich zusammen“
    • „das wird schon wieder“

Menschen die eine Depression selber noch nicht durchlebt haben können sich das alles nur schwer vorstellen. Sie kennen nur Ihre „Alltagstraurigkeit“ bei der ein „Zusammenreißen“ durchaus auch hilft.

In der Depression ist die Basis hierfür jedoch gar nicht vorhanden. Das macht es so schwierig,  sich dazu zu bekennen „ich bin depressiv erkrankt“

    1. Als zweiten Punkt sollte man erwähnen, dass die Depression den Bereich der Psyche betrifft. Erkrankungen der Psyche sind in unserer Gesellschaft jedoch immer noch stigmatisiert und ausgegrenzt. Das ist etwas, was man nicht so gerne hat.

Jedoch sind die Depression und die Angststörungen Krankheitsbilder, die noch am wenigsten Ausgrenzungserfahrungen mit sich bringen

Es ist durchaus möglich dass ich mit einem Menschen befreundet bin, welcher depressiv erkrankt ist oder in der Familie einen Schwiegersohn zu haben welcher auch an einer Depression leidet. 
Dies ist bei vielen anderen seelischen Störungen schon deutlich schwieriger

Was kann man gegen die Vorurteile der Umgebung tun? Gibt es einen präventiven Ansatz wie man dem begegnen kann?

 

Folgende Anlaufstellen geben im Internet hierauf gute Tipps:

    • Bündnis gegen Depression
    • Stiftung Deutsche Depressionshilfe

Dies sind gute Initiativen welche Informationen verbreiten auf verschiedenen Wegen wie z.B. über Schulen, Vorträge, Krankenkassen usw. Dies alles ist im Wachsen begriffen

Es ist auch ein wichtiger Punkt Menschen darauf hinzuweisen dass sie nicht zu lange warten wenn sie depressiv sind bis sich die Depression richtig verfestigt hat und es dann zunehmend schwerer wird – auch in der Behandlung – dann wieder herauszukommen

 Was kann ich als Betroffener meinen Arbeitskollegen oder meinen Freunden sagen damit es bei denen klick macht?

 

Dies ist zwar nicht leicht, aber lösbar:

    • Am ehesten sollte man dort ansetzen, wo Menschen selber schon depressive Erfahrungen hatten. Diese sind ja gar nicht so selten – 10% der Menschen erkranken daran – darum ist es durchaus möglich, dass auch im Freundschafts- oder Bekanntenkreis, auf der Arbeitsstelle jemand da ist, der diese Erkrankung schon kennt oder aus seiner Umgebung heraus kennt.

    • Anders ist es schwieriger. Für Angehörige oder die Umgebung welche diese Erkrankung nicht kennen stellt sich häufig die Frage: „Will er nicht oder kann er nicht?“

In der Regel ist diese Diskussion jedoch müssig. Weil,  wenn ich nicht kann,  dann will ich auch nicht! Und das Wollen ist durch das „Nicht können“ betroffen, so dass sich beide Dimensionen miteinander verschränken und nichts mehr geht. Eine Diskussion oder ein Appellieren „Streng dich an“ hilft nicht. Der Betroffene kann nicht aus eigener Kraft aus der Situation und dies muss die Umgebung erst einmal realisieren.

Dies ist schwierig zu vermitteln aber es ist ein ganz wichtige Botschaft an die Umgebung: „Vermeiden Sie eine Diskussion darüber das der Betroffene nicht will, er reißt sich nicht zusammen oder tut nicht genügend um da raus zu kommen.“

Das was hilfreich ist, ist folgendes: Setzen Sie sich mit ihm zusammen und schauen Sie, was geht noch! Welche Möglichkeiten bleiben noch?

Auf der Arbeitsstelle gibt es z.B. einfache Tätigkeiten die noch möglich sind. Gibt es zeitlich eingeschränkte Tätigkeiten die machbar sind?

Das gleiche gilt für die häusliche Umgebung. Die Frage lautet dann: „Ist diese Hausarbeit noch möglich oder ist sie es nicht mehr?“ 
Wenn sie nicht mehr möglich ist dann sollte man diese lieber streichen!

Dies bedeutet für den Angehörigen: Wenn ich merke, bei meinem Partner meinem Kind ist irgendwas im Busch, er verändert sich – dann sollte ich nicht appellieren und sagen: „Jetzt mach doch mal“ Schauen Sie eher was noch geht. Auf welcher Basis können sie noch miteinander umgehen…?!

Um eine gewisse Energie mit hineinzubringen ist es am leichtesten wenn ich als Angehöriger mitmache. Das würde z.B. bedeuten anzubieten gemeinsam eine Runde um den Block spazieren gehen. Dies ist deutlich besser als zu sagen: „nun mach mal und beweg dich aus dem Bett“

Alles was ich selber anbiete an Begleitung ist leichter anzunehmen für den Erkrankten als der Appell an seine Eigeninitiative welcher meist völlig versandet ist.

Angehörige verspüren oft eine Hilflosigkeit. Sie sehen die sich verschlimmernde Veränderung, möchte den Betroffenen zum Arzt bringen und dringen doch nicht durch. Was sollte man als Angehöriger tun? Warten oder stärker Einfluss nehmen?

 

Eines der Grundprobleme für Angehörige ist die Hilflosigkeit! Ich kann ja nicht über den Kopf des Betroffenen entscheiden. Er ist oft ein erwachsener Mensch und muss diese Entscheidung – zum Arzt zu gehen – selber treffen. 
Dann kommt man als Angehöriger schnell in einen Erschöpfungszustand, da die eigenen Hilfsangebote nicht zum depressiven Partner durchdringen.

Darum wird die Empfehlung an Angehörige ausgesprochen, während der Zeit in der der Angehörige erkrankt ist, sich intensiv um sich selber zu kümmern.

Das bedeutet,

    • eigene Kraftquellen zu suchen
    • immer wieder Auszeiten zu haben und jemand anderen zu bitten nach dem Partner zu sehen.

Man muss damit rechnen, dass so eine Depression unbehandelt über viele Monate gehen kann – durch eine Behandlung hoffentlich etwas kürzer – aber für diese Zeit braucht der Angehörige viel Ausdauer und Kraft.
Er muss sich auch Grenzen setzen und sagen „Ich kann das nicht alles leisten – ich brauche meine eigenen Kraftquellen“

Wie oft endet eine Depression im Suizid?

 

Fälle wie die von Robert Enke rütteln lange ein ganzes Volk auf. Darum ist die offene Frage nach der Suizidhöhe berechtigt. So genau ist dies nicht verifiziert. Auf jeden Fall ist sie deutlich höher als in der  Durchschnittsbevölkerung.

Das Schlimme an der Depression ist ihre „Doppelmoral“ 
Einerseits ist es eine „günstige Krankheit“, weil sie im Gegensatz zu manchen anderen seelischen Störungen in den allermeisten Fällen wieder zu völliger Gesundheit führt.
Aber es ist auch eine sehr gefährliche Krankheit von den zurzeit etwa 10.000 Todesfällen im Jahr durch Suizid in Deutschland sind die allermeisten durch eine Depression begründet

Wenn wir dies mit den ca. 3.000 tödlichen Unfällen im Verkehr vergleichen (Stand 2019), dann handelt sich tatsächlich um eine gefährliche Krankheit.

Suizidalität rechtzeitig erkennen und anzusprechen, das ist eine wichtige Aufgabe von Umgebungspersonen!

Sollen Freunde / Angehörige das Thema Suizid / Selbstmord ansprechen?

Sie sollten es nach heutigem Wissen offen ansprechen!  Dies bietet die Möglichkeit für den Betroffenen, endlich mal ein Gespräch darüber zu führen.

Denn diese Gedanken an einen Suizid sind gar nicht so selten werden aber häufig beschämt verschwiegen weil das ja als eine Belastung für die Angehörigen oder für die Umgebungspersonen erlebt wird. Wenn der Angehörige nun aber selber das Thema eröffnet dann ist es leichter möglich darüber zu sprechen

 

Wie kann ich das Thema Suizid als Angehöriger feinfühlig eröffnen?

 

In der Gesprächstechnik lernt man in der Psychotherapie häufig über uns selber erst mal zu reden. 
Dies ist für einen Angehörige auch der einfachste Weg zu sagen „ich habe das Gefühl, dass es Dir  ganz besonders schlecht geht und ich mache mir sorgen darum weil du jetzt deine letzte Angelegenheiten geregelt hast / … oder weil so oft darüber sprichst bald Schluss zu machen“

Dadurch ist der Angehörige bei sich und eröffnet damit das Feld dem erkrankten sich dazu / neben ihn zu stellen

Gut ist auch die Formulierung: Ich fühle mich geehrt, dass Du dich mir mit deinen Gefühlen öffnest und diese vielleicht letzten Gedanken mit mir teilst.

Wenn die Gefahr jedoch sehr groß ist dann sollte ich als Angehöriger das Thema Suizid nicht alleine behandeln. 
Wenn tatsächlich eine Gefährdung besteht, dann sollte man lieber den Krisendienst dazu holen oder einen sozialpsychiatrischen Dienst. Dieser ist rund um die Uhr in Deutschland immer erreichbar (Telefonseelsorge in Deutschland 0800 111 0 111)

Notfalls erreicht man Hilfe auch über die 112. Dann kommt ein Fachmann ins Haus und schaut, ob notfalls sogar gegen den Willen eines Betroffenen eine Behandlung notwendig ist

Ich bin Betroffener der Depression und möchte nun etwas dagegen tun. Wo und wie fange am besten an?

 

    1. Schritt: Die Diagnostik

Zuallererst muss geprüft werden, ob es sich wirklich um eine Depression handelt, denn es gibt einige körperliche Krankheiten wie z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion, Medikamente mit depressiven Nebenwirkungen oder Suchtmittelabhängigkeiten welche ähnlich depressive Wirkungen haben können.

Hierzu wende ich mich generell zuerst an meinen Hausarzt. Das muss erst mal abgeklärt werden, da dies Ansatzpunkte sind, welche anders behandelt werden und gänzlich andere Perspektiven eröffnen

    1. Schritt: Was kann ich selber tun?

Bei einer leichten Depression gibt es häufig die Möglichkeit selbst einzugreifen. Hierzu exemplarisch 3 Dinge welche in sich erfolgversprechend sind:

    • Bewegung ist hier das Mittel der Wahl. Wenn es noch möglich ist, sollten wir alle – Depressive besonders – uns jeden Tag Bewegung verschaffen. Ein kleines Wort zur Vorsicht: Depressive Menschen neigen in der Regel dazu, sich intensiv und perfekt an alles zu halten. Hier kommt es darauf an, sich überhaupt zu bewegen und nicht in einen Zwang zu verfallen welcher wiederum eine psychische Verschlechterung nach sich zieht.
    • Kontakt zu anderen Menschen außerhalb des eigenen kleinen Dunstkreises
    • jeden Tag sich etwas vornehmen dass die Stimmung so ein ganz kleines bisschen verändert. Hier sollte man sich auf Dinge konzentrieren, welche früher ein Genuss waren.
    • Wenn diese Schritte nicht greifen, dann ist der nächste Weg der zu einem Facharzt. Der kann dann entweder Medikamente verordnen oder Psychotherapie welche meistens von psychologischen Psychotherapeuten durchgeführt wird. Es geht aber auch beides gleichzeitig.

In der schweren Depression sind Medikamente unerlässlich. Da stößt die Psychotherapie an ihre Grenzen. Bei einer leichten und mittleren Depression kann man es sich aussuchen die eine oder andere Methode einzusetzen

Welche Wirkung haben Antidepressiva? Werde ich durch diese ein anderer Mensch? Muss ich die den Rest meines Lebens nehmen?

 

Bei einer leichten und mittleren Depression hat Psychotherapie den gleichen Effekt wie Medikamente. Die Ansprechrate ist hier gar nicht so hoch bei einer Depression wie es Außenstehende oft vermuten würden.

Bei einer schweren Depression verbleibt nach heutigem Stand jedoch keine Alternative zu den Antidepressiva. Bei einer schweren Depression ist die Gefahr von Suizid und auch das persönliche Leiden so groß dass hier leider kein Weg daran vorbeiführt

Antidepressive Medikamente sind in einer großen Vielzahl vorhanden weil sie durch ihre Nebenwirkung eingesetzt und ausgewählt werden. 
Jedes Präparat hat bestimmte vegetative oder Organnebenwirkungen die beachtet werden müssen. Nach diesen werden sie dann ausgewählt. 
Zusätzlich wird noch die Komponente berücksichtigt, ob sie eher etwas müde machen – dann werden sie abends eingenommen gegen Schlafstörungen – oder ob sie etwas wach machen und die Person aktivieren, dann werden sie ihren morgens eingesetzt

Das Antidepressivum wirkt auch nicht sofort, sondern braucht eine Zeit von mindestens 2 Wochen bis man beurteilen kann, ob das Medikament wirkt, oder nicht. Wenn nicht, dann kann man überlegen: ist die Dosis ausreichend, oder man wechselt auf ein anderes Präparat.

Die Dauer der Einnahme:  ein Antidepressivum muss nicht das Leben lang eingenommen werden.

Es gibt hier jedoch einen „Sicherheitsabstand“ / eine Empfehlung dass das Medikament – auch wenn die Gesundheit wieder eingetreten ist – noch einige Monate weiter genommen werden sollte. Dann ist man auf der sicheren Seite um auch gesund zu bleiben

Anders ist das bei Depressionen welche häufig wieder kommen. 
Es gibt Menschen, bei denen die Depression regelmäßig jedes Jahr, oft sogar mehrmals im Jahr auftritt. Da kann man es sich überlegen ob man ein Medikament als Prophylaxe einnimmt. Ziel ist es, dass der Patient dann weniger depressive Phasen bekommt oder dass die Phasen ganz aufhören.

 

Kann ich von Antidepressiva abhängig werden?


Das ist bei Antidepressiva nicht der Fall! 

Vereinzelt gibt es zwar manche Absetzphänomene aber Abhängigkeit ist bei einem Medikament das erst nach 14 Tagen wirkt nicht gegeben. Für eine Abhängigkeit muss es sich um eine Substanz handeln, welche sofort wirkt.

Was kann man tun damit es nach eine erfolgreichen Behandlung nicht zu einem Rückfall kommt?


3 Bereiche sollten wir hierbei beachten 

    • Einerseits gibt es die körperliche Seite mit den Medikamenten und der regelmäßigen Bewegung, dem Sport. Dies wurde weiter oben bereits angesprochen.
    • Andererseits gibt es noch die Seite der psychischen Einstellung zu mir selbst und zum Leben.
      Diese kann im Rahmen einer Psychotherapie bearbeitet werden so dass ich dann
      • gelassener werden kann
      • mehr Vertrauen entwickeln kann
      • mich offen anderen Menschen gegenüber zeigen kann
      • Dankbarkeit als innere Haltung empfinde und
      • meine Konflikte bearbeite die mir bis da noch im Wege stehen und wegen denen ich dann immer wieder in die Falle der Depression tappen kann

    • die Sozialtherapie ist der 3. Baustein in der Behandlung
      Sie bedeutet, dass die Umwelt welche ich mir gestalte, in welcher ich lebe und die ich bewusst auswähle durchaus einen Einfluss darauf hat ob ich wieder erkranke oder nicht.

Wenn ich z.B. einen Arbeitsplatz habe, welcher mich völlig überfordert – an dem ich ausbrenne – dann ist das mit Sicherheit denkbar ungeeignet für eine Heilung. Hier wäre es durchaus sinnvoll an dieser Stelle mal zu überlegen ob eine Änderung der Arbeit sinnvoll wäre.

Wenn ich mit Menschen zusammen lebe, welche mich immer wieder an den Rand der Verzweiflung bringen, dann wäre auch eine Familientherapie sinnvoll, oder eine Angehörigenberatung.

Wer trägt die Kosten für eine Psychotherapeutische, Psychologische Behandlung?

 

Die psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung ist in Deutschland Kassenleistung. 
Wer gesetzlich versichert ist wird auch durchweg mit allen zur Verfügung stehenden Methoden behandelt inklusive auch der verschiedenen ganz intensiven Behandlungsformen.

Wenn ich anschließend jedoch selber mein Leben ändern möchte, das wäre dann meine eigene Entscheidung – z.B. in einen Sportverein gehen, musizieren oder ich fange an Schriftsteller zu werden – das ist dann etwas was die Krankenkasse nicht bezahlt

Wo finde ich seriöse Informationen finde um mich tiefer in dieses Thema einzulesen?

 

Unter diesen Seiten kann man auf jeden Fall sinnvolle informationen finden.

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Das Anti-Stress-Gen Oder warum schreien Babys

Das Anti-Stress-Gen
Oder: Warum schreien Babys?

Wie soziale Erfahrungen unsere Epigenetik beeinflussen

Bereits Sigmund Freud hatte diese besondere Vision in seinem Werk „Entwurf einer Psychologie“ erwähnt: „Irgendwann werden wir herausfinden welche Hirnfunktionen dafür verantwortlich sind, das unsere psychischen und sozialen Erfahrungen zu mehr Krankheit oder mehr Gesundheit führen.“

Schon damals war irgendwie klar, dass es einen Zusammenhang gibt mit sozialen Erfahrungen und deren Auswirkungen auf Krankheiten, Gesundheit und unsere Stressreaktion. 

Die Forschung zu diesem Thema hat u.a. durch Michael Meaney, einem Professor an der McGill Universität in Montreal einen großen Schritt nach vorne gemacht. Herausgefunden hat er den Zusammenhang zwischen mütterlicher Zuwendung und der Regulierung unseres Anti-Stress-Gens aufgezeigt.
Bei Ratten wurden Ängstlichkeit und Stressvulnerabilität (Vulnerabel = Verletzbar) durch die Intensität der mütterlichen Brutpflege entscheidend reguliert. Je mehr sich die Rattenmutter liebevoll um die Jungen gekümmert hat (durch Pflege und Lecken) um so gedämpfter waren die Stressreaktionen der Brut.

Welche Mechanismen werden beim Stress hochgeregelt und wie wird dieser Prozess wieder heruntergeregelt?

Betrachten wir hierbei die langfristige Stressantwort. In dieser finden wir auch die Antwort auf die Frage: „Warum Neugeborene schneller schreien und (anfänglich) schlechter beruhigt werden können:

Wir Menschen haben eine sogenannte Stress-Achse in unserem Körper. An dieser 3 stufigen Achse sind der Hypothalamus, die Hypophyse und die Nebennierenrinde beteiligt. Diese Hypophysen-Hypothalamus-Nebennieren-Achse wird abgekürzt mit HHNA wiedergegeben.

Stufe 1: Im Hypothalamus wird bei Stress das Cortropin-Releasing-Hormin (CRH) gebildet. 

Stufe 2: Das CRH gelangt zur Hypophyse (in deren Vorderlappen) und aktiviert dort kortikotrope Zellen. Das Endergebnis mehrerer Schritte ist, dass ACTH abgespalten wird, welches die Nebennierenfunktion reguliert.

Stufe 3: ACTH stimuliert nun in der mittleren Schicht der Nebennierenrinde die Synthese von Glukokortikoiden, dem Cortisol einem Steroidhormon.

Rückkopplung zum Gehirn: Hier kommt jetzt der spannende Teil der Regulation zum Vorschein. Wenn es keinen Regulator gäbe, so würde sich das gesamte System unendlich hochfahren und kollabieren: 

    • Dasselbe Cortisol, welches den Stoffwechsel anregt, entzündungshemmend wirkt und für einen höheren Glukosespiegel im Blut sorgt und damit den Zellen mehr Energie bereitstellt –
    • kontrolliert andererseits im Gehirn (im Hippokampus) durch eine inhibitierende (schwächende) Rückkopplungsschleife die Aktivität der HHNA und reguliert dadurch die Stressreaktion wieder herunter.
Warum schreien Babys so intensiv?

Wenn es doch diese abschwächende Kontrollfunktion im Hippokampus gibt, warum schreien Babys nun so lange und intensiv?
Hier kommen nun die Forschungsergebnisse von Michael Meaney (Professor an der Mc Gill Universität in Montreal) zum tragen. Er hat herausgefunden, dass unser Anti-Stress-Gen zum Zeitpunkt der Geburt zwar da aber noch inaktiv ist. Das Gen ist noch methylisiert.

Das Anti-Stress-Gen wird nun durch die aktive Zuwendung der Mutter in Form von Streicheln, Reden und viel Körperkontakt langsam aber sicher aktiviert!

Diese Erkenntnis ist revolutionär im Hinblick auf die Neurobiologie!
Man ging zwar schon seit Jahren davon aus, dass Gene durch Umwelteinflüsse aktiviert werden können, dachte aber immer, dass dies nur beim Embryo geschieht und danach nicht mehr veränderbar sei. 
Durch neueste Studien können wir heute jedoch sagen, dass die Aktivierung und De-Aktivierung von Genen auch später noch möglich ist.

Wie wird ein Gen aktiviert / bzw. deaktiviert?

Werfen wir hierzu einen Blick in die Epi-Genetik, dort finden wir die Antwort auf diese spannende Frage.

Das Streicheln der Mutter bewirkt eine neuronale Veränderung und diese modifiziert (verändert) nun chemische Eigenschaften der DNA welche einen Glukokortikoid-Rezeptor im Hippokampus kodiert. Dieser spricht dann auf das Cortisol an, welches in der Nebennierenrinde produziert wurde.

Auf dem Erbinformations-Faden der DNA liegen unsere Gene. In diesen Genen stehen die Anweisungen, wie die Bestandteile des Körpers hergestellt werden. 

Die Aufgabe eines Gens

Die Aufgabe der meisten Gene ist es, neue Eiweiße – die „Arbeitstiere“ – in unserem Körper zu produzieren. 
Diese Produktions-Baupläne sind in einer Kombination von vier chemischen „Buchstaben“, die auf der DNA in Form einer langen Kette aneinander gereiht sind verschlüsselt. Die vier Gen-Buchstaben heißen A = Adenin, T = Thymin, C = Cytosin und G = Guanin. Eine Kombination von je drei dieser Buchstaben (z. B. CGA) bildet ein Code-Wort. 

Diese Kodierung wird dann an den Eiweiß-Fabriken (Ribosomen) der Zelle entschlüsselt. Die Ribosomen erkennen, dass jedes Drei-Buchstaben-Wort für einen der 20 Eiweiß-Bausteine steht und bauen nach dieser Anleitung einen Baustein nach dem anderen zu einem vollständigen Eiweißstoff zusammen.

Die Veränderung der Genaktivität

Gene sind nicht einfach nur Träger von Eiweißbausteinen. Nach heutigem Wissen können diese Gensequenzen in ihrer Aktivität ein- und ausgeschaltet und sogar nach neuestem Wissen „gedimmt“ werden. 

Dies geschieht durch einen Prozess im Gen welcher sich in der Promoter-Region abspielt die vor der Gensequenz liegt. Das bedeutet, bevor (!) der Code auf der DNA für den Eiweißbaustein abgelesen wird, muss zuerst der Promoter abgelesen werden.

Den Promoter können wir uns wie einen Lichtschalter vorstellen, der ein Licht ein- und ausschalten kann. 

Weiter oben haben wir gelesen, das die DNA verschiedene Grundbausteine hat. Unter anderem auch die Basen A = Adenin, T = Thymin, C = Cytosin und G = Guanin. Rechts in dem Bild siehst du das Cytosin. Die neuesten Forschungen haben ergeben, dass durch die mütterliche Zuwendung zum Baby, in der Promoterregion des Cytosins (welches neben einem Guanin liegen muss) Veränderungen herbeigeführt werden. 

Diese Veränderung besteht aus dem Anfügen oder dem Weglassen einer Methylgruppe ( -CH3) am Cytosin. Wurde eine Methylgruppe angelagert, dann bleibt der Promoter inaktiv – die nachfolgende DNA-Sequenz wird nicht abgelesen. 
Wird die Methylgruppe entfernt, dann ist der Weg zum Auslesen der DNA wieder frei.

Mütterliche Liebe beeinflusst den Hippocampus.

Wie weiter vorne beschrieben, gibt es eine Rückkopplungsschleife des Cortisols im Hippkampus. Würde die nicht bestehen, dann hätte das Cortisol keine Bremse – wir würden permanent wie „unter Speed“ sein und irgendwann kollabieren.

Damit dies nicht geschieht, gibt es im Hippokampus sogenannte Glukokortikoid-Rezeptoren. Cortisol ist ein Glukokortikoid. Da es zu der Gruppe der Steroidhormone gehört, kann es die Blut-Hirn-Schranke überschreiten und seine Wirkung auch im Gehirn entfalten. Dort angekommen, trifft es nun auf den Hippokampus und seinen Rezeptoren – den Glukokortikoid-Rezeptoren. Je mehr dieser Rezeptoren im Hippokampus existieren, desto effektiver können diese nun die Wirkung des Cortisols wieder herunterfahren. 

Durch die mütterliche Liebe, Pflege und Zuwendung wird die Methylisierung in der Promoterregion des Cytosins im Hippokampus abgebaut. Dadurch werden mehr Glukokortikoid-Rezeptoren gebildet welche ihrerseits besser das Cortisol regulieren können. . 

Epilog

Intuitiv machen Mütter dies richtig: Dem Neugeborenen die volle Aufmerksamkeit zuwenden und damit ihm die Sicherheit fürs Leben zu vermitteln. 

Wie in meinem Blog über die Entwicklungsstufen des Kindes bereits beschrieben (Hier geht es zu dem Blog „Entwicklungsstufen“) ist genau dies das Richtige, was Kinder bis zum 8. / 9. Lebensmonat benötigen. 

Dem Kind wird durch die intensive Zuwendung geholfen, sein Anti-Stress-Gen zu aktivieren. Studien haben deutlich gezeigt, dass solche Kinder über eine signifikant höhere Resilienz gegenüber Stress im Alltag verfügen. 

Mit diesem Blog möchte alle Eltern dazu ermuntern, Ihrem Kind diese Sicherheit zu vermitteln. 

Mein Fazit: Meines Wissens nach, wurde noch kein Kind zu Tode geliebt …

 

Zu meinem Video-Blog

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Die Entwicklungsstufen eines Kindes

Schau Dir auch mein Video zu diesem Thema an

Die Entwicklungsstufen eines Kindes

Was für ein schönes Ereignis das doch ist – die Geburt eines Kindes. Verantwortungsbewusste Eltern machen sich schon lange vor der Geburt darüber, wie sie die Erziehung gestalten, welche Werte sie vermitteln wollen und wie sie sonst ihr Kind bestens ins Leben begleiten können.

Wichtig gleich von Anfang an: Früher dachte man, dass die Erziehung immer gleichbleibend sein sollte. Die Entwicklung des Kindes kommt schon hinterher. Dieses Denken ist aber mit der heutigen Neurobiologie nicht vereinbar! 

Viele Kinder heute verhalten sich nicht mehr ihrem Alter (Ihrer psychischen Reife) gemäß – und das, trotzdem sich viele der Eltern alle Mühe in der Erziehung gegeben haben. Wenn man eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung noch heranzieht sieht es mit den größeren Kindern (den Abiturienten) auch nicht besser aus:

      • 50 % der Abiturienten haben trotz Abitur keine Hochschulreife.
      • 34 % der Studenten, die als Master oder Bachelor abgeschlossen haben, überstehen die Probezeit in einer Firma nicht.

Was läuft hier schief? Sogenannte Soft Skills aus der emotionellen Intelligenz fehlen ihnen. Andererseits leiden sie an Selbstüberschätzung. 

Nochmals: Was läuft hier schief?
In ihrer Psyche sind diese jungen Menschen nicht „reif genug im Gehirn.“ Diese Reife ist aber ein Lernprozess, vergleichbar mit dem Lernen einer Sportart, des Führerscheins, eines Musikinstrumentes. 

Im Gegensatz zu den vorgenannten Lerntypen, geht es  bei der emotionalen und sozialen Psyche in der Hauptsache um zwischenmenschliche Leistungen. Dies kann sich jedoch nur am Gegenüber – einer  Bezugsperson – entwickeln. Leider wurde das Lernen in den vergangenen Jahren immer mehr weg von einer Bezugsperson, hin zum autonomen Lernen gelenkt.

Das dies neurobiologisch nicht funktioniert, möchte ich mit dieser Seite kurz aufzeigen. Beachte besonders die Tabelle mit den Zeitangaben, ab welchem Alter ein Kind zu welcher „sozialen Leistung“ in der Lage ist. 

Das Ziel sollte es sein, unseren Kinder wieder diese wichtigen Softskills beizubringen. Wie dies geht, zeige ich Dir in einem weiteren Blog mit dem Thema:  Blog: „Beende die Symbiose mit deinen Kindern“

Jetzt schauen wir uns erst einmal an, wie sich die Persönlichkeit unseres neuen Erdenbürgers nach der Geburt entwickelt:

Temperament – Charakter – Persönlichkeit. Was ist der Unterschied?Wie entsteht eine Persönlichkeit?

 

Der Beginn der Persönlichkeitsbildung ist die Geburt – der Moment, wo der kleine Mensch zum ersten Mal ein seinem Leben auf sich alleine gestellt atmet, einen eigenen Stoffwechsel hat, sich autark bewegt.

Das menschliche Gehirn ist in diesem Zustand dem Gehirn der Tiere unterlegen. Da der präfrontale Cortex beim Neugeborenen praktisch nicht aktiv ist, muss dieser durch äußere Reize „geschult“ werden. 

Wozu dient der präfrontale Cortex überhaupt?
Er ist der Sitz unserer Persönlichkeit und in diesem Bereich werden die unterschiedlichen Prozesse im Gehirn gesteuert.

Er ist es, der uns zur Vernunft mahnt, bevor wir allen Diäten zum Trotz die ganze Tafel Schokolade essen. Oder der beschwichtigend einschreitet, bevor wir in unserer Aggression Dinge tun, welche uns später wieder Leid tun würden.

Durch ihn wissen wir auch, wie wir uns in der Gesellschaft richtig zu benehmen haben und dank dem wir uns sozial angemessen verhalten und uns selbst organisieren können.

Hier sitzt das, was uns zum Menschen macht – eine kontrollierte, vernünftige, sozial handelnde Person, die aufgrund ihrer Erfahrungen eigene Entscheidungen trifft, deren Konsequenzen sie mitberücksichtigt.

Wichtig hierbei: Dieser Bereich des Gehirns braucht teilweise bis zu 25 Jahre, bis er völlig ausgereift ist. 
Das bedeutet: Den präfrontalen Cortex kann man trainieren – und genau das geschieht zum Beispiel bei der Erziehung.

Schau Dir gerne auch meinen Blog hierzu an – Temperament / Charakter / Persönlichkeit – Was ist der Unterschied???

Die Zeit nach der Geburt entscheidet!

Das neugeborene Kind kommt auf die Welt und ist im Vergleich zu den anderen Säugetierarten höchst unselbständig. Dies ist dem nur rudimental ausgebildeten präfrontalen Cortex geschuldet. 

Hinzu kommt, dass der Säugling zwar ein Stress-Gen und ein Anti-Stress-Gen hat, zum Zeitpunkt der Geburt ist aber nur das Stress-Gen aktivierbar. Das Anti-Stress-Gen kann nur durch äußerliche Stimmulanz – z.B. durch die Mutter aktiviert werden. Ein Interview mit dem Forscher  findest Du hier: Michael Meaney: Wie die Zuwendung der Eltern die Stressvulnerabilität beeinflusst

Was haben diese beiden Faktoren:
1. der unausgebildete präfrontale Cortex
2. das nicht aktive Anti-Stress-Gen
mit unserem Thema Borderline-Persönlichkeitsstörung zu tun?

Personen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung sind auffallend häufig in ihrer Kindheit vernachlässigt, emotionell missbraucht worden.

Ein Kind kommt auf die Welt und ist zu 100% auf die Zuwendung der Mutter angewiesen. Aber diese Zuwendung ist mit Wärme, Kleidung, Nahrung nicht ausreichend! 

Wir wissen heute – durch die Forschungen der Neurobiologie – das der Säugling auf die Spiegelung der Mutter und die Zärtlichkeit der Mutter überlebenswichtig angewiesen ist. 

Nur durch das konsequente Spiegeln der Mutter
– das Streicheln, Liebkosen, das „Reden“ und sonstige Interagieren mit dem Kind
kann der Säugling

      • zu einem ICH gelangen.
      • sein Anti-Stress-Gen aktivieren.
      • ab dem ca. 8. / 9. Lebensmonat eine Frustrationstoleranz aufbauen.

Wir müssen uns das so vorstellen:
Der Säugling weiß nicht, dass er existiert. Durch sein Schreien und das dyadische umgehende Reagieren seiner Mutter erkennt er:
„Da muss so etwas wie ein ICH sein“.

Hierdurch begreift der Säugling:

      • er existiert und
      • er ist wertvoll – weil sich seine Mutter direkt um ihn bemüht.

Er entwickelt über das „DU-Verhältnis“ mit der Mutter ein gesundes erstes „ICH-Verhältnis“

Säuglinge welche nicht in dieser sofortigen, liebevollen Resonanz mit der Mutter aufwachsen, haben ein gestörtes ICH-Verhältnis. Dieses gestörte ICH-Verhältnis ist die Grundlage für die vielen Persönlichkeitsstörungen.

In der Psychiatrie würde man sagen:

      • der Narzisst kreist grandios und selbstverliebt um sein Ich.
      • der Perfektionist kreist ängstlich um sein Ich.
      • Der Borderliner hat sein „ICH“ sogar abgespalten.

 

Kann man einen Säugling in den ersten 8 Lebensmonaten verwöhnen?

Nein! Das geht nicht!
In allen Kulturen auf der Welt haben neugeborene Kinder eines gemeinsam:

        • sie alle haben keine Frustrationstoleranz

Neugeborene müssen in einer dyadischen Beziehung mit der Mutter o.ä. aufwachsen um durch die Resonanz 

          1. das eigene Ich auszubilden
          2. das Anti-Stress-Gen zu aktivieren
          3. später (nach dem 8. Lebensmonat) eine Frustrationstoleranz aufzubauen.

Erst ab dem 9. Lebensmonat können Eltern damit beginnen, mit Verzögerung auf die Rufe / Schreie des Kindes zu reagieren. Dann (!) ist es auch förderlich für das Kind.

Und ab dem 18. bis ca. 24. Monat ist der präfrontale Cortex des Kindes auch so ausgereift, dass das Kind beginnt zu lernen, dass sein Verhalten Konsequenzen haben kann. Vorher kann man ihm alles sagen – es wird dies jedoch nicht verstehen.

Was passiert, wenn der Säugling in den ersten Lebensmonaten vernachlässigt evtl. sogar missbraucht wird?

Genau hier beginnt der Werdegang einer Persönlichkeitsstörung wie z.B. der Narzissmus, der Perfektionismus und auch der Borderliner. 
Denn grundsätzlich kommt kein Kind mit einer Persönlichkeitsstörung auf die Welt.

Wie weiter oben geschrieben, benötigt der Säugling in den ersten Lebensmonaten die volle Aufmerksamkeit und eine dyadische Mutter-Kind-Beziehung um in dieser gegenseitigen Spiegelung seine Persönlichkeit zu bilden.

In der Mutter-Kind-Beziehung erfährt der Säugling dass er existiert, ein eigenes ICH ist und es wert ist, geliebt zu werden.

Wenn diese Entwicklung – aus welchem Grund auch immer – nicht erfolgt, kann sich kein stabiles ICH entwickeln und die Persönlichkeitsstörung nimmt seinen Anfang.

Ein vernachlässigtes ICH entwickelt sich häufig zum Narzissmus (ein grandioses Kreisen um das eigene verletzbare Ich) und zum Perfektionismus (ein ängstliches Kreisen um das eigene verletzbare ICH)

Ein misshandeltes ICH entwickelt sich sehr häufig zum Borderliner. Borderliner weisen eine überproportional hohe Rate an Misshandlungen, Verletzungen und Vernachlässigung in der Kindheit auf. 
Wenn diese Kinder dann noch die Fähigkeit zum Abspalten / zur partiellen Objektbeziehung haben – was nicht jedes Kind hat – dann entwickelt sich hier häufig eine Borderliner-Persönlichkeit.

Mit diesem wichtigen Gedankengang möchte ich auf ein Faktum hinweisen:
Auch wenn das Leben mit diesen Menschen nicht einfach ist – die Verantwortung für deren Handeln liegt in ihrer Jugend, einer Zeit für die sie nichts können. Die Verantwortung für diese Entwicklung liegt in deren Umgebung!

 

Die Entwicklungsstufen von der Geburt an 

Was aber läuft heute schief, sodass viele Kinder, trotz der intensiven Erziehung Ihrer Eltern nicht gemäß ihrem biologischen Alter heranwachsen?

Viele Kinder bleiben auf der Stufe eines 2,5 Jahre alten Kindes stehen. Dies kann man z.B. daran erkennen, dass sie sich in einem Restaurant auffällig verhalten. Sie realisieren nicht, dass sie sich in einer „fremden Umgebung“ befinden. 

Warum nehmen immer weniger Kinder wahr, dass es Respektpersonen wie Eltern, Lehrer ect. gibt?

Für die Antwort auf diese Frage, lade ich Dich ein, Dir den Blog auf der Seite „Beende die Symbiose mit Deinen Kindern“ in aller Ruhe anzuschauen. 
hier kommst Du auf die Seite: Beende die Symbiose mit deinen Kindern

Depression erkennen und einordnen

Depressionen erkennen und einordnen

Die Depression ist derzeit die häufigste der psychischen Erkrankungen. Dies bedeutet, dass sie für Psychiater, Psychologen oder Psychotherapeuten eine Form von „Alltag“ ist.

Durch die Bezeichnung „Alltagskrankheit“ könnte man nun denken, dass dieses Krankheitsbild nicht mit dem nötigen Respekt behandelt wird… Genau das Gegenteil ist jedoch der Fall!

Mit dieser Abhandlung möchte ich zeigen, dass für dieses Krankheitsbild – aufgrund der Häufung – viele gut strukturierte Therapieverfahren entwickelt wurden. Jemand der mit dieser Krankheit in Berührung kommt, sei es nun persönlich oder in seiner Umgebung, soll wissen, dass es Hilfe gibt. Und diese Hilfe wirkt!

Es gibt verschiedene Formen der Depression:

      • Die depressive Störung
      • die depressive Verstimmung
      • etwas, was ähnlich wie eine Depression aussieht u.a..

Die Aufgabe eines Therapeuten ist es herauszufinden, mit welcher Therapieform dem Patienten am besten in seiner ganz persönlichen und speziellen Situation geholfen werden kann.

Um eine Depression zu erkennen kann man sich entweder dem ICD 10 (Es wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben und oft kurz auch als Internationale Klassifikation der Krankheiten bezeichnet.) oder den DSM 5 (das dominierende psychiatrische Klassifikationssystem in den USA. Es spielt dort eine zentrale Rolle bei der Definition von psychischen Erkrankungen) zuwenden.
Betrachten wir die Kriterien der Depression einmal anhand des amerikanischen Modells (dem DSM 5). Der erste dieser Kataloge wurde 1952 von der APA der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft herausgeben und existiert heute bereits  in der 5. Auflage. 

Hier geht es zu meinem Video über dieses Thema
Allgemeine Voraussetzungen für eine Depression

Die nachfolgenden Kriterien aus dem DSM 5 beziehen sich lediglich auf die Phänomene / die Symptome der Krankheit – ohne diese zu interpretieren!
Der Vorteil solch einer einfachen Benennung ist, dass die Ärzte weltweit untereinander eine gemeinsame Sprache haben und können Symptome strukturiert benennen. 

    • 5 der folgenden 9 Kriterien der Depression müssen erfüllt sein – und zwar über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen. Es reicht nicht, wenn diese innerhalb 3,4 oder 5 Tagen zu beobachten sind, sondern es müssen wirklich 5 der 9 Kriterien über einen längeren Zeitraum (Minimum 2 Wochen) beobachtbar sein.
      Wichtig: es muss dieselbe 2 Wochen-Periode sein!
    • die Patienten müssen durch diese Symptome spürbar (!) leiden. D.h. dass sie deutlich in ihrer Kraft und Motivation absacken müssen. Waren sie schon vorher in einem „Energiemangel“, so kann dieses Kriterium nicht gewertet werden.
Die 9 Kriterien einer Depression (nach dem DSM 5)
    1. eine depressive Verstimmung. Diese Verstimmung muss an fast allen Tagen für die meiste Zeit desTages stattfinden. Das bedeutet:
      Es muss keine permanente Verstimmung vorliegen –  jedoch ist eine deutliche, lange über den Tag sich hinziehende Verstimmung zu beobachten. Traurig, leer und hoffnungslos – das ist das, was eine Depression ausmacht.
      Das Wort Depression bedeutet niederdrücken. Es ist eine niedergedrückte Haltung. Das Leben kann nicht mehr in Farbe gesehen werden. Alles ist nur noch schwarz – weiß / gut- schlecht.  Meistens nur noch schwarz und schlecht.

    2. Vermindertes Interesse. Plötzlich interessiert sich ein Mensch nicht mehr für das, was er früher sehr geliebt hat. Nehmen wir das klassische Beispiel: ein Fan von einem Fußballverein hört plötzlich auf sich für den Verein und den Fußball zu interessieren. Oder jemand hat ein besonders schönes Hobby – hört hiermit jedoch plötzlich auf. Der Merksatz hierbei ist: lustlos, freudlos, antriebslos und interessenlos. Der Mensch verliert seine Lebensfreude und nur noch wenig bleibt von ihm als Mensch übrig.

    3. Gewichtsveränderung: durch die Depression verlieren viele Menschen an Appetit. Eine gute Schwelle dies zu beurteilen wäre, wenn er mehr als 5 % des ursprünglichen Körpergewichtes verloren hat.
      Andererseits gibt es aber auch diejenigen, die sich in dieser Phase einen so genannten Kummerspeck anfuttern und sich so einer oralen Befriedigung / einer Kompensation hinwenden. „Ich hole mir das Glück durch das Essen wieder zurück“.

    4. Schlafstörungen: Ganz typisch für die Depression ist die Schlafstörung. In diesem Bereich ist es sogar überlegenswert den Patienten am Anfang der Therapie durch Medikamente in den Schlaf zu verhelfen.
      Bereits Sigmund Freud sagte zu dem Thema Schlaf: „der Schlaf ist das Fenster zu Seele“. Dies soll verdeutlichen dass der Schlaf eine wichtige Rolle für unsere Stimmungen spielt. Eine typische Schlafstörung für depressive Patienten ist die morgendliche Schlafstörung. In den frühen Morgenstunden aufwachen und sich dann im Bett herumwälzen ist ein markantes Zeichen dieses Phänomens der Depression.

    5. Psychosomatische Unruhe: Depressive sind entweder: 
      innerlich agitiert (beunruhigt) und haben eine starke Antriebssteigerung. Früher wurde in diesem Falle von einer agitierten Depression gesprochen. Im ICD 10 finden wir die Agitiertheit heute in der Klassifikation R45.1. 

      – Andererseits können sich depressive Patienten in einer innerlichen Leere oder einer Verlangsamung befinden. Dann kommt wieder der Leitsatz hervor: lustlos, freudlos, antriebslos. Selbst die normalsten Handlungen gehen nur noch schwer von der Hand.

    6. Energieverlust und Müdigkeit: Der Merksatz hier ist: müde, matt, abgeschlagen. Es handelt sich hierbei um eine chronische Müdigkeit, manchmal sogar eine Lebensmüdigkeit (Beachte Symptom 9).

    7. Schuldgefühle: „Ich bin nichts mehr wert“ – das Gefühl absoluter Wertlosigkeit. „Alles ist wertlos“. Schuldgefühle hat jeder mal von uns. Hier geht es jedoch um pathologische Schuldgefühle: Der Depressive hat zu viele Schuldgefühle wo kein Grund für eine Schuld (im Gegensatz zu einem kriminellen Täter) sein sollte.

    8. Konzentrationsfähigkeit: hier haben wir ein kognitives Symptom. Das bedeutet, dass dies Einfluss auf unsere Wahrnehmung und die Verarbeitung der Umwelt hat. Wir sprechen hier von einer verringerten Entscheidungsfähigkeit. Konzentration und Gedächtnisleistung sind hier merklich gestört.
      Dies kann so stark sein dass man sogar geneigt ist eine Demenz zu diagnostizieren. Man nennt dies dann eine Pseudo-Demenz. Diese Pseudo-Demenz hört aber umgehend auf wenn man diese Patienten mit einem Antidepressiva behandelt.

      Interessant ist noch folgendes Phänomen: Menschen mit einer Depression neigen (!) zu einer Demenz. Dies kann dadurch kommen dass durch die Herunterregulierung bei einer Depression das Gehirn deutlich weniger beansprucht wird.
      Man könnte nun geneigt sein zu sagen, dass eine Behandlung mit Antidepressiva vor einer Demenz schützen müsste. Eine größere Studie aus dem Jahre 2013 legt aber nahe dass dies nur eine erfolgversprechende Therapie bei schweren Demenz-Fällen ist und bei leichten bzw. mittelschweren Demenz-Patienten die Psychotherapie bevorzugt angewendet werden sollte. Hier geht es zu der erwähnten Studie

    9. Todessehnsucht: Dies sind immer wiederkehrende Gedanken an den Tod. Hier unterscheiden wir 4 getrennte Stufen:
        1. Lebensmüde. (Mir ist es egal ob der LKW mich  überfährt oder nicht….)
        2. Ich möchte mir irgendetwas antun. (Vielleicht werfe ich mich vor einen LKW…)
        3. Konkrete Selbstmord Vorstellungen. Oder konkrete Vorbereitungen. (Ich warte an der Kreuzung auf einen LKW …)
        4. Ein konkreter Suizidversuch. Für einen Therapeuten ist darum die erste und wichtigste Frage in Bezug auf den Patienten: ist dieser Mensch Suizid gefährdet oder nicht? Dies ist wichtig um den Patienten zu schützen oder ihn vor einem erweiterten Suizidversuch zu bewahren (um andere Menschen auch zu schützen). Hier die Nummer der Telefonseelsorge: 0800 1110111  https://www.telefonseelsorge.de/
Die 3 Arten der Depression

Therapeuten der alten Schule haben noch ein dreiteiliges Koordinatensystem gelernt, welches helfen kann, eine sinnvolle Struktur in diese Symptomatik der Depressions-Phänomene zu bekommen:

        • die Endogene Depression
        • die neurotische Depression und
        • die reaktive Depression.

die Endogene Depression

Dies ist die häufigste Form einer Depression. Sie ist eine erbliche – von innen kommende – Depression.
Dieses Konzept wird heute Major Depression genannt.
Was sind die Symptome?
– Der Patient kann keinen Grund von außen benennen.
– Die Patienten merken meistens sogar nicht dass sie depressiv sind sondern fühlen einfach nur eine Verstimmung bei sich.
– Sein Leben läuft gut, aber seine Gefühle sind trotzdem depressiv.

Die Symptome der endogenen Depression kommen nicht langsam sondern plötzlich. Häufig sieht man in der Familien-Anamnese dass dieses Phänomen häufiger auftritt als in anderen Familien.

Unsere Gefühle werden im Gehirn geprägt.  Störungen im Gehirn-Stoffwechsel können Depression als Folge haben.

Nehmen wir als Beispiel die Schizophrenie: 
Die hat nichts mit dem Außen als Verursacher zu tun. Nur der Gehirn-Stoffwechsel ist hier der Auslöser. Ein medikamentöser Ansatz durch Pharmazeutika ist hier wirklich ein Weg welcher vorrangig beachtet werden sollte. Psychotherapien sollten nur nachrangig gewählt werden. 

Vereinfacht ausgedrückt: der Botenstoff (Serotonin) ist zwischen den Gehirnzellen verringert und das Medikament (oftmals ein SSRI) hilft, diesen Pegel im Laufe von circa zwei Wochen wieder anzuheben. Dies ist auch ein wirklich wichtiges Mittel um dem Patienten zu verdeutlichen, dass die Depression nicht von ihm verursacht wurde. Denn wer kann schon seinen Gehirn-Stoffwechsel beeinflussen?
Allein dieses Wissen ist schon eine Entlastung für den Patienten.

2. Die neurotische Depression.

Dies ist noch ein alter Name für diese Form der Depression. Heute wird sie Dysthymie genannt.

Sie hat andere Kriterien als die vorgenannte:
– sie ist nicht so voll umfänglich beeinträchtigend wie die Major Depression.
– Die Dysthymie ist eine chronische depressive Verstimmung. Durch sie sieht der Patient die Welt nur noch negativ.
– Die innere Ordnung des Patienten ist durch seine Lebensgeschichte völlig durcheinander gebracht. Im Gegensatz zu der Major Depression – wo wenig Symptome zu dieser Depression geführt haben – ist in dem Lebensverlauf des Patienten mit einer Dysthymie viel Unruhe. Der Patient hadert mit seinem gesamten Leben und zeigt häufig eine Verbitterung.

Fritz Künkel (1889 – 1956) sprach hierbei von einer „Ichhaftigkeit“ im Gegensatz zu der „Sachlichkeit“.

Diese Patienten können nicht aus dem inneren Ich-Gefängnis ausbrechen.
– Sie sind häufig sehr verbittert mit ihrem Leben und bleiben oft in der Fremdbeschuldigung stecken.
– Sie haben ein Opfer-Verständnis von ihrem eigenen Leben und komm da nicht mehr raus.

Diese Form der Depression ist eine klassische Aufgabe für die Psychotherapie. Solche inneren Verdrehungen, Verknotungen können oftmals aufgelöst werden durch mehr Selbsterkenntnis in der Sache.

Wie sollte eine Behandlung aussehen?
Hier sind Medikamente nicht die erste Wahl. Die erste Wahl ist hierbei in der Regel die Psychotherapie.

Warum wurde diese Form der Depression die neurotische Depression genannt?
Dies kommt daher, weil viele ihrer Symptome mit Angststörungen, Neurosen Panikattacken Zwangssymptomen wie innerliche Rigidität (Steif, Unnachgiebig, Starr) und Phobien zu tun haben. Diese sind zwar eng mit Ihnen verbunden – jedoch in der Klassifizierung nach den Krankheiten getrennt.

3. Die reaktive Depression.

Hierbei handelt es sich zum Beispiel um:
– Anpassungsstörungen
– posttraumatische Belastungsstörungen und
– akute Belastungsstörungen.

Man könnte sagen: „Etwas Schlimmes passiert und man reagiert auf dieses spezielle Ereignis.“  

Auch die Trauerreaktion gehört hierzu. Abzugrenzen von einer „normalen“ Trauerreaktion ist die pathologisch verlängerte Trauerreaktion.
Diese Menschen sind dann nicht mehr fähig, aus ihrer Trauerreaktion mit eigener Kraft heraus zu kommen. Oder sie können es sich andererseits nicht erlauben, aus dieser Trauer wieder heraus zu gehen.

Wie sollte die Behandlung hierbei stattfinden?
Hier ist eine Kombination aus Psychopharmaka und Psychotherapie der Weg der ersten Wahl. Jedoch sollte immer der einzelne Fall im Speziellen diagnostiziert werden.

Interessant ist, dass die Menschen damals in den Religionen und in einigen Kulturen noch heute, eine klar definierte Trauerphase hatten in denen sie auch wirklich trauern durften.
Sie wussten dann, dass diese Trauerphase sowohl einen Anfang als auch ein Ende hat.

Im alten Testament wird häufig über die Tage der Trauer und die Beendigung dieser Zeitspanne geschrieben (z.B. 5. Mose 34:8 spricht von 30 Trauertagen für Moses).

Dies ist eine Unterstützung für den Trauernden dass er sich zum einen in die Trauer begeben darf (was in der heutigen westlichen Gesellschaft nicht mehr so selbstverständlich ist) sich aber auch ein Ende aufgrund der Glaubensrituale erlauben kann um das Leben wieder aufzunehmen. 

Schnelle Hilfe bei Depression!

Bitte bedenken Sie, dass im Fall einer Erkrankung oder des Verdachts auf eine Depression das Gespräch mit einem Arzt oder Psychotherapeuten elementar wichtig ist.

Grundsätzlich ist Ihr Hausarzt der erste Ansprechpartner für die Diagnose und die Behandlung von Depressionen. Bei Bedarf würde er an einen Facharzt (Psychiater, Nervenarzt) bzw. an den psychologischen Psychotherapeuten überweisen.

Unterstützung an Ihrem Wohnort erhalten Sie immer beim Sozialpsychiatrischen Dienst (SpDi). 

Es handelt sich hierbei um ein Angebot sowohl für Menschen mit psychischen Erkrankungen als auch deren Angehörigen. 
Die Kontaktdaten des nächstgelegenen SpDi erhalten Sie über das Gesundheitsamt oder über das Verzeichnis des Bundesverbands der Angehörigen psychisch Kranker. Sie finden den nächstgelegenen SpDi auch, indem Sie in einer Online-Suchmaschine „Sozialpsychiatrischer Dienst“ und Ihren Wohnort eingeben.

Überregionale Krisentelefone

Tel.: 0800 / 11 10 111
Tel.: 0800 / 11 10 222
Rund um die Uhr
www.telefonseelsorge.de
telefonseelsorge@diakonie.de

Kinder- und Jugendtelefon
Tel. 0800 / 11 10 333

Mo – Sa 14:00 – 20:00 Uhr

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Blog Temperament Persönlichkeit Charakter Was ist der Unterschied

Temperament -Charakter – Persönlichkeit

Wo liegt der Unterschied?

      • „Da geht das Temperament mit ihm durch“
      • „Er hat einen fiesen Charakter
      • „Sie ist eine herausragende Persönlichkeit

In unserem alltäglichen Sprachgebrauch werden diese Wörter recht häufig gebraucht. Leider ist die Bezeichnung dieser drei psychologischen Konzepte nicht immer so deutlich voneinander zu unterscheiden, wie es ursprünglich gewünscht war.

Diese drei Schematas beschreiben unsere Denk- und Gefühlsweisen. Temperament und Charakter sind gewissermaßen die Grundlage der Persönlichkeit.

Wie wir diese voneinander differenzieren können, möchte ich mit diesem Artikel kurz erläutern.

Temperament

Unser Temperament wird von unseren Genen, dem Erbgut hauptsächlich bestimmt. Es ist der dynamische Aspekt unseres Verhaltens.

Dieses ist unser biologischer, intrinsischer Anteil unserer Persönlichkeit und er zeigt sich bereits in aller frühester Jugend des Säuglings. 

Es umfasst die stabilen Elemente des Antriebs / der Motivation eines Menschen:

  • die Triebe / die Gefühle / den Willen
  • unsere Ausdauer / Stimmung / Reizschwelle. 

Je nach Temperament neigen Babys dazu, negative oder positive Gefühle und eine gute oder schlechte Laune zu haben und diese in ihrem Wesen widerzuspiegeln.
Wir alle haben ein Baby schon mal nach dem Schema „einfach“ oder „schwierig“ eingeschätzt .

Da das Temperament genetisch bedingt und ererbt wurde, ist das Temperament nur schwierig zu beeinflussen.  

Wir werden immer diese angeborene Neigung haben, obwohl wir uns Mittel aneignen können, um den Ausdruck unseres Temperaments zu bestärken oder zu verringern. 

Nach der Hippokratischen Lehre unterscheiden wie 4 Temperamente: 

    • Cholerische Menschen: leidenschaftliche und energische Menschen, die leicht wütend werden
    • Melancholische Menschen : traurige Individuen, werden schnell emotional und sind sehr empfänglich für Kunst
    • Phlegmatische Menschen : kalte und rationale Wesen
    • Sanguiniker : glückliche und optimistische Menschen, die Zuneigung zu anderen ausdrücken und selbstsicher sind
Charakter

Unser struktureller Aspekt der Persönlichkeit. Dieser Teil unserer Persönlichkeit enthält die ethisch moralischen Werte. 

Er beinhaltet unser Temperament (also die Gene) und all die Gewohnheiten , welche uns anerzogen wurden und die wir selber durch unsere Beziehungen gelernt haben. Dies zeigt, dass der Charakter teilweise angeborene und teilweise ein erlernter Aspekt ist.

Der amerikanische Genforscher Robert Cloninger unterscheidet auf Grund seinen Forschungen drei Dimensionen des Charakter:

    1. Die Selbstbestimmung in Differenzierung zur Fremdbestimmung
    2. Die Bereitschaft zur Hilfe, Kooperation und Zusammenarbeit.
    3. Die Selbst-Transzendenz. Also unsere Werte welche über unseren Tod hinaus bleiben sollen.
Persönlichkeit

Sie ist die Summe von unserem Charakter, unserem Verhalten und dessen Bewertung.
Oder anders ausgedrückt: Es ist die Gesamtheit unseres Verhalten, unseren Gefühlen und unserer Kognition (vereinfacht ausgedrückt: unser Denken)

So wie der Charakter, beinhaltet die Persönlichkeit auch mehrere Aspekte. 

Die zwei am häufigsten verwendeten und anerkannten Definitionen in der Psychologie sind:

„Die Persönlichkeit ist die Summe der aktuellen oder potenziellen Verhaltensmuster eines Organismus, bestimmt durch die Vererbung, und die Summe der aktuellen und potenziellen Verhaltensmuster eines Organismus, bestimmt durch die Erbschaft und die Umwelt.“ – Eynseck (1947)

„Persönlichkeit ist das typische Verhaltensmuster, einschließlich Gedanken und Emotionen, das die Anpassung des Individuums an Lebenssituationen kennzeichnet.“ – Michel (1976)

Epilog

Warum diese Aufarbeitung in verschiedene Konzepte? 

Das Wichtigste hieran ist, dass die Vielfalt der Persönlichkeitspsychologie

      1. in all diesen Beiträgen, Theorien, Studien und Forschungen und
      2. in der Integration all dieser liegt. 


Persönlichkeit, Temperament und Charakter sind nun mal unterschiedliche Konzepte.
Besonders durch die Unterscheidung dieser Konzepte finden wir einen Teil unserer Werte wieder, um durch sie unsere Verhaltensweisen zu verstehen und zu versuchen, sie vorherzusagen.


In der Therapie helfen uns solche Konzepte, pathologische Persönlichkeitsmuster zu erkennen und durch strukturierte Psychotherapie wieder zu einer gewissen „Normalität“ zurück zu führen.

Wobei wir den Begriff Normalität mit allerhöchster Vorsicht nur gebrauchen dürfen. Denn: was ist schon Normal? Ist die Norm in welcher sich unsere Gesellschaft heute befindet wirklich gut? Die Bewertung hierfür muss jeder für sich selbst vornehmen. 

Schau Dir mein Video auf Youtube an

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Borderline Therapie – Nichts für schwache Nerven

Borderline Therapie – Nichts für schwache Nerven

Nicht umsonst nennt man die Borderline-Therapie auch die „Königsdisziplin“ in der Therapie

  1. Warum dieses Thema?
  2. Welche Arten von Borderline-Therapien gibt es?
  3. Wie entsteht die neurobiologische Funktion einer Persönlichkeit – und damit eine Persönlichkeitsstörung?
  4. Eine Einführung in die übertragungsfokussierte psychodynamische Therapie der Boderline-Störung (nach Kernberg)

I. Warum dieses Thema?

Vieles im Leben hat zwei Seiten – so auch der Umgang mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung.

Mir fällt jedoch auf, dass einer Seite besonders viel Beachtung geschenkt wird: 
– dem betroffenen Umfeld / den „Opfern“ von Borderlinern. 

Dies hat zwar seine Daseinsberechtigung, da durch diese Persönlichkeitsstörung viel Leid verursacht wird.

Andererseits möchte ich auch den Blick auf die „anderen Opfer“ lenken, den Borderlinern selber. Denn würde man diese fragen ob sie ihr Verhalten willentlich in die eine oder andere leidvolle Richtung lenken, so sind sich die Wenigsten der Konsequenz ihrer Handlungen bewusst.

Borderliner sind selber Opfer ihrer Umstände!

Warum dies so ist, möchte ich mit meinem Youtube-Kanal und dieser Webseite einen kleinen Aufklärungsbeitrag leisten. Darum ist der Bereich sehr wichtig:

  • Wie entsteht die Persönlichkeit und eine Persönlichkeitsstörung?
Hier geht es zu meinem Youtube-Video
Borderline – Kriterien

II. Welche Arten von Therapien gibt es heute für Borderliner?

III.a. Wie entsteht eine (Borderliner)-Persönlichkeit?

Bevor wir die Frage beantworten, wie die Borderliner-Persönlichkeitsstörung entsteht, möchte ich zuerst einen kleinen Überblick über die grundsätzliche Entstehung einer Persönlichkeit geben.

In der Abweichung hiervon können wir die BPS (Borderline-Persönlichkeits-Störung) dann erkennen.

Der Beginn der Persönlichkeitsbildung ist die Geburt – der Moment, wo der kleine Mensch zum ersten Mal ein seinem Leben auf sich alleine gestellt atmet, einen eigenen Stoffwechsel hat, sich autark bewegt.

Das menschliche Gehirn ist in diesem Zustand dem Gehirn der Tiere unterlegen. Da der präfrontale Cortex beim Neugeborenen praktisch nicht aktiv ist, muss dieser durch äußere Reize „geschult“ werden. 

Wozu dient der präfrontale Cortex überhaupt?
Er ist der Sitz unserer Persönlichkeit und in diesem Bereich werden die unterschiedlichen Prozesse im Gehirn gesteuert.

Er ist es, der uns zur Vernunft mahnt, bevor wir allen Diäten zum Trotz die ganze Tafel Schokolade essen. Oder der beschwichtigend einschreitet, bevor wir in unserer Aggression Dinge tun, welche uns später wieder Leid tun würden.

Durch ihn wissen wir auch, wie wir uns in der Gesellschaft richtig zu benehmen haben und dank dem wir uns sozial angemessen verhalten und uns selbst organisieren können.

Hier sitzt das, was uns zum Menschen macht – eine kontrollierte, vernünftige, sozial handelnde Person, die aufgrund ihrer Erfahrungen eigene Entscheidungen trifft, deren Konsequenzen sie mitberücksichtigt.

Wichtig hierbei: Dieser Bereich des Gehirns braucht teilweise bis zu 25 Jahre, bis er völlig ausgereift ist. 
Das bedeutet: Den präfrontalen Cortex kann man trainieren – und genau das geschieht zum Beispiel bei der Erziehung.

III. b. Die Zeit nach der Geburt entscheidet!

Das neugeborene Kind kommt auf die Welt und ist im Vergleich zu den anderen Säugetierarten höchst unselbständig. Dies ist dem nur rudimental ausgebildeten präfrontalen Cortex geschuldet. 

Hinzu kommt, dass der Säugling zwar ein Stress-Gen und ein Anti-Stress-Gen hat, zum Zeitpunkt der Geburt ist aber nur das Stress-Gen aktivierbar. Das Anti-Stress-Gen kann nur durch äußerliche Stimmulanz – z.B. durch die Mutter aktiviert werden.

Was haben diese beiden Faktoren:
1. der unausgebildete präfrontale Cortex
2. das nicht aktive Anti-Stress-Gen
mit unserem Thema Borderline-Persönlichkeitsstörung zu tun?

Personen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung sind auffallend häufig in ihrer Kindheit vernachlässigt, emotionell missbraucht worden.

Ein Kind kommt auf die Welt und ist zu 100% auf die Zuwendung der Mutter angewiesen.

Aber diese Zuwendung ist mit Wärme, Kleidung, Nahrung nicht ausreichend! 
Wir wissen heute – durch die Forschungen der Neurobiologie – das der Säugling auf die Spiegelung der Mutter und die Zärtlichkeit der Mutter überlebenswichtig angewiesen ist. 

Nur durch das konsequente Spiegeln der Mutter
– das Streicheln, Liebkosen, das „Reden“ und sonstige Interagieren mit dem Kind
kann der Säugling

  • zu einem ICH gelangen.
  • sein Anti-Stress-Gen aktivieren.
  • ab dem ca. 8. / 9. Lebensmonat eine Frustrationstoleranz aufbauen.

Wir müssen uns das so vorstellen:
Der Säugling weiß nicht, dass er existiert. Durch sein Schreien und das dyadische umgehende Reagieren seiner Mutter erkennt er:
„Da muss so etwas wie ein ICH sein“.

Hierdurch begreift der Säugling:

  • er existiert und
  • er ist wertvoll – weil sich seine Mutter direkt um ihn bemüht.

Er entwickelt über das „DU-Verhältnis“ mit der Mutter ein gesundes erstes „ICH-Verhältnis“

Säuglinge welche nicht in dieser sofortigen, liebevollen Resonanz mit der Mutter aufwachsen, haben ein gestörtes ICH-Verhältnis. Dieses gestörte ICH-Verhältnis ist die Grundlage für die vielen Persönlichkeitsstörungen.

In der Psychiatrie sagen wir:

  • der Narzisst kreist grandios und selbstverliebt um sein Ich.
  • der Perfektionist kreist ängstlich um sein Ich.
  • Der Borderliner hat sein Ich sogar abgespalten.

 

Kann man einen Säugling in den ersten 8 Lebensmonaten verwöhnen?

Nein! Das geht nicht!
In allen Kulturen auf der Welt haben neugeborene Kinder eines gemeinsam:

        • sie alle haben keine Frustrationstoleranz

Neugeborene müssen in einer dyadischen Beziehung mit der Mutter o.ä. aufwachsen um durch die Resonanz 

  1. das eigene Ich auszubilden
  2. das Anti-Stress-Gen zu aktivieren
  3. später (nach dem 8. Lebensmonat) eine Frustrationstoleranz aufzubauen.

Erst ab dem 9. Lebensmonat können Eltern damit beginnen, mit Verzögerung auf die Rufe / Schreie des Kindes zu reagieren. Dann (!) ist es auch förderlich für das Kind.

Und ab dem 18. bis ca. 24. Monat ist der präfrontale Cortex des Kindes auch so ausgereift, dass das Kind beginnt zu lernen, dass sein Verhalten Konsequenzen haben kann. Vorher kann man ihm alles sagen – es wird dies jedoch nicht verstehen.

Was passiert, wenn der Säugling in den ersten Lebensmonaten vernachlässigt evtl. sogar missbraucht wird?

Genau hier beginnt der Werdegang einer Persönlichkeitsstörung wie z.B. der Narzissmus, der Perfektionismus und auch der Borderliner. 
Denn grundsätzlich kommt kein Kind mit einer Persönlichkeitsstörung auf die Welt.

Wie weiter oben geschrieben, benötigt der Säugling in den ersten Lebensmonaten die volle Aufmerksamkeit und eine dyadische Mutter-Kind-Beziehung um in dieser gegenseitigen Spiegelung seine Persönlichkeit zu bilden.

In der Mutter-Kind-Beziehung erfährt der Säugling dass er existiert, ein eigenes ICH ist und es wert ist, geliebt zu werden.

Wenn diese Entwicklung – aus welchem Grund auch immer – nicht erfolgt, kann sich kein stabiles ICH entwickeln und die Persönlichkeitsstörung nimmt seinen Anfang.

Ein vernachlässigtes ICH entwickelt sich häufig zum Narzissmus (ein grandioses Kreisen um das eigene verletzbare Ich) und zum Perfektionismus (ein ängstliches Kreisen um das eigene verletzbare ICH)

Ein misshandeltes ICH entwickelt sich sehr häufig zum Borderliner. Borderliner weisen eine überproportional hohe Rate an Misshandlungen, Verletzungen und Vernachlässigung in der Kindheit auf. 
Wenn diese Kinder dann noch die Fähigkeit zum Abspalten / zur partiellen Objektbeziehung haben – was nicht jedes Kind hat – dann entwickelt sich hier häufig eine Borderliner-Persönlichkeit.

Mit diesem wichtigen Gedankengang möchte ich auf ein Faktum hinweisen:
Auch wenn das Leben mit diesen Menschen nicht einfach ist – die Verantwortung für deren Handeln liegt in ihrer Jugend, einer Zeit für die sie nichts können. Die Verantwortung für diese Entwicklung liegt in deren Umgebung!

 

Die übertragungsfokussierte psychodynamische Therapie 

Otto F. Kernberg hat im Jahre 1999 diese Therapieform der Öffentlichkeit vorgestellt. Diese ist eine (!) mögliche Form der Borderline-Therapie.

Sie hat ihre eigene Form und auch ihre ganz besondere Herausforderung. Da ich diese persönlich sehr schätze und als anwendbar erachte, möchte ich diese Therapieform mit eigenen Worten und in kleinen Abwandlungen aus der Praxis heraus einmal verdeutlichen.

Diese zeichnet sich aus durch folgende Merkmale

  1. die Dauer ist in der Regel mehrjährig
  2. Sowohl an den Therapeuten als auch an den Patienten werden sehr hohe Anforderungen gestellt. Darum ist hier die Abbruchquote recht hoch
  3. ein positiver Support, konkrete Alltagshilfen werden nicht gegeben.
  4. aggressive Aspekte der „Übertragung“ werden vom Therapeuten direkt und unverblümt angesprochen.
  5. Ein sehr umfangreicher, konkreter Therapievertrag

Mögliche „KO-Kriterien“ könnten sein:

  1. eine zu niedrige Intelligenz des Patienten
  2. Keine Suchtmittel während der gesamten Therapie
  3. zu starke narzisstische bzw. antisoziale Wesenszüge
  4. Nahezu suchthafte Selbstschädigungstendenzen

Der Unterschied zu anderen Therapieverfahren:

  1. Von Anfang an wird ausschließlich mit den 3 psychoanalytischen Techniken von Klärung, Konfrontation und Deutung gearbeitet.
  2. Aggressive, destruktive Elemente werden sofort im Fokus bearbeitet. Supportive Elemente (z.B. Ermutigung u.s.w.) werden nicht verwendet
  3. das zentrale Thema ist immer nur die Beziehungsstörung – nichts anderes. Dies ist Zentrum der psychoanalytischen Arbeit und der Übertragungs-Beziehung.

 

Die Grundelemente dieser Therapie

Einem Therapeuten stehen drei Kanäle zur Verfügung um einen Zugang zu dem Patienten zu erhalten:

  1. die normale Kommunikation
  2. Handlungen und Affekte durch den Patienten
  3. Gegenübertragungsgefühle des Therapeuten. („Was löst der Patient durch seine Handlung jetzt bei mir (!) aus?“)

Die Therapie verfolgt vier Ziele:

1. Definition der dominierenden Objektbeziehung. 

Auch wenn es häufig in der Welt des Patienten recht konfus zugehen mag, so kann man sich als Therapeut eine kleine Hilfestellung geben: Indem man sich das Verhalten des Patienten wie eine Art Theaterstück vorstellt und sich bemüht, die unterschiedlichen Rollen die dort gespielt werden, einzuordnen. 
Wichtig in der TFP ist dass der Therapeut diese erkannten Rollen dem Patienten gegenüber klar und deutlich benennt. Zwar sind dies immer nur Hypothesen und sollten bei Feststellung dass der Therapeut sich geirrt hat korrigiert werden, aber das Benennen dieser Rollen ist sehr wichtig.

2. Beobachten und Deuten der Rollenwechsel

Der Therapeut benennt diese umgehend (z.B. „Täter – Opfer – Rolle“) da der schnelle Rollenwechsel welcher bei Borderline-Patienten häufig zu beobachten ist, auch den Therapeuten an die Grenze bringen kann. Hinzu kommt dass der Patient häufig ziwschen projektiven und introjektiven Prozessen hin und her springen kann. Da verliert man als Beobachter schon schnell mal die Überblick. 

3. Beobachten und Deuten von Verbindungen zwischen sich abwehrenden Objektbeziehungsdyaden

Eine Dyade ist eine einfache Zweierbeziehung – z.B. Vater und Kind; Patient – Therapeut u.s.w.
Dieses 3. Ziel ist in sich mit die schwierigste Aufgabe in dieser Therapie. Die verschiedenen Rollen (Objektbeziehungsdyaden) sind in sich ja nicht solitär. Sie sind entstanden in der Beziehung zu anderen Dyaden. In der einen Dyade hat der Patient den Triebwunsch, in der anderen hat er die Abwehr verinnerlicht. 
Dieser Widerspruch ist für sich schon eine Herausforderung. Beim Borderliner – wie soll es auch anders sein – kommt eine weitere Herausforderung hinzu: Die Konflikte zwischen diesen Dyaden sind (anders als beim Neurotiker) instabil. Abrupte Wechsel zwischen beiden Dyaden können sehr schnell entstehen. 

4. Integration der abgespaltenen Teilobjekte

Endlich kommen wir zu dem eigentlichen Ziel. Mit diesem 4. und letzten Schritt werden die Konfusionen der partiellen Objektbeziehungen (meistens sind dies entweder „nur böse“ oder „nur gute“ Beziehungen) des Patienten geordnet und in Zuordnung zueinander gebracht. Dieser Prozess dauert am Anfang der Therapie oft Monate. Im weiteren Verlauf können solche Objektbeziehungen schon innerhalb weniger Wochen bzw. Tagen vom Patienten selber erkannt werden. 

Der Patient erkennt diese disparaten (nicht passenden) Aspekte des Selbst nun selber, versteht die Ursachen und kann ein inneres Konzept der Lösung mit dem Therapeuten erarbeiten. 

Indem diese jeweils aktivierten Beziehungspaare nun mit dem Therapeuten reflektiert werden, kann dies durch den metaphorischen Charakter der Therapie wie aus einer Distanz angesprochen werden: 
„Etwas in Ihnen verhält sich so, als hätte etwas in mir dieses / jenes Gefühl ausgelöst….“
Der Patient erkennt dass er aus der Situation aus eigener Kraft sozusagen entkommen kann, ohne sich klammheimlich „davonzustehlen“. 
Die Schwierigkeit für den Therapeuten ist diese Doppelemotion:

  • zum einen reflektiert er seine eigenen Gefühle dem Patienten zurück
  • zum anderen muss er selbst, diese reflektierten Gefühle immer in einer distanzierten Metaebene betrachten. Auch er muss eine „systemische Abspaltung“ seiner Gefühle trainieren um seinem Patienten von seinen Gefühlen zu erzählen, sich aber von diesen nicht übermannen zu lassen.

Beispiel für Übertragungs-Gegenübertragungspaare können folgende Dyaden sein:

  • sexuell angegriffenes Opfer – Vergewaltiger
  • wütendes Kind – hilflose Eltern
  • Opfer – Angreifer
  • böses Kind – bestrafende Eltern

 

Therapietechniken – Klärung / Konfrontation / Deutung

 

Klärung

Nachhaltig wird die subjektive Wahrnehmung des Patienten erfragt. Dies wird so lange von dem Therapeuten gemacht bis er bis ins letzte Detail das, was der Patient erzählt versteht. 
Ein Beispiel: „Was meinen sie damit wenn Sie sagen Ihr Vater sei ein Tyrann“? 
Vorteil der Klärung: Diese Klärung wird so lange von dem Patienten wiederholt, bis er von seiner Handlung eine gewisse Distanz aufgebaut hat und diese wie ein Symptom seiner selbst betrachten kann. Durch diese Distanzierung in der Klärung und der Objektiviereung des neurotischen Charakters bekommt diese Handlung etwas Fremdes und kann nun behandelt werden. 

Konfrontation

Bereiche der Klärung werden konsequent, taktvoll angesprochen. Dies ist ein kritischer Punkt in der Therapie, da der Patient diese besonders am Anfang als feindlichen Angriff erleben kann. 
Ein Beispiel: „Am Anfang der Therapiestunde haben Sie mich als Ihren Therapeut sehr positiv beurteilt und mir sogar für die Therapie gedankt. Jetzt sagen Sie mir, dass ich all dies nur tue um Ihnen zu schaden. Wie bringen Sie diese beiden Punkte zusammen?“

Deutung

Die Deutung erfolgt im „Hier-und-Jetzt“ und werden hauptsächlich auf die Patienten-Therapeuten-Beziehung bezogen. 
Vorteil der Deutungen: Sie helfen dem Patienten bewusst zu machen, wo noch unbewusst wirksame Objektbeziehungen aktiv sind. 
Die Deutungen werden klar, schnell und umfänglich Tief geäußert. Man könnte auch sagen: „Es wird nicht um den heißen Brei herumgeredet“. 

Epilog

Die Therapie von Borderliner-Patienten ist und bleibt die derzeitige Königsdisziplin.

Sowohl für Borderliner als auch für Therapeuten ist diese Therapieform eine sehr starke Herausforderung und bringt beide häufig an deren Grenzen. 

Dieser Artikel ist nur eine kleine Ansicht über die TFP-Therapie welche durch Otto v. Kernberg im vorigen Jahrhundert entwickelt wurde. 
Auf viele – aus wesentliche Punkte – bin ich gar nicht eingegangen. 

    • die Vertragsbehandlung:  zwischen Therapeut und Patienten welche sich in deren Art und Weise und Konsequenz deutlich von Therapieverträgen anderer Therapieformen unterscheidet. 
    • Das Fehlen von supportiven Aspekten wie z.B. bei der Dialektisch-Behavioralen-Therapie welche viel Zeit in die Einübung von Fertigkeiten / Skills investiert. Dafür fehlt dem DFB-Verfahren ein psychodynamisches Modell („Warum will ein Patient Besserung, sabotiert dies jedoch mit allen Mitteln?“)

Der erste Zweck dieses Artikels ist Psycho-Edukation: Ich möchte durch Aufklärung über Krankheitsbilder systematisch und strukturiert erforschtes Wissen in leicht verständlicher Form an interessierte Menswchen weitergeben. 

Der zweite Zweck dieser Artikel ist aber auch die Förderung des beiderseitigen Verständnisses! 
Auch wenn Persönlichkeitsstörungen für die Umgebung sehr anstrengend sind und durch diese viel Leid entsteht, dürfen wir eines nicht außer acht lassen: Es ist ein Krankheitsbild von welchem sich der Kranke – wenn er diese in einer Distanz betrachten könnte – auch komplett distanzieren würde.

Nicht der Borderliner ist das Problem – es ist die Borderline-Störung! 

Sind Sie in Kontakt mit dieser Krankheit? Wenn ich Ihnen helfen konnte mit diesem Blog so freue ich mich.

Gerne können Sie auch über die Kommentarfunktion etwas hierzu schreiben!

Möchten Sie persönlich mit mir Kontakt aufnehmen? 
Hier geht es zu meinem Kontakt: Zu meinem Kontakt

Toxische Menschen – Halte Narzissten auf Distanz

Toxische Menschen – Halte Narzissten auf Distanz 

Verbringen Sie Ihre Zeit nicht mit toxischen Menschen! 
Keine Emotionen, kurze Antworten, minimale Interaktionen, „No-Contact“

Wer ist das – dieser „toxische Mensch“?

Toxikum kommt aus dem lateinischen und bedeutet Gift.
Toxisch – Ein Adjektiv – beschreibt darum eine giftige Wirkung. 

Schauen Sie sich auch mein Youtube Video zu diesem spannenden Thema an

Als Mediator ist man an Lösungen unabhängig des Konfliktes interessiert. Man findet Lösungen wo andere oftmals nicht mal suchen würden.

Vor diesem Hintergrund fällt es einem Mediator natürlich ungleich schwerer, andere Personen per se als toxischen Menschen zu kennzeichnen

das würde ja bedeuten dass die Suche nach einer Lösung im Miteinander beendet ist und sich nun lediglich auf einen Ausweg als einen Lösungsweg konzentriert wird.

Aber man muss den Fakten ins Auge sehen:

  • Genauso wie es in der Psychotherapie Menschen gibt, welche nach heutigem Wissensstandart (noch) nicht therapierbar sind,
  • so gibt es Personen im täglichen Umgang, deren Wirkung auf die Umgebung nur mit dem Wort „vergiftend“ beschrieben werden kann.

Toxisch steht hier als Synonym für:

  • verbohrt, uneinsichtig, unbelehrbar
  • selten Schuldgefühle / haben ihre eigenen Gesetze 
  • Sie sind oft übergriffig / lügt um seine Ziele durchzusetzen
    und dies alles in einem Ausmaß welches normale Menschen nicht an den Tag legen würden.

Das Verhaltensmuster toxischer Menschen

Zunächst einmal geht es darum herauszufinden, wann du es mit einem toxischen Menschen zu tun hast. Nimm folgende Verhaltensmuster als eine Art Schablone – gebrauche diese aber nicht 1 zu 1.

  • Toxische Menschen beginnen oft Streit, wo ein einfaches Gespräch die Sache schnell aus der Welt geschafft hätte.
  • Toxische Menschen sind oft verbohrt, uneinsichtig und unbelehrbar. Die Sichtweise des Gegenübers interessiert sie einfach nicht.

Schuldgefühle sind ihnen fremd. Sie selbst haben Recht, die anderen Unrecht.

  • Toxische Menschen sind häufig grenzüberschreitend und übergriffig. Sie tun Dinge, die ihnen einfach nicht zustehen und zu denen sie kein Recht haben.
  • Ein toxischer Mensch hat oft konkrete Erwartungen an dein Verhalten oft ohne diese konkret auszusprechen. Hältst du dich nicht an diese Erwartungen, wirst du dafür bestraft.
  • Ein toxischer Mensch setzt dich emotional unter Druck. Er versucht dir Schuldgefühle zu machen. 
  • Ein toxischer Mensch lügt, um seine Interessen durchzusetzen. Er lässt Informationen weg, dichtet welche hinzu oder er streut gezielt Gerüchte.

Sie manipulieren andere Menschen, um ihre Interessen eigenen durchzusetzen. Dies tut er so intensiv, dass wir hier von einer Pseudologie sprechen.

  • Er verhält sich häufig eifersüchtig und missgünstig. Kann anderen den Erfolg nicht gönnen.
  • Ein toxischer Mensch nimmt selten Rücksicht auf andere Menschen, deren Bedürfnisse und Gefühle.

Eine kleiner Toleranzgedanke: Wir alle sind nicht perfekt!

Niemand kann bestreiten dass er nicht auch negative Anteile hat. Wir alle sind von Zeit zu Zeit in geringem Maße „toxisch“. 

Bei einem durch und durch toxischen Menschen reden wir aber dann wenn er – vergleichbar mit einer Persönlichkeitsstörung in der Psychotherapie – in dem System komplett verfangen ist. 

Sein Verhaltensmuster ist überwiegend (!) toxisch und geht selten ins Positive über.

Kann ich mich vor toxischen Menschen schützen?

Diese Frage hat absolut ihre Daseinsberechtigung, denn der Umgang mit solchen toxischen Menschen stellt auch abgebrühte Profis wie Psychotherapeuten, Psychiater, Coaches und Mediatoren vor große Herausforderungen.

Darum gilt:

  • spätestens, wenn man beginnt, die eigene Wahrnehmung infrage zu stellen, sollte man sich den Expertenrat und professionelle Unterstützung einholen.

Dies tun auch die o.g.. Profis welche sich regelmäßig durch Supervisoring von Kollegen auf Augenhöhe ihre Wahrnehmung zu speziellen Fällen reflektieren lassen. 

Kann man auch selber etwas tun? Ja!
– Schutz und zur Stärkung erhält man bereits durch das Wissen darüber, wie toxische Menschen ticken. Schon Volker Pispers sagte häufig: „Wenn du weißt wer Dein Feind ist, dann hat der Tag Struktur.“

Dieses Wissen ist die beste Grundlage dafür, Handlungsstrategien zu entwickeln um den Umgang mit ihnen derart zu gestalten, dass man langfristig keinen Schaden nimmt.

Jedoch ist dies nicht immer von Erfolg begleitet.

  • Manchmal ist der Fall dermaßen schwerwiegend, das nur noch auf Distanz gehen wirklich Hilfe gibt.

Was aber, wenn Distanz – z.B. aufgrund eines bestehenden Arbeits- bzw. Familienverhältnisses – nicht möglich ist?

Hier ein paar Tipps aus der Praxis:

Toxische Menschen sind nicht in der Lage, sachliche Argumente in Bezug auf deren Verhalten anzuhören und zu evaluieren.

Darum, setze und verteidige deine eigenen Grenzen. Es ist wichtig, eindeutig und klar, die eigene Position und Sicht auf die Dinge kenntlich zu machen.

Lasse dich hierbei z.B. durch Coaching darin unterstützen, dies bewusst und eigenständig zu tun.

Dies darf nicht dem Zufall überlassen werden

  • indem man erst bei einer Attacke des Vorgesetzten handelt.
  • In einer ruhigen Minuten proaktiv dem Chef seinen Standpunkt vertreten ist vielfach effektiver.

„Ego semper recta“ – Latein: „Ich habe immer recht“

  • Mit einem toxischen Menschen in eine Diskussion zu treten ist, wie in eine laufende Kettensäge zu greifen. Man kann nur verlieren.
  • Diese haben das Recht für sich gepachtet.
  • Selber Unrecht zu haben kommt in ihrer Gedankenwelt nicht vor. Ähnlich einem Narzissten müsste diese Person dann ja ihr eigenes Handeln hinterfragen. Dann wäre die Gefahr groß, dass der vorgehaltene Spiegel auf Fehler hinweist.
  • Diese Krise wäre zu viel für solche Menschen und darum wird sie alles tun, um so etwas zu verhindern 

Einen Kampf mit einem toxischen Menschen kann man nicht gewinnen. Jeder Kampf mit einer solchen Person führt nur zu einer Eskalation der Situation.

Was aber kann man stattdessen tun?

  • Wir alle haben unsere eigene Würde. Diese Würde bildet sich aus unserem Selbstbild und unseren inneren Werten den sogenannten „Basic beliefs“

Wenn wir uns an diesen orientieren geht unser Blick weg von dem toxischen Verhaltensmuster hin zu einem gesunden und selbstaufbauenden Verhalten. 

– Sehr viel Kraft kann in diesem Falle ein Gespräch mit einem Mediator / Coach geben, welcher in der Transaktionsanalyse bewandert ist. „Ich bin ok – Du bist ok“ ist ein lohnenswertes Ziel und eine Sichtweise um toxischen Umgebungen zu entfliehen.

Du bist nicht Schuld am Verhalten eines toxischen Menschen!

Unsere Welt wird immer voller mit Narzissten, Perfektionisten, Psychopathen und Neurotikern. Dies ist aber nicht Deine Schuld!

Mit ein wenig Fatalismus „Es ist so wie es ist“ befreie Dich von dem Grübeln nach dem Warum.

Unsere menschliche Psyche ist eine hochkomplexe Apparatur über welche sogar die Spezialisten immer wieder Neues und Bahnbrechendes lernen.

  • Darum ist es viel effektiver, wenn Du dich auf dich selbst und Deine eigenen Ressourcen
  • Stärke Dich und dann wird sich auch Deine Umgebung – ganz wie es die systemische Therapie jeden Tag zeigt – auf Dich einstellen. 

Weiteren Aufschluss über das Thema Persönlichkeitsstrukturen findest Du in meinen Beiträgen über Narzissmus. Meine Artikel Narzissmus ÜberblickNarzissmus und MediationNarzissmus im Management und Regeln im Umgang mit Narzissten sind ebenfalls sehr aufschlussreich für den Umgang mit toxischen Menschen.

Epilog

  • Toxische Menschen sind Gift für unseren Selbstwert.
    – Der Umgang mit ihnen führt zu Burnout, (welche fälschlicherweise mit Depression in Verbindung gebracht wird, sich jedoch durch den Zynismus des Betroffenen von einer Depression unterscheidet)
  • Depression,
  • schweren Traumata
  • und als Folge all dessen: körperlichen Erkrankungen.

    Wenn es toxische Menschen gibt, dann gibt es aber auch deren Gegenteil – den Philanthropen / Altruisten. Suchen Sie die Gesellschaft solcher Menschen und  verbannen Sie toxische Menschen konsequent aus Ihrem Leben.

Zum Schluss noch ein wichtiger Tipp:


Menschen mit Humor sind eine große Kraftquelle!

Humor ist in der Psychotherapie auf gleicher Augenhöhe wie die Transzendenzen, die Gesprächstherapien und die Pharmazie.