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Borderline

Borderline Diagnose: Wenn der Start ins Leben ein „Fehlstart“ ist

Negative Kindheits-Erlebnisse sind ein starkes Risiko dass sich eine Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickelt! DarĂŒber sind wir uns heute im Klaren. Aber: sie sind nicht zwangslĂ€ufig ihre alleinige Ursache.

Zum GlĂŒck gibt es heute bereits sehr viele Studien ĂŒber die Borderline – Persönlichkeitsstörung. Sie zeigen allesamt auch einen deutlichen Zusammenhang zwischen zerrĂŒtteten Familien, Kindheitstraumen und sozialen Stressfaktoren auf. 

Aber warum wird eigentlich nicht jeder, der in einer solch „schwierigen“ Umgebung aufwĂ€chst ein Borderliner? Menschen haben eine tolle Eigenschaft, die Ihnen im Allgemeinen bei negativen Ereignissen hilft, diese zu bewĂ€ltigen: Es ist ihre Resilienz. Der Eine hat mehr davon als der Andere.

Weil dem so ist, können wir davon ausgehen, dass die Ursache fĂŒr eine Borderline – Persönlichkeitsstörung in der Wechselbeziehung zwischen Ă€ußeren Stressfaktoren und dem genetisch vorbestimmten Temperament liegt.

Hier ein kleiner Einschub: Was ist das Temperament und wie unterscheiden wir es von dem Charakter und der Persönlichkeit?

Temperament ist der angeborene Teil – also die genetische Basis unseres Verhaltens. Wir unterscheiden hier in der Hauptsache 4 Bereiche:

      • den Choleriker, den Sanguiniker, den Phlegmatiker und den Melancholiker.

Wir können heute sagen, dass ein Mensch, der als Choleriker geboren wurde fĂŒr den Rest seines Lebens kein Melancholiker wird. Das Temperament ist naturgegeben und bleibt uns bis zum Tode erhalten.

Der Charakter ist unser Verhalten, also all das was uns von außen anerzogen wurde, und wir durch unsere Beziehungen voneinander gelernt haben.

Die Persönlichkeit ist jetzt der letzte Teil: Sie macht nur ca. 20% unseres Verhaltens aus. Sie ist das eigentliche Ich und zeigt sich durch persönliches Bewerten von unserem Charakter und dem Handeln in der jeweiligen Situation – es ist also unser Verhaltensmuster. 

Was verursacht Borderline?
Was ist die Ursache fĂŒr Borderline?
Borderline Kriterien

Borderline: (1) Risiko ist nicht gleich Ursache!

Wenn ich in meiner Kindheit negative Ereignisse erlebe, dann sind diese gleichzeitig auch Risikofaktoren fĂŒr die Bildung kranker psychischer Symptome.

1.1 Aber: Sie mĂŒssen nicht zwangslĂ€ufig zu psychischen Störungen fĂŒhren!

Wir beobachten immer wieder, dass sich die allermeisten Kinder als resilient also widerstandsfĂ€hig zeigen. In Wirklichkeit entwickeln sich nur recht wenige von ihnen zu Erwachsenen mit einer „Störung“. Der allergrĂ¶ĂŸte Teil der Betroffenen ĂŒbersteht solche schlimmen Erfahrungen zum GlĂŒck ohne negative VerĂ€nderungen.

1.2 Ein weiterer Punkt ist der, dass die meisten Menschen mit der gleichen Störung völlig verschiedenen Risiken ausgesetzt waren. Nur, weil jemand die Diagnose Borderline erhalten hat heißt es nicht, dass er auch dasselbe erlebt haben muss wie ein anderer Borderliner!

Gehen wir mal einen Schritt tiefer in die Praxis. Es muss ja einen Grund dafĂŒr geben, dass Borderline mit diesen Faktoren immer wieder in Verbindung gebracht wird. Und ja, in der ĂŒberwiegenden Zahl, werden negative Kindheits-Erlebnisse deutlich hĂ€ufiger von Menschen mit psychischen Störungen berichtet als von denjenigen, die noch nie mit einem psychischen Problem in einer Behandlung waren. Aber, wenn wir einmal ĂŒber alle Menschen in der Gesellschaft drĂŒberschauen, dann erkennen wir, dass die gleichen Belastungen eher nur bei einer Minderheit eine Störung hervorruft, die behandelt werden muss fĂŒhrt.

Zwischenfazit: Es besteht keine zwangslÀufige (!) Verbindung zwischen Kindheitserfahrungen und dem Erwachsenenleben.

Der Grund fĂŒr diese unterschiedlichen Ergebnisse sind die Wechselbeziehungen zwischen

      • unseren Genen,
      • der Umwelt
      • und unserem Charakter.

Bei Kindern mit einer feineren und empfindsameren Veranlagung ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher auf einen Stressfaktor zu reagieren als ein Kind das von Natur aus etwas „robuster“ reagiert.

Eben sprachen wir ja von den 4 Temperaments-Richtungen. Wenn wir diese nun nochmal zugrunde legen, dann wird auch klar, das Kinder mit einem schwierigen Temperament viel öfter in einen Konflikt mit ihren Eltern oder Gleichaltrigen kommen als diejenigen die sich etwas Àngstlich eher im Hintergrund aufhalten.

Die Folge davon? Wer mehr Streit hat, verspĂŒrt auch mehr soziale Ablehnung oder erfĂ€hrt auch öfter körperlichen Missbrauch. 

Bis jetzt haben wir lediglich die Veranlagung und den Umgebungsfaktor als besonders Auswirkung herausgestellt. In der Praxis reicht dies aber immer noch nicht aus. Zur Bildung einer psychischen Störung spielen auch weitere – sogenannte Drittfaktoren – eine Rolle, da Kinder die einem bestimmten Risiko ausgesetzt sind, wahrscheinlich auch mit vielen weiteren Problemen zu kĂ€mpfen haben.

Das Risiko fĂŒr stressbelastete Kinder / Jugendliche im Erwachsenenalter eine psychische Störung zu entwickeln, besteht nĂ€mlich aus einer ganzen Kette negativer Erfahrungen. Behalten wir dies immer im Hinterkopf

Ein kurzes Fazit bis hierhin: Der Zusammenhang zwischen eindeutig traumatischen Erfahrungen wie Kindesmissbrauch und pathologische SpĂ€tfolgen ist sehr dĂŒnn, das zeigt auch die aktuell vorhandene Literatur mit all ihren Studien sowohl ĂŒber sexuellen Kindesmissbrauch als auch ĂŒber körperlichen und seelischen Kindesmissbrauch.

Statistisch gesehen besteht wirklich nur in den allerwenigsten FĂ€llen eine konkret nachweisbare Beziehung zwischen diesen Dingen.

In der Zwischenzeit gibt es aber zum GlĂŒck immer mehr fundierte Literatur auf dem Markt, in der sich Professoren und andere Fachleute intensiv mit diesen sogenannten Resilienz-Mechanismen befasst haben.

Kurz noch einmal ein Wort zum Thema Resilienz: Man könnte es mit dem schönen Satz beschreiben: „Selbst unter Druck, nicht zu zerbrechen!“ Das Wort stammt vom lateinischen resiliere, also abprallen, zurĂŒckspringen.

Wir verstehen darunter die FĂ€higkeit,

      • an WiderstĂ€nden nicht zu zerbrechen,
      • sondern sich ihnen gegenĂŒber als widerstandsfĂ€hig zu erweisen –
      • und vielleicht sogar durch diese stĂ€rker zu werden.

Welche biologischen und / oder psychosozialen GrĂŒnde, fördern denn die Entwicklung dieser „ImmunitĂ€t“ gegen negative Erfahrungen?

      1. Kinder mit positiven Persönlichkeits-Eigenschaften und einem höheren Intelligenzquotienten zeigen deutliche mehr Ressourcen.
      2. Manchmal können aber auch Belastungen selber zu einer erhöhten Resilienz gegenĂŒber potentiellen zukĂŒnftigen Stress Erfahrungen.
      3. Was praktisch immer hilft im Kampf gegen negative Erfahrungen, sind positive Beziehungen.

Borderline Diagnose: Probleme, Ursachen voneinander unterscheiden:

Als wenn alles noch nicht kompliziert genug ist, kommt noch ein weiteres Problem hinzu:

Problem (1)

Die meisten Untersuchungen von Patienten wĂ€hrend eines klinischen Aufenthaltes haben Methoden verwendet in denen die Betroffenen zu ihrer Vergangenheit hin befragt wurden. 
 Aber mal ehrlich: Wie verlĂ€sslich sind die Daten, wenn wir Sie nur von den Menschen bekommen, die sich gerade in einer sehr schwierigen Lebensphase aufgrund ihrer Erkrankung befinden? Diese werden nun gebeten, einen genauen / korrekten Bericht ĂŒber ihre oft  bereits Jahrzehnte zurĂŒckliegende Krankheit abzugeben – hier mĂŒssen wir wirklich sehr vorsichtig mit umgehen.

Aber so ganz alleine auf weiter Flur stehen wir ja nicht
 Manchmal können wir mittels der Fremdanamnese von Geschwistern oder anderer objektiver Berichte die Erfahrungen aus der Kindheit bestĂ€tigt bekommen. Man kann jedoch nie davon ausgehen, dass Patienten-Berichte ohne eine unabhĂ€ngige BestĂ€tigung Dritter der Wirklichkeit entsprechen!

ErinnerungslĂŒcken fĂŒhren immer wieder zu Verzerrungen in der Wahrnehmung und diese bewirken dann, dass die aktuelle Belastung (darum befinden sie sich ja auch gerade in medizinischer / klinischer Behandlung) die Erinnerung eintrĂŒbt.

Die Rechtspsychologin Julia Shaw fasste die Erinnerungsweise unseres Gehirns mal folgendermaßen zusammen: „Erinnerungen lassen sich formen wie eine Kugel aus Lehm.“ Das zeigt, wie wenig wir uns bereits unter „normalen“ UmstĂ€nden auf unser GedĂ€chtnis verlassen können – wieviel weniger unter Belastung!

Sehen wir uns Patienten an, welche sich einer Trauma-Therapie befinden, dann erkennen wir besonders hier die Tendenz zu falschen Erinnerungen. Darum sollte man wirklich nur solche Erinnerungen als wahr betrachten,

      • die nie richtig vergessen wurden und
      • die nicht in einer Psychotherapie-Sitzung zum ersten Mal aufgetaucht sind.

Wenn wir das alles mal zusammenfassen wollen, dann können wir sagen,

      • dass negative Kindheitserfahrungen zwar das Risiko fĂŒr eine psychische Erkrankung erhöhen,
      • ihre Auswirkungen aber nur unter Verwendung eines Stress – Diathese – Models psychischer Störungen verstanden werden können.

Das Stress-Diathese-Modell wird oft auch VulnerabilitĂ€ts-Stress—Modellgenannt. Diathese ist altgriechisch und bedeutet zu Deutsch Aufstellung / Zustand. Das Diathese-Stress-Modell besagt also, dass ein einzelner Auslöser nicht dazu ausreicht, um es zu psychischen Problemen kommen zu lassen.

Eine Psychopathologie entsteht nicht aus dem Nichts. Stressoren triggern bestimmte Veranlagungen – und genau diese Kombination bestimmt dann den Typ der jeweiligen Pathologie. 

Borderline Ursache (2) Was verursacht eine Borderline – Persönlichkeitsstörung?

In den zurĂŒckliegenden Jahrzehnten hat es zum GlĂŒck schon sehr viele Untersuchungen gegeben, um die ZusammenhĂ€nge zwischen negativen Erlebnissen und einer Borderline – Persönlichkeitsstörung zu untersuchen. Und dabei fielen immer wieder drei Hauptrisikofaktoren auf:

      • dysfunktionale Familien
        • (damit ist ein psychisch krankes Verhalten der Eltern, familiĂ€re ZerrĂŒttung und krankhaftes Erziehungsverhalten gemeint)
      • Sexueller oder körperlicher Kindesmissbrauch
      • Soziale Stressoren aus der Umgebung

2.1 Dysfunktional „gestörte“ Familien

Dysfunktional: „Es funktioniert einfach nicht“. Funktion kommt aus dem Lateinischen: „Arbeit, Verrichtung“ Dysfunktion: Ich kann eine Aufgabe nicht erfĂŒllen. Und ja: Familien haben auch Aufgaben
..

Kommen wir zurĂŒck zu unserem Borderliner und der Aussage, dass wir hĂ€ufig bei Borderlinern in den Ursachen auch die dysfunktionale Familie sehen: Auffallend hĂ€ufig kann man beobachten, dass das Umfeld eines Borderliners selber mit einer stark ausgeprĂ€gten psychischen Belastung zu kĂ€mpfen hat. Die Gefahr / Chance ist dann recht hoch, dass es auch einen genetischen Faktor fĂŒr die Übertragungen gibt. Der eigentliche Mechanismus ist aber nicht genetisch, sondern vollzieht sich anschließend auf der epigenetischen Ebene!

Studien hat z.B. klar gezeigt, dass zwischen der Genetik und starkem Ă€ußeren Stress ein Zusammenhang besteht, der fĂŒr die pathologischen Folgen verantwortlich ist.

Schauen wir uns mal die Verwandte ersten Grades etwas genauer an: Diese Verwandten eines Borderliners haben ĂŒberdurchschnittlich hĂ€ufig selber eine Störung im „impulsiven Spektrum“ (Wir sprechen hier beispielsweise von einer antisozialen Persönlichkeit, Substanzmissbrauch oder auch selber Borderline) oder einer grundsĂ€tzlich affektiven Störung.

Die familiĂ€re ZerrĂŒttung kommt weit hĂ€ufiger bei Borderline – Patienten vor, als dass wir diese in der Allgemeinbevölkerung sehen – und trotzdem ist dies nicht der (!) alleinige Grund fĂŒr diese Erkrankung. Denn Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung, deren Familie zerrĂŒttet ist, haben meist auch eine Vergangenheit, die von multiplen sozialen Belastungen geprĂ€gt ist – da reicht der Aspekt der FamilienzerrĂŒtung alleine nicht aus.

Auch wenn es einerseits klar auf der Hand liegt, dass eine Trennung der Eltern wĂ€hrend der Kindheit grundsĂ€tzlich immer ein Risiko fĂŒr Borderline im Erwachsenen Alter bringt, so sind die Langzeitfolgen familiĂ€rer ZerrĂŒttung immer noch nicht der alleinige Faktor! Die UmstĂ€nde können nĂ€mlich sowohl das Risiko einer Borderline-Entwicklung aber auch einer Resilienz erhöhen. Den einen macht eine Umgebung schwach – den anderen stĂ€rkt die gleiche Umgebung
.

Solche Studien können eins nÀmlich nicht: Sie spiegeln nicht differenziert genug wider, wie sich eine Trennung oder ein Verlust auf Kinder auswirkt, deren Temperament einerseits eher empfindsam ist, im Vergleich zu Kindern mit komplexen Belastungen.

Ein Blick in die Bindungstheorie

Der Gedankengang / die Schlussfolgerung, dass Kinder mit einer schweren Persönlichkeits-Störung schon frĂŒh emotional vernachlĂ€ssigt wurden, stammt aus der Bindungstheorie. Die Bindungstheorie besagt, dass die in der Kindheit gemachten klaren, dauerhaften, empathischen und positiven Erfahrungen mit den Eltern, spĂ€ter im Erwachsenenalter zu einer emotional sicheren und starken Persönlichkeit beitragen.

Die Begriffe: Klar, dauerhaft, empathisch und positiv sind in diesem Zusammenhang sehr wichtig, und sollten auch so einmal genauer betrachtet werden:

Denn Studien zum Thema Kindererziehung zeigen, dass Borderliner nicht immer nur VernachlĂ€ssigung erlebt haben. Bei sehr Vielen konnte man nĂ€mlich sogar das genaue Gegenteil im Verhalten der Eltern erkennen – die haben ihr Kind förmlich â€žĂŒberbehĂŒtet“.

Aber die GĂŒltigkeit dieser Studien etwas begrenzt: Sie wurden retrospektiv (zurĂŒckblickend) gewonnen und können eher etwas ĂŒber die subjektive Wahrnehmung der Patienten aussagen, aber leider keine harten Fakten liefern.

Eine ErklĂ€rung hierfĂŒr könnte sein, dass Kinder mit einem stĂ€rker ausgeprĂ€gten Wunsch nach Sicherheit und BestĂ€tigung diesen nicht durch ihre Eltern gestillt bekommen. 

2.2 Kindesmissbrauch

Sexueller Missbrauch von Kindern ist ein nicht wegzudiskutierender Risikofaktor fĂŒr die Entwicklung einer Borderline–Persönlichkeit. Er ist nĂ€mlich genauso fundamental erschĂŒtternd wie andere Kindheitstraumen B. körperlicher Missbrauch und auch schwerer verbaler Missbrauch.

Einige Forscher sehen hierin fĂŒr sich den Beweis, dass traumatische Erfahrungen die Hauptursache fĂŒr die Entwicklung einer Borderline – Persönlichkeitsstörung seien.

Metaanalysen (also Forschungen welche die Ergebnisse einzelner Analysen zusammenfassen) zeigen aber ein anderes Bild: Und zwar dass die Beziehung zwischen dem Risiko und den Folgen in seiner Menge eigentlich gar keine große Bedeutung / Gewichtung hat. Kindheits-Traumata werden nĂ€mlich auch mit einer ganzen Reihe anderer Diagnosen assoziiert vor allem mit Depression, Allerdings wurde bei der Untersuchung der traumatischen Erfahrungen deren Schweregrad nicht beachtet.

Das ist deswegen so problematisch, da sexueller Kindesmissbrauch nicht als einzelner Risikofaktor betrachtet werden kann.

Studien haben nĂ€mlich gezeigt, dass die Auswirkungen eines Traumas zum grĂ¶ĂŸten Teil

      • von der Person des Missbrauches
      • dann von der Art und
      • auch der Dauer des Missbrauchs abhĂ€ngen.

In Studien bei denen auch diese einzelnen Bedingungen des Missbrauchs untersucht wurden, waren die dort berichteten Traumata genauso unterschiedlich wie sich auch die restlichen Traumen in der „normalen Bevölkerung“ voneinander unterscheiden. Die meisten der von Borderline – Patienten berichteten Missbrauchs-Erfahrungen hingegen gehören hĂ€ufig nicht zu denen mit SpĂ€tfolgen.

Es tauchen z.B. keine / oder nur sehr seltene Missbrauchs-Wiederholungen auf, weder Geschlechtsverkehr noch Inzest, sondern viel eher sind es solche einmalig auftretenden Ereignisse in Form einer sexuellen BelĂ€stigung durch einen Nicht–Verwandten beziehungsweise durch eine unbekannte Person.

Die Professorin Mary C. Zanarini (Psychologie-Professorin in Harvard) kommt zu dem Schluss, dass ein Missbrauch innerhalb der Familie – als die schwerste Form sexuellen Kindesmissbrauchs – „nur“ bei etwa einem Viertel der Borderline – Patienten vorkommt. FĂŒr die Entstehung dieser Störung noch wichtiger sind eher schwere Missbrauchs-Erlebnisse wie Inzest, brutale Sexualhandlungen oder eine hohe Dauer oder HĂ€ufigkeit des Missbrauchs.

Trotz aller guten Studien stochern wir aber immer noch mit unserem Wissen im Nebel


Problem 2

Denn wie soll man die Rolle der mit familiÀrer Dysfunktion in Verbindung gebrachten Drittvariablen denn eigentlich richtig bewerten???

Problem 3

Wegen dieser Dysfunktion lĂ€sst sich nur schwer feststellen, ob SpĂ€tfolgen vielleicht eher auf ein einzelnes Trauma oder auf den sich anhĂ€ufenden Effekt mehrerer (!) negativer Erlebnisse zurĂŒckzufĂŒhren sind.

Problem 4

Und dann spielen höchstwahrscheinlich auch die Gene wieder eine Rolle.

      • Durch die Gene wird unser Temperament bestimmt.
      • Das Temperament selber spielt dann eine wichtige Rolle dabei, wie sensibel ein Kind nun auf den Missbrauch reagiert.

Problem 5

Möchtest Du noch ein Problem fĂŒr die Studien hören? Eins hĂ€tte ich noch: Es gibt einfach keinen symptomatischen Marker fĂŒr Kindesmissbrauch.

Forscher wie Judith Lewis Herman (Buch: Die Narben der Gewalt – Traumatische Erfahrungen verstehen und ĂŒberwinden) und Bessel van der Kolk stellten die Hypothese auf, dass solch konkreten Symptome

      • wie Dissoziation
      • und Selbstverletzung,

die sehr hĂ€ufig bei Borderline–Patienten auftreten, das Resultat einer Traumatisierung seien. Studien zeigten aber, dass diese Symptome aber genauso hĂ€ufig auch bei nicht (!) traumatisierten Borderline–Patienten vorkommen können.

Problem 6

      • Außerdem – wir sind ja noch nicht am Ende der Schwierigkeiten – ist die FĂ€higkeit zur Dissoziation stark vererbbar.

Darum sind solche Faktoren wie

      • familiĂ€re Psychopathologie und
      • ZerrĂŒttung sowie
      • traumatische Ereignisse

zwar ein Risiko fĂŒr eine Borderline–Persönlichkeitsstörung 
 sie sind aber nicht deren einzige Ursache. 

2.3 soziale Stressauslöser

Obwohl die Rolle sozialer Stressauslöser in der Psychopathologie immer noch nicht genĂŒgend erforscht wurde, so liegen zumindest indirekte Beweise vor das sie bei der Borderline–Persönlichkeitsstörung und eine wichtige Rolle spielen. Eine sehr viel wichtigere Rolle spielen diese sogenannten Stressoren bei der antisozialen Persönlichkeit.

Ein Faktor könnte dabei z.B. der Zusammenbruch traditioneller sozialer Strukturen in unserer Gesellschaft sein. Es ist nĂ€mlich interessant zu beobachten, dass bei den Persönlichkeitsstörungen – wie die antisozialen Persönlichkeitsstörung – starke kulturelle Unterschiede bekannt sind.

Auch sehen wir, dass traditionelle und gut integrierte Strukturen bei negativen Erfahrungen einen schĂŒtzenden Effekt vor einer Persönlichkeitsstörung haben und die Resilienz fördern. 

Borderline Stress (3) Das Stress-Verletzbarkeitsmodell-Modell bei Borderline – Persönlichkeitsstörungen

Ich hatte vorhin bereits erwĂ€hnt, dass die Entstehung einer Borderline – Persönlichkeitsstörung auch durch die Gen–Umwelt–Beziehung beeinflusst wird. Wir können heute sagen, dass etwa die HĂ€lfte der Persönlichkeitsstörungen durch unser Erbgut gefördert wird.

Die genaue Art und Weise der Veranlagung fĂŒr eine Borderline– Persönlichkeitsstörung ist allerdings noch nicht völlig klar. Hier gehen die Meinungen der Forscher deutlich auseinander

      • Professor Otto Kernberg (ein amerikanischer Professor) ist der Ansicht, dass Borderline – Patienten von Natur aus hochgradig aggressiv sein.
      • Die Forscher Larry J. Siever und Kenneth L. Davis halten zwei Arten der Veranlagung fĂŒr wichtig: affektive InstabilitĂ€t und ImpulsivitĂ€t.
      • Marsha Linehan (eine amerikanische Psychologin) konzentriert sich auf die affektive Dysregulation als Veranlagungsrisiko.
      • Weitere Forscher beobachteten ihrerseits eine starke Neigung fĂŒr impulsive Eigenschaften.

Es gibt so viele Studien um eine Antwort auf die Frage zu finden, ob sich eine Borderline – Persönlichkeitsstörung

      • durch genetische,
      • biologische
      • oder neurologische Ursachen

erklĂ€ren ließe, aber keine dieser Ursachen ist fĂŒr sich alleine die einzig Ausschlaggebende.

Es ist eher wahrscheinlich, dass bei der Veranlagung Epigenetische Regulatoren eine Rolle spielen, wie dies bereits in Bezug auf die antisoziale Persönlichkeit festgestellt wurde. Am vernĂŒnftigsten erscheint heutzutage darum die Annahme, dass Kinder, die spĂ€ter eine Borderline – Persönlichkeitsstörung entwickeln, mehr Hilfe / UnterstĂŒtzung / Aufmerksamkeit von ihrer Familie und ihrer Umgebung brauchen als stressresiliente Kinder.

Negative Ereignisse haben auf sensible Kinder einfach eine stĂ€rkere Wirkung. Und diese Wirkung wird dann leider nicht von einer engen Bindung zu den Eltern oder zu anderen Menschen abgepuffert. Das fĂŒhrt zu dann einer instabilen EmotionalitĂ€t und dann zu uns bekannten impulsiven Handeln. Entwickelt sich daraus am Ende noch eine Dysfunktion, dann ist das Bild einer Persönlichkeitsstörung „perfekt“.

Fazit

      1. Persönlichkeitsstörungen mit ihrer komplexen, mehrdimensionalen Psychopathologie erfordern Das wir uns mit den negativen Kindheitserlebnissen intensiv auseinandersetzen ein breites multidimensionales Herkunfts-Modell, welches die sehr komplexen Interaktionen zwischen multiplen Stressoren und Diathesen berĂŒcksichtigt.

      2. Bei einer Borderline-Persönlichkeitsstörung sollten nicht unbedingt und ausschließlich die Eltern verantwortlich gemacht werden. Wenn es stimmt, dass negative Kindheitserlebnisse zwar ein Risiko fĂŒr diese Erkrankung darstellen, aber nicht die Hauptursache sind, dann sollten Therapeuten immer im Hinterkopf behalten, dass eine effektive Psychotherapie es erforderlich macht, die Kindheitstraumen offenzulegen und durchzuarbeiten.

Zum GlĂŒck entwickeln sich auch die Therapien immer weiter. Heute beschĂ€ftigen sich die meisten effektiven Persönlichkeitstherapien weniger mit der Vergangenheit, sondern eher mit Methoden der Ressourcen-Aktivierung.

Als Beispiel möchte ich hier die Forschungen von Martin Seligman erwĂ€hnen. Er war 1998 PrĂ€sident der APA (der nordamerikanische Fachverband fĂŒr Psychologie). Er ist als der geistige Vater der positiven Psychologie bekannt geworden. Hierdurch lernen die Patienten, ihre Persönlichkeits-Eigenschaften so zu regulieren, dass sie Ihnen nĂŒtzen und nicht mehr schaden.

Was ich kann, soll gefördert werden um die SchwĂ€chen möglichst zu vergessen
. 

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Martin Seligman (amerikanischer Psychologe), war PrĂ€sident der APA und bekannt durch seine Studie “erlernte Hilflosigkeit”. 

Seine fast schon stoische Kultivierung von Ressourcen und der Blick auf das Positive sind das Kernmerkmal seiner PERMA-Strategie. Der Fokus liegt hier in der Erforschung von menschlichen Ressourcen, StĂ€rken und Potenzialen und ganz besonders des inneren Wohlbefindens – dem flow… 

Die “Positive Psychologie” ist keineswegs nur ein Thema fĂŒr einzelne Personen. Sie wird an vielen Hochschulen und Unternehmen praktiziert. Aber auch der deutsche Bundestag setzte 2010 die Enquete-Kommission “Wachstum, Wohlstand, LebensqualitĂ€t” und 2008 der damalige französische PrĂ€sident Sarkozy die “Stieglitz-Sen-Fitoussi-Kommission” ein, um alternative Wohlstandsindikatoren zu erforschen. 

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Marcus JĂ€hn Werde wieder stark durch CoachingEs sind viele Bereiche, die wir ansprechen können: Angefangen vom Umgang Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch ĂŒber Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer hĂ€ufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind. 

  • Was ist das eigentlich, eine Persönlichkeitsstörung, ein Perfektionismus, ein Spaltung oder eine GegenĂŒbertragung?
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  • Ist eine Kommunikation mit einem Borderliner möglich? Wie hilft hier die U.M.W.E.G.-Methode©? 
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Ich möchte aber nicht nur ĂŒber Fragen sprechen, sondern auch praxisgerechte Lösungen anbieten:

  • Eine humorvoll und spielerisch – ja fast tĂ€nzerisch – eingesetzte Gewaltfreie Kommunikation in Kombination mit der von mir entwickelten 
  • U.M.W.E.G.-Methode© und nicht zuletzt die Transaktionsanalyse als Sprachkonzept können helfen, auch in schwierigen Situationen noch kĂŒhlen Kopf zu bewahren. 

Buchen Sie sich einfach auf meinem Online-Kalender ein Zeitfenster oder nutzen Sie mein klassisches Kontaktformular um mit mir in Verbindung zu treten. Ich freue mich auf Sie. Ihr Marcus