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Checkliste fĂŒr ein Familienpsychologisches Gutachten

Lieber Leser, mit dieser Übersicht, möchte ich dich ein wenig mit dem Konstrukt eines familienpsychologischen Gutachtens vertraut machen. Auf gar keinem Fall möchte ich dir hiermit ein rechtsverbindliches Dokument fĂŒr deinen Anwalt geben! Es dient lediglich deiner Information und Vorbereitung auf ein eventuell bevorstehendes Gutachten. Bitte sprich mit deinem Fachanwalt fĂŒr Familienrecht alle notwendigen Themen hierzu und beachte meinen 👉 Disclaimer / rechtlichen Ausschluss 

 

  • Literatur als Grundlage zur PrĂŒfung eines Gutachtens: siehe auch den Literaturverweis am Ende:
    • Jelena Zumbach et. Al.
    • Harry Dettenborn (2021),
    • Dettenborn und Walter (2022) und Balloff (2022),
    • Lack und Hammesfahr (2024)
    • Salzgeber (2022, 2024)
    • „Mindestanforderungen“ des Arbeitskreises Familienrechtliche Gutachten (2019) 
    • „QualitĂ€tsstandards fĂŒr Psychologische Gutachten“ der Föderation Deutscher Psychologenvereinigungen (2017).

1. Ausbildungsanforderungen an Richter und Gutachter

  • GvG § 23b Zusatzausbildung des Familienrichters in Grundlagen der Psychologie 
 Belegbare Kenntnisse werden gefordert in den Bereichen des Familienrechts, insbesondere des Kindschaftsrechts, des Familienverfahrensrechts und der fĂŒr das Verfahren in Familiensachen notwendigen Teile des Kinder- und Jugendhilferechts sowie ĂŒber belegbare Grundkenntnisse der Psychologie, insbesondere der Entwicklungspsychologie des Kindes, und der Kommunikation mit Kindern verfĂŒgen.
  • Angaben zur Ausbildung / fachspezifische Qualifikation des Gutachters FamFG § 163 Abs, 1
    • Die Pflicht zur Weiterbildung / Arbeiten nach bestem Wissen
    • Köhler 2020; Richter OLG Frankfurt 8. Senat.

2. Auftragserteilung

    • Wer hat den Auftrag bekommen und wer fĂŒhrt ihn aus? Wer hat den Eid vor Gericht geschworen?

3. Psychologische Fragen

Die psychologischen Fragen, welche sich auf die psychologischen Kriterien (Tatsachenfragen) beziehen. Sie sind zu prĂŒfen, um die gerichtlichen Beweisfragen nachvollziehbar beantworten zu können 👉 (BVerfG v. 19.11.2014 – 1; BvR 1178/14, FamRZ 2015, 112 = NJW 2015, 223 = FamRB 2015, 54)

 

  • Diese sind fallspezifisch und nachprĂŒfbar zu begrĂŒnden!
  • Fragen zu den familiĂ€ren Beziehungen und Bindungen;
  • Fragen zu den Ressourcen und Risikofaktoren in der Familie;
  • Fragen zu den
    • Kompetenzen der Eltern/Sorgeberechtigten,
    • ihrer ErziehungsfĂ€higkeit,
    • Kooperationsbereitschaft,
    • Bereitschaft zur VerantwortungsĂŒbernahme,
    • Bindungstoleranz;
  • Fragen ĂŒber
    • den Entwicklungsstand,
    • die BedĂŒrfnisse des Kindes,
    • was ist der Kindeswillen?
    • Was sind die Kompetenzen des Kindes?

Wie sieht die aktuelle Situation des Kindes aus? Bestehen evtl. besonderer Belastungen und BeeintrÀchtigungen.

4. Aktenauswertung

  • Transparent oder Intransparent?
  • Es dĂŒrfen vom Gutachter KEINE rechtsnormativen Fragen beantwortet werden. Denn um diese zu verstehen, benötigt man weitere Rechtsvorschriften oder soziale Normen wie z.B. die Begriffe: „gute Sitten“, „Treu und Glauben“, „Verwerflichkeit“,  (Unterschied zu deskriptiven). Gutachter dĂŒrfen nur die psychologischen Kriterien prĂŒfen.

5. Untersuchungsplan / Einzelfallbezogen

 

  1. Kriterienbezogene BegrĂŒndung der geplanten Maßnahmen
  2. BegrĂŒndung der Maßnahmen und besonders des Erfordernisses (Artikel 2 GG)
  3. Auflistung der Methoden und Termine
  4. Wird die Auswahl der Untersuchungsmethoden, insbesondere der Persönlichkeitstests, fallspezifisch begrĂŒndet?
  5. Wird das VerhĂ€ltnismĂ€ĂŸigkeitsgebot bei der Auswahl der Tests und Fragen beachtet?

6. Lösungsorientierte GesprÀche?

    1. FamFG 156/2 oder §165 FamFG die Einrichtung eines Vermittlungsverfahrens
    2. FamFG 162 Absatz 2 (Mediationsauftrag im Beschluss?)

7. Die UntersuchungsgesprÀche / Exploration der Eltern

 

  1. Wurden Aufzeichnungen angefertigt? Eventuell anderer Beteiligter als dem Gutachter? (Salzgeber 2024 Rn 331)
  2. Sind Angaben ĂŒber Art des GesprĂ€chsrahmens (z.B. Online / Zoom) und Dauer des GesprĂ€ches notiert?
  3. Wurden wertende Aussagen Dritter (z.B. FachkrÀfte) und Beurteilungen erfragt und selber vom Gutachter bewertet?
  4. Stehen Drogen im Spiel 
 Leitlinien der diagnostischen / gutachterlichen Vorgaben (Salzgeber 2024, Rn 1069, 1071)
  5. Neue Familiensituation: Wurden die neuen Partner beider Seiten in die Begutachtung mit einbezogen?

8. Exploration des Kindes

  1. Wurden entwicklungs- und bindungsdiagnostische Untersuchungen durchgefĂŒhrt?
  2. Wurde der Kindeswille / KindeswĂŒnsche geprĂŒft und berĂŒcksichtigt? Dettenborn / Walter 2022 S.86). FamFG §159 Persönliche Anhörung vor Gericht

9. Exploration Eltern- / Kind – Interaktion

  1. Sind die gutachterlichen Interpretationen kongruent oder widersprĂŒchlich?

10. Testverfahren:

  • Wurden Testverfahren zugrunde gelegt, die eine Vielzahl an Persönlichkeitseigenschaften erfassen? Achtung: Überschreitung der Persönlichkeitsrechte und der IntimsphĂ€re! Köhler 202, S.424. Überschreitung der VerhĂ€ltnismĂ€ĂŸigkeit! (Zumbach et. al. 2020; Salzgeber 2020) 
  • Wurden die Testergebnisse methodenkritisch bewertet, oder fehlt dies? 
    • Arbeitsgruppe familienrechtliche Gutachten, 2019: Psychodiagnostische Verfahren mĂŒssen konkret zur Beantwortung der psychologischen Fragen beitragen 
  • Wurde das Kind testdiagnostisch mit untersucht?
  • Wurde die aktuelle fachliche, wissenschaftliche Literatur und neueste richtungsweisende Rechtsprechung zugrunde gelegt? (Balloff 2021, S.11)

11. Bewertung der begutachteten Teilnehmer

    1. Rein defizitfokussiert oder auch Ressourcenorientiert?
    2. Drogen / Alkoholvergangenheit?

12. Hinwirken auf Einvernehmen 


 

  1. Jeder Gutachter muss aktiv auf ein Einvernehmen hinwirken. FamFG §156; Ausnahmen können sein: diagnostizierte Persönlichkeitsstörung / Hochkonflikthaftigkeit (Dettenborn / Walter 2022 S.30)
  2. Die aktive Suche nach Regelungen, um weiteres Einvernehmen herzustellen.
  3. Ein Hinwirken auf Einvernehmen stellt regelmĂ€ĂŸig erhöhte Anforderung an die psychologischen Kompetenzen der SachverstĂ€ndigen (z.B. Zumbach et al. 2020, Salzgeber 2024, Lack und Hammesfahr 2024)

13. Befundkapitel

 

  1. Die Zusammenfassung aller gutachterlichen Befunde und Schlussfolgerungen mĂŒssen in einem gesonderten Bereich ĂŒbersichtlich und nachvollziehbar dargelegt werden
  2. Ergebnisse der Begutachtung vor dem Hintergrund der gerichtlichen Fragestellung
  3. Beantwortung der psychologischen Fragestellung
    1. Werden fallspezifische Kriterien und Tatsachenfragen – mit denen sich die gerichtlichen Beweisfragen beantworten lassen – benannt?
    2. Werden Abweichungen in der Kindesentwicklung pauschal oder genau beschrieben? 
    3. Was sind die Ursachen eventueller Abweichungen? 
    4. Werden gutachterliche Schlussfolgerungen mit Tatsachen begrĂŒndet oder liegen dem nur Floskeln zugrunde wie z.B. „was anzunehmen sei“ oder „wovon sachverstĂ€ndig ausgegangen werden muss
“? 
    5. Bewertung des Verhaltens beider Eltern: DefizitÀr- oder Ressourcenorientiert? 
    6. Werden offensichtliche Defizite wie eine Persönlichkeitsstörung / Drogenmissbrauch / Hochkonflikthaftigkeit kritisch angesprochen? 
    7. Werden strittige AnknĂŒpfungstatsachen vom Gutachter selbst beurteilt, obwohl dies ausschließlich in der ZustĂ€ndigkeit des Gerichtes liegt. 
    8. Wird ĂŒber Wahrheit / Unwahrheit geurteilt, oder Unwahrheit einem GesprĂ€chsteilnehmer unterstellt? 
    9. Gibt es eine klare Trennung zwischen den Untersuchungsergebnissen und Befunden? Werden z.B. RĂŒckschlĂŒsse gezogen wie „der betreffende Elternteil verfĂŒgt nicht ĂŒber ausreichende Kompetenzen“ ohne diese konkret zu benennen und zu erklĂ€ren, ab wann eine Kompetenz als ausreichend eingestuft werden kann? 
    10. Sind die diagnostischen Schlussfolgerungen logisch und fachlich begrĂŒndet? 
    11. Werden Diagnosen erstellt, fĂŒr die es keine klinischen Befunde gibt?

14. Beantwortung der gerichtlichen Fragestellung

 

  1. Wurden diese vollstĂ€ndig und / oder fehlerhaft begrĂŒndet?
  2. Sollte zum Beispiel zuerst auf Einvernehmen hingewirkt werden und DANN erst weitere Fragen beantwortet werden?
  3. Geht aus den Protokollen hervor, dass auf ein Einvernehmen hingewirkt wurde? Wenn ja, nach welcher Methode wurde hier vorgegangen?
  4. Wurden die Fragen durch differenzierte Überlegungen beantwortet, oder eher mit apodiktischen (unumstĂ¶ĂŸlichen) Behauptungen?
    1. Werden Diagnosen attestiert, fĂŒr die sich in den testdiagnostischen Untersuchungen (nicht) ausreichende Hinweise finden lassen.
  5. Werden rechtnormative Fragen beantwortet? Dies steht nur dem Gericht selber zu und stellt einen Fehler in der gerichtlichen Fragestellung dar.
  6. Werden Sanktionen in dem Gutachten gefordert? Solche Überschreitungen des Beweisauftrags oder auch gezielter Druck auf einen Elternteil rechtfertigen der Literatur zufolge den Eindruck einer Befangenheit (Lack und Hammefahr 2024, Salzgeber 2024).

Literatur:

  1. Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten (2019). Mindestanforderungen an die QualitÀt von SachverstÀndigengutachten im Familienrecht (2. Aufl.). Berlin: Deutscher Psychologenverlag.
  2. Balloff, R. (2022). Kinder vor dem Familiengericht (4. Auflage). Baden-Baden: Nomos.
  3. Balloff, R. (2021). Kindeswohl, KindeswohlgefÀhrdung, Kindeswille in der familiengerichtspsychologischen Begutachtung. ZKJ, 16 (1), 10-20.
  4. Bergmann, M. (2016). Der Beweisbeschluss im Kindschaftsverfahren: Schnittstelle zwischen Recht und Spekulation. FamRB, 9, 364-372. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 2023- 1; BvR 1076/23 – Rn. (1 – 37).
  5. Dettenborn, H. und Walter, E. (2022). Familienrechtspsychologie (4. Auflage). MĂŒnchen: Ernst Reinhardt.
  6. Dettenborn, H. (2021). Kindeswohl und Kindeswille – psychologische und rechtliche Aspekte (6. Aufl.). MĂŒnchen: Ernst Reinhardt.
  7. Diagnostik- und Testkuratorium der Föderation Deutscher Psychologenvereinigungen. (2017). QualitĂ€tsstandards fĂŒr psychologische Gutachten. https://www.dgps.de/fileadmin/documents/Empfehlungen/GA_Standards_DTK_10_Sep_2017_Final.pdf
  8. Fichtner, J. (2015). Trennungsfamilien – lösungsorientierte Begutachtung und gerichtsnahe Beratung. Göttingen: Hogrefe.
  9. Heiken, E. und Kilian, S. (2019). Die QualitĂ€t von SachverstĂ€ndigengutachten im Familienrecht – Anhand welcher Merkmale können Familienrichter*innen die QualitĂ€t von SachverstĂ€ndigengutachten einschĂ€tzen. ZKJ, 12, 445-450.
  10. Jacob, A. (2022). Interaktionsbeobachtung von Eltern und Kind (3. Aufl.). Stuttgart: Kohlhammer.
  11. Köhler, I. (2020). SachverstĂ€ndigengutachten in Kindschaftssachen – Beweiserhebung und Qualifikation des SachverstĂ€ndigen. ZKJ, 15 (11), 421-426.
  12. Korn-Bergmann, M. (2013). Gutachter – „Heimliche Richter“ im Kindschaftsverfahren? – Überblick und rechtliche Grundlagen. FamRB, 9, 302-307.
  13. Korn-Bergmann, M. und Purschke, A. (2013). Gutachter – „Heimliche Richter“ im Kindschaftsverfahren? – InterdisziplinĂ€re Anforderungen an Gutachter und Gutachten, FamRB. 10, 338-343.
  14. Lack, K. und Hammesfahr, A. (2024). Psychologische Gutachten im Familienrecht – Handbuch fĂŒr die rechtliche und psychologische Praxis (2. Auflage). Köln: Reguvis – Bundesanzeiger Verlag.
  15. Langer, P. (2023). Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Kindschaftssachen im Jahr 2023. ZKJ 9/10, 338-348.
  16. Salzgeber, J. (2024). Familienpsychologische Gutachten – Rechtliche Vorgaben und sachverstĂ€ndiges Vorgehen (8. Auflage). MĂŒnchen: C.H. Beck.
  17. Salzgeber, J. und Bublath, K. (2019). Soll und kann der familienrechtspsychologische SachverstÀndige die Fragestellung des Gerichts beantworten? FamRZ, 66 (Heft 21), 1753-183
  18. Salzgeber, J. Bretz, E. und Bublath, K. (2022). Arbeitsbuch familienpsychologische Gutachten (2. Aufl.). MĂŒnchen: C.H. Beck.
  19. Splitt, A. (2018). Rechtsfragen im Zusammenhang mit familienpsychologischen SachverstÀndigengutachten. FamRZ, 2, 51-59.
  20. Zumbach, J., LĂŒbbehusen, B., Volbert, R. und Wetzels, P. (2020). Psychologische Diagnostik im familienrechtlichen Verfahren. Göttingen: Hogrefe.
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Steht ein familienpsychologisches Gutachten an? Lassen Sie uns miteinander ins GesprÀch kommen. 

Marcus JÀhn Werde wieder stark durch CoachingEs sind viele Bereiche, die wir ansprechen können:

Geht es um ein familienpsychologisches Gutachten? Um das Sorgerecht? Um das Umgangsrecht oder auch das Thema KindeswohlgefÀhrdung? Wie können die Leitlinien KontinuitÀt / LoyalitÀt und Kommunikation aufrecht erhalten bleiben?

Dann kommen aber noch andere Themen mit hinzu wie der Umgang mit Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch ĂŒber Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer hĂ€ufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind. 

  • Was ist das eigentlich, eine Persönlichkeitsstörung, ein Perfektionismus, ein Spaltung oder eine GegenĂŒbertragung?
  • Kann ich trotz Borderline oder Narzissmus eine stabile Partnerschaft aufbauen und damit ĂŒber Jahre hinweg leben? 
  • Ist eine Kommunikation mit einem Borderliner möglich? Wie hilft hier die U.M.W.E.G.-Methode©? 
  • Kann ich meine Bindungsangst oder Verlustangst irgendwann einmal kontrollieren?
  • Was kann ich tun, wenn ich mich gerade in einer Trennung befinde, oder kurz davor bin?


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  • U.M.W.E.G.-Methode© und nicht zuletzt die Transaktionsanalyse als Sprachkonzept können helfen, auch in schwierigen Situationen noch kĂŒhlen Kopf zu bewahren. 

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