Eine stabile und glückliche Partnerschaft – Immer noch ist sie das wichtigste private Lebensziel in unserer Gesellschaft. Ca. 90 % aller in Umfragen angesprochenen Personen halten sie für den wichtigsten Bereich in ihrem Leben … noch weit vor Beruf, der Aufbau des eigenen Egos oder dem Kinderkriegen. Und ja, diesem Gedankengang schließe ich mich gerne an: eine stabile Partnerschaft ist enorm wichtig für unser Leben! Durch sie bekommen wir soziale und emotionale Unterstützung. Außerdem hat sie einen nicht zu unterschätzen Effekt auf unsere Gesundheit:
Person in einer stabilen Partnerschaft leiden deutlich weniger an einer Herz- oder Kreislauferkrankungen, psychischen Problemen oder einer Schwäche des Immunsystems als im Vergleich dazu Unverheiratete oder verwitwete. Interessant ist auch, dass Geschiedene oder Verwitwete deutlich öfter von Verkehrsunfällen, Depressionen, Herzinfarkten oder Suizid betroffen sind.
Eigentlich müsste jetzt doch schon alles klar sein: Wenn Partnerschaften doch so wichtig und so gesund sind, dann müssten Sie eigentlich auch ein 100% fester Bestandteil unserer Gesellschaft sein. Aber genau das Gegenteil entwickelt sich in der heutigen Zeit: Partnerschaften sind immer mehr gefährdet.
In den letzten Jahrzehnten gab es deutlich mehr Trennungen und Scheidungen als früher. Die Scheidungsrate in den alten Bundesländern stieg in den vergangenen fünf Jahrzehnten von 15 % auf schwindelerregende 43 %. Viele Paare schaffen es aber noch nicht mal bis zu einer Ehe. Einer Studie zufolge (Michael Rosenfeld – Wie Paare sich treffen und zusammenbleiben) an über 3000 Paaren trennten sich ganze 60% bereits innerhalb der ersten 12 Monate…
Und hier kommen wir zum ersten Mal mit unserem zentralen Thema „Borderline“ in Kontakt. In den Kriterien des ICD 10 sind die instabilen Beziehungen des Borderliners nämlich der zentrale Aspekt in den Diagnosekriterien. Denn Borderliner haben es besonders schwer, eine Partnerschaft aus freien Beweggründen und ohne gesellschaftlichen Zwang zu führen.
Erschwerend kommt dann noch hinzu, dass es auch innerhalb der Borderline–Struktur Abstufungen von fast normal strukturierten bis sehr niedrig strukturierten Persönlichkeiten gibt, welche besonders große Probleme in ihren Partnerschaften haben. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass nur sehr wenig Literatur über Partnerschaften und Beziehungsstrukturen von Borderlinern gibt, da sich ihre Partnerschaften kaum, dass sie existieren, schon wieder in Luft auflösen. … Darum möchte ich mich mit diesem Beitrag gerne einmal etwas intensiver mit sollten wir einen kurzen Blick auf die Wesensmerkmale einer Borderline–Partnerschaft und ihre ihr ganz eigene Dynamik werfen.
Das typische Wesen einer Borderline-Paarbeziehung ist ihre Instabilität! Nach verschiedenen Studien leben nur halb so viele Borderliner in einer stabilen und dauerhaften Paarbeziehung als der gesellschaftliche Durchschnitt. Ich denke, dass dies niemanden der sich mit diesem Thema befasst, allzu sehr überrascht, da die typische Persönlichkeitsstruktur des Borderliners nahezu alles torpediert, was eine langfristige Beziehung benötigt. Aber warum ist das eigentlich so?
Nun, in jeder Beziehung – egal ob Borderliner oder nicht – müssen zwei Dinge immer wieder in ein Gleichgewicht / eine Balance gebracht werden:
Und gerade der letztgenannte Punkt – diese tiefe Sehnsucht nach einer bedingungslosen Geborgenheit führt zwangsläufig auch zu einer emotionalen Abhängigkeit und damit zu einer Verletzbarkeit – etwas dem ein Borderliner aufgrund seiner Erfahrungen aus der Kindheit am liebsten weit aus dem Weg gehen möchte. Statt mit einer Balance, könnte man das Zusammenleben mit einem Borderliner eher folgendermaßen kennzeichnen:
Und solch eine Partnerschaft ist echt nichts für Anfänger – das meine ich mit allem notwendigen Respekt für die Teilnehmer und die Umgebung!
Auch ganz typisch für eine Borderline-Beziehung ist die anfängliche intensive Phase voller Idealisierung des Partner, in der alles noch so kleine störende Detail völlig ausgeblendet wird. Diese Phase geht jedoch sehr sehr schnell über in eine sogenannte „Ent–Täuschung“ wo die anfängliche Fantasie-Reise durch den Alltag – der ja andauernd einen Abgleich von Wunsch und Realität einfordert – wie eine Seifenblase zerplatzt. In dieser „Ent-Täuschungs-Phase“ wird deutlich, dass der sogenannte „Mister Right“ oder die angebetete „Mrs. Right“ doch nicht zu 100 % perfekt ist und dass die Unterschiedlichkeit nicht mehr mit den eigenen Vorstellungen in Einklang gebracht werden können. Dadurch kippt die innere Vorstellung, von 100% gut in ein 100% schlechtes Bild. Der ahnungslose Partner wird auf einmal völlig entwertet und / oder man befindet sich in einem endlosen Kampf miteinander.
👉 Ganz typisch für Borderline-Beziehungen ist die Stärke der Affekte. Am Anfang steht die extreme Fantasie-Ur–Sehnsucht nach einem guten Objekt – die kippt aber schnell in eine massive, existenzielle Vernichtungs-Fantasie um, wenn der Gegenüber doch nicht so vollkommen und damit ein „böses Objekt“ ist. Typisch für eine Borderline-Beziehung ist, das sich am Anfang beide voller Begeisterung, Idealisierung und vieler Schmetterlinge im Bauch in die Beziehung stürzen, sich oft von ihrem alten Umfeld trennen, sich dadurch aber sowohl emotional aber auch körperlich völlig überfordern. Sie gehen in ihren Fantasien ihren Hoffnungen auf den Prinzen / die ersehnte Prinzessin „All-In“ und erleben oft eine Enttäuschung hierbei.
Und mit dem Begriff Fantasien könnte man all das was hier passiert auch am besten überschreiben! Warum? Nun, der Borderline ist meiner Meinung nach kein kranker Mensch! 👉 Borderline ist keine Krankheit, sondern eine Entwicklungs–Reife–Störung!
In einer wichtigen Entwicklungszeit des Kindes, wo es sich noch mit Allmachts-Fantasien befasst (die goldene Märchenzeit / oder auch die „magische Phase“ zwischen dem 3. Und 5. Lebensjahr) bleiben viele Borderliner wegen den Problemen ihrer Umgebung in ihrer eigenen Reifung stecken. Für Sie sind Fantasien dann ein Rückzugsort, wo sie sich in eine gute und schlechte Märchenwelt hineinträumen können.
Und ähnlich betrachten Sie später als Erwachsene auch ihre Beziehungen: In der Anfangsphase ist der Partner in der Fantasie des Borderliners erst einmal ein idealisiertes fantastisches gutes Objekt. Kommt dann später zwangsläufig die Phase der Realität, dann stehen jetzt ganz andere und zwar die Vernichtungs-Fantasien im Vordergrund. Dann fühlt sich der Eine vom Anderen getäuscht, belogen und betrogen und dämonisiert ihn durch die Projektion der eigenen Wut, dem Hass, der Aggression und Perversion, was dann logischerweise oft in einer existenziellen paranoiden Angst übergeht. Werden diese Reaktionen von außen nicht gemildert (zum Beispiel durch eine Therapie), denn sind die Beteiligten schnell so überfordert, dass nur noch durch Spaltung oder Projektion der eigenen Wut nach außen ein Auflösen des eigenen ICH´s abgewendet werden kann.
Von außen betrachtet sieht das alles dann so aus, als wenn ein Mähdrescher mit voller Wucht und Wut über den Anderen drüberfährt. Die Realität und kognitive Worte haben in solchen Fällen dann keine Chance!
Das Wort Chance bringt mich jetzt zu der Frage, wie man mit solch einer starken Sehnsucht nach einer idealen Beziehung und der gleichzeitigen Angst vor Vernichtung, Wut und Hass umgehen kann. Hierzu gibt es verschiedene Modelle, welche ich dir gerne erläutern möchte:
Viele Borderliner, die in ihrem Leben schon öfter solch ein Wechselbad der Gefühle zwischen einer unendlichen Liebe und anschließender Wut, Hass und Angst erlebt haben, entscheiden sich wegen dieser Erfahrung oft dazu, von solchen Beziehungen erst einmal ganz weiten Abstand zu nehmen. Das Radikalste hierbei wäre zum Beispiel, sich ganz von diesen Partnerschaften zu verabschieden und sich auf sogenannte Ersatzbefriedigungen – wie konsum, Macht und ähnliche Dinge zu konzentrieren. In solch einem Lebensmodell werden langfristige emotionale Beziehungen ausdrücklich vermieden und nur durch eventuelle kurzfristige One-Night-Stands unterbrochen.
Aber nicht jeder Borderliner entscheidet sich dafür, ganz aus dem Thema Beziehungen auszusteigen.
Es ist aber egal, ob wir von einer 100 %igen Distanz oder einer teilweisen Distanz-Variante sprechen. Praktisch alle Borderline-Beziehungen haben etwas typisches gemeinsam: Sie sind so angelegt, dass über große Bereiche hinweg, zwischenmenschliche Nähe und Intimität wegen der eigenen Problem stark reduziert wird. Das kann dann u.a. die Sexualität sein. Oder es gibt andere „Fluchtkorridore wie zum Beispiel eine Affäre, ein heimliches Laster, innere Zweifel darüber, ob die Beziehung überhaupt noch Bestand hat oder nicht. Dann gibt es noch die Variante, dass beide ganz unterschiedliche Hobbys pflegen oder so extrem und intensiv arbeiten, damit sie intimen Momenten so viel wie möglich aus dem Weg gehen können.
So eine starke Abgrenzung zum Partnern ist ganz offensichtlich notwendig, um die eigene Stabilität und Autonomie vor den „bösen Fantasien des Anderen“ zu schützen. Und diese „bösen Fantasien“ sollte man als Leser dieses Artikels nicht so einfach mit einem Lächeln abtun, da steckt einiges dahinter.
In der Therapie mit Borderlinern geht es nämlich immer wieder um die Angst, vom Partner in irgendeiner Weise massiv manipuliert, unterdrückt oder sonst wie geschädigt zu werden. Und genau diese „Angst vor dem bösen Partner“ ist auch der Grund für die häufige Distanz in diesen Partnerschaften, um in dem Rest-Kontakt, dann doch noch so etwas wie ein ganz klein wenig Nähe und Intimität zuzulassen.
Hocken beide jedoch ständig aufeinander – ohne Distanzmöglichkeit – dann herrscht auf einmal ein endloser Kampf zwischen beiden, weil Beide jeweils voneinander glauben, dass der Andere ihn / sie irgendwie zu kontrollieren, zu manipulieren oder abzuwerten versucht. Und da ist es wieder, unser altes „Nähe-Distanz-Problem“ was so typisch für eine Borderliner-Beziehung ist. Schaut man sich dieses Treiben als nicht eingeweihter Beobachter an, dann könnte man schnell denken, dass ein Borderliner eigentlich kein besonderes Interesse an einer Beziehung zum Partner haben dürfte.
Die Frage kommt dann auf, warum die Beiden überhaupt so lange zusammenbleiben, da sie sich doch ständig streiten oder andere Dinge fehlen die eine Partnerschaft ausmachen wie zum Beispiel Vertrauen, Sexualität oder gemeinsame Aktivitäten. Noch erstaunlicher erscheint es dann, dass beide Borderliner oft massiver als andere unter einer Trennung leiden.
Erst bei einer drohenden oder vollzogen Trennung wird dann diese starke, intensive, unterschwellige symbiotische Bindung zueinander sichtbar. Aber woher kommt diese symbiotische Bindung?
Was für ein Sinn steckt dahinter, dass zwei Menschen sich ewig streiten und trotzdem eng miteinander verbunden bleiben wollen? Nun, diese intensive, symbiotische Bindung kann man erst dann verstehen, wenn man einen weiten Blick in ihre Vergangenheit wirft und schaut, wie ihre ursprüngliche Bindung zu ihren Eltern war – das Erbe der Eltern.
Es fällt auf, dass Borderliner fast immer in ihrer Kindheit eine starke Abhängigkeit zu emotionalen instabilen Eltern hatten, oft chaotisch oder ambivalent–unsicher an sie gebunden wurden. Was ist die Konsequenz davon?
Wenn ein Kind aber intensive Angst verspürt, dann hat es in diesem Moment auch das intensive Bedürfnis nach Sicherheit. Und wo kann es diese Sicherheit bekommen, wenn nicht bei den eigenen Eltern? Was aber, wenn die Eltern selbst emotional instabil waren? Dann kann das verängstigte Kind – was in seinem Lebensalter ja komplett von den Eltern abhängig ist – zwangsläufig nur eine ambivalente / zerbrechliche Bindung zu den eigenen Eltern entwickeln. Und wächst jemand in dieser „ambivalenten Angst–Sicherheits–Chaos-Familie“ auf, dann wird diese Ur-Erfahrung mit all seinen Interaktionen auf den zukünftigen Partner in der späteren Erwachsenen-Beziehung automatisch übertragen!
Nun kommt aber ein wichtiger Fakt, den wir unbedingt beachten müssen: 👉 Wird diese emotionale Unsicherheit aus der Kindheit später in der Borderline-Beziehung fortgeführt, dann verursacht genau dies ein Gefühl von Vertrautheit, Kontinuität und Sicherheit!
Hört sich das krank an? Nun, es ist zumindest falsch, richtig… 😊 Falsch deshalb, weil das Kind nicht in einer stabilen Umgebung aufgewachsen ist. Es ist aber richtig, wenn man bedenkt, dass von diesem nun falschen Anfangs-Punkt aus ein richtiger Beziehungsweg eingeschlagen wird. Ähnlich einem Rechenweg in einer Matheaufgabe. Auch wenn von einer falschen Anfangszahl aus gerechnet wurde, kann der Rechenweg als solcher richtig sein.
Wie sieht diese falsch / richtige Verhaltensweise in einer Borderline-Partnerschaft nun aus? Indem der anfänglich idealisierte, als „Mr. / Mrs. Right“ fantasierte Partner nun auf Sicherheitsabstand gehalten wird und damit mit der eigenen Angst alleine steht – denn er ist ja auch von einer Persönlichkeitsstörung betroffen – wird irgendwann zwangsläufig eine Unsicherheit auftreten. Diese Unsicherheit führt dann zu einem Missverständnis oder sogar Streit. Was aber bewirkt ein Streit bei einem instabilen Borderliner-Paar? Da eine Persönlichkeitsstörung durch eine unreife Entwicklung erzeugt und eine instabile Persönlichkeit erzeugt, fällt der Borderliner / oder wie hier beide Borderline in eine Tiefe Regression zurück. Alles wird schwarz und hoffnungslos.
Was bedeutet so eine zwangsläufige Entwicklung für eine Therapie mit zwei Borderlinern? Solche Beziehungen zeichnen sich durch ihre Intensität und ihren symbiotischen Charakter aus. Der Begriff Symbiose meint hier, dass man nicht mit aber erst recht nicht ohne den anderen kann! Für die Therapie bedeutet dies folgendes: Solche symbiotischen Beziehungen dürfen nicht einfach so auseinandertherapiert werden!
👉 Ein Therapeut, der einem Borderline-Paar rät, sich zu trennen, begeht in den allermeisten Fällen einen riesigen Fehler! Anstatt zur einer Trennung zu raten, sollte er sich geduldig bemühen diese unreifen, wütenden, aggressiven und auch emotional libidinösen Handlungen in ihren Wünschen zu verstehen und den beiden allmählich helfen auf eine reifere Entwicklungsstufe zu kommen. Das ist zwar nicht leicht, aber machbar. Viele Therapeuten scheuen den Einsatz in solchen Fällen. Dann aber sollten Sie die Therapie von Borderlinern anderen überlassen. Nicht umsonst wird diese Therapie auch die Königsdisziplin der Therapien genannt.
Neben der starken symbiotischen Bindung – also einer Bindung, in der man sich selbst völlig aufgibt und die ohne den anderen nicht kann – gibt es noch die Projektion und die projektive Identifikation als ein typisches Merkmal einer Borderline-Paarbeziehung. Immer wieder agiert der eine Partner die Unreife / die Schwächen des Anderen aus, sodass die inneren Konflikte beider – wie in einem Teufelskreislauf oder einem „Perpetuum Mobile“ – stets aufs Neue zwischen ihnen beiden ausgetragen werden. Anders ausgedrückt: er steckt den Finger in die Wunde des Anderen, verletzt ihn an den Stellen, die für den Partner besonders wehtun…
Aber was für ein Gedanke steckt hier dahinter? Wir alle sind unvollkommen. Mit unserer Unvollkommenheit kommt der eine besser als der Andere zurecht. Borderline ist – wie gesagt – eine Unreife in der Persönlichkeitsentwicklung. Alle Persönlichkeitsstörungen haben eins miteinander gemein: die Instabilität.
Instabilität entspringt einer Angst, nicht gut genug zu sein. Größere Angst nicht gut genug zu sein geht über in eine innere Unsicherheit. Eine verstärkte Unsicherheit geht über in eine Instabilität. Der Borderliner ist in sich instabil und kann mit seiner eigenen Unvollkommenheit nicht souverän umgehen. Seine Unsicherheit zeigt er in einer Wut, sich selbst und seinem engsten Partner gegenüber (Kriterium 4 und 8). Nach Robert Stoller, einem amerikanischen Psychoanalytiker, ist diese Wut als Erwachsener der Triumph über die Niederlagen, die Traumata, die Ohnmachten der Kindheit. Ein Weg hierfür ist die Projektion der eigenen Angst und Wut auf den engsten Partner. Dadurch kann der Eine seine inneren Konflikte an dem Anderen ausleben und sich dadurch innerlich entlasten.
Was passiert beim Gegenüber? In der Sprache der Psychologie ausgedrückt kann er dann seine eigene Latenz (Entwicklung Verzögerung) durch Identifikation (also einer Gleichsetzung / einem Gefühl des Miteinanders) spüren, gleichzeitig jedoch durch Abwertung des Anderen kontrolliert dosieren und damit auch eingrenzen. Durch dieses nach außen tragen des Konflikts wird das Innere Gleichgewicht beider Partner entlastet und dadurch wieder stabilisiert. Das ist der Nutzen für den Einzelnen. Die Beziehung selber wird dadurch aber massiv angegriffen…
Wie kann ich mir so einen Eiertanz im Alltag vorstellen? Oder anders ausgedrückt: Was für Beispiele kann man für eine Symbiose oder Projektionen nennen?
Eine kleine erste Zusammenfassung – wie sieht die Paardynamik einer Borderline-Partnerschaft typischerweise aus?
Die wichtigsten Hilfsmittel hierbei sind die Verleugnung, die Reaktionsbildung, besonders das Dosieren von Nähe und emotionaler Distanz, Verschiebung, Projektionen. Wer mehr über diese Abwehrmechanismen lesen möchte, sollte sich mit Anna Freud (Tochter von Sigmund Freud) und Eric Berne (Begründer der Transaktionsanalyse) auseinandersetzen. Und auch wenn sich das alles für einen Außenstehenden als nicht stabil anfühlt, kann dies doch zu einem Gleichgewicht wie bei Bonnie & Clyde beitragen. Nicht gesund, aber immerhin ein Gleichgewicht …
3. Typisch für eine Borderline-Partnerschaft ist auch, dass eine Trennung zu dramatischen Zusammenbrüchen führt – Stichwort symbiotische Beziehung.
Oder anders gefragt: Wie funktioniert eine Therapie mit zwei Personen, die an einer Persönlichkeitsstörung leiden?
Die Therapie mit Borderlinern wird nicht umsonst als Königsdisziplin in den Paar-Therapien bewertet… Borderliner sind in ihrer Beziehungs-Entwicklung auf einer unreifen Ebene stehen geblieben, wo die Spaltung in Schwarz und Weiß / Gut und Böse noch als Überlebenstaktik genutzt wurde … Das bedeutet nicht, dass der Borderliner als Mensch unreif ist! Nein! Wir entwickeln uns in unterschiedlichen Disziplinen und bilden eine unterschiedliche Intelligenz aus. Es gibt hier die sprachliche, die mathematische, die musikalische aber auch die zwischenmenschlich emotionale Intelligenz. Auf diesem Gebiet hat der Borderliner enorme Reifedefizite und das spürt er im gesamten Leben.
Das unreife Verhalten – alles zuerst einmal nur in Gut und Böse, Schwarz oder Weiß zu spalten – hatte in dem Alter von wenigen Monaten bis ein paar Jahren seine Daseinsberechtigung, aber bei einem erwachsenen Menschen bringt dies besonders in den Partnerschaften und im Zusammenleben mit anderen Menschen große Probleme. Das zeigt sich dann in den wechselnden Affekten, die Angst davor den Gegenüber mit der eigenen Wut zu verletzen oder von der Wut des Anderen verletzt zu werden. Oder in der Psychologen-Sprache ausgedrückt: Es ist die Neigung, die im Inneren abgespalten Affekte auf den anderen zu projizieren oder die Angst seine Projektionen selber nicht ertragen zu können. Das es einige wenige Borderliner (mit höherem Strukturniveau) trotzdem schaffen, eine dauerhaftere Beziehung am Leben zu erhalten, liegt darin, dass sie es geschafft haben, ihre Nähe und Distanz zueinander besser zu dosieren…
Um dies alles besser zu verstehen, können wir uns der tiefenpsychologischen Psychoanalyse bedienen. Durch sie können wir besser unterscheiden zwischen den Bereichen von Beziehung, Familie, Beruf und der Gesellschaft. Sie berücksichtigt aber auch den Entwicklungsstand des einzelnen Patienten und würdigt seine Eigenarten als das, was sie sind und waren: Sie waren einmal die Überlebensstrategie der frühsten Kindheit. Im Alter zwar dysfunktional, in der Kindheit sicherten sie jedoch das Überleben.
Was ist das eigentliche Hauptproblem in der Borderline-Therapie? Neben der Wechselhaftigkeit der Affekte, ist es die Intensität / die Stärke dieser Gefühlsausbrüche.
Die Lösung hierbei ist, dass der Therapeut sehr aufmerksam,
In einer therapeutischen Umgebung darf ein Patient / Klient erst einmal in Ruhe seine Affekte ausagieren, ohne dafür gemaßregelt zu werden. Es gibt fünf Schritte die der Therapeut hierbei besonders beachten sollte, die zwar auch in anderen Therapien gelten, in der Borderline–Therapie aber besonders wichtig sind:
Durch diese fünf Schritte wird oft eine Situation herbeigeführt, die Jahrelang zwischen beiden nicht stattgefunden hat: eine klare und konstruktive Kommunikation miteinander – der Anfang vom Ende der Probleme…
Häufig beobachte ich, dass am Anfang einer Therapie der Therapeut noch völlig idealisiert wird. Dass die Paare, die zu ihm kommen, sich bei ihm vergleichsweise wie Kinder an einen Vater oder eine Mutter wenden und auf Lösungen von ihm hoffen. Das ist auch gar nicht so verkehrt, denn es gibt die Zahl bei Psychotherapien, welche ich mir schon seit Jahren immer gemerkt habe: Die Zahl 42.
42 % des Erfolges einer Therapie hängt von dem Vertrauen des Klienten in die Fähigkeiten des Therapeuten ab. Lediglich 15 % kommen noch durch Medikamente hinzu, deren Wirksamkeit in Studien belegt wurde. Der Rest ist Fleiß. Oder wie sagt es einmal ein Gesprächspartner von mir? 10 % sind Inspiration und 90 % Transpiration. Du siehst, in einer Therapie gibt es auch sehr viel Fleißarbeit / Transpiration.
Wenn zwei Menschen zu einer Paartherapie kommen, dann sind am Anfang der Therapie die negativen Übertragungen dem Therapeuten gegenüber nicht das eigentliche Thema. Der Therapeut sollte solche Handlungsmuster – die vielleicht in kleinen Momenten kurz auftauchen – immer als das betrachtet, was sie eigentlich sind: 👉 Überlebens-Verhaltensmuster der Vergangenheit Wenn er dann in Ruhe nach dem konkreten Auslöser forscht, kann dadurch die Therapie erhalten bleiben. Ein Therapeut wird jedoch wie ein Hundetrainer, ein Lehrer oder ein Elternteil, Missverständnisse und Probleme besonders schnell und konkret ansprechen.
Probleme gehören dazu, sie dürfen ausdrücklich sein! Sie dürfen sich aber auf gar keinem Fall hochschaukeln. Das alles gleicht einem Hunde-Welpen Training: Der kleine Hund möchte einem Reiz / einem Signal folgen und seine Muskeln spannen sich an. In diesem Moment ist der richtige Zeitpunkt, wo der Hundetrainer sofort sein Stoppsignale setzt. Nur eine Sekunde vorher oder eine Sekunde später wäre die Wirkung praktisch null.
Am besten, indem er
Genau diese Handlungen zu benennen, ist mit die beste Möglichkeit, um zu zeigen, dass beide Partner (!) in ihrem Handeln zwar nicht das richtige tun, aber das richtige Ziel verfolgen: Sie möchten beide eine gute Beziehung zueinander haben. Durch ihre Handlungen wiederholen Sie jedoch ein früheres Erleben… Und durch dieses herausarbeiten einer positiven Konnotation – dem Wunsch nach einem Miteinander – kann die Therapie und damit auch die Beziehung der Beiden stark entlastet werden. Darum sollten wir uns mal mit solchen Ritualen etwas näher befassen.
Der Vorteil einer Therapie ist es, dass man von außen auf ein Handlungsmuster blickt. Das ist vergleichbar mit einem Hochsitz, von dem aus man Personen in einem Labyrinth den Weg nach außen beschreiben kann. Indem man nun zeigt, dass viele Handlungsmuster, Erfahrungen aus der Kindheit entsprechen, kann für alle Beteiligten stark entlastend sein. Besonders weil sie in kritischen Situationen immer wieder reflexhaft hochkommen.
Was sind solche Verhaltensweisen, die in der Kindheit im Umgang mit den Eltern entwickelt wurden?
Ich zitiere einmal aus seinem Buch: „Die Wurzeln der Wut liegen in der Drangsalierung, welcher der Patient in seiner Kindheit, besonders durch die Eltern ausgesetzt war. Durch die Perversion des späteren Erwachsenen wird die Wut in einen Sieg über diejenigen verwandelt, die ihn früher unglücklich machten, denn in der Perversion wird ein Trauma zum Triumph.“
Kommen wir zurück zu unserer Therapie und unserem Therapeuten. Der Therapeut hat, wenn er die Erfahrung besitzt, die wunderbare Möglichkeit die alten Verhaltensweisen auch mit etwas Positiven zu benennen. Durch die alten Beziehungsmuster wird nämlich ausdrücklich versucht, die Loyalität gegenüber den Eltern aufrecht zu halten. Es ist also nichts anderes, als ein – wenn auch falsches – kindliches Verhalten, das positive Beziehungswünsche als Motivation hat. Und weil dem so ist, wird sich ein professioneller Therapeut gegen diese immer wieder einrastenden kranken Beziehungsmuster verständnisvoll verhalten, sie klären, sie nicht verurteilen und spontane Eskalationen immer wieder versuchen zu beruhigen.
Wichtig ist aber auch: Ein Therapeut ist sich bewusst, dass er eine erwachsene Person vor sich hat! Darum wird er seine Gegenüber – egal ob Borderliner oder nicht – nie wie kleine Kinder ansprechen, sondern als erwachsene Menschen mit Möglichkeiten und Ressourcen. Und gerade diese Ressourcen – die ein kleines Kind ja noch nicht hat – wird er versuchen, zu aktivieren.
Ein Paar sollte sich immer auf Augenhöhe betrachten und behandeln. Aber gerade in Paar-Beziehungen von Menschen, die mit einer Persönlichkeitsstörung belastet sind, gibt es immer wieder den Einen, der mehr entlasten möchte (der masochistische Part) und denjenigen, der eine Streitenergie in die Partnerschaft hineinbringt (der sadistische Teil). Bitte gestatte mir, dass ich es hier plakativ vereinfache.
Wie sollte in der Therapie vorgegangen werden, wenn es dieses Ungleichgewicht gibt? Auch hier wird der Therapeut zuallererst einmal diese Balance mit all ihren Entlastungsfunktionen, als das würdigen, was sie ist: Es ist der Versuch, die Beziehung am Leben zu halten! Dadurch, dass er diese fehlerhafte Balance / diese Dysbalance jedoch anspricht, kann er aber auch weniger stark polarisierende Positionen aufzeigen, zum Nachdenken oder Probefühlen anregen. Oft ist genau das dann der Moment, an dem sich die einzelnen Partner in der Praxis dann beginnen zu verteidigen und dem anderen Handlungen zuschreiben, die in der eigenen Vorstellung zwar real, aber in der Wirklichkeit nicht real sind.
Der Therapeut sollte hier immer sofort nachfragen, ob der andere das auch so empfindet. Ähnlich einem Mediator (Latein. Vermittler) sollte immer wieder die Frage an den anderen Partner gestellt werden: „Sehen Sie dies genauso?“
Die Therapie im Borderline-Bereich kann man recht einfach beschreiben: Es ist der permanente Umgang und Aufdecken alter Verhaltensweisen und das Anregen von neuen Verhaltensweisen. Wenn ich also ein Motto über diese Art der Therapie setzen wollte, dann wäre es 1. eine Mischung aus Verständnis und Akzeptanz und 2. einem Setzen von Veränderungsvorschlägen.
Diese Form von therapeutischer Arbeit ist aber nur dann möglich, wenn beide beide Seiten sich in einem arbeitsfähigen Zustand befinden, in welchem sie die Regeln eines Zusammenlebens aushandeln und ausprobieren können. Im Streit geht gar nichts! Also geht es darum, Möglichkeiten herauszufinden, Nähe und Distanz zu dosieren, um mit den starken Affekten besser arbeiten zu können und um eine Balance zwischen Autonomie und Anpassung, zwischen Aktivität und Passivität herauszuarbeiten.
Die eigentliche Aufgabe des Therapeut ist es also, in einem sogenannten therapeutischen Schutzraum das Arbeitsniveau zu erhalten. Das kann er
Das Problem in praktisch jeder Borderline-Therapie ist es, dass von einer „Normalität“ nicht die Rede sein kann, sondern dass vielmehr die Extreme an der Tagesordnung sind. Da wird sich völlig aufgelöst gegenseitig angeschrien, die Therapie immer wieder gedroht abzubrechen … und der Therapeut sitzt oft nur noch da und versteht die Welt nicht mehr – muss vielmehr mit einer eigenen Ohnmacht irgendwie selber zurechtkommen. Nicht nur an diesem Punkt – aber gerade hier muss der Therapeut nun besonders vorsichtig sein! Oft hat nämlich auch er eine gewisse Teilschuld hieran, weil er sich in irgendwie zu weit zu der einen oder anderen Seite rüber gelehnt hat … er also die Distanz, die Metaebene verloren hat.
Ja, die tiefenpsychologische Psychoanalyse ist ein hervorragendes Mittel um die ICH-Funktionen, die Projektionen und auch die projektiven Identifikationen herauszuarbeiten. Aber all das ist ein Blick in den Rückspiegel. Es ist eine Antwort auf die Frage: „Warum geschieht dies hier?“
Oft aber kommen Paare in die Therapie, um etwas anderes zu bekommen. Ihnen geht es um konkrete Hilfen. Es reicht ihnen nämlich bei weitem nicht, dass man nur versteht, wieso weshalb und warum man immer wieder hingefallen ist, sondern – wie kann ich nun selbständig Laufen lernen – wie schaffe ich es wieder aufzustehen? Diese Paare brauchen praxistaugliche Hilfen wie sie aus den beginnenden Eskalationen irgendwie Aussteigen und weiter als Paar miteinander leben können. Denn nur wenn man das schafft, kann man ein ruhiges Miteinander mit einer sogenannten „Ambivalenz-Toleranz“ entwickeln.
Ich möchte dir mal drei davon aufzeigen. Natürlich gibt es deutlich mehr, aber mit diesen dreien könnten wir schon mal einen Anfang gestalten …
Tipp Nummer 1
Oft haben sich Paare, die zu einem in die Therapie kommen, schon lange nicht mehr in Ruhe gegenseitig einfach nur mal berührt. Und das ist die erste der Hausaufgaben: 👉 Sich abends in Ruhe auf die Couch nebeneinander zu setzen, nichts reden, sondern nur mal eine gewisse Zeit (10-20 Minuten reichen anfänglich völlig aus …) schweigend aneinander zu lehnen. Anschließend kann dann jeder wieder seine eigenen Wege gehen und den weiteren Verlauf des Tages nach eigenen Wünschen verbringen.
Hört sich das zu simpel an? Ich bitte dich trotzdem erst mal zu probieren… Schon nach wenigen Wiederholungen wirst du eine andere Zuneigung zu dem Partner verspüren. Besonders das „Berühren ohne Sprache“ lenkt die Aufmerksamkeit auf das, was einem so lange gefehlt hat: die Berührung!
Tipp Nummer 2
Wer in eine Therapie kommt, hat das miteinander Sprechen oft verlernt. Wenn man noch miteinander spricht, dann sind das eher Streitgespräche, welche beide Parteien innerlich förmlich auslaugen wie ein Energie-Vampir. Was wäre hier die Hausaufgabe? 👉 Sich abends für 10 Minuten hinzusetzen, ein Küchen-Timer wird auf 5 Minuten gestellt und in diesen 5 Minuten redet nur einer von beiden und der andere hört zu, darf also nicht unterbrechen. Dann kommen die nächsten 5 Minuten dran und der Andere redet und der erste schweigt.
So simpel, wie sich das anhört, so effektiv ist es auch: Oft hat man hat sich in einem Streitritual in der Vergangenheit irgendwie festgefahren, wo jeder darum kämpft, von dem jeweils anderen irgendwie gesehen zu werden. Jedoch werden durch jeden Einwand, jedes einzelne „ja aber“ die Worte des Vorhergehenden komplettvernichtet. Allein das Zuhören und das nicht Unterbrechen dürfen, ist ein wirksames Mittel.
Tipp Nummer 3
Nehmen wir an, es stehen wichtige Entscheidungen an und beide Partner haben konträre Meinungen … das eine geht nicht mit dem anderen in Übereinstimmung zu bringen. Die Folge ist, dass wenn sich einer von beiden durchsetzt, der Andere wütend zurückbleibt. Was könnte eine Lösung sein? Nimm eine dritte Entscheidungs-Autorität zur Hilfe. Wirf einfach mal eine Münze oder einen Würfel. Bei der Münze zählt entweder Kopf oder Zahl oder beim Würfel gerade oder ungerade. Die Entscheidung und damit die Verantwortung liegt dann beim Würfel. Und wenn die Entscheidung für einen der beiden doof war, dann war nicht der Partner, sondern der Würfel doof.
Der große Psychologe aus Wien – Viktor Frankl – hatte solche Verhaltensweisen als paradoxe Intentionen beschrieben. Durch sie können festgefahrene Abwehrstrukturen aufgelöst und Raum für neue Ideen gestaltet werden. Die Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Problem durch den Therapeuten klar verstanden wird und es eine neue Verhaltensaufgabe gibt, um andere und bessere Erfahrungen im Alltag miteinander zu finden.
Ein Paar um die 30 Jahre, zwei Kinder, kam einmal zu mir wegen großer Schwierigkeiten in ihrer Partnerschaft. Beide wurden in ihrer Kindheit im Elternhaus stark traumatisiert, was sich dann auch in krankhaften Abwehrmechanismen innerhalb der Beziehung zeigte. Es war eine typische „On-Off-Beziehung“.
Ich habe beiden einmal vorgeschlagen, sich vorzustellen (wie es in der Literatur auch oft vorgeschlagen wird) wie es wohl gewesen wäre, wenn sie sich – mit dem Wissen von heute – als Kinder auf einem Spielplatz treffen würden. Daraus entwickelte sich dann eine wirklich lebhafte und vollkommen neue Sichtweise von dem Mann seiner Frau und der Frau ihrem Mann gegenüber. Beide konnten endlich mal ihre inneren Gefühle ganz anders zum Ausdruck bringen als nur im Wettstreit zueinander. Ich erinnere mich noch lebhaft daran, dass beide in dieser Imagination dem jeweils anderen immer wieder eine gewisse Schuld zugeschrieben haben.
Als ich sie dann fragte, ob sie dieses Verhaltensmuster aus ihrer Kindheit her kennen, haben beide auf einmal mit offenen Augen mit „Ja“ geantwortet. Beide erzählten spontan von ihren Eltern, von einem Missbrauch, von Zurückweisung, von dem Rauswurf aus der elterlichen Wohnung als die Frau gerade erst einmal 15 Jahre alt war.
Sowohl das bedürftige aber auch das aggressive Verhalten von beiden war in Wirklichkeit eine Neuauflage ihrer Überlebenstaktik aus der Kindheit. Beide hatten sich in ihrem Partner den Menschen gewünscht, der einem idealen Vater oder einer idealen Mutter entsprochen hätte, welche sie in ihrer Kindheit so dringend benötigt hätten. Als dies in aller Ruhe ausgesprochen wurde, empfahl ich Ihnen für eine Woche nur noch darüber zu reden, was in ihrem Moment in ihrem Familienleben gut funktioniert und auch weitergehen sollte. Wir haben damit den Fokus klar auf die Beziehung und ihre Ressourcen gelenkt.
Das Problem von diesem Pärchen war – wie bei vielen anderen auch – immer wieder dasselbe: Jeder der Betroffenen war der Ansicht, er selbst würde viel mehr in die Beziehung investieren als der andere. Sie waren zu sehr in ihren Erwartungen und Bedürfnissen im außen verstrickt. Beide haben immer wieder gesagt, dass sie stärker verletzt wurden als der andere. Und sie nur auf seine bösen Handlungen reagieren würden, selber aber gut sein. Beide wünschten sich immer wieder eine Entschuldigung von ihrem Partner! Bei dieser Betrachtung konnte ich Beiden zeigen, dass die Fehlerquelle stark von ihrer Kindheit / ihrem Elternhaus herrührt. Ihre Eltern – selber auch Opfer ihrer eigenen Kindheit – haben von ihnen aufgrund ihrer eigenen Verletztheit und Schwäche viel zu viel Zuwendung eingefordert – sie also nach allen Regeln der Kunst parentifiziert haben. Mein Vorschlag war dann: Man kann die verfügbare Zuwendung und Aufmerksamkeit auch aufteilen. In einer guten Beziehung braucht man sowohl die Rücksichtnahme des anderen aber auch Selbstfürsorge für sich selber.
Eines der Hauptprobleme in solchen Therapiesitzungen sind die starken Erwartungshaltungen bei der Partner. Oft sind sie so stark, dass man sie praktisch schon als Fantasie beschreiben könnte. Der Zweck einer Therapie besteht nun darin,
Solch ein neues Warten können ist ein wichtiger Schritt in der Beziehungstherapie. Wer mit mir arbeitet, weiß, dass ich dies als den sogenannten Donnerstagabend bezeichne. Der Vorteil eines festgesetzten Termines, an dem man über die Probleme dann spricht, liegt auf der Hand: die Gemüter können sich in aller Ruhe erst mal beruhigen. Und oft ist es dann so, dass – wenn eine Nacht drüber geschlafen wurde (Stichwort: die preußische Nacht) – nichts mehr so heiß gegessen wird wie es gekocht wurde.
Albert Einstein wird der Gedanke zugesprochen: „Die größte Form des Wahnsinns sei es, andere Ergebnisse zu erwarten, wenn das Verhalten gleichbleibt.“
Das Ziel einer Therapie ist es also,
So etwas geht besonders gut in Vergleichen, durch Bilder und Imaginationen (das Bild vom Sandkasten) in dem beide in einer gemeinsamen Projektion unter der Anleitung des Therapeuten miteinander neu lernen umzugehen. Dadurch wird ein emotionaler Sicherheitsabstand geschaffen, in denen der Therapeut immer wieder durch seine Interventionen direkt eingreifen kann, indem er das Tempo rausnimmt, Punkte klarmacht und neue Lösungen vorschlägt. In der Arbeit mit Imaginationen kann sich ein Borderliner in aller Ruhe von seiner Spaltungsmethode abwenden und neue Vorschläge probeweise durchdenken.
All das, was ich hier angesprochen habe, gilt natürlich auch für sämtliche anderen Paarbeziehungen. In einer Beziehung ist jeder von uns irgendwie verletzbar. Freundschaften können auf großer Distanz geführt werden, Kollegen werden auf Abstand gehalten und der Mann oder die Frau in der U-Bahn kommt mir in der Regel auch nicht zu nahe. Aber in einer Zweier-Beziehung macht man sich bewusst selbst verletzbar. Man lässt den anderen in einen intimen Bereich der keinem anderen als nur dieser einen Person zugestanden wird.
Dadurch können auch Menschen, die ansonsten gesund und belastbar sind, in Krisensituationen stark und heftig reagieren. Das könnten in diesem Moment Handlung sein, die man sonst nur von einem Borderliner her kennt, im gesamten Kontext, aber jemanden nicht als solchen kennzeichnet.
Ich erinnere mich an einen Mann, der sich an mich gewandt hat, da er von seiner Partnerin dermaßen gereizt wurde, dass er sie einmal ins Gesicht geschlagen hat. Vollkommen desillusioniert von sich selber schrieb er mich an. War er eventuell auch ein Borderliner? Ausdrücklich, nein! Jedoch war er in diesem Moment dermaßen überfordert, dass er eine Handlung durchgeführt hat, die man in das Borderline-Spektrum setzen könnte. So jemand kann von einer Therapie – ähnlich der hier beschriebenen Vorgehensweise – ebenfalls massiv profitieren.
Mit viel Ruhe und Geduld können
Es sind viele Bereiche, die wir ansprechen können: Angefangen vom Umgang Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch über Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer häufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind.
Ich möchte aber nicht nur über Fragen sprechen, sondern auch praxisgerechte Lösungen anbieten:
Buchen Sie sich einfach auf meinem Online-Kalender ein Zeitfenster oder nutzen Sie mein klassisches Kontaktformular um mit mir in Verbindung zu treten. Ich freue mich auf Sie. Ihr Marcus
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