Ich bin immer wieder darüber erstaunt dass bei nur wenig anderen psychischen Erkrankungen und Therapien in den letzten Jahren so viele Missverständnisse geklärt, Glaubenssätze widerlegt und therapeutische Möglichkeiten gefunden wurden wie bei der Traumatherapie. Das macht echt Mut und gibt Hoffnung für die kommenden Jahre.
Wenn ich immer wieder hin und her springe zwischen den Begriffen Traumen und Traumata dann hat dies den Grund dass es tatsächlich mehrere Pluralformen von diesem griechischen Wort „Trauma“ gibt.
Wir kennen die griechische Pluralform Traumata, die besonders in Fachkreisen genutzt wird. Umgangssprachlich ist die Bezeichnung Traumen aber genauso richtig. Denke einmal an die Pluralform von Pizza („Pizzen“).
Es gibt viele Zugänge zum diesem umfangreichen Thema Trauma: Wir unterscheiden die Traumen z.B. nach Kategorien wie Unfälle, Naturkatastrophen oder durch Menschen verursachte Traumata. Diese Letzteren führen deutlich häufiger zu den bekannten Traumafolgestörungen.
Sollte uns eine Traumastörung unangenehm oder eventuell sogar peinlich sein? Muss man sich dafür vielleicht schämen? Leider passiert dies immer noch viel zu häufig – aber es ist ausdrücklich nicht angebracht. Dazu möchte ich mit diesem Vortrag auch einen kleinen Beitrag leisten.
Traumafolgestörungen sind eine besondere Verarbeitungsform unseres Gedächtnisses. In gewisser Weise hat sich hierbei unser Gedächtnis der Kontrolle entzogen und sich selbstständig gemacht, und das nicht ohne Folgen. Die Konsequenzen reichen bis in den Körper hinein und es ist etwas ganz Normales, dass jedem von uns ab einer gewissen Dosis eines Traumas passieren kann. Das hängt logischerweise von bestimmten Bedingungen ab!
Frage: Bekommt man auf jedes katastrophale Ereignis eine Traumafolgestörungen? Nein! Auf keinem Fall! Es ist mittlerweile gut dokumentiert, dass Traumata grundsätzlich immer von unserem Gehirn verarbeitet werden. Leider ist diese Verarbeitung oft jedoch blockiert – zum Beispiel durch
Wenn dies geschieht, dann werden Traumafolgestörungen sehr wahrscheinlich. Sie treten zum Beispiel
Stark bzw. komplex in der Kindheit traumatisierte Betroffene befreien sich in ihrer weiteren Entwicklung oft so um das vierzehnte Lebensjahr. Geschieht dies nicht, dann sie bleiben häufig sehr lang darin stecken …
Das kann an
Trauma bedeutet nicht automatisch, dass ich auch eine PTBS habe – die posttraumatische Belastungsstörung! Das ist ein wichtiger Merksatz!
Nach traumatischen Erlebnissen entwickeln sich erst einmal Traumastörungen. Und wenn wir von Traumastörungen reden, dann sprechen wir im engeren Sinne von (1) akuten Belastungsreaktionen die innerhalb von wenigen Stunden auftreten. Danach kommen die (2) akuten Belastungsstörungen. Sie erscheint innerhalb von Tagen bis zu einem Monat. Und dann gibt es noch die (3) posttraumatische Belastungsstörung PTBS, die sich so um die sechs Monate nach dem Ereignis entwickelt.
Oft treten nach Traumatisierungen begleitend noch Depressionen, Angststörungen, somatoforme Störungen, oder eine emotionale Instabilität als dauerhaftes und deutlich sichtbares Merkmal auf. Da könnte ein Außenstehender denken, derjenige hat ganz plötzlich eine Borderline Störung bekommen. Der Zuschauer dieses Kanals weiß aber, das eine Persönlichkeitsstörung nicht akut auftritt. Sie ist ein schleichender Prozess der ganz früh in der frühesten Kindheit beginnt, sich zu entwickeln.
Lass uns jetzt einmal etwas näher die posttraumatische Belastungsstörung ansehen. Diese PTBS hat ein sehr klares und typisches klinisches Bild.
Die Diagnose stellen wir durch sechs Kriterien:
Hinzu kommt das Wiedererleben – die sogenannte Inklusion.
das sind zum Beispiel belastende (Alp-)träume, Flashbacks. In diesen Flashbacks erlebe ich bestimmte Teile des Traumas immer wieder und zwar so als würden sie gerade eben / jetzt (!) passieren. Wir sprechen hier von Triggern. Diese Trigger sind Auslöser, Wahrnehmungen bei denen eine besonders starke Belastung auftritt. Und das sind nicht nur psychische Belastungen. Immer wieder tritt hierbei eine körperliche Reaktion bei diesen Erinnerungen auf.
Zu der Diagnose „posttraumatische Belastungsstörung gehört auch die Vermeidung. Es wird einfach alles vermieden was auch nur andeutungsweise irgendwie mit dem Trauma zusammenhängt wie z.B.
Bei einem Trauma, bei der Traumastörung geht es immer um Gefühle. So entsteht oft ein Gefühl, als ob man neben sich steht. Dies ist wie eine Entfremdung von sich und von der Umwelt.
Ein weiteres typisches Symptom ist die psychische oder vegetative Übererregung. Sie zeigt sich typischerweise in Schlafstörungen, in erhöhter Reizbarkeit und einer Schreckhaftigkeit. Dies alles sollte deutlich erkennbar sein. Deutlich ist, wenn die Dauer länger als ein Monat ist. All das muss auch sichtbar belastend im Alltag sein. Und zwar so belastend, dass die Arbeits- und auch die Liebesfähigkeit, grundsätzlich die Fähigkeit am Alltag teilzunehmen deutlich eingeschränkt ist
Die posttraumatische Belastungsstörung ist eine besondere Form der Gedächtnisverarbeitung.
Vielleichtkommen die jetzt einige Fragen in den Sinn:
Traumareaktionen bewirken oft eine tiefgreifende Veränderung im Erleben unserer Realität. Die Frage dies sich hier stellt ist: Wie kommt das?
Um zu verstehen was für unser Gehirn gerade die Wirklichkeit und was die Vergangenheit ist, möchte ich mit Dir einen kurzen Blick in die Neurobiologie werfen.
Es gibt da den Merksatz: „What fires together, that wires together.“ Wenn zwei Gehirnzellen gleichzeitig aktiv sind, dann stellen sie eine Connection / eine Verbindung zueinander her. Wenn ich also zwei Dinge gleichzeitig erlebe, höre, mich erinnere oder gewisse Arbeiten verrichte, dann werden die gleichzeitig aktiven Gehirnzellen dauerhaft miteinander verbunden und später – in der Erinnerung – als Netzwerk auch wieder gemeinsam (!) aktiviert. Diese Netzwerk-Bildung, diese Speicherung geschieht in zwei verschiedenen Gedächtnissen … Und ja … wir haben wirklich zwei Gedächtnisse – zwei Gedächtnisbereiche mit unterschiedlichen Zielsetzungen!
Zum einen das so genannte heiße Wahrnehmungsgedächtnis. Da werden alle Gefühle, Bilder, Gerüche, Körperreaktionen abgespeichert. Dazu gehören detaillierte sensorische, perzeptuelle (also unbewusste) Wahrnehmungen, die praktisch nicht bewusst, sondern nur unwillkürlich abrufbar sind. Diese sind die Grundlagen für die sogenannten Flashbacks oder Albträume.
Auf der anderen Seite gibt es dann noch das zweite, kalte Gedächtnis – das sogenannte Kontextgedächtnis.
Hier wird das
Dieses Wissen kann dann – im Gegensatz zu dem „heißen Gedächtnis – sowohl willkürlich als auch unwillkürlich abgerufen werden. Dieses „Kalte Gedächtnis“ schafft den räumlichen Kontext / den Zusammenhang ob eine Erfahrung eine alte oder eine neue Information ist. Dazu wird etwas gebraucht oder genutzt, für das seine Entdeckung im Jahre 2014 den medizinischen Nobelpreis erhielt:
Unser wunderbares Navigationssystem im Gehirn:
Hier befindet sich unser Orts- und auch unser Zeitgedächtnis. Außerdem findet hier zusätzlich noch die Gedächtnisbildung statt – also die Verdrahtung von allem was ich lerne, was ich mir merke und wo dieses und jenes räumlich / zeitlich hingehört. Der Hippocampus registriert auch, ob das alles eine neue oder eine alte Information ist. Ein ganz und gar genialer Bereich unseres Gehirns! Aber so genial dieses auch ist – keine Medaille ohne Kehrseite – so anfällig ist es auch für schädliche äußere Reize wie zum Beispiel Alkohol oder ganz besonders durch Drogen.
Jetzt kommt eine Traumatisierung auf uns zu. … Bei dieser spielt dann das Kommandopult der Gefühle die Hauptrolle. Dieses ist die Amygdala. Gefühle sind auch die zentrale Kernkompetenz / die Haupt-Funktion der Amygdala: Sie ist verantwortlich für die Emotionen – ganz besonders von Furcht und Angst. Und auch die Speicherung der Gefühle. Sie ist praktisch die körperliche Antwort auf eine äußere Situation. Und wenn es eine gefährliche Situation ist, dann ist diese Antwort oft Flucht oder Angriff.
Diese hormonelle Stressantwort durch die Amygdala können andere Gehirnbereiche in Ihrer Arbeit bremsen wie zum Beispiel das Navigationssystem unseres Gehirns, den Hippocampus. Bei einer Alarmsituation – z.B. bei einem Angriff kann das durchaus situativbedingt – auch sinnvoll sein, weil ein schnelles Handeln erstmal auch Überlebenswichtig ist.
Wird jetzt in einer ganz schlimmen Reaktion durch die Amygdala der Hippocampus gehemmt, dann werden die sogenannten heißen Gedächtnisnetzwerke ohne Kontext / ohne den Zusammenhang von Ort und Zeit ect. gespeichert.
Das wiederum bedeutet, wenn eine traumatische Erinnerung / ein Flashback aktiviert wird, dann feuern diese Netzwerke einfach und unwillkürlich und völlig ohne Kontrolle los. Die Wahrnehmung ist dann, als wenn dies jetzt alles hier und jetzt gerade passiert. Denn … es fehlt ja die Verdrahtung in die kalten in die Kontext-Erinnerungsspeicher … in das „damals und dort… „ Das würde ja das kalte Gedächtnis eigentlich besorgen, das im Moment jedoch durch die Amygdala gehemmt ist.
Flashbacks / Traumatische Belastungen sind also überhaupt nicht peinlich oder beschämend! Das Gehirn macht einfach seinen Job.
Wir können dies alles ja auch mal mit einer angenehmen Erinnerung vergleichen: Stell Dir vor du spürst einen warmen Wind, Du siehst eine Dünenlandschaft, Du hörst ein Meeresrauschen und siehst deinen Fuß im Wasser. Das sind alles wunderschöne Eindrücke – Du verspürst eine innere Freude, Dein Herz schlägt schneller, Du atmest schneller – alles ist einfach nur schön… Aber wo gehört diese Erinnerung eigentlich hin? Jetzt kommt das sogenannte „Kalte Gedächtnis“ ins Spiel: Hier ist die wahrscheinlich sehr gut verdrahtete Information abgespeichert: Niederländischer Sandstrand, Sommer 2019, Abendstimmung. Das Ganze ist genauso beim Traumatisierten abgespeichert – jedoch ohne die Verdrahtung in das damals und dort.
Machen wir mal ein unschönes / ein trauriges Beispiel: Ein Flüchtling sieht einen Polizisten in der Stadt. Er sieht lediglich seine Uniform und sofort, flashbackartig erinnert diese ihn an Soldaten in seinem Heimatland. Und jetzt wird das Traumanetzwerk auf einen einzigen Schlag aktiviert. Es werden nicht selektiv einzelne Erinnerungen hervorgerufen – denn dazu bräuchten wir ja den „Kalten Kontext“ durch den Hippocampus mit dessen Hilfe wir all das ja willkürlich / bewusst abrufen könnten. Da diese traumatische Erinnerung aber ohne diese Verdrahtung im Netzwerk liegt, wird es explosionsartig aktiviert und feuert ungehemmt ohne zu zielen drauf los.
Hierdurch können wir auch die Dissoziationen bestimmt etwas besser verstehen unter denen viele viele Menschen leiden.
Eine selektive / ausgesuchte und spezielle Erinnerung können wir mit einer einzelnen Glühbirne an einer Laternenkette vergleichen. Das große Traumanetzwerk wäre dann die gesamte elektrische Laternenkette. Stecke ich den Stecker rein, dann ist es voll da und aktiviert. Wenn ich jetzt aber den Stecker wieder rausziehe – also, wenn ich beginne zu dissoziieren, dann bekomme ich von alledem was da um mich herum passiert, nichts mehr mit – ich habe weniger bis praktisch keine Schmerzempfindungen – ich bekomme meine Umgebung nicht mehr mit – ich spüre von all dem außen um mich herum nichts mehr – und … ich muss auch nicht mehr so viel Angst haben. Der Flashback ist gewissermaßen das Reinstecken des Steckers.
Ich möchte es noch mit einem weiteren Beispiel vergleichen: Das alles muss nicht immer mit einem traumatischen äußeren Ereignis eintreten. Das alles geht auch mit einem inneren Gedanken – wie zum Beispiel: „Ich kann meine Lebenssituation überhaupt nicht mehr verbessern.“ Dann erinnere ich mich unwillkürlich / schlagartig / einem Flashback ähnlich: „Dieser Gedanke war doch schon mal da… Ja, ich erinnere mich: Genau … ich kann nichts tun – ich sitze wieder wie damals in dem überfüllten Schlauchboot auf dem Mittelmeer – wir sind in Lebensgefahr … . Ich habe Angst…“ Und auf einmal ist wieder das ganze Netzwerk aktiviert …
Nun, mit einem einzigen Traumanetzwerk werden die meisten Betroffenen irgendwie schon fertig. Erleben wir aber mehrere Traumen hintereinander, dann verbinden sich diese Traumen – bei einer starken Ähnlichkeit oder bei einer sehr starken Überbelastung- zu einem Großen und Ganzen Traumanetzwerk. Eine Explosion / ein Bombensplitter / eine Misshandlung / ein Feuer / Wut / eine Vergewaltigung / Scham / Schuld / Angst bei mir oder nahen Bezugspersonen / Angst bei dem nach Alkohol riechenden Atem des großen Mannes / Angst bei den Schlägen / Angst als wir mit dem Auto zu schnell fuhren.
Hier sprechen wir dann von mehreren einzelnen Traumanetzwerken, die sich irgendwann wegen der Überlastung des Gehirns zu einem großen Netzwerk verbunden haben …
In der Traumatherapie geht es darum, diese miteinander verflochtenen Traumanetzwerke wieder zu trennen und ihren Kontext / Ihre Verbindung zum „Kalten Gedächtnis“ wieder einzurichten. Und die gute Nachricht hierbei ist, das macht das Gehirn grundsätzlich immer von selbst, wenn wir ihm dabei helfen.
Wie können wir uns das jetzt in der Praxis vorstellen? Jetzt wird in der Therapie der zu den jeweiligen traumatischen Ereignissen zugehörige „kalte Kontext“ immer wieder hervorgeholt und immer und immer wieder dem Gehirn vorgespielt / und aufgezeigt. Hatte ich vorhin eine Explosion erwähnt, dann war es vielleicht die Explosion der Fliegerbombe in München im Dezember 2021. Die Vergewaltigung fand vielleicht vor 25 Jahren beim Besuch von Urlaubsbekannten der Eltern statt. Der Autounfall letzten Herbst mit dem Partner auf dem Weg ins Wochenende. Und dann noch die Schläge des Vaters welche ich als Kind zuhause in meinem Jugendzimmer erlitten habe.
Durch diese wiederholte Aufarbeitung und Zuordnung der Koordinaten Zeit / Raum / Personen können die Traumanetzwerke nun technisch von unserem Gehirn getrennt werden und verbleiben nicht mehr als Trauma, sondern „nur noch“ als eine Erinnerung. Es ist dann zwar eine traurige Erinnerung über immerhin besser eine traurige Erinnerung als ein Trauma. …
Es gibt verschiedene Typen und Formen der Psychotherapie welche dem Gehirn hierbei unterstützend helfen. Wenn es gelingt, sowohl die traumatischen Flashbacks als auch das „hier und jetzt“ gleichzeitig zu aktivieren, dann kann unser Gehirn vom Prinzip her gar nicht mehr anders, als diese Verbindung auch herzustellen.
Dadurch wird dann das traumatische Erlebnis – wie bereits gesagt – zu einer traurigen Erinnerung ummodelliert. Ja, es ist immer noch eine traurige Erinnerung! Aber eine traurige Erinnerung ist etwas ganz und gar anderes, als sein Leben durch unkontrollierbare Gefühle und Bilder massiv einschränken lassen zu müssen
Teil (4.2) Das Trauma muss in seinem Wert besprochen werden
Manchmal ist es dringend nötig, die Verarbeitung des Traumas mit dem Betroffenen bis ins letzte Detail zu besprechen. Viele der Leidenden ziehen aus ihrem Traumata nämliche die Schlussfolgerung, dass sie besonders schlecht oder wertlos sind. Wie kommen sie darauf?
Und selbst wenn diese Anspannungen und Flashbacks irgendwann einmal verschwunden sind, kann ich mit einer solchen Haltung nur sehr schlecht schlecht lieben, leben oder arbeiten. Die Gefahr einer Depression ist hierbei extrem groß.
Die gute Botschaft in diesem Falle lautet jedoch: es gibt bereits heute wirksame Psychotherapien! Und gerade in den letzten 20 Jahren wurden diese immer wirksamer.
Zu jeder Trauma-Psychotherapie gehört
Bitte merke Dir: Das alleinige praktizieren von Stabilisierungstechniken ist für sich betrachtet keine wirksame Therapie! Das stabilisiert höchstens den Spontanverlauf. Alle international erforschten Psychotherapien der PTBS haben eine sehr starke Wirkung auf die Traumagenese.
Wir unterscheiden bei den Psychotherapien verschiedene Arten von Verfahren. Es gibt zum einen Therapien mit einem recht hohem Expositions-Anteil und dann wiederum auch Therapien in denen deutlich mehr über das Denken und die Haltung – also die Folgen des Traumas – gesprochen wird, welche durch das Trauma verändert wurden. Die meisten Therapien sind eher eine Mischform aus Beidem.
Zur Veranschaulichung einer Traumatherapie vergleichen wir jetzt mal sehr grob den Zustand des Gehirns vor und nach einer erfolgreichen Traumatherapie. Ohne eine Traumatherapie ist das Gedächtnis sehr fragmentarischen in einzelne Stücke ungeordnet und unverdrahtet im Gehirn „verspeichert“.
Wenn dann ein Trigger oder ein Reiz durch die „Tür des Bewusstseins“ dem Thalamus hereinkommt, dann gibt es keine Verbindung über den Hippocampus – es wurde nicht verlinkt / verbunden mit dem kognitiven damals und dort. In diesem Fall wird das Netzwerk sofort aktiviert. Das Netzwerk feuert, es wird eine starke Angstreaktionen – eine starke körperliche Reaktion geben.
Dieser ganzen Reaktion sind wir aber nicht schutzlos ausgeliefert. Wir haben einen sehr effektiven Gegenspieler gegenüber den unkontrollierten Handlungen der Amygdala – dessen Hilfe wir uns in der Psychotherapie bedienen:
Es ist der Mediale präfrontale Cortex. Wenn man diesem nun ca. 100 bis 300 Millisekunden Zeit gibt, und wir ihn aktiv wissen lassen und wir ihn darüber informieren, dass er nun etwas tun muss, was er während der Traumatherapie bei praktisch allen Therapieformen lernt. Solange dieser mediale präfrontale Cortex nicht aktiv ist, kann auch nichts passieren und es kommt – wenn überhaupt – nur zu einer sehr schwachen Hemmung der Amygdala.
Ein Patient nach einer erfolgreichen Traumatherapie erlebt wieder diesen Reiz – der ist ja nicht aus der Welt – aber jetzt hat er einen trainierten Hippocampus – das „kalte Gedächtnis“ und die Dinge sind da, wo sie hingehören… Sie sind verdrahtet in das kognitive „damals und dort“. Ab hier läuft die Reaktion dann nicht mehr wie ein Flashback, sondern wie eine Gedächtniserinnerung ab. Der mediale präfrontale Kortex hat jetzt Zeit genug die Amygdala zu hemmen. Ab jetzt kommt es „nur“ noch zu einer traurigen schwachen Erinnerung / kein Flashback mehr. Ist das geschafft, dann haben wir es geschafft ….
Ich finde, Traumatherapie lohnt sich! Eine Traumafolgestörungen ist nichts wofür man sich zu schämen ist. Sie ist vielmehr eine ganz normale Verarbeitungsreaktion des Gehirns. Traumata können jedem von uns immer und überall passieren. Sie sind absolut kein Beweis dafür, dass man angeblich wertlos ist oder die Umgebung grenzenlos lebensgefährlich. Traumatherapie lohnt sich sowohl für Patienten als auch für Therapeuten!
Es sind viele Bereiche, die wir ansprechen können: Angefangen vom Umgang Borderline oder einer anderen belastenden Störung, aber auch über Future Faking, Love Bombing und Gaslighting die immer häufiger in unsere Gesellschaft zu beobachten sind.
Ich möchte aber nicht nur über Fragen sprechen, sondern auch praxisgerechte Lösungen anbieten:
Buchen Sie sich einfach auf meinem Online-Kalender ein Zeitfenster oder nutzen Sie mein klassisches Kontaktformular um mit mir in Verbindung zu treten. Ich freue mich auf Sie. Ihr Marcus
Wenn ich jemanden nur ein Buch zum Thema Trauma, Einfluss auf unser Gehirn und Therapievarianten empfehlen dürfte, dann wäre es mit Sicherheit dieses herausragende Werk des Trauma-Forschers Bessel van der Kolk. In diesem überragenden Werk werden die Entstehung von Traumatas und die verschiedensten Therapien wie EMDR, Yoga, Self-Leadership, Neurofeedback, Tiefenpsychologie und viele mehr angesprochen.
Verändert ein Trauma unser Gehirn und kann man diese Spuren sichtbar machen? Was ist mit dem Irokesenschnitt im fMRT gemeint? Gibt es Unterschiede zwischen einer PTBS und einer kPTBS also einer Trauma-Entwicklungsstörung? Was können Psychopharmaka und was nicht?
Ein geballtes Wissen aus >40 Jahren komprimiert auf 400 Seiten. Dieses Buch macht Mut in die Zukunft der Trauma-Forschung. Mehr als Wert zu studieren!